Perspektive

Trump wirbt bei Militär um Unterstützung gegen die Presse und die Gerichte

Auf der MacDill Air Force Base in Florida richtete US-Präsident Trump entgegen allen protokollarischen Regeln und demokratischen Gepflogenheiten einen politischen Appell an das amerikanische Zentralkommando. Er beschimpfte die Medien und schlug dem Militär ein Bündnis gegen Justiz und Verfassung vor.

Überschwänglich lobte er in seiner kurzen Ansprache am Montag das Vereinigte Kampfkommando und das Kommando für Spezialoperationen, die auf der Luftwaffenbasis MacDill stationiert sind. Eingangs dankte er dem Militär dafür, dass es bei den Präsidentschaftswahlen im November mehrheitlich für ihn gestimmt habe. „Ich habe diese Zahlen gesehen – ich mag euch und ihr mögt mich“, so Trump.

Und weiter: „Wir werden [MacDill] mit wunderschönen neuen Flugzeugen und Kampfgerät bestücken... Wir werden Ihre Basis auffüllen.“ Zu diesem Thema kehrte er mehrmals zurück, beispielsweise versprach er: „Wir werden eine historische Finanzinvestition in die Streitkräfte der Vereinigten Staaten vornehmen.“

Er beschwor das Gespenst der „radikalen islamistischen Terroristen“ herauf und warf der Presse vor, diese Gefahr bewusst herunterzuspielen. „Das geht so weit, dass darüber gar nicht mehr berichtet wird, und in vielen Fällen möchte die sehr, sehr unehrliche Presse nicht darüber berichten. Sie hat ihre Gründe, und Sie wissen das.“

Nach der Unterstellung, dass die Presse Terror unterstütze und gutheiße, warb Trump für seine einwanderfeindlichen Maßnahmen, ohne sie direkt zu nennen, und kritisierte implizit die Gerichte, weil sie sein Einreiseverbot für Muslime einstweilen außer Kraft gesetzt haben.

„Wir werden den radikal-islamistischenTerrorismus besiegen, und wir werden nicht zulassen, dass er in unserem Land Wurzeln schlägt ... Sie haben ja gesehen, was in den letzten Tagen los war. Wir brauchen starke Programme, damit die Menschen hereingelassen werden, die uns lieben und unser Land lieben möchten und am Ende lieben werden – und keine Leute, die uns und unser Land zerstören wollen.“

Zuvor hatte Trump auf Twitter den Richter beschimpft, der gegen sein Einreiseverbot entschieden hatte, und das „Gerichtssystem“ für etwaige zukünftige Terroranschläge verantwortlich gemacht. Sein Hauptberater, der Faschist Stephen Bannon, empfahl unterdessen der Presse „das Maul zu halten“.

Hintergrund von Trumps Rede ist ein heftiger Konflikt über die Außenpolitik und über Fragen der nationalen Sicherheit innerhalb des Staatsapparats. Die Demokraten und ein großer Teil der Medien werfen Trump nicht nur das Einreiseverbot, sondern vor allem eine „weiche Haltung“ gegenüber Russland vor.

Zudem finden überall in den USA und weltweit Demonstrationen gegen Trumps rassistische Maßnahmen gegen Einwanderer und andere Angriffe auf demokratische Rechte statt.

Die Veranstaltung auf der Luftwaffenbasis MacDill war ein Meilenstein auf dem Weg, die Stellung der Streitkräfte in der Innenpolitik langfristig zu stärken und den Verfassungsgrundsatz der zivilen Kontrolle über das Militär auszuhöhlen. Trump hat sein Kabinett reichlich mit pensionierten Generälen bestückt: James „Mad Dog“ Mattis als Verteidigungsminister, Michael Flynn als nationaler Sicherheitsberater und John Kelly als Leiter des Ministeriums für Heimatschutz. Mit Kelly übernimmt erstmals ein Militär die Kontrolle über den wuchernden Unterdrückungsapparat, der als innenpolitische Komponente des „Kriegs gegen den Terror“ aufgebaut wurde.

Vorausgegangen war ein beklemmender Vorfall während Trumps Amtsantrittsrede, der bis heute unerklärt blieb und von den Medien kaum aufgegriffen wurde. Zehn Offiziere aus verschiedenen Teilen der Streitkräfte marschierten hinter Trump auf und blieben dort so lange stehen, dass das Bild des neuen Präsidenten, flankiert von uniformierten Militärs, im ganzen Land und weltweit verbreitet werden konnte. Mit dieser Inszenierung wollten Trump und seine Berater wie Bannon den Eindruck einer regelrechten Militärregierung vermitteln, die bereit ist, die Opposition im Inland niederzuschlagen und nach außen Krieg gegen zahlreiche Länder zu führen.

Der enorme Zuwachs an Umfang, Macht und politischem Einfluss des Militärs ist nicht von der Trump-Regierung erfunden worden. Es verhält sich mit dieser Entwicklung genauso wie mit dem Niedergang der amerikanischen Demokratie insgesamt: Sie ist mit Trumps Präsidentschaft in ein qualitativ neues Stadium eingetreten.

Die ständigen Kriege seit der Auflösung der Sowjetunion vor 25 Jahren haben die Macht des Militärkommandos enorm gestärkt. Durch die Konsolidierung der Berufsarmee wurden die Streitkräfte zunehmend von der Zivilgesellschaft losgelöst und bilden eine eigene Kaste, die ihre Interessen im Staat immer aggressiver geltend macht.

Je ausgeprägter die soziale Ungleichheit und je tiefer die Entfremdung der arbeitenden Bevölkerung vom gesamten politischen System, desto mehr sucht die Finanzoligarchie Halt beim Militär. Bereits im Jahr 2000 fügte sich der Kandidat der Demokraten, Al Gore, der Forderung der Republikaner, dass die rechtswidrig abgegebenen Stimmen des Militärs in Florida, die überwiegend auf Bush entfielen, gezählt werden müssten. Damals verhinderte der Oberste Gerichtshof eine Neuauszählung der Stimmen in Florida und ebnete damit George W. Bush, der bei den Wählerstimmen zurücklag, den Einzug ins Weiße Haus.

Sowohl Bush als auch Barack Obama hielten mehr Reden vor Militärs als alle ihre Vorgänger. Mit Trumps chauvinistischer „America-First“-Regierung aus Generälen und Milliardären nimmt die halbkriminelle Finanzoligarchie nun die Maske demokratischer Nettigkeiten ab und fletscht die Zähne.

In der Presse und unter den Thinktank-Strategen der herrschenden Klasse wird offen darüber debattiert, dass der fundamentale Verfassungsgrundsatz der zivilen Kontrolle über das Militär nicht mehr aufrechtzuerhalten sei.

Hier einige Schlagzeilen von Artikeln zu diesem Thema, die seit den Wahlen erschienen sind: „Ist die zivile Kontrolle über das Militär in Gefahr?“ (The American Conservative), „Die falsche Vorstellung einer ,zivilen Kontrolle über das Militär’” (Defense One) und „Trump umgibt sich mit Generälen. Das ist gefährlich“ (Washington Post). In einem Artikel, der in der Dezember-Ausgabe von Foreign Policy erschien, argumentiert Rosa Brooks, Professorin an der Georgetown University, dass die zivile Kontrolle über das Militär „mittlerweile ein Gebot nicht der Ethik, sondern der Ästhetik ist, und seine Beschwörung ist ein beruhigendes Ritual, das uns gut tut, ohne etwas Bleibendes zu bewirken.“

Von der Demokratischen Partei ist kein Widerstand gegen die weitere Politisierung des Militärs und die Militarisierung der Politik zu erwarten. Im Gegenteil: Die Medien, die den Demokraten nahestehen, stellen die Militärführung in letzter Zeit sogar als demokratische Sicherung gegen Trumps faschistische Impulse dar. Als Trump Bannon in den Nationalen Sicherheitsrat berief und dafür den nationalen Geheimdienstdirektor und den Generalstabsvorsitzenden als ständige Mitglieder dieses Gremiums absetzte, reagierte die New York Times mit der Empfehlung, er möge sich doch in Angelegenheiten von Krieg und Frieden mit „besonneneren erfahrenen Helfern“ wie Verteidigungsminister Mattis und Generalstabschef General Dunford beraten.

Die Zeitschrift Atlantic brachte einen Artikel mit der Überschrift: „Bereiten Trumps Generäle die Verteidigung demokratischer Institutionen vor?“

In Wirklichkeit wird keine Fraktion der herrschenden Klasse oder ihrer politischen Vertreter, Demokraten oder Republikaner, demokratische Rechte verteidigen. Der Zusammenbruch der amerikanischen Demokratie und anderer demokratischer Institutionen rund um die Welt ist das Ergebnis der Todeskrise des Kapitalismus. Der Arbeiterklasse kommt die Aufgabe zu, sich durch einen unabhängigen Kampf um die politische Macht und für den Sozialismus an die Spitze der Verteidigung demokratischer Rechte zu stellen.

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