China befürchtet US-Militärschlag gegen Nordkorea

Nach den Raketenangriffen der Trump-Regierung auf Syrien hat die chinesische staatliche Global Times angesichts zunehmender Spannungen auf der koreanischen Halbinsel vor der wachsenden Gefahr eines US-Angriffs auf Nordkorea gewarnt. Nachdem das Pentagon die Flugzeugträgergruppe, angeführt von der USS Carl Vinson, in die Gewässer nahe der koreanischen Halbinsel umgeleitet hat, erschien ein Leitartikel mit dem Titel „Wird Nordkorea nach den Angriffen auf Syrien der Nächste sein?“

Die Zeitung erklärt: „Ermutigt durch seinen Erfolg in Syrien dürfte Washington angesichts der Provokationen Pjöngjangs ungeduldiger werden. Das Trump-Team hält die Zerstörung der Kernkraftanlagen Nordkoreas durch Luftangriffe nicht mehr für abwegig. Sie ist im Gegenteil zu einer ernstzunehmenden Option geworden, über die immer wieder diskutiert wird.“

Die Trump-Regierung hat die US-Strategie in Bezug auf Nordkorea vollständig überarbeitet. Laut einem NBC-Bericht von letztem Freitag wird aktuell u. a. die Option diskutiert, erneut Atomwaffen auf der koreanischen Halbinsel zu stationieren, nordkoreanische Führer mit „Enthauptungsschlägen“ umzubringen und verdeckte Militäroperationen durchzuführen, um die nordkoreanischen Atom- und Militäreinrichtungen unschädlich zu machen.

Trumps Nationaler Sicherheitsberater H. R. McMaster erklärte am Sonntag gegenüber Fox News, der US-Präsident habe um eine „breite Palette an Optionen“ gebeten, um die Gefahr, die Nordkorea darstelle, zu beseitigen. McMaster hielt es für „klug“, die Carl Vinson umzuleiten. Der Hintergrund sind Spekulationen, Nordkorea könne am Geburtstag seines verstorbenen Gründers Kim Il-sung in dieser Woche einen Raketen- oder Atomtest durchführen.

Der Leitartikel der Global Times, der die Befürchtungen der chinesischen Führung wiedergibt, warnt, dass die US-Angriffe auf Nordkorea „mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf Atomkraftwerke und die damit verbundene militärische Infrastruktur beschränkt bleiben werden“. Sie können zu einem verheerenden Gegenschlag gegen den US-Verbündeten Südkorea führen. „Dadurch wird sich ein Militärschlag gegen den Norden sehr wahrscheinlich zu einem großflächigen blutigen Krieg auf der Halbinsel entwickeln.“

Laut einem unbestätigten Bericht der südkoreanischen Nachrichtenagentur Chosun hat das chinesische Militär für „unvorhergesehene Umstände“ 150.000 Soldaten an die Grenze zu Nordkorea verlegt. Zu den Verbänden gehören auch Einheiten zur medizinischen und allgemeinen Versorgung, die für einen Zustrom nordkoreanischer Flüchtlinge trainieren sollen. Der Bericht wurde vom chinesischen Außenministerium dementiert. Das US-Verteidigungsministerium hat gegenüber dem Daily Caller erklärt, es gebe „keine Hinweise“ auf bedeutende Truppenbewegungen an der chinesisch-nordkoreanischen Grenze.

Dennoch reagiert die chinesische Regierung nervös angesichts der Aussicht auf Militäraktionen der USA gegen Nordkorea, die zu einem umfassenden Krieg in ihrem Hinterhof führen können. In den Gesprächen zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Präsident Donald Trump am letzten Wochenende stand Nordkorea ganz oben auf der Tagesordnung. Trump stellte Xi das definitive Ultimatum, Pjöngjang zu zwingen, die US-Forderungen zu akzeptieren oder sich auf US-Angriffe auf Nordkorea gefasst zu machen. Der Umstand, dass Trump die US-Angriffe auf Syrien direkt während der Treffen mit Xi angeordnet hat, hat seine Drohungen unterstrichen.

Peking steckt in einem Dilemma. Auf der einen Seite hat es sich gegen die nordkoreanischen Raketen- und Atomtests gestellt, die den USA den Vorwand für ihren Militäraufmarsch in Nordost-Asien liefern. Auf der anderen Seite möchte es nicht, dass das Regime in Pjöngjang zusammenbricht und einem amerikanischen Marionettenregime Platz macht. China fordert weiterhin Verhandlungen, die aber von der Trump-Regierung abgelehnt werden, solange ihre Forderungen nicht erfüllt werden.

Lu Chao von der Liaoning Academy of Social Sciences erklärte gegenüber der Global Times: „Die USA müssen viele Dinge berücksichtigen, wenn sie einen Militärschlag gegen Nordkorea planen. Dazu gehört insbesondere, ob ihre Verbündeten Japan und Südkorea in vollem Umfang kooperieren und wie Russland und China reagieren werden. Andernfalls würde es zu unerträglichen Konsequenzen führen.“

Die Möglichkeit eines US-Militärschlags gegen Nordkorea löst auch in den Hauptstädten weltweit Besorgnis aus. John Sawyers, der ehemalige Chef des britischen Geheimdienstes M-I6, warnte in der Sendung „Today” auf Radio 4: „Wenn es um eine Weltkrise geht, die die Gefahr eines Zusammenstoßes zwischen Großmächten heraufbeschwören könnte, dann bereitet Nordkorea die größeren Sorgen als Syrien.“

Er erklärte weiter: „Dass die Amerikaner ihre Streitkräfte auf der koreanischen Halbinsel verstärken, dass die USA Präsident Xi in Florida ihre Bereitschaft zur Anwendung von Gewalt gegen einen anderen Staat vorgeführt haben, das alles zeigt, dass das Problem Nordkorea sehr ernst genommen werden muss. Es zeigt, dass es eine sehr hohe Priorität genießen und letztendlich von den USA gemeinsam mit China angegangen werden muss, wenn wir einen weiteren Konflikt auf der Halbinsel vermeiden wollen.“

Sawyers fügte hinzu: „Ich denke, die Chinesen fangen an zu begreifen: Wenn das nicht friedlich durch Verhandlungen, durch Druck gelöst werden kann, dann besteht die ernste Gefahr, dass den USA nur eine Option bleibt, und zwar die militärische.“

Pekings Möglichkeiten, Druck auf Pjöngjang auszuüben, sind abgesehen von lähmenden Sanktionen, wie der Unterbrechung der Ölversorgung, sehr beschränkt. China hat bereits den UN-Resolutionen zugestimmt, mit denen schwere Wirtschaftssanktionen gegen Nordkorea verhängt wurden. Außerdem hat es im Februar verkündet, dass es die Kohleeinfuhren aus dem Nachbarstaat aussetzt. China ist mit Abstand der größte Handelspartner Nordkoreas, und die chinesischen Sanktionen gegen Nordkorea haben bereits zu einer deutlichen Verschlechterung der Beziehungen zwischen beiden Ländern geführt.

Ob die Regierung Trump warten wird, bis China Nordkorea durch Einschüchterung gefügig gemacht hat, weiß man nicht. Das Weiße Haus hat bereits Gespräche mit seinen engsten Verbündeten Japan, Südkorea und Australien über die Situation auf der koreanischen Halbinsel geführt. Die Anwesenheit der USS Carl Vinson und seiner Flugzeugträgergruppe in den benachbarten Gewässern ist nur das offenkundigste Anzeichen dafür, dass sich das US-Militär auf einen Angriff vorbereitet.

Der Daily Telegraph in Sydney berichtete am Dienstag, dass „Australien und seine Verbündeten für den Fall in Alarmbereitschaft versetzt wurden, dass die Vereinigten Staaten eine Testrakete Nordkoreas abschießen“. Sie beruft sich auf Geheimdienstquellen und erklärt, ein solcher Test könne am 15. April, dem Geburtstag von Kim Il-sung, oder früher erfolgen.

Wie die australische Zeitung schreibt, sollen die USA „Australien darüber informiert haben, dass sie bestens vorbereitet sind, diese Raketen abzuschießen. Die gemeinsamen australisch-amerikanischen Militäreinrichtungen in Pine Gap beobachten die nordkoreanischen Raketenabschüsse und sind einsatzbereit.“ Der Geheimdienststützpunkt in Pine Gap, mitten in Australien, liefert nachrichtendienstliche und Zielbestimmungs-Informationen für die US-Kriegsmaschinerie für große Bereiche des Globus vom Nahen Osten bis nach Nordostasien.

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