Perspektive

Die Massenproteste gegen Trump und die Rolle der Demokratischen Partei

Seit Samstag finden in den USA und auf der ganzen Welt Demonstrationen gegen den Einreisetopp für Muslime statt. Das grausame und rechtswidrige Dekret der Trump-Regierung verbietet Staatsbürgern aus sieben mehrheitlich muslimischen Staaten und Flüchtlingen aus aller Welt die Einreise in die USA. Die Länder, aus denen sie kommen, wurden zumeist vom US-Militär zerstört.

Hunderttausende haben gegen diese drakonische Maßnahme und für die Verteidigung demokratischer und sozialer Grundrechte protestiert. Die Menschen reagieren auf die Machtübernahme der rechtesten Regierung in der Geschichte Amerikas mit einer politischen Radikalisierung. Nach sechzehn Jahren des endlosen „Kriegs gegen den Terror“ unter Demokratischen ebenso wie unter Republikanischen Präsidenten wird deutlich, dass die breite Masse der Bevölkerung den antimuslimischen Chauvinismus und Militarismus ablehnt, der propagiert wird, um imperialistische Aggressionen und Kriegsverbrechen zu rechtfertigen.

Millionen sind empört über das brutale Vorgehen gegen Männer, Frauen und Kinder, denen plötzlich die Rückkehr an ihren Wohnort und zu ihren Familien und Arbeitsplätzen verwehrt wird.

Demokraten wie Barack Obama und der Minderheitsführer im Senat Charles Schumer unterstützen diese Proteste nur, um sie in politisch harmlose Kanäle zu lenken. Es besteht eine große Diskrepanz zwischen den humanitären und demokratischen Motiven der Demonstranten und den vollkommen reaktionären Zielen, die sich hinter der Reaktion der Demokratischen Partei auf die Trump-Regierung verbergen.

Im Wahlkampf traten die Demokraten und ihre Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton als die Partei der Wall Street und des Militär- und Geheimdienstkomplexes auf. Ihre Kritik an Trump konzentrierte sich auf seine angebliche „Nachgiebigkeit“ gegenüber Russland. Sie begannen eine Hetzkampagne im Stil der McCarthy-Ära und behaupteten, ohne irgendwelche Beweise vorzulegen, die russische Regierung von Präsident Wladimir Putin habe die amerikanische Wahl zu Gunsten von Trump manipuliert. Diese reaktionäre Stoßrichtung kombinierten sie mit ihrer Identitätspolitik. Die Interessen und Sorgen der Arbeiterklasse dagegen waren ihnen gleichgültig. Das ermöglichte Trump, sich demagogisch als Gegner des Establishments zu inszenieren.

Durch seine Masseninhaftierung von Immigranten, das Einreiseverbot für Muslime, seine Kriegsdrohungen und seine offene Unterstützung für Folter hat Präsident Trump in der Bevölkerung schon in den ersten zehn Tagen seiner Amtszeit Wut und Abscheu ausgelöst. Aber die Demokraten halten an den reaktionären Zielsetzungen aus ihrem Wahlkampf fest.

So schreibt der Ökonom und Kolumnist der New York Times Paul Krugman, der Clinton bedingungslos unterstützt hatte, in seiner jüngsten Kolumne: „Schon nach etwas mehr als einer Woche unter Trump-Putin verliert man den Überblick über die Katastrophen.“

Die Gegensätze zwischen den Demokraten und Trump sind nicht der Ausdruck unterschiedlicher Klasseninteressen. Beide repräsentieren die gleiche herrschende Oligarchie. Ebenso wenig geht es der um demokratische Prinzipien. Die Demokratische Partei verfolgt vielmehr einen Kurs, der die strategischen Interessen des US-Imperialismus stärken soll. Ihr geht es vor allem darum, wie sich das Einreiseverbot für Muslime und Trumps andere politische Maßnahmen auf die Vorbereitungen einer Konfrontation mit Russland und China sowie die andauernden Militäroperationen im Nahen Osten auswirken.

Beispielhaft hierfür war eine Kolumne von David Leonhart in der New York Times mit dem Titel „Macht China wieder groß.“ Bereits der erste Satz gibt den Ton der ganzen Kolumne vor: „Amerikas Rivalen und Gegner haben zehn sehr gute Tage hinter sich.“

Leonhard ergreift unverhohlen Partei für den US-Imperialismus. Er warnt, zweifellos werde der IS das Einreiseverbot ausnutzen, sei aber „kein ernsthafter Rivale für die Vereinigten Staaten. Am meisten wird letzten Endes vermutlich Amerikas größter internationaler Rivale China davon profitieren.“

Zu den öffentlichen Kritikern von Trumps Dekret gehört auch Michael Morell. Er ist der ehemalige geschäftsführende Direktor der CIA und als Streiter für Flüchtlinge und muslimische Immigranten völlig unglaubwürdig. Im Wahlkampf hatte er Clinton unterstützt. Er war einer der vehementesten Kritiker der angeblichen Einmischung Russlands in die amerikanische Präsidentschaftswahl und brandmarkte Trump als Putins Agenten.

Morell hat öffentlich die Folterungen und Drohnenmorde verteidigt, welche die CIA unter seiner Führung verübt hat. Zudem trägt er eine wesentliche Mitverantwortung für die Millionen Flüchtlinge und Hunderttausenden Todesopfer durch die Kriege in Libyen und Syrien, die von der CIA organisiert wurden, um einen Regimewechsel herbeizuführen. Am Montagmorgen erklärte er in einem Interview auf CBS News, er verurteile Trumps Verbot nicht, weil es gegen demokratische Rechte verstoße, sondern weil er „dem Narrativ des IS“ in die Hände spiele. Damit meint er, Trump störe die Versuche der USA, sich mit militärischen Mitteln die Hegemonie über den ölreichen Nahen Osten zu sichern.

Einer der wichtigsten Kritikpunkte Morells war, dass auch die Iraker von dem Einreiseverbot betroffen seien, die mit dem US-Militär zusammengearbeitet hätten. Er erklärte, dies könne „Menschen von einer engen Zusammenarbeit mit dem US-Militär abschrecken“.

Morell äußerte zudem scharfe Kritik an Trumps Verfügung, seinen „Chefstrategen“ Stephen Bannon in das Principals Committee des Nationalen Sicherheitsrats (NSC) aufzunehmen und gleichzeitig die Teilnahme der Generalstabschefs und des Direktors der nationalen Nachrichtendienste zu beschränken. Bannon war zuvor Chef der rechtsradikalen Website Breitbart News.

Die Times stieß in ihrem Leitartikel vom Dienstag ins gleiche Horn. Er trug den Titel „Präsident Bannon“ und war illustriert mit einer bedrohlich wirkenden Bildmontage, auf der die Hälfte von Bannons Gesicht über das von Trump gelegt war. Die Kritik galt jedoch weniger der faschistischen Politik von Trumps Chefstrategen, sondern vielmehr der Gefahr, dass seine Berufung in den NSC die nationale Sicherheit „politisieren“ und die Macht des Militärs und des Geheimdienstapparats einschränken werde.

Zum Schluss des Leitartikels heißt es: „Stellen Sie sich vor, Trump ist morgen mit einer Krise konfrontiert, bei der es um China im Südchinesischen Meer oder um Russland in der Ukraine geht. Wird er sich dann an seinen Chefprovokateur Bannon wenden, der gerne alles übertreibt? Oder wird er endlich die Minderheit der eher besonnenen und erfahrenen Mitglieder seiner Regierung um Rat bitten, wie Verteidigungsminister Jim Mattis oder General Dunford?“

Die Times befürchtet also, dass die Eskalation militärischer Drohungen gegen Russland und China, die unter der Obama-Regierung begann, gestört werden könne. Diese Angelegenheiten, so argumentiert die Zeitung, müssten in den „geübten Händen“ des Pentagons und der CIA bleiben.

Eine der aufschlussreichsten Äußerungen in dieser Richtung ist ein Kommentar, der am Dienstag in dem Magazin The Atlantic erschien. Unter der Überschrift „Verteidigen Trumps Generäle die demokratischen Institutionen?“ heißt es, dass „einige Progressive befürchteten, die starke Präsenz von hohen Offizieren unterhöhle die hochgelobte zivile Kontrolle, die ein Markenzeichen der amerikanischen Regierung ist“. Der Hintergrund ist, dass Trump ehemalige Militärkommandanten zum Verteidigungs- und Heimatschutzminister sowie zum nationalen Sicherheitsberater ernannt hat.

In Wirklichkeit, so der Artikel beschwichtigend, „könnten die Generäle Trump im Zaum halten“. Weiter heißt es, schließlich seien Offiziere des Militärs „versiert in Rechtsfragen und in allem, was ihre eigenen Verpflichtungen angeht“. Sie würden „sehr sorgfältig Regeln und Verfahren einhalten und ein Gefühl der Ordnung vermitteln“.

Weiter hebt der Artikel positiv hervor, dass „Generäle, meist aktive, nicht selten auf verschiedene Weise gewählte Politiker kontrollieren. In der Türkei neigt das Militär dazu, sich als Wächter säkularer Normen zu sehen, und hat immer wieder zivile Regierungen gestürzt, wenn die Generäle der Meinung waren, diese seien zu weit von nationalen Prinzipien abgerückt.“

Abschließend reißt sich der Autor wieder zusammen und fügt hinzu: „Aber auch, wenn man glaubt, dass Trump rechtswidrig handelt, ein de facto-Putsch wäre ebenfalls rechtswidrig. Eine gute Option gibt es nicht.“

Das ist die Konsequenz aus der Politik der Demokratischen Partei und aus dem Zusammenbruch der amerikanischen Demokratie unter der Last jahrzehntelanger Kriege und tiefer sozialer Ungleichheit: Als Alternative zu Trumps Herrschaft wird eine Militärherrschaft dargestellt.

Der Arbeiterklasse drohen durch die Krise des amerikanischen und des Weltkapitalismus Krieg und Diktatur. Sie kann ihre grundlegenden sozialen und demokratischen Rechte nur verteidigen durch einen unwiderruflichen Bruch mit der Demokratischen Partei. Sie muss ihre Stärke unabhängig in einem politischen Kampf zur Abschaffung des kapitalistischen Systems zum Tragen bringen.

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