Perspektive

Trump droht China wegen Nordkorea mit Krieg

Vor seinem für diese Woche angesetzten Treffen mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping forderte US-Präsident Trump Peking drohend auf, Nordkorea zur Einstellung seines Atom- und Raketenprogramms zu zwingen, denn, wie er gegenüber der Financial Times erklärte: „Wenn China das Nordkorea-Problem nicht löst, werden wir es tun. Mehr habe ich Ihnen dazu nicht zu sagen.“

Trump kündigte ein Ultimatum gegenüber Xi an: „China hat großen Einfluss auf Nordkorea. Und China wird sich entweder entschließen, uns wegen Nordkorea zu helfen, oder nicht. Und wenn es das tut, dann wird das sehr gut sein für China, und wenn nicht, dann wird es für niemanden gut sein.“

Trumps Drohungen können nur eines bedeuten: Wenn die chinesische Regierung nicht bereit ist, das Regime in Pjöngjang in den wirtschaftlichen Ruin oder aus dem Amt zu treiben, dann sind die USA bereit, alle ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einschließlich ihrer überlegenen Militärmacht zum Einsatz zu bringen. Wie Außenminister Rex Tillerson während seiner Asienreise im März erklärte, liegen alle Optionen auf dem Tisch und ist auch ein Krieg gegen Nordkorea nicht ausgeschlossen.

Welche Maßnahmen die USA zunächst auch ergreifen mögen, Trump ließ keinen Zweifel daran, dass er bereit ist, Nordkorea anzugreifen, und zwar auch ohne Vorwarnung. „Ich stehe nicht für die Vereinigten Staaten der Vergangenheit, in der wir euch sagten, wo wir im Nahen Osten zuschlagen werden“, erklärte er gegenüber der Zeitung. „Als wir sagten ... ‚Wir werden in vier Monaten Mossul angreifen.‘ ... Wozu vorher darüber reden? Es gibt keinen Grund zu reden.“

Hinter verschlossenen Türen bereitet die Trump-Regierung einen Krieg gegen Nordkorea vor, der für die Bevölkerung der koreanischen Halbinsel eine Katastrophe wäre und in den auch China, Russland und Japan hineingezogen werden könnten.

Das Weiße Haus hat unmittelbar vor dem jetzigen Treffen von Xi und Trump eine Bilanz der US-Politik gegenüber Nordkorea vorgelegt. Darin sollen Berichten zufolge schwere Sanktionen nicht nur gegen Nordkorea, sondern auch gegen chinesische Firmen erwogen werden, die mit diesem Land Handel treiben. Doch dabei würde es die Trump-Regierung nicht bewenden lassen.

Während seiner Asienreise hatte Tillerson erklärt, dass die Politik der Obama-Regierung, die Sanktionen schrittweise zu steigern, gescheitert sei. Außerdem hatte er direkte Verhandlungen mit Pjöngjang ausgeschlossen. Alle anderen Optionen - Cyberkriegsführung, Provokationen und verdeckte Operationen zur Destabilisierung der nordkoreanischen Regierung und verschiedenartige militärische Maßnahmen - drohen die Region binnen Kurzem in einen Krieg zu stürzen.

Die Financial Times fragte Trump: „Denken Sie, dass Sie dieses Problem [Nordkorea] ohne die Hilfe Chinas lösen können?“ Die Antwort brachte die ganze Skrupellosigkeit des US-Präsidenten zum Ausdruck: „Voll und ganz.“ Auf die erneute Nachfrage des Reporters wiederholte er: „Mehr habe ich nicht zu sagen. Voll und ganz.“

Welche unabsehbaren Folgen ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel haben könnte, fasste Ashton Carter zusammen, der unter Obama Verteidigungsminister war und seit Langem Militärschläge gegen Nordkorea befürwortet. Gegenüber dem Nachrichtensender ABC News erklärte Carter am Sonntag, er sei nicht optimistisch, dass China etwas gegen Nordkorea unternehmen werde.

Er betonte, dass die militärische Option offengehalten werden müsse, und beschrieb dann mit eiskalter Gleichgültigkeit gegenüber menschlichem Leid, was nach einem Präventivschlag der USA gegen Nordkorea passieren würde. „Es ist durchaus möglich, dass sie [Pjöngjang] ... versuchen würden, in Südkorea einzumarschieren. Wie gesagt, ich bin zuversichtlich, dass ein solcher Krieg mit der Niederlage Nordkoreas enden würde.

Dennoch muss ich Sie warnen. Mit einem solchen Krieg wäre ein Ausmaß an Gewalt verbunden, wie wir es seit dem letzten Koreakrieg nicht mehr erlebt haben. Seoul liegt direkt an der Grenze der Demilitarisierten Zone [des Grenzstreifens zwischen Nord- und Südkorea], und so steht fest, dass es ein sehr zerstörerischer Krieg wäre.“

Carter weiß, wovon er spricht. Als stellvertretender Verteidigungsminister unter Clinton war er 1994 führend an der Planung des Kriegs gegen Nordkorea beteiligt, der in letzter Minute gestoppt wurde. Damals ging das Pentagon davon aus, dass nach konservativen Schätzungen auf südkoreanischer und amerikanischer Seite 300.000 bis 500.000 Soldaten fallen würden, die Opfer unter der Zivilbevölkerung gar nicht mitgezählt.

Der Koreakrieg von 1950 bis 1953 kostete Millionen Menschenleben. Heute verfügen nicht nur die USA, sondern auch Nordkorea über Atomwaffen, und die Opferzahlen könnten weitaus höher ausfallen. US-Verteidigungsminister James „Mad Dog“ Mattis hat Pjöngjang bereits gewarnt, dass jeder Versuch, seine Atomwaffen einzusetzen, mit einer „effektiven und überwältigenden Reaktion“ geahndet würde - also mit atomarer Vernichtung.

Der Koreakrieg war das einzige Mal, dass sich China und die USA in einem direkten Krieg gegenüberstanden. Die koreanische Halbinsel ist aufgrund ihrer strategischen Lage im Nordosten Asiens seit mehr als hundert Jahren ein Brennpunkt von Invasionen und Kriegen, an denen nicht nur die USA und China, sondern auch Japan und Russland beteiligt waren. Es besteht die Gefahr, dass im Falle eines neuerlichen Kriegs in kurzer Zeit andere, auch atomar bewaffnete Militärmächte mit hineingezogen würden.

Die Gefahr eines Weltkriegs, die sich hier abzeichnet, ist nicht einfach auf das erratische und skrupellose Verhalten Trumps zurückzuführen. Vielmehr liegt seine Irrationalität in der tiefen Krise des amerikanischen und globalen Kapitalismus begründet und zeigt, dass die herrschende Klasse der USA, für die er spricht, entschlossen ist, ihre militärische Überlegenheit einzusetzen, um ihren historischen Niedergang abzuwenden - um jeden Preis. Die Provokationen und Invasionen im Nahen Osten und in Zentralasien, die seit 25 Jahren andauern, münden nun in eine Konfrontation mit den großen Rivalen der USA - insbesondere China und Russland.

Die Reaktion des nordkoreanischen Regimes auf die wachsende Kriegsgefahr ist durch und durch reaktionär. Ihre Raketen- und Atomtests liefern Washington einen Kriegsvorwand und spielen ihm direkte in die Hände. Darüber hinaus tragen die nationalistische Prahlerei der nordkoreanischen Regierung und ihre martialischen Drohungen gegenüber den USA, Japan und Südkorea nur dazu bei, die Kriegsgefahr zu steigern und Spaltungen in der internationalen Arbeiterklasse zu schüren.

Im Gegensatz zum Einmarsch der USA im Irak 2003 und den jüngeren Kriegen im Nahen Osten wird der Countdown gegen Nordkorea nicht öffentlich gemacht. Trotzdem schreitet er mit unerbittlicher Logik voran. Die Arbeiter der Welt können es sich nicht erlauben, eines Morgens davon überrumpelt zu werden, dass die USA Nordkorea bombardiert haben und die Welt am Rande eines Atomkriegs steht.

Das einzige Mittel, den Kriegstreibern Einhalt zu gebieten, besteht darin, die Ursache für Krieg zu beseitigen - das bankrotte Profitsystem und die darauf basierende Aufteilung der Welt in rivalisierende Nationalstaaten. Der Weg dazu ist der Aufbau einer vereinigten Antikriegsbewegung der Arbeiterklasse, die sich auf den sozialistischen Internationalismus stützt.

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