Perspektive

Trumps erste Woche im Amt: eine Regierung des Kriegs und der Reaktion

Die Dekrete und Maßnahmen, die Donald Trump in der ersten Woche seiner Amtszeit unterzeichnete, zeigen unmissverständlich, was unter seiner Präsidentschaft auf die Arbeiterklasse in den USA zukommt.

Im Zentrum seiner Politik nach dem Motto „America first“ steht eine massive Eskalation militärischer Gewalt. Noch während der Vereidigung von Ex-General James Mattis als neuem Verteidigungsminister unterzeichnete Trump ein Dekret über den umfassenden „Wiederaufbau“ der Streitkräfte. Darin wird Mattis angewiesen, eine Modernisierung des amerikanischen Atomwaffenarsenals in die Wege zu leiten und die USA auf Konflikte mit „near-peer competitors“ vorzubereiten. Dieser Begriff, „nahezu gleichwertige Konkurrenten“, wird traditionell für China und Russland verwendet.

Zuvor hatte Trumps Pressesprecher Sean Spicer die Ankündigung des künftigen Außenministers (und ehemaligen Vorstandschefs von ExxonMobil) Rex Tillerson bekräftigt, dass die USA China den Zugang zu seinen Inseln im Südchinesischen Meer verwehren werden. Dies würde ein militärisches Vorgehen erfordern, das einer Kriegserklärung gleichkäme.

Außerdem hat Trump die Einrichtung von „Sicherheitszonen“ in Syrien angekündigt und ein vorübergehendes Einreiseverbot für Personen aus mehreren Ländern mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung verhängt. Die Forderung nach Sicherheitszonen in Syrien, die von der US-Luftwaffe überwacht werden, war während des Präsidentschaftswahlkampfs von den Demokraten erhoben worden. Sie sollte Russland die Unterstützung der syrischen Regierung unter Baschar al-Assad erschweren. Der damalige Vorwurf des Clinton-Lagers, Trump sei zu „weich“ gegenüber Russland, erweist sich somit als unzutreffend.

Des Weiteren erklärte Trump bei einer Rede im Hauptquartier der CIA; die USA hätten sich das Öl im Irak „nehmen sollen“, und stellte dem Auslandsgeheimdienst eine zweite entsprechende Chance in Aussicht.

Auch in Bezug auf die Innenpolitik hat Trump mehrere Dekrete unterzeichnet. Er verhängte einen Einstellungsstopp für alle Bundesbehörden und Ministerien (mit Ausnahme der Armee), legte alle noch nicht ratifizierten staatlichen Regulierungen auf Eis und hob den Baustopp für die Keystone- und der Dakota Access-Ölpipeline auf. Anfang letzter Woche traf er sich mit den CEOs der größten amerikanischen Industriekonzerne und der amerikanischen Autobauer und versprach ihnen die Streichung von 75 Prozent der staatlichen Regulierungsauflagen. Das Geschäftsklima werde sich von „ausgesprochen ungünstig zu äußerst günstig“ wandeln.

Am Mittwoch gab Trump bekannt, dass seine Regierung den Bau einer Mauer entlang der Grenze zu Mexiko planmäßig in Angriff nehmen werde. Gleichzeitig leitete er eine massive Polizeiaktion gegen Millionen eingewanderte Arbeiter ein, die verhaftet und abgeschoben werden sollen. Am gleichen Tag kündigte er eine „umfangreiche Untersuchung“ an, um einem angeblichen millionenfachen „Wahlbetrug“ nachzugehen, denn allein aus diesem Grund habe Clinton im November mehr Stimmen erhalten als er. Der völlig haltlose Vorwurf des Wahlbetrugs dient Trump dazu, die Voraussetzungen für einen weiteren Angriff auf das Wahlrecht zu schaffen.

Im Einklang mit seinem extremen Wirtschaftsnationalismus unterzeichnete Trump einen Erlass, mit dem er den Beitritt der USA zur Transpazifischen Partnerschaft (TPP) kippte. Ferner versprach er, das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (Nafta) neu zu verhandeln.

Viele seiner politischen Vorhaben skizzierte Trump am Mittwochabend in einem Interview mit dem Moderator David Muir von ABC News. Dabei verband er Lügen über seine eigene Popularität und die Besucherzahl bei seiner Amtseinführung mit Androhungen von Krieg, Folter und Unterdrückung. Der Gesamteindruck, den Trump bei diesem Interview hinterließ, war der eines Gangsters. Es schien, als habe die Unterwelt die Macht übernommen und alles, was an der kapitalistischen Gesellschaft Amerikas korrupt und verdorben ist, sei nun ins Weiße Haus eingezogen.

Zum Thema Folter erklärte Trump, wenn Mattis und der künftige CIA-Direktor Mike Pompeo Waterboarding einsetzen wollten, sei das in Ordnung. „Wenn sie es wollen, werde ich es ermöglichen.“ Im Weißen Haus zirkuliert der Entwurf eines Memorandums zur Wiederinbetriebnahme der Geheimgefängnisse und Folterzentren der CIA.

Und das alles in der ersten Woche. Der Kongress ist dabei, mit Unterstützung der Demokraten Trumps Kabinett aus Milliardären, Ex-Generälen und Konzernchefs im Rekordtempo zu bestätigen. Abgesegnet wurden bereits Mattis, Pompeo und der ehemalige Marinegeneral John Kelly, der neuer Heimatschutzminister wird. Trumps sonstige Kabinettsmitglieder stehen für die Zerstörung des öffentlichen Bildungswesens, die Abschaffung grundlegender Sozialleistungen und die Zerschlagung staatlicher Gesundheits- und Rentenprogramme (Medicare, Medicaid und Social Security).

Trumps Wahlsieg stellt eindeutig einen Wendepunkt in der amerikanischen Politik dar. Künftige Historiker werden die Frage stellen, wie es dazu kommen konnte, d. h. welches die Voraussetzungen waren, unter denen Trump Präsident werden konnte. Da wären viele Faktoren zu nennen: der enorme Verfall der politischen Kultur in Amerika, die innenpolitischen Folgen der ständigen Kriege gegen andere Länder, das extreme Anwachsen der sozialen Ungleichheit und der Aufstieg einer parasitären Finanzoligarchie.

Trumps Präsidentschaft ist kein völliger Umbruch, sondern ein Umschlagen von Quantität in Qualität. Letzten Endes ist Trump das Produkt der ausweglosen Krise des Kapitalismus in Amerika und weltweit.

Die herrschende Klasse der USA betreibt seit vier Jahrzehnten eine soziale Konterrevolution und beseitigt gezielt alle Errungenschaften, die sich die Arbeiter in den vorherigen Jahrzehnten erkämpft hatten. Die Obama-Regierung beschleunigte diesen Prozess, indem sie die Bankenrettungen ausweitete, die unter der Bush-Regierung begonnen hatten. Durch die Geldpolitik der Notenbank pumpte Obama Billionen Dollar in die Wall Street und sorgte gleichzeitig für die Senkung der Löhne, beispielsweise durch die Sanierung der Autoindustrie im Jahr 2009.

Das Ergebnis war eine extreme Zunahme der sozialen Ungleichheit. Laut einem aktuellen Bericht der Ökonomen Thomas Piketty, Emmanuel Saez und Gabriel Zucman von der University of California ist der Anteil der unteren 50 Prozent der Bevölkerung am Nationaleinkommen (vor Steuern) im Zeitraum 1980 bis 2014 von 20 Prozent auf 12 Prozent gesunken, während der Anteil des obersten Prozent von 12 auf 20 Prozent gestiegen ist. Noch deutlicher fiel der Zuwachs für das oberste 0,1 Prozent und das oberste 0,01 Prozent der Bevölkerung aus.

Auch die Außenpolitik der Trump-Regierung ist nicht vom Himmel gefallen. Seit 25 Jahren versucht die amerikanische herrschende Klasse verzweifelt, ihren wirtschaftlichen Niedergang mit militärischen Mitteln auszugleichen – auf dem Balkan, in Nordafrika, im Nahen Osten und in Zentralasien. Fünfzehn Jahre „Krieg gegen den Terror“ münden nun in einen direkten Konflikt mit den großen Konkurrenten der USA. Trumps Konzentration auf China ist eine Fortsetzung des „Pivot to Asia“ der Obama-Regierung, in deren Rahmen die USA im ganzen Südpazifik und Ostasien Militär stationiert haben.

An alle diese Entwicklungen knüpft Trump an. Er ergänzt sie um den unverkennbaren Gestank des Faschismus, um extremen Nationalismus und die Drohung, Widerstand gewaltsam niederzuschlagen. Dass er bei seiner Antrittsrede die „uneingeschränkte Treue zu den Vereinigten Staaten von Amerika“ zur Grundlage seiner Politik erklärte, ist eine Drohung: Widerstand soll mit Landesverrat gleichgesetzt und kriminalisiert werden.

Auch hier bringt Trump den Verfall demokratischer Herrschaftsformen, der seit Langem zu beobachten ist, in offener Art und Weise zum Ausdruck. Immerhin wird sein Vorgänger Obama als der Präsident in die Geschichte eingehen, der sich das Recht anmaßte, amerikanische Staatsbürger ohne Gerichtsverfahren hinrichten zu lassen. Guantanamo Bay, Abu Ghraib, Drohnenmorde, Überwachung durch die NSA -- diese toxische Mischung verbindet sich bei Trump zu der ihm eigenen Verachtung für die Normen der Verfassung.

Als Trump im Juli auf dem Parteitag der Republikaner formell zum Kandidaten gekürt wurde, schrieb die WSWS, dass: „Trumps besondere faschistoide Persönlichkeit nicht in einer Münchner Bierhalle oder in den Schützengräben des Ersten Weltkriegs geformt wurde, sondern auf dem Immobilienmarkt von New York City. Mit seinen Kasinos, seinen fiktiven Universitäten und seinem endlosen Strom gescheiterter Unternehmen gibt es kaum eine bessere Verkörperung der Wirtschaftskriminalität und des amerikanischen Kapitalismus.“

Innerhalb der amerikanischen herrschenden Klasse toben heftige Auseinandersetzungen, aber dabei geht es nicht um die grundlegende Klassenpolitik, sondern um taktische Fragen. Es wird Trump nicht schwer fallen, viele seiner derzeitigen Kritiker im politischen Establishment oder privilegierten Teilen des Kleinbürgertums auf seine Seite zu ziehen.

Konsequenter Widerstand gegen die neue Regierung wird nicht in diesen Kreisen, sondern in der amerikanischen und internationalen Arbeiterklasse entstehen. Wenn die Folgen ihrer Politik spürbar werden, wird Trumps absurde Selbstdarstellung als Anwalt der „vergessenen kleinen Leute“ sehr bald zu erbitterten Klassenkonflikten führen. Zur Vorbereitung müssen Sozialisten jetzt auf die breite Masse der Arbeiterklasse zugehen und durch systematische Organisation und Aufklärung eine politische Führung aufbauen.

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