Linkspartei hetzt gegen Türkei

Seit Tagen verschärft sich die Auseinandersetzung mit der türkischen Regierung. In einer beispiellosen diplomatischen Konfrontation verweigerte am Wochenende die holländische Regierung dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Einreise. Die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya eskortierte sie mit bewaffneten Polizeieinheiten über die Grenze zurück nach Deutschland.

Beide hatten im türkischen Konsulat in Rotterdam zu Landsleuten über das anstehende Verfassungsreferendum sprechen wollen. Anschließend löste die Polizei eine Protestdemonstration vor dem türkischen Konsulat mit Wasserwerfern und Schlagstockeinsatz auf.

Die Linkspartei reagierte sofort und begrüßte überschwänglich diese undemokratischen Maßnahmen. Fraktionschefin Sahra Wagenknecht forderte die Bundesregierung auf, sich am „konsequenten Vorgehen“ der holländischen Regierung ein Beispiel zu nehmen.

Noch am Sonntagabend verbreitete sie über Twitter die Nachricht: „Während der türkische Außenminister in den Niederlanden keine Landeerlaubnis für einen geplanten Wahlkampfauftritt bekommt, warten wir hier in Deutschland auf so viel Rückgrat von Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel bislang vergeblich. Mein Vorschlag: Gemeinsam Druck machen für ein Auftrittsverbot.“

Montagvormittag folgte auf der Facebook-Seite der Linken-Bundestagsfraktion ein weiterer Post, in dem es heißt: „Österreich und die Niederlande haben entschieden, dass sie Erdogans Propagandatour für Diktatur und Todesstrafe auf ihrem Territorium nicht zulassen werden. Wie konsequent diese Entscheidung umgesetzt wird, zeigte sich gestern in den Niederlanden: der türkische Außenminister erhielt dort keine Landeerlaubnis für einen geplanten Wahlkampfauftritt!“ Leider sei die Bundesregierung „von solch einer klaren Haltung“ noch ein weites Stück entfernt.

Dann begrüßt die Linkspartei die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, das am Freitag „erfreulicherweise“ Rückenwind für ein Auftrittsverbot von Erdogan und seiner Entourage gegeben habe. Glasklar habe das Gericht geurteilt, dass es sich bei einem Auftrittsverbot um eine rein außenpolitische Entscheidung handle, die die Bundesregierung ohne weiteres treffen könne. „Damit können sich Merkel und Gabriel nicht mehr länger hinter irgend welchen fadenscheinigen Ausreden verstecken.“

Auch der ehemalige Fraktionschef der Linken, Gregor Gysi, warnt davor, „noch länger vor dem türkischen Despoten zu kuschen oder ihn gar weiter zu hofieren“. Stattdessen müssten Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel „das türkische Regime und seinen Werbefeldzug für Diktatur und Todesstrafe“ endlich in die Schranken weisen. Gysi wörtlich: „Wir können uns doch wegen der Flüchtlingsfrage von der Türkei nicht täglich erpressen lassen.“

Wie reaktionär die Forderung nach einem Auftritts- und Redeverbot für türkische Politiker ist, zeigen die Hintergründe der Ereignisse in Holland. Zwei Tage vor der Parlamentswahl am Mittwoch schürt Regierungschef Mark Rutte, ein rechter Liberaler, gezielt antitürkische und antimuslimische Stimmungen, um den Rechtsextremen Geert Wilders, der ihm in den Umfragen dicht auf den Fersen liegt, rechts zu überholen.

In Zeitungsberichten über den niederländischen Wahlkampf gilt es inzwischen als gängige Weisheit, dass Wilders Rutte politisch vor sich hertreibt. Bevor er das Auftrittsverbot erließ, hatte ihm Wilders vorgeworfen, er sei “zu schwach”, um Auftritte türkischer Politiker in den Niederlanden zu verhindern.

Das Auftrittsverbot dient nicht der Verteidigung von Demokratie und Meinungsfreiheit in der Türkei, sondern deren Abschaffung in den Niederlanden. Rutte hat die türkische Regierung bewusst provoziert, um von den heftigen sozialen Spannungen im Land abzulenken und rassistische Stimmungen zu schüren. Der türkische Präsident Erdogan nutzt seinerseits die Attacken, um nationalistische Gefühle in der Türkei aufzupeitschen und für sein autoritäres Verfassungsreferendum einzuspannen.

Dass die Linkspartei Ruttes Vorgehen begrüßt und als Vorbild preist, sagt alles über den rechten Charakter dieser Partei. Sie unterstützt seit langem Haushaltskürzungen, Sozial- und Personalabbau, wo immer sie Regierungsverantwortung übernimmt. So war der Berliner Senat unter Klaus Wowereit, an dem die Linkspartei zehn Jahre lang beteiligt war, bundesweiter Vorreiter einer rücksichtslosen Sparpolitik.

Doch mit der Unterstützung einer rassistischen Kampagne, die von der CSU über die AfD bis zu Wilders‘ PVV einhellig gelobt wird, nimmt die rechte Politik der Linkspartei eine neue Qualität an. Sie stärkt damit die rechtsradikalen Parteien in ganz Europa und outet sich selbst als ausländerfeindliche „Law-and-order“-Partei.

Schon früher hatte Sahra Wagenknecht mit den Worten, „Wer Gastrecht missbraucht, der hat Gastrecht verwirkt“, in die Hetze gegen Flüchtlinge und den Ruf nach einem starken Staat eingestimmt. Damals wurde sie postwendend von der AfD gelobt. „Frau Wagenknecht hat die Situation sehr schön auf den Punkt gebracht“, erklärte der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland und wiederholte Wagenknechts Forderung: „Wer freiwillig zu uns kommt, hat sich wie ein Gast zu benehmen, oder muss Deutschland verlassen.“

Heute klatscht der Rechtsextremist und EU-Gegner Geert Wilders Beifall, wenn Wagenknecht den Rauswurf türkischer Politiker als Vorbild für die Bundesregierung feiert. Auch der rechte Flügel der CSU ist begeistert. Als deren außen- und sicherheitspolitischer Sprecher, Florian Hahn, in der Bild am Sonntag den Abzug der Bundeswehr vom türkischen Stützpunkt Incirlik forderte, unterstützte ihn Wagenknecht mit den Worten: „Angesichts der aktuellen Entwicklungen in der Türkei ist es überfällig, die Tornados und die Bundeswehrsoldaten von Incirlik abzuziehen und Waffenlieferungen an die Türkei sofort zu stoppen.“

Die Unterstützung der Linkspartei für die Politik der äußersten Rechten ergibt sich aus dem bürgerlichen Charakter dieser Partei. Wie alle anderen bürgerlichen Parteien reagiert sie auf die Spaltung der Gesellschaft und die wachsenden sozialen Spannungen mit einem Ruck nach rechts.

Der Aufstieg Trumps in den USA und seine Politik des „America first!“ hat diese Entwicklung beschleunigt. Die Bundesregierung antwortet mit einem rapiden militärischen Aufrüstungsprogramm. Getrieben wird diese Entwicklung durch die unlösbare Krise des Weltkapitalismus. Die herrschende Klasse aller Länder hat auf die wachsenden sozialen und ökonomischen Spannungen keine andere Antwort als einen erbitterten Kampf um die globale Neuaufteilung der wirtschaftlichen und politischen Macht.

Wie in den Dreißigerjahren ist das Aufflammen des Militarismus mit der Verbreitung von rassistischem Gift verbunden. Damals diente der Antisemitismus dazu, rückständige Schichten aufzuhetzen, heute spielt der Antiislamismus eine vergleichbare Rolle. Die Rechtsentwicklung der Linkspartei ist Bestandteil dieser reaktionären Entwicklung.

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