Deutsche Luftwaffe liefert Zielkoordinaten für Massaker an Zivilisten in Syrien

Anfang der Woche berichteten deutsche Medien, dass die Zahl ziviler Opfer amerikanischer Luftangriffen in Syrien dramatisch ansteigt. Nun ist bekannt geworden, dass die Bundeswehr bei „Trumps todbringende[r] Offensive“ (Spiegel Online) eine wichtige Rolle spielt.

Berichten der Süddeutschen Zeitung und der ARD zufolge lieferte die deutsche Luftwaffe die Aufklärungsdaten für einen Luftangriff, den die sogenannte Anti-IS-Koalition am 21. März in der syrischen Ortschaft al-Mansoura in der Nähen von Raqqa durchführte.

Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden bei dem Angriff mindestens 33 Zivilisten getötet. Airwars.org berichtet sogar von bis zu 420 Toten. Der Website zufolge waren in der Badiya-Schule in Mansoura bis zu 100 Flüchtlingsfamilien untergebracht. Dem Angriff fielen offenbar viele Frauen und Kinder zum Opfer.

Der Militärblog Augen Geradeaus! schreibt: „Die Aufklärungs-Tornados der Luftwaffe hatten das fragliche Gebäude zwei Tage zuvor überflogen, ebenso ein paar Tage später, um die Wirkung des Luftangriffs bewerten zu können.“ Darüber sei der Verteidigungsausschuss des Bundestags, dem Vertreter aller Bundestagsparteien angehören, in einer geheimen Sitzung am Mittwoch informiert worden.

Nach außen wollte sich das Verteidigungsministerium „zu konkreten Daten und Zielen“ bislang nicht äußern. Grundsätzlich gehöre es aber zur Routine der Tornado-Flugzeuge, Bilder von möglichen Zielen zu machen. Diese werden dann an die Streitkräfte der USA, Frankreichs, Großbritanniens und einiger arabischer Staaten übertragen, die sie zur Bestimmung ihrer Ziele nutzen.

Mit anderen Worten: die deutschen Kampfjets sind an den verheerenden Luftschlägen der Koalition beteiligt, die immer mehr unschuldige Menschen in den Tod reißen.

Das Massaker von Mansoura erinnert an die verbrecherische Geschichte der deutschen Luftwaffe. Während des zweiten Weltkriegs spielte sie eine zentrale Rolle in der Kriegsmaschinerie der Nazis.

Der Name Guernica, wo deutsche Flugzeuge bereits 1937 im spanischen Bürgerkrieg eine Stadt zerstörten, steht bis heute als Symbol für die rücksichtslose Bombardierung von Zivilisten. Im Laufe des Weltkriegs wütete dann die Luftwaffe in ganz Europa, der Sowjetunion und Nordafrika und zerstörte Städte wie Warschau, Stalingrad, Rotterdam und London.

Die Rückkehr des deutschen Terrors aus der Luft ist ein direktes Ergebnis der neuen Großmachtgelüste Berlins. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Januar 2014 hatten Bundespräsident Joachim Gauck, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) „das Ende der militärischen Zurückhaltung“ Deutschlands verkündet. Ende 2015 folgte der Eintritt der Luftwaffe in den Krieg in Syrien, begleitet von bis zu 1.200 Soldaten und einer Fregatte.

In einem Beitrag im Sammelband „Deutschlands neue Außenpolitik“, der von Wolfgang Ischinger zur diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz herausgegeben wurde, wiederholt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine damalige Forderung, Deutschland müsse außenpolitisch „früher, entschiedener und substantieller“ eingreifen. Es gebe einen „schärfer werdenden Wettbewerb um die vermeintlich richtige gesellschaftliche Ordnung […] und um geopolitische Einflusssphären“. Mit „rechtzeitigen Weichenstellungen“ bei „der Gestaltung der künftigen Ordnung“ könne Deutschland dabei „oft mehr bewirken als beim späten Feuerlöschen“.

In Mansoura wurde auf fürchterliche Weise deutlich, was damit gemeint ist. Obwohl die deutsche herrschende Klasse die schlimmsten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit zu verantworten hat, ist sie bereit, neue zu begehen, um ihre geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen weltweit durchzusetzen.

Ein weiterer Beitrag im oben erwähnten Sammelband spricht das offen aus. Unter dem Titel „Außenpolitik als moralische Zerreißprobe“ beklagt Jan Techau, der Direktor des Richard C. Holbrooke Forum an der American Academy in Berlin, dass in Deutschland das „neurotische Bestreben ‚moralisch sauber‘ zu bleiben“ fast alle innen- und außenpolitischen Debatten durchziehe. Dabei sei klar: „Wer in den Krieg zieht, der muss in der Regel den Tod von Menschen verantworten. Auch den Tod Unbeteiligter und Unschuldiger.“

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