Warum Jörg Baberowski für den Chefposten von Breitbart News Deutschland geeignet wäre

Die rechtsextreme amerikanische Website Breitbart News arbeitet mit Hochdruck daran, nach Deutschland zu expandieren. Man plane, innerhalb von sechs bis acht Monaten ein Redaktionsbüro zu eröffnen, erklärte der Rom-Korrespondent von Breitbart, Thomas Williams, gegenüber Zeit Online.

Breitbart News hat sich in den letzten Jahren zur größten rechtsextremen Website der Welt entwickelt. Berühmt wurde sie vor allem durch ihren ehemaligen Chef Steve Bannon, der mittlerweile als oberster Chefberater von Donald Trump im Weißen Haus arbeitet und erkennbar dessen Politik beeinflusst. Die Website hetzt in übelster Weise gegen Immigranten, Muslime und Juden und gilt in den USA als Sprachrohr der so genannten Alt-Right-Bewegung. Bislang existiert in Europa ein Büro in London, doch nun will Breitbart seine Arbeit auch nach Deutschland und Frankreich ausweiten.

Erste Bewerbungsgespräche seien schon gelaufen, berichtet Zeit Online. Entscheidend für den Start des Redaktionsbüros sei es, so Williams, „die richtige Person an der Spitze zu finden“.

Die Wahl Trumps hat auch in Deutschland rechten und rechtsextremen Kräften Auftrieb gegeben. Vor zwei Wochen stellte Zeit-Redakteur Jochen Bittner in einem Gastbeitrag für die New York Times fest, der „Bannonismus“ sei nicht nur in den USA ein ernstzunehmendes politisches Phänomen, sondern auch in Deutschland.

Bannons Welt sei „eine Welt der Mauern und Regeln, regiert von kompromisslosen starken Männern“, schreibt Bittner. Der „Bannonismus“ betrachte „Grenzen als Grundvoraussetzung dafür, dass Nationen ihr höchstes Recht ausüben können: zu bestimmen, wer sie definiert und wie sie ihre kulturelle Identität zum Ausdruck bringen. Den freien Personenverkehr lehnt er zwar nicht grundsätzlich ab, aber er muss gegen dieses Interesse aufgewogen werden.“

Gestützt auf diese Definition des „Bannonismus“ käme Jörg Baberowski als Deutschlandchef von Breitbart in Frage. Der Professor für Geschichte Osteuropas an der Humboldt-Universität Berlin wirbt seit geraumer Zeit für eine Abschottung der Grenzen und einen starken Staat.

So sagte er im Sommer 2015, als die Bundesregierung die Grenzen kurzzeitig für Flüchtlinge öffnete, der Basler Zeitung: „Wenn ein Staat, der durch Grenzen definiert ist, erklärt, diese Grenzen gebe es nicht mehr, man könne sie nicht mehr schützen, sie seien gleichgültig, und man brauche keinen Pass, um sie zu überschreiten, dann ist ein konstitutiver Teil der Souveränität aufgegeben worden. Der deutsche Staat hat keine Hoheit mehr über seine Grenzen! Frau Merkel hat erklärt, dass die Grenzen nicht geschützt werden können.“

Nur vier Wochen später erklärte er der Thüringer Zeitung, Deutschland müsse „aufhören, der ganzen Welt Angebote zu machen. Wenn die Grenzen jetzt nicht sofort geschlossen werden, dann werden sich die anderen europäischen Länder an der Bewältigung der Krise nicht beteiligen.“

Im September vergangenen Jahres ging Baberowski in seiner Kolumne in der Basler Zeitung dann soweit zu behaupten, „zwei Millionen Einwanderer“ seien ins Land geströmt und hätten „der Republik die größte Staatskrise seit ihrer Gründung“ beschert.

Breitbart News hat Baberowski früh als Geistesverwandten erkannt. Sie hat wegen seiner Hetze gegen Flüchtlinge, seiner Forderung nach Abschottung der Grenzen und seiner Medienschelte mehrfach wohlwollend über den Professor berichtet.

Der „hoch angesehene“ Professor warne vor dem Verschwinden Deutschlands, wie man es bislang kenne, schrieb Raheem Kassam im Dezember 2015 anerkennend. Kassam ist inzwischen federführend für den Ausbau des Breitbart-Netzwerks in Europa zuständig.

Kassam führte zustimmend mehrere Absätze aus einem Interview Baberowskis mit der Huffington Post an. „Deutschland wird sich nicht mehr aus Kriegen und Konflikten raushalten können. Und das Deutschland, das wir kennen, wird durch die Masseneinwanderung verschwinden“, hatte Baberowski dort erklärt.

„Das Deutschland, das auf einem christlichen Wertefundament beruht“, sei nun bedroht, zitierte ihn Breitbart. „All das, was uns lieb und teuer war, womit wir unserem Leben bislang einen Halt gegeben haben, muss sich ändern, weil Menschen aus einem anderen Kulturkreis kommen und auch andere Vorstellungen davon haben, wie wir leben sollen.“

Im Mai 2016 berichtete Breitbart erneut positiv über Baberowski, der im Magazin Stern die angeblichen Übergriffe in der Kölner Silversternacht damit in Zusammenhang gebracht hatte, dass deutsche Männer das Prügeln verlernt hätten. Stattdessen würden sie sich auf das Eingreifen des Staats verlassen, was in der besagten Nacht ausgeblieben sei.

Der Tenor des Breitbart-Artikels ließ allerdings darauf schließen, dass man Baberowskis Einschätzung – es sei grundsätzlich gut, dass sich Männer nicht mehr prügelten und sich lieber auf die Staatsgewalt verließen – nicht uneingeschränkt teilte.

Seither hat Baberowski jedoch viel geschrieben, was ihn für einen führenden Posten bei Breitbart qualifizieren würde. Seine regelmäßige Kolumne in der Basler Zeitung, die zum Presseimperium des Schweizer Rechtsextremisten Christoph Blocher gehört, liest sich wie ein allmonatlich erneuertes Bewerbungsschreiben für einen Job in der Breitbart-Chefetage. Dass Donald Trump die US-Wahlen gewann, hatte Baberowski dort als Erfolg „wider die Kultur des politisch Korrekten“ bezeichnet.

In seiner Kolumne und anderen journalistischen Beiträgen teilt Baberowski immer wieder gegen die etablierten Medien aus. In der Neuen Zürcher Zeitung prangerte er das „Reich der Moralprediger [an], in das die Leitmedien Deutschland verwandelt haben“. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung erregte er sich über das „Reich der Tugendwächter“, in dem sich der Kritiker „im schlimmsten Fall den Vorwurf gefallen lassen [muss], er sei ,rechts‘ und könne deshalb am öffentlichen Diskurs nicht beteiligt werden“.

Dass Baberowski all dies ungehindert in den meistgelesenen Zeitungen und in öffentlich-rechtlichen Fernsehtalkshows vor einem Millionenpublikum – kurz gesagt: in den Leitmedien schlechthin – äußern durfte, tat seiner Empörung keinen Abbruch.

Auch bei diesem verbalen Rundumschlag gegen die „Diktatur des politisch Korrekten“ trifft sich Baberowski mit Breitbart und Bannon. Nicht zufällig zitierte der erste Breitbart-Artikel über Baberowski dessen Medienschelte: „Journalisten treten auf wie Hofberichterstatter, sie stellen keine kritischen Fragen, sondern verstehen sich als verlängerter Arm der Kanzlerin und ihrer Strategie.“ Gemeint waren Medien, die positiv über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung berichteten.

Breitbart stellte befriedigt fest, man habe dasselbe Verhalten schon bei der Berichterstattung der britischen BBC kritisiert. Bannon selbst war zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels noch als Chief Executive für die Website tätig.

Inzwischen wird immer deutlicher, dass Baberowski und Bannon nicht nur ähnliche politische Auffassungen vertreten, sondern gegenüber Kritikern auch zu vergleichbaren Methoden greifen. Wer unerwünscht ist, wird im Zweifel beleidigt und des Raumes verwiesen. Was bei der Pressekonferenz im Weißen Haus inzwischen an mehreren Journalisten exerziert wurde, hat Baberowski mit Besuchern öffentlicher Veranstaltungen getan, von denen er Kritik an seinen Positionen erwartete: Er lies die vermeintlichen Kritiker hinauswerfen und drohte mit der Polizei. Mittlerweile ist er dazu übergegangen, auch juristisch gegen Kritik vorzugehen und sie per Gerichtsbeschluss verbieten zu lassen.

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