Teile der französischen Rechten unterstützen die Neofaschistin Le Pen

Am Wochenende erklärte der Vorsitzende der rechten Kleinpartei Debout la France (Steh auf Frankreich, DLF) Nicolas Dupont-Aignan offiziell, er werde Marine Le Pen vom neofaschistischen Front National (FN) in der Stichwahl am 7. Mai unterstützen.

Le Pen erklärte, sie würde Dupont-Aignan zum Premierminister ernennen, wenn sie die Präsidentschaftswahl gewinnt. Wörtlich sagte die Kandidatin des FN: „Zusammen werden wir dafür kämpfen, immer mehr Menschen zusammenzubringen und die Stichwahl am 7. Mai zu gewinnen.“

Die beiden Parteichefs veröffentlichten ein „Regierungsübereinkommen“ mit sechs Punkten, das die Grundlage ihres Bündnisses bildet. Die beiden Unterzeichner erklärten: „Dieser Vertrag für ein Regierungsbündnis wird der Schlüssel zur Überwindung der Spaltungen und Zweifel sein, die dem ‚System‘ und Emmanuel Macron in die Hände spielen und damit dem nationalen Interesse schaden.“

Ein Bündnis auf nationaler und präsidialer Ebene zwischen dem FN und einer rechten Partei hat es bisher noch nie gegeben. Diese Entwicklung verdeutlicht den Zusammenbruch des Zweiparteiensystems aus der Sozialistischen Partei (PS) und den Republikanern (LR), deren Kandidaten bereits im ersten Wahlgang ausgeschieden sind. Der Präsident François Hollande (PS) hatte nicht mehr für eine zweite Amtszeit kandidiert. Mehrere führende Politiker der LR haben bereits beschlossen, nicht zur Wahl von Macron gegen den FN aufzurufen, darunter Henri Guaino, Laurent Wauquiez und Thierry Mariani.

Die meisten Politiker der PS und der rechten Parteien rufen zur Wahl Macrons, dem ehemaligen Wirtschaftsminister der reaktionären PS-Regierung, auf, um Le Pens Sieg zu verhindern. Dupont-Aignan hingegen rechtfertigte seine Entscheidung, die FN zu unterstützen, mit den Worten: „Wenn Emmanuel Macron, d.h. François Hollande Junior, die Wahl gewinnt, ist das Land erledigt.“ Er erklärte weiter: „Ich habe eine historische Entscheidung getroffen und dem französischen Volk gesagt: ja, ich werde alles tun, um Macron zu schlagen. Ich bin noch weiter gegangen. Ich habe mich nicht auf die Seite des FN gestellt. Ich habe verhandelt. Das ist der schönste Moment in meiner politischen Laufbahn.“

Dass immer größere Teile der französischen herrschenden Elite eine Neofaschistin unterstützen, bestätigt die Bedeutung des Aufrufs der Parti de l’égalité socialiste (PES) zu einem aktiven Boykott der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl. Die Strategie, das politische Establishment anzubetteln, den Aufstieg der Neofaschisten zu verhindern, ist falsch und wird nur in die Katastrophe führen.

Im Jahr 2002 hatten die pseudolinken Parteien – die Neue Antikapitalistische Partei (NPA, damals Ligue communiste révolutionnaire, LCR), die Lutte Ouvrière (LO) und die Parti ouvrier indépendant Democratique (POID, damals Parti des Travailleurs, PT) – auf diese Strategie gesetzt. Sie stellten sich auf die Seite der PS, die den rechten Kandidaten Jacques Chirac gegen den Kandidaten des FN Jean-Marie Le Pen unterstützte. Sie behaupteten, sie könnten so den Aufstieg der Neofaschisten verhindern.

In Wirklichkeit haben sie der extremen Rechten damit das Monopol auf den Widerstand gegen Chirac und die PS im politischen Establishment Frankreichs überlassen. In den darauffolgenden fünfzehn Jahren betrieben die Konservativen, und später die PS, eine Politik, die sich immer weniger von derjenigen der extremen Rechten unterschied. In den letzten fünf Jahren hat die PS den Ausnahmezustand ausgerufen und Marine Le Pen mehrfach in den Elysée-Palast eingeladen. Jetzt stellt sich ein Teil der Rechten offen hinter Le Pen, die vom Niedergang des traditionellen Zweiparteiensystems aus PS und LR profitieren konnte.

Diese bitteren Erfahrungen wie auch Dupont-Aignans derzeitige Politik widerlegen die Behauptung, die Wahl Macrons, der für Krieg und Sparmaßnahmen steht, könnte den Aufstieg des FN verhindern. Zum einen würde Macron eine extrem reaktionäre Politik betreiben, und zum anderen stellen sich jetzt immer größere Teile der herrschenden Eliten auf die Seite der extremen Rechten und ihrer populistischen Demagogie.

Die PES fordert die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse durch einen aktiven Boykott der Wahl. Macron und Le Pen sind beide skrupellose Feinde der Arbeiter. Die PES schrieb dazu in ihrer Erklärung „Nein zu Macron und Le Pen! Für einen aktiven Boykott der Frankreichwahl!“: „Es kommt aber darauf an, in der Arbeiterklasse eine oppositionelle Bewegung zu entwickeln, die sowohl Macron als auch Le Pen von links angreift.“

Die Differenzen zwischen den Teilen der herrschenden Klasse, die den FN unterstützen, und den Anhängern Macrons sind weitgehend taktischer Natur und drehen sich hauptsächlich um die Außenpolitik. Die deutliche Mehrheit der herrschenden Klasse unterstützt Macron, aber ein beträchtlicher Teil unterstützt den FN. Diese Spaltung ist nicht zuletzt Ausdruck der tiefen Krise der EU und der Nato: Der FN bevorzugt ein Bündnis mit Trump und Russland gegen die Hegemonie Deutschlands in Europa und fordert den EU-Austritt Frankreichs sowie ein Referendum über den Ausstieg aus dem Euro und die Wiedereinführung des Franc.

Doch große Teile der französischen Bevölkerung sind weiterhin entsetzt über den Aufstieg des FN. Le Pen und Dupont-Aignan nehmen in ihrem Koalitionspapier daher einige Änderungen an der nationalistischen und fremdenfeindlichen Politik des FN vor, die für besondere Aufmerksamkeit in den Medien und breite Ablehnung in der Bevölkerung gesorgt hatte.

Sie behaupten, Dupont-Aignan habe Le Pen zugunsten des Abkommens gezwungen, ihre Forderung fallenzulassen, ausländische Kinder sollten für ihre Schulbildung zahlen. Im Text heißt es dazu, Änderungen beim „kostenlosen Zugang zu Sozialleistungen für Fremde, die legal in das Staatsgebiet eingereist sind, werden nicht für Schulen gelten“.

Sie deuteten außerdem an, Le Pen habe ihren antieuropäischen Nationalismus gemäßigt. Dupont-Aignan erklärte: „Ich bin ebenso wenig gegen Europa wie Marine Le Pen. Wir sind gegen die Europäische Union. Wir wollen ein Referendum über die Neuverhandlung aller Verträge. Mit einer Stimme für Marine Le Pen hätte das französische Volk ihr noch keinen Blankoscheck gegen Europa ausgestellt. Der Übergang weg von der europäischen Einheitswährung wird Geschick erfordern.“

Le Pen hat außerdem angedeutet, dass sie möglicherweise achtzehn Monate brauchen wird, um ihre Haltung in der Euro-Frage zu entwickeln. Zudem könnten andere Themen Vorrang haben, auch wenn sie den Euro weiterhin ablehnt.

Am Wochenende sagte sie in einem Interview mit der Pariser Boulevard-Zeitung Le Parisien: „Der Euro ist tot.“ Sie erklärte, dass die Einheitswährung unter der Regierung des FN weiterhin von Großkonzernen im Welthandel benutzt werden würde, für den täglichen Zahlungsverkehr im Inland hingegen der Franc zum Einsatz käme.

Diese Versuche, potenzielle Wähler des FN zu beruhigen, sind vollkommen reaktionär. Die Klassenspannungen in Frankreich und ganz Europa sind enorm. Hollandes Präsidentschaft hat gezeigt, dass sich die gesamte herrschende Klasse mit enormer Geschwindigkeit nach rechts bewegt. Sollte der FN die Wahl gewinnen, würde er – so wie die PS im Jahr 2012 – eine Politik betreiben, die noch weitaus rechter wäre als alles, was er im Wahlkampf vorgeschlagen hat.

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