Trump-Regierung erlässt Vorschriften für Massenabschiebungen

Nachdem die Trump-Regierung am Dienstag neue Einwanderungsbestimmungen erlassen hat, droht allen nicht gemeldeten Immigranten in den USA die Abschiebung.

Bereits am Wochenende waren Dokumente des Heimatschutzministeriums (DHS) über die neuen Vorschriften durchgesickert. Am Montag wurden sie dann mit nur geringen Änderungen von Heimatschutzminister John Kelly offiziell vorgestellt.

Am nächsten Tag erklärte Trumps Pressesprecher Sean Spicer: „Jeder, der sich illegal in unserem Land aufhält, kann jederzeit abgeschoben werden.“ Die Dokumente des DHS würden Richtlinien für diejenigen Einwanderer ohne Papiere enthalten, deren Abschiebung oberste Priorität habe. Dabei handelt es sich um nicht weniger als eine Million Menschen.

Die Zulässigkeit dieser Abschiebungen wurde bereits gerichtlich bestätigt. Nur die Abschiebebefehle müssen noch ausgestellt werden. Die Regierung wird außerdem neben vorbestraften Personen auch Einwanderer abschieben, die des Missbrauchs von Sozialleistungen überführt werden. Die Definition von „Missbrauch“ ist hierbei sehr weit gefasst und kann beispielsweise auf Immigranten angewandt werden, die eine falsche Rentenversicherungsnummer angegeben oder in einem offiziellen Dokument falsche Angaben über ihren Immigrantenstatus gemacht haben. Auch Einwanderern, die einer Straftat überführt wurden, droht die Abschiebung.

Spicer kündigte an, nach der Abschiebung der ersten Million Einwanderer würden die Behörden stufenweise gegen den Rest vorgehen: „Der Präsident hat deutlich gemacht, dass es bei zwölf, vierzehn oder fünfzehn Millionen Prioritäten geben muss.“ Er fügte hinzu: „Wir machen das Schritt für Schritt auf ganz methodische Weise.“

Der Inhalt der DHS-Dokumente bestätigt diese Aussage. In einem heißt es: „Die Beamten des Ministeriums haben uneingeschränkte Vollmachten, einen Ausländer festzunehmen oder zu inhaftieren, sofern sie Grund zu der Annahme haben, dass er gegen das Einwanderungsrecht verstößt ... Ebenso haben sie uneingeschränkte Vollmachten, Abschiebeverfahren gegen jeden Ausländer einzuleiten, der unter dem Gesetz über Einwanderung und Staatsbürgerschaft abgeschoben werden kann.“

Spicer schätzt, dass die Trump-Regierung insgesamt fünfzehn Millionen Abschiebungen plant. Die Los Angeles Times war in einer früheren Schätzung von acht Millionen ausgegangen. Die fast doppelt so hohe Zahl könnte darauf hindeuten, dass Trump Immigranten mit Arbeitserlaubnis den Status als legale Einwohner mit Aufenthaltserlaubnis aberkennen und auch sie abschieben will.

Die Dokumente sehen keine Abschaffung des Deferred Action for Childhood Arrivals (DACA)-Programms vor, das Obama per Dekret eingeführt hatte. Durch dieses Programm sind 750.000 Einwanderer geschützt, die als Kinder in die USA kamen. Allerdings soll sich das Heimatschutzministerium in Zukunft um diese Gruppe kümmern. Außerdem können auch im DACA-Programm registrierte Immigranten abgeschoben werden, wenn sie wegen einer Straftat verurteilt oder angeklagt wurden. Letzte Woche wurde bereits ein im DACA registrierter Einwanderer aus dem Bundesstaat Washington abgeschoben.

Spicer erklärte: „Es wird noch weitere [Dekrete] geben. Die Einwanderung ist eines der Themen, bei denen Trump im Wahlkampf immer klar und konsequent war.“

Die World Socialist Web Site befasste sich am Dienstag in englisch-sprachigen Artikeln ausführlich mit den Dokumenten des Heimatschutzministeriums. Geplant ist der Bau weiterer Haftzentren und einer Grenzmauer sowie die Einstellung von 15.000 Einwanderungs- und Abschiebebeamten. Zudem sollen lokale Polizeibehörden zur Unterstützung bei der Verhaftung und Abschiebung von Migranten herangezogen werden. Diese Maßnahmen werden zu einem deutlichen Ausbau des Polizeistaats im ganzen Land führen.

Die stellvertretende Direktorin des America's Voice Education Fund, Lynn Tramonte, erklärte in einem Interview mit USA Today: „Diese Dokumente enthalten detaillierte Pläne für die Abschiebung von elf Millionen nicht registrierten Einwanderern aus Amerika. Sie entsprechen den Wünschen der weißen Nationalisten und der immigrantenfeindlichen Bewegungen und bedeuten, dass die schlimmsten Ankündigungen aus Donald Trumps Wahlkampf in die Tat umgesetzt werden.“

Die Trump-Regierung befürchtet, dass die Dekrete Massenproteste auslösen könnten. Ein Beamter des Heimatschutzministeriums (DHS) erklärte am Dienstag vor der Presse: „Wir können in den Gemeinden keine Panik gebrauchen.“

Spicer und das DHS versuchen zu bestreiten, dass die Regierung Millionen Arbeiter ohne Papiere sofort verhaften und einsperren lassen wird. Auf der Pressekonferenz am Dienstag widersprach Spicer ausdrücklich der Vorstellung, Trump verfolge das Ziel einer „Massenabschiebung.“ Und der Vertreter des DHS erklärte: „Wir haben weder das Personal, noch Zeit oder Mittel, in Kommunen zu gehen und Massen von Menschen abzuschieben.“

Mit anderen Worten, die Trump-Regierung plant tatsächlich millionenfache Abschiebungen. Allerdings wäre es in der Praxis unmöglich, alle diese Menschen auf einmal abzuschieben, und es wäre politisch gefährlich, ein solches Vorhaben anzukündigen. Das Tempo der Abschiebungen dürfte sich allerdings erhöhen, sobald genug Polizisten mobilisiert sind und eine ausreichende Zahl von Haftzentren gebaut wurde.

Spicer erklärte weiter: „Wir fangen nicht bei null an.“ Und das stimmt. Natürlich versucht die Trump-Regierung zu vertuschen, dass sie die Angriffe auf Einwanderer qualitativ und quantitativ auf eine neue Stufe hebt. Andererseits knüpft sie tatsächlich an die immigrantenfeindliche Politik der Obama-Regierung an. Diese hatte bereits mehr Immigranten abgeschoben als alle Vorgängerregierungen zusammen, schätzungsweise 2,7 Millionen.

Der Rechtsrahmen, in dem Trump über zehn Millionen nicht gemeldete Einwanderer abschieben will, wurde von beiden Parteien zusammen geschaffen. Das entsprechende Gesetz, der Illegal Immigrant Reform and Immigrant Responsibility Act von 1996, konnte nur dank der Unterstützung der Demokraten im Kongress verabschiedet werden. Unterzeichnet wurde es vom Demokraten Bill Clinton. Der Secure Fences Act von 2006, auf den sich Trump zur Rechtfertigung seines Mauerbaus beruft, wurde von den Senatoren Hillary Clinton, Obama, Biden und Schumer unterstützt.

37 der 48 Demokraten im Senat, darunter auch Senator Bernie Sanders, stimmten Anfang des Monats für John Kellys Ernennung zum Heimatschutzminister. Sanders äußerte die Hoffnung, Kelly werde „mäßigenden Einfluss auf die rassistischen und fremdenfeindlichen Ansichten ausüben, die Präsident Trump im Wahlkampf geäußert hat“. Die Dokumente des Heimatschutzministeriums tragen Kellys Unterschrift.

Sanders übernahm die verlogene Darstellung der Trump-Regierung, es gehe ihr um die „öffentliche Sicherheit“. Letzte Woche erklärte er in einem Interview mit NBC News: „Ich halte die Einreisekontrollen für sehr, sehr stark. Wenn sie sich noch stärker machen ließen, sollten wir das tun. Ich glaube nicht, dass man darüber debattieren kann, dass die USA sicher bleiben sollen. Und wir wollen 100 Prozent klarstellen, dass niemand in dieses Land kommen darf, um uns zu schaden.“

Die Darstellungen beider Parteien, Einwanderer seien eine Gefahr für die öffentliche oder nationale Sicherheit, sind Lügen. Die Trump-Regierung macht die Immigranten zu Sündenböcken für die soziale Krise, die das kapitalistische System verursacht hat. Auf diese Weise versucht sie, Arbeiter gegeneinander auszuspielen und zu verhindern, dass sie gemeinsam gegen ihren wahren Feind kämpfen: die herrschende Klasse.

Von der Demokratischen Partei ist kein nennenswerter Widerstand gegen diese Maßnahmen zu erwarten. Das Abschiebeprogramm Trumps wird das Leben von Millionen Einwanderern und ihren Familien zerstören, die in ihrer überwiegenden Mehrheit der Arbeiterklasse angehören. Und auch der Widerstand gegen diese reaktionären und fremdenfeindlichen Maßnahmen entwickelt sich in der Arbeiterklasse.

Einwanderer und gebürtige Amerikaner müssen gemeinsam gegen Abschiebungen kämpfen. Die Demokratische Partei und die Gewerkschaften unterstützen Trumps Wirtschaftsnationalismus und werden nichts zum Schutz der Immigranten tun. Ebenso wenig können Politiker durch Appelle umgestimmt werden.

Allen Arbeitern steht unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus das Recht auf Leben und Arbeit zu. Beim Kampf um dieses Recht muss sich die Arbeiterklasse auf ihre eigene Kraft verlassen. Sie muss in Betrieben, in Stadtvierteln und Schulen Komitees aufbauen, um eine politische Strategie zu entwickeln, mit der sie die Abschiebungen unterbinden und die Regierung daran hindern kann, Einwanderer aus dem Land zu werfen.

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