Offener Brief der IYSSE an den AStA der Ruhr-Universität Bochum

Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung verteidigt rechten Humboldt-Professor Jörg Baberowski

Liebe Vertreter des AStA,

mit Empörung haben wir die beiden Artikel von Frederik Herdering in der Ausgabe der Bochumer Stadt- und Studierendenzeitung (bsz) vom 6. Februar gelesen, die von Euch herausgegeben wird. Im Namen der „Meinungsfreiheit“ stellt sich der Autor dort hinter den rechten Berliner Humboldt-Professor Jörg Baberowski und verteidigt dessen autoritäres Vorgehen gegen studentische Kritik.

Da Herdering und die bsz jede journalistische Objektivität vermissen lassen und nachweislich falsche Behauptungen aufstellen, hier eine knappe Zusammenfassung der Ereignisse: Ende 2016 hat Baberowski eine einstweilige Verfügung gegen den Allgemeinen Studierendenausschuss (AStA) der Universität Bremen erwirkt, die diesem das Zitieren einiger seiner rechten Äußerungen und deren kritische Wertung verbietet. Der AStA hat Einspruch gegen diesen Maulkorberlass erhoben, über den das Landgericht Köln voraussichtlich am 15. März in erster Instanz entscheiden wird.

Sollte sich Baberowski durchsetzen, wäre das ein Schlag gegen die Meinungsfreiheit. Studierende, die seinen rechten Standpunkten entgegentreten, müssten mit Strafen und schweren beruflichen Nachteilen rechnen. Außerdem würde die gesamte politische Rechte gestärkt. Baberowski ist kein „anerkannter Universitätsprofessor und Historiker“, wie Herdering behauptet, sondern ein politischer Scharfmacher, der seine Stellung als Professor und seine zahlreichen Kontakte zu Politik und Medien und zur Bundeswehr nutzt, um inner- und außerhalb der Universität für ultrarechte Positionen zu werben.

Baberowskis Auftreten ist so berüchtigt, dass man mittlerweile in zahlreichen Büchern und Zeitungsartikeln davon lesen kann. Die taz bezeichnet ihn als „Stichwortgeber für rechte bis rechtsextreme Kreise“, die Welt wirft ihm die „Verniedlichung der Rolle des Antisemitismus beim Holocaust“ vor und der Publizist Jürgen Roth spricht von „sozialem Rassismus“.

Diese Bezeichnungen sind sehr berechtigt. Im Februar 2014 hatte Baberowski im Spiegel gefordert, man müsse den Nazi-Apologeten Ernst Nolte rehabilitieren. Wörtlich sagte er: „Hitler war kein Psychopath, er war nicht grausam. Er wollte nicht, dass an seinem Tisch über die Judenvernichtung geredet wird.“ Im gleichen Artikel vergleicht er Erschießungen 1918 in Russland und den Holocaust mit den Worten: „Im Grunde war es das Gleiche: industrielle Tötung.“

Unerträglich waren auch Baberowskis Hetz-Artikel gegen Flüchtlinge, die er in etlichen Zeitungen veröffentlichte. „In ihrer Mehrheit aber sind die Einwanderer eine Belastung, keine Bereicherung“, postulierte er etwa in der Basler Zeitung. „Die Integration von mehreren Millionen Menschen in nur kurzer Zeit unterbricht den Überlieferungszusammenhang, in dem wir stehen und der einer Gesellschaft Halt gibt und Konsistenz verleiht“, erklärte er in der FAZ.

Aufgrund dieser eindeutigen Positionierung haben sich etliche Studierendenvertretungen scharf gegen Baberowskis Positionen ausgesprochen. „Professor Jörg Baberowski, Inhaber des Lehrstuhls für osteuropäische Geschichte, hetzt öffentlich gegen Geflüchtete und relativiert in seiner Forschung nationalsozialistische Verbrechen“, heißt es etwa in einem Statement der Fachschaftsräte- und -initiativenversammlung (FRIV), dem Zusammenschluss aller Fachschaftsvertretungen an der Humboldt-Universität, das sich gegen „rassistische, nationalistische, antisemitische, sexistische und militaristische Positionen“ in Lehre und Forschung ausspricht.

Anders als Herdering und die bsz haben die Studierendenvertreter an der Humboldt-Uni die Quellen studiert und kommen zu einer klaren Einschätzung: „Durch die Darstellung der Mehrheit der ‚Einwanderer‘ als ‚Belastung‘ für den Sozialstaat schürt er [Baberowski] diffuse Angstgefühle und nutzt Geflüchtete als Sündenbock für gesellschaftliche Probleme. Er wird einerseits nicht müde, vielen Geflüchteten ‚Aggressivität‘ zu unterstellen, während er andererseits Gewalt gegen Geflüchtete und Flüchtlingsheime herunterspielt. In seinen wissenschaftlichen Publikationen verharmlost er NS-Kriegsverbrechen in der Sowjetunion als alternativlose Reaktion auf die Kriegsführung der Roten Armee und der Partisanen. Diese provokativen Positionen sind höchst gefährlich, gerade wenn sie unter einem pseudowissenschaftlichen Deckmantel verbreitet werden.“

Wie „gefährlich“ diese Positionen sind, zeigt die ganze politische Entwicklung. Baberowskis Aufrufe zu Gewalt, Krieg und Flüchtlingshetze werden zunehmend umgesetzt. Seit mehreren Wochen finden Massenabschiebungen nach Afghanistan statt. Der Verteidigungshaushalt soll nahezu verdoppelt und die Bundeswehr aufgestockt werden. In den Medien wird über die Wiedereinführung der Wehrpflicht und die Anschaffung deutscher Atomwaffen diskutiert. Um ein solches Programm umzusetzen, braucht man nicht weniger als ein autoritäres Regime. Deshalb unterstützt Baberowski den Kronjuristen der Nazis Carl Schmitt, verteidigt auf seinem Twitter-Account und in seiner Kolumne der Basler Zeitung den Wahlsieg Donald Trumps und die AfD und ruft nach dem starken Staat.

Dem Bochumer AStA ist vieles davon bekannt. Die IYSSE haben mit Eurer Unterstützung eine Veranstaltung zum Wahlsieg des neuen US-Präsidenten Donald Trump durchgeführt, in der wir ausdrücklich vor der Kriegsgefahr und dem Aufstieg rechter Tendenzen auch in Europa gewarnt haben. Ein Vertreter der IYSSE hat auf Eurer Vorstandssitzung zur Causa Baberowski referiert und Solidarität mit den Bremern eingefordert. Doch anstatt ein Zeichen zu setzen und die Meinungsfreiheit und die Kommilitonen in Bremen zu verteidigen, sind bislang nur Herderings Artikel in der bsz erschienen.

Dabei darf es nicht bleiben!

Wie an den anderen Universitäten ist auch in Bochum die Mehrheit der Studierenden gegen Militarismus und Flüchtlingshetze in Lehre und Forschung. Wir fordern Euch deshalb nachdrücklich auf, Euch öffentlich von den Artikeln in der bsz zu distanzieren und wie die Studierendenvertretungen an anderen Universitäten eine Solidaritätserklärung mit der Bremer Studierendenschaft zu verabschieden.

IYSSE Bochum

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