Diese Woche in der Russischen Revolution

24.–30. April: Trotzki wird aus britischem Gefangenenlager befreit

Trotzki wird aus dem britischen Kriegsgefangenenlager in Kanada entlassen, wo er sich mit den internierten deutschen Soldaten verbrüdert hat. Die Soldaten verabschieden ihn mit Grüßen an die russische Revolution und einem Fluch der deutschen Monarchie. Ein improvisiertes Orchester spielt einen Revolutionsmarsch. In Petrograd findet in der bolschewistischen Partei eine heftige Auseinandersetzung statt, seitdem Lenin am 20. April (7. April) seine „Aprilthesen“ in der Prawda veröffentlicht hat. Eine Stadtkonferenz der Partei wird einberufen, auf der Lenins Positionen große Unterstützung finden.

Unbeeindruckt von der revolutionären Stimmung der Massen in Europa führen die imperialistischen Eliten weiterhin zehntausende junge Männer zur Schlachtbank. In Russland unterstützt die Provisorische Regierung die Fortsetzung des Kriegs. In Europa sind ganze Bevölkerungen auf Ration gesetzt, und der Hunger ist weit verbreitet.

Berlin, 24. April: Die USPD versucht, neue Streiks zu verhindern

Wilhelm Dittmann, ein USPD-Führer

Auch wenn die Massenstreiks der Vorwoche früh und ohne greifbares Ergebnis beendet worden sind, haben sie schlagartig die revolutionäre Krise im Inneren des deutschen Imperialismus beleuchtet. Die marxistische Spartakus-Gruppe verteilt in den Betrieben Flugblätter mit dem Titel „Die Lehren des großen Massenstreiks“.

Der Massenstreik der Berliner Arbeiter ist vorbei – das Massenelend, die Massenentrechtung, der Belagerungszustand und der Völkermord dauern fort! Und auch die Hungersnot! Die Regierung hat zwar versprochen, den Ausfall an Brot durch reichlichere Zuteilung an Fleisch und Kartoffeln auszugleichen. … Ja, aber war denn unsere Ernährung vordem auch nur halbwegs ausreichend? … Wir haben uns von der Regierung mit der Zusage des alten Elends abspeisen lassen!

Spartakus prangert die rechten Gewerkschaftsführer wegen ihrer Zusammenarbeit mit dem obersten Militärkommando (OHL) und der Regierung an. Das Flugblatt schließt mit einem Aufruf zu neuen großen Streikaktionen am ersten Mai: „Arbeiter! Rüstet zum 1. Mai. An diesem Tag soll in den Werkstätten und Fabriken die Arbeit vollständig ruhen! Auf zum Kampf für Frieden, Freiheit, Brot!“

Von diesem Streikaufruf distanzieren sich umgehend und öffentlich die Parteiführer und Reichstagsabgeordneten der USPD, Georg Ledebour und Wilhelm Dittmann, im Berliner Reichstag.

Während der Streiks sind die USPD-Führer von Betrieb zu Betrieb geeilt und haben vor den streikenden Arbeitern radikale Reden gehalten. Sie sind es gewesen, die dafür sorgten, dass die Streikenden ihre Forderungen auf rein ökonomische Fragen wie die Ernährungslage oder den Ruf nach demokratischen Reformen beschränkten und Hoffnungen in die Verhandlungen der USPD-Politiker mit der Regierung und deren Versprechen setzten. Dies hat es den rechten Gewerkschaftsführern ermöglicht, unter Verweis auf verbale Zusagen der Regierung den Streikabbruch durchzusetzen.

Mazedonische Front, 25. April: Beginn der (britisch-bulgarischen) Schlacht von Doiran

Die mazedonische Front 1917

Nach einem viertägigen Artillerie-Sperrfeuer rückt die britische Infanterie mit dem Ziel vor, die bulgarischen Linien an der mazedonischen Front zu durchbrechen. Bis zu 43 000 Soldaten in drei Divisionen sind für den Angriff zusammengezogen worden.

Die mazedonische Front hatte sich Ende 1915 herausgebildet. Nach der Kriegserklärung Österreich-Ungarns gegen Serbien wurden die österreichisch-ungarischen Truppen in ihrem Vormarsch auf serbisches Territorium anfänglich zurückgeschlagen. Eine zweite Invasion im Verein mit deutschen und bulgarischen Kräften im Oktober 1915 erwies sich als wirkungsvoller und zwang die serbischen Truppen zum Rückzug in Richtung albanisch-adriatische Küste. Französische und britische Einheiten wurden nach Griechenland entsandt, trafen aber zu spät ein, um die zurückweichenden serbischen Truppen noch unterstützen zu können. Seither richten die alliierten Truppen die mazedonische Front ein, die sich von der albanischen bis zur ägäischen Küste erstreckt. Dort stehen britische, französische, russische, italienische, albanische und serbische Soldaten jenen der österreichisch-ungarischen, bulgarischen, deutschen und zweitweise osmanischen Einheiten gegenüber.

Bei Doiran erobern die Briten anfänglich einige bulgarische Schützengräben, sind aber gezwungen, sich auf ihre ursprünglichen Positionen zurückzuziehen, als der Angriff an anderer Stelle scheitert. Spätere Versuche, erneut vorzurücken, werden bis zum 27. April zurückgeschlagen. Die britischen Kommandeure sind frustriert, weil ihnen kein Durchbruch gelingt. Anfang Mai starten sie daher einen erneuten Vorstoß, der aber wieder zurückgeschlagen wird. Als die Schlacht von Doiran schließlich am 8. Mai endet, haben die Briten 12 000 Männer und die Bulgaren mehr als 2000 Männer verloren.

Berlin, 26. April: Ergebenheitsadresse der Gewerkschaftsführung an Oberste Heeresleitung (OHL)

Generalleutnant Wilhelm Groener (rechts)

Die Stimmung unter den Arbeitern in den großen Betrieben bleibt rebellisch. Der deutsche Oberbefehlshaber, Generalfeldmarschall Paul von Hindenburg, verurteilt daher in einem Rundschreiben und öffentlichen Aufruf vehement jeden Streik als „Verrat am Vaterland und an den Frontsoldaten“. Die sozialdemokratischen Gewerkschaftsführer beeilen sich, der kaiserlichen Regierung ihre uneingeschränkte Ergebenheit und ihre volle Unterstützung für den Krieg zu versichern. Künftige Streiks würden sie im Keim ersticken.

Wörtlich schreibt die Zentralleitung der Gewerkschaften und Angestelltenverbände an den Präsidenten des Kriegsamts, Generalleutnant Wilhelm Groener:

Eurer Ehrwürdigen Exzellenz danken wir für die Übermittlung des Schreibens des Herrn Generalfeldmarschalls von Hindenburg. Mit den leitenden Gedanken der Darlegungen erklären wir uns völlig einverstanden.

Arbeitseinstellungen in der gegenwärtigen Stunde sind zu vermeiden; Erhaltung und Sicherheit des Reiches stehen an erster Stelle … Wir werden immer wieder darauf hinweisen, dass diejenigen sich an unserem Lande versündigen, die durch willkürliche Herabminderung der Lieferung von Verteidigungsmitteln [d.h. mittels Streiks] die Widerstandskraft unserer Truppen schwächen … Ew. Exzellenz bitten wir den Herrn Generalfeldmarschall von Hindenburg von diesem Schreiben Kenntnis zu geben.

Dieser servile Brief wird am nächsten Tag, dem 27. April 1917, im Vorwärts, der Parteizeitung der SPD, abgedruckt.

St.-Jean-de-Maurienne, Frankreich, 26. April: Verhandlungen der Imperialisten über die Aufteilung Anatoliens

Karte mit Vorschlag über die Aufteilung des Osmanischen Reiches

Vertreter Italiens, Frankreichs und Großbritanniens treffen sich im Dorf St.-Jean-de-Maurienne im Südosten Frankreichs, um Italien zum Eintritt in die Kämpfe im Nahen Osten zu bewegen. Das gelingt dadurch, dass sie der italienischen Regierung die Kontrolle über Südwestanatolien in der heutigen Türkei versprechen. Die russische Provisorische Regierung hofft derweil auf die Zusagen der Alliierten, dass Russland die Kontrolle über Istanbul und die Durchfahrten am Bosperus erhalten werde, aber Russland ist gar nicht zur Konferenz eingeladen. Das Abkommen von St.-Jean-de-Maurienne folgt auf das Sykes-Picot-Abkommen, das die Aufteilung des Nahen Ostens zwischen England und Frankreich beinhaltet.

Die imperialistischen Mächte planen, das multiethnische, multireligiöse osmanische Reich völlig zu zerschlagen. In der Levante, auf der arabischen Halbinsel und in Anatolien streben Großbritannien, Frankreich und Italien neue arabische und türkische Nachfolgekolonien unter ihrer Kontrolle an. In Ostanatolien und dem Kaukasus stützt sich Russland (zuerst unter Zar Nikolaus, jetzt unter der Provisorischen Regierung) auf den armenischen Nationalismus, um dem osmanischen Reich im Osten mit Auflösung durch die Schaffung eines armenischen, von Russland kontrollierten Staates zu drohen.

Türkische Nationalisten, die in der osmanischen Regierung eine immer stärker bestimmende Rolle spielen, führen inzwischen einen brutalen Feldzug gegen die Armenier im Osmanischen Reich, der mit ethnischen Säuberungen und Massenmord einhergeht. Diesen staatlichen Massakern fallen 600 000 bis anderthalb Millionen Menschen zum Opfer.

Petrograd, 27. April (14. April): Eröffnung der Petrograder Stadtkonferenz der Bolschewiki

April 1917: Im Taurischen Palais spricht Lenin zum Petrograder Sowjet.

Auf einer Petrograder Stadtkonferenz der bolschewistischen Partei, die bis zum 5. Mai (22. April) andauern wird, gewinnt Lenin für seine „Aprilthesen“ beträchtliche Unterstützung. In einer Abstimmung nimmt die Konferenz mit 37 zu drei Stimmen eine von Lenin entworfene Resolution an, in der die Provisorische Regierung verurteilt und die Forderung erhoben wird, dass die gesamte Staatsgewalt in die Hände der Sowjets übergehen müsse. Es ist der erste wichtige Sieg, den Lenin seit seiner Rückkehr nach Petrograd innerhalb der Partei erringt.

In seinen Aprilthesen hat Lenin im Wesentlichen Trotzkis Theorie von der Permanenten Revolution übernommen. Lenin fordert den offiziellen Bruch mit den Menschewiki, die Umbenennung der Partei in Kommunistische Partei, den Aufbau einer neuen revolutionären Internationale, die strategische Orientierung auf die Machteroberung durch die russische Arbeiterklasse und die Ausdehnung der Revolution auf ganz Europa. Auf der Stadtkonferenz stoßen Lenins Ansichten auf den Widerstand des rechten Flügels in der Parteiführung, zu dem Kamenew und Rykow gehören.

Während Lenins Aprilthesen viele „alte Bolschewiki“ in der Parteiführung schockieren, finden sie in der Parteibasis eine wichtige Unterstützung. Auf der Stadtkonferenz wird Lenin zum Ehrenvorsitzenden gewählt. Er hält das Hauptreferat über die aktuellen Aufgaben in der gegenwärtigen politischen Lage. Er wird auch in das Komitee hineingewählt, das die wichtigsten Resolutionen, „Über die Stellung zur Provisorischen Regierung“ und „Über den Krieg“, verfassen soll. Auch beantragt Lenin die Annahme folgender Resolutionen: „Über die Kommunalfrage“ und „Über die Stellung zu den Parteien der Sozialrevolutionäre, der Sozialdemokraten (Menschewiki), zur Partei der sogenannten ‚Fraktionslosen‘ Sozialdemokraten und zu anderen verwandten politischen Strömungen“.

Dies ist der erste offizielle Parteitag der Bolschewiki seit 1912. Die Resolutionen dieser Woche auf der Stadtkonferenz bilden die Grundlage für Resolutionen, die wenige Tage später dem siebenten Allrussischen Parteitag der Bolschewiki vorgelegt werden sollen.

Berlin, 27. April: Straf- und Rachefeldzug gegen streikende Arbeiter

Der “Hundsfott-Aufruf”

Mit der Veröffentlichung der gewerkschaftlichen Ergebenheitsadresse im Vorwärts kann sich Generalleutnant Wilhelm Groener der Rückendeckung durch die SPD sicher sein. Er lässt am selben Tag in allen Fabriken einen Aufruf aushängen:

Im Westen bei Arras, an der Aisne und in der Champagne stehen unsere feldgrauen Brüder in der schwersten und blutigsten Schlacht der Weltgeschichte … Ein Hundsfott, wer streikt, solange unsere Heere vor dem Feinde stehen! Hiermit ordne ich an, dass unverzüglich in den Rüstungsbetrieben aller Art hochgesinnte Arbeiter, mutige Männer und Frauen sich zusammentun und ihre Kameraden aufklären, was die Not der Zeit und die Zukunft des Vaterlandes von uns allen fordert: Arbeit und wiederum Arbeit bis zum glücklichen Ende des Krieges … Leset Hindenburgs Brief immer wieder, und ihr werdet erkennen, wo unsere schlimmsten Feinde stecken … Die schlimmsten Feinde stecken mitten unter uns – das sind die Kleinmütigen und die noch viel Schlimmeren, die zum Streik hetzen. Diese müssen gebrandmarkt werden vor dem ganzen Volke, diese Verräter am Vaterlande und am Heere …

Der Appell, den die Arbeiter als „Hundsfott-Aufruf“ verhöhnen, erzielt die gegenteilige der beabsichtigten Wirkung. Der Hass auf den Kaiser und die Oberste Heeresleitung wächst, nicht nur in den Schützengräben an der Front, sondern auch zuhause.

Die Gewerkschaftsfunktionäre dagegen befolgen den Aufruf aufs Eifrigste und setzen ihn um. Mit ihrer Hilfe werden Tausende von Arbeitern, die sich an den Streiks beteiligt haben, in den Betrieben und Gewerkschaften denunziert. So werden gerade die aktivsten und führenden Arbeiter von einem Tag auf den anderen zum Kriegsdienst eingezogen und an die Front und damit oft in den Tod geschickt.

Die zentristischen USPD-Führer stehen bei diesem Feldzug gegen die Arbeiter auf derselben Seite wie die rechten SPD- und Gewerkschaftsführer. Bei einem geheimen Treffen mit Groener verspricht der USPD-Vorsitzende Hugo Haase dem General in die Hand, dass „am ersten Mai nicht gestreikt“ werde. Er werde persönlich dafür sorgen, dass unter keinen Umständen wieder ein Streik ausbrechen werde. Diese Tatsache wird allerdings erst sieben Jahre nach Ende des Weltkriegs bekannt werden.

Halifax, Nova Scotia, 29. April: Trotzki wird aus Internierungslager befreit

Titelblatt der Broschüre Trotzkis, „Gefangen bei den Briten“, von 1918

Der Kommandant des britischen Kriegsgefangenenlagers Amherst, Colonel Morris, teilt Trotzki und den andern russischen Verbannten mit, dass sie das Lager verlassen sollten, und befielt ihnen, ihre Sachen zu packen. Da man sie über das Ziel der Reise im Ungewissen lässt, und weil sie bisher von Seiten der Briten nur eine brutale Behandlung erfahren haben, protestieren die Gefangenen und weigern sich, das Lager zu verlassen, solange man ihnen das Ziel der Reise nicht nennt.

Die Soldaten der Eskorte drohen mit Gewaltanwendung und tragen das Gepäck der Gefangenen hinaus. Konfrontiert mit der wachsenden Erregung von hunderten gefangener Matrosen und Soldaten, gibt der Kommandant endlich bekannt, dass Trotzki und die anderen Exilanten auf einen dänischen Dampfer in Richtung Europa gesetzt werden sollen.

Später wird Trotzki sich der warmherzigen Aufnahme erinnern, die ihm die einfachen Matrosen und internierten deutschen Arbeiter während seiner Gefangenschaft bereitet haben. Wie er in „Mein Leben“ schreibt, ähnelte dieses Leben im Lager „einem ununterbrochenen Meeting“. Und weiter: „Ich erzählte den Gefangenen über die russische Revolution, über Liebknecht, über Lenin, über die Ursachen des Zusammenbruchs der alten Internationale, über die Einmischung der Vereinigten Staaten in den Krieg. Außer den öffentlichen Referaten führten wir dauernd Gruppendiskussionen. Unsere Freundschaft wurde mit jedem Tag enger.“

Einmal versuchen die britischen Wachen, Trotzki das öffentliche Reden zu untersagen. Da reagieren die Matrosen und Arbeiter mit einer Protestpetition, die die Unterschriften von 533 der etwa 850 Lagerinsassen trägt. Im Gegensatz dazu behandeln die Offiziere, deren Quartier durch eine Bretterwand vom Rest der gefangenen Soldaten getrennt ist, Trotzki offen feindlich. Das ändert sich auch bei Trotzkis Abfahrt nicht.

Als man uns aus dem Lager wegführte, bereiteten uns die Lagergenossen einen feierlichen Abschied. Während die Offiziere sich in ihren Abteilen eingeschlossen hatten und nur einzelne die Nase durch einen Spalt hervorsteckten, standen die Matrosen und die Arbeiter am Ufer entlang Spalier, ein improvisiertes Orchester spielte einen Revolutionsmarsch, von allen Seiten streckten sich freundschaftliche Hände entgegen. Einer der Gefangenen hielt eine kurze Rede – einen Gruß der russischen Revolution, einen Fluch der deutschen Monarchie. Ich denke noch jetzt mit Wärme daran, wie wir uns mitten im Toben des Krieges mit den deutschen Matrosen in Amherst verbrüderten.
(Leo Trotzki, „Mein Leben“, Berlin 1990, S. 258–259)

Eine entscheidende Rolle für die Freilassung Trotzkis und seiner russischen Mitgefangenen hat der Petrograder Sowjet gespielt, der die bürgerliche Provisorische Regierung solange unter Druck setzte, bis sie deren Freilassung forderte.

Später, während der Atlantiküberfahrt, wird Trotzki die ungeklärte Frage seiner Internierung in einem Brief an den Außenminister Miljukow in folgenden Worten fassen:

Wer verhaftete uns, und mit welcher Begründung? Dass der generelle Befehl, russische Bürger zu verhaften, deren Ansichten die britische Regierung nicht akzeptieren konnte, wirklich von der britischen Regierung ausging, steht außer Zweifel. Lloyd George konnte schließlich die glückliche Fügung nicht ungenutzt vorbeigehen lassen, die titanische Energie endlich unter Beweis zu stellen, derentwegen er an die Macht gekommen war. Nur eine Frage ist noch offen, nämlich: Wer verriet den britisch-kanadischen Behörden, welche Personen festgenommen werden sollten? Wer informierte Halifax in dieser kurzen Zeit von drei oder vier Tagen über unsere Ansichten? Die Umstände weisen darauf hin, dass dieser Dienst an die Alliierten von dem frisch renovierten russischen Konsulat ausging, von dem gleichen Konsulat, welches das Portrait von Nikolaus aus seinem Empfangsraum entfernt und das Wort „Kaiserlich“ aus seinem Titel gestrichen hatte.
(aus dem Englischen)

Max Slevogt veröffentlicht Arbeiten über den Krieg

Max Slevogt, Lithographie „Pegasus im Kriegsdienst“ (aus der Mappe „Geschichte“), Landesmuseum Mainz.

In diesem Jahr veröffentlicht der deutsche impressionistische Maler Max Slevogt (1868-1932) sein „Kriegstagebuch“mitZeichnungen und Aquarellen, sowie das Mappenwerk „Geschichte“. In beiden setzt er sich mit den Schrecken des Krieges auseinander. In dem Mappenwerk finden sich albtraumartige Lithographien wie „Die oberste Heeresleitung“: Eine an Generalfeldmarschall von Hindenburg erinnernde uniformierte Gestalt tippt mit dem Zeigefinger auf einen auf ein Podest gestellten Kopf, während Teile aus dessen entblößtem Gehirn auf den Boden geschleudert werden. Andere Lithographien tragen Titel wie „Der Traum des Siegers“, „Pegasus im Kriegsdienst“oder„Finale“.Letzteres zeigt einen knorrigen Baum, über dem ein Adler auffliegt, während ein einbeiniger Kriegsversehrter mit Krücken an mehreren aufgestellten Kreuzen vorbeihumpelt.

Wie viele seiner Künstlerkollegen hat sich Max Slevogt 1914 zunächst freiwillig an die Front gemeldet – nicht als Soldat, sondern als offizieller Kriegsmaler. Er sieht und malt dort aber keineswegs großartige Schlachtengemälde, wie man es von einem im Kaiserreich anerkannten Künstler erwartet hätte. Seine Werke zeigen vielmehr brutale Zerstörungen, wie auf seinen Aquarellen von der „Kathedrale von Löwen“, von der „Versorgung Verwundeter in einer Kirche“ oder eines „Gefallenen Engländers“. Einmal an der Front, verblasst seine anfängliche Kriegsbegeisterung rasch. Er kann in die Heimat zurückkehren, wo er seine Eindrücke in künstlerischen Werken verarbeitet.

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