Mélenchon-Wähler lehnen beide Kandidaten der Stichwahl ab

Beide Kandidaten in der französischen Präsidentschaftswahl – der ehemalige Rothschild-Banker Emmanuel Macron und die Neofaschistin Marine Le Pen – werden von Mitgliedern der Bewegung La France insoumise (Unbeugsames Frankreich) abgelehnt. Dies ist das Ergebnis einer jüngsten Abstimmung, nach der es unter Mélenchon-Anhängern keine Unterstützung in der Stichwahl für einen der beiden Kandidaten gibt.

Hierin zeigt sich zugleich, dass die Position des unterlegenen Präsidentschaftskandidaten Jean-Luc Mélenchon von seinen eigenen Anhängern nicht geteilt wird. Mélenchon hatte politische Sympathien für Macron geäußert und sogar die Möglichkeit angedeutet, unter ihm Premierminister zu werden. Mélenchon hatte bei der ersten Runde der Wahl fast zwanzig Prozent der Stimmen bekommen, während die traditionellen Parteien Frankreichs einen historischen Einbruch erlitten.

Als die Unbeugsamen ihre unverbindliche Abstimmung durchführten, sprachen sich nur 34,8 Prozent für eine Wahl Macrons aus, des Favoriten der regierenden Parti Socialiste (PS). Der Vorschlag, ungültige Stimmzettel abzugeben, erhielt 36,1 Prozent, und für eine Enthaltung sprachen sich 29 Prozent aus. Für Macrons Gegnerin bei der Strichwahl, Marine Le Pen vom neofaschistischen Front National, zu stimmen, hielt in dieser Abstimmung niemand für eine Option. Ungefähr 200.000 der 440.000 Mitglieder der Unbeugsamen nahmen an der Abstimmung teil.

Die Abstimmung unterstreicht einmal mehr, wie wichtig der Aufruf der Parti de l’égalité socialiste (PES) für einen aktiven Boykott der zweiten Wahlrunde und die Ablehnung beider reaktionären Kandidaten ist. Auch die gefährliche Rolle Mélenchons wird deutlich, der versucht, die Opposition in der Arbeiterklasse gegen den nächsten Präsidenten zu blockieren. Die PES betont, dass Arbeiter und Jugendliche kein Vertrauen in Mélenchon setzen sollen. Streiks und andere Kämpfe müssen unabhängig von seiner Organisation und auf der Grundlage der Perspektive eines revolutionären Kampfs gegen beide reaktionären Kandidaten geführt werden.

Letzten Freitag erklärte Mélenchon, er werde wählen gehen, sagte aber nicht, für wen er stimmt. Er verweigerte die politische Führung und lehnte es ab, eine Wahlempfehlung für die Stichwahl zu geben. Auf diese Weise stellte er sich hinter die politische Kampagne der PS, der rechten Republikaner (LR) und der großen Zeitungen und Medienhäuser, die alle dafür eintreten, für Macron als „kleineres Übel“ gegenüber Le Pen zu stimmen.

Diese Kampagne ist ein politischer Betrug. Macron ist kein „kleineres Übel“ als Le Pen. Die neofaschistische Kandidatin ist zweifellos eine tödliche Gefahr für die Arbeiter, aber das trifft auch auf Macron zu. Er tritt ein für die Beibehaltung des Ausnahmezustands, den die PS-Regierung verhängt hat. Er will damit die Opposition gegen die Wiedereinführung der Wehrpflicht, die Militarisierung Frankreichs und die Europäischen Union niederschlagen. Arbeiterfeindliche Maßnahmen will er per Dekret mithilfe des reaktionären Arbeitsgesetzes der PS durchsetzen.

Immer stärker zeigt sich das konzertierte Vorhaben der herrschenden Klasse Frankreichs, dauerhaft ein autoritäres Regime durchzusetzen, um Krieg vorzubereiten und die sozialen Rechte zu zerstören, die Arbeiter in Frankreich und Europa im vergangenen Jahrhundert in jahrzehntelangen Kämpfen errungen haben.

Das trifft auf starke Ablehnung bei Arbeitern und Jugendlichen. Daher hat die PES zu einem aktiven Boykott der Stichwahl, zu Streiks und Arbeiterkämpfen aufgerufen, um die Arbeiterklasse auf eine revolutionäre Mobilisierung gegen den Kapitalismus vorzubereiten.

Die große Mehrheit der Wähler und Anhänger, die Mélenchon über das Internet für seinen Wahlkampf rekrutiert hat, lehnt Macron entschieden ab. Seine Anhänger sind in vielen Städten und Arbeiterzentren wie Marseille, Toulouse und den Arbeiterbezirken von Paris in der Mehrheit. Sie wollen weder für den FN, noch für einen militaristischen Kandidaten stimmen, der zusammen mit Berlin und der EU eine harte Sparpolitik durchsetzen will. Wie die breite Mehrheit der Bevölkerung verstehen sie, dass der Sieger der Präsidentschaftswahl sich als entschiedener Feind der arbeitenden Bevölkerung erweisen wird – ganz gleich, ob es am Ende Le Pen oder Macron ist.

Mélenchons Rolle besteht darin, so viele Illusionen wie möglich zu schüren. Er verschleiert, dass Arbeiter und Jugendliche in Frankreich und weltweit von Krieg und Diktatur bedroht sind. Er spricht nicht über die Gefahr, dass Macron, der Verbündete Berlins und der Demokratischen Partei in Washington, sich an einem Krieg in Syrien beteiligen könnte, der die Nato in einen militärischen Konflikt mit Russland hineinziehen würde. Ebenso schweigt er zu Trumps aggressivem Vorgehen gegen Nordkorea, das sich im Kern gegen China richtet.

Obwohl die meisten Anhänger der Unbeugsamen nicht für Macron stimmen wollen, bemüht sich Mélenchon, die Opposition abzuwürgen und einem Regierungsbündnis mit Macron den Weg zu bereiten. In einem Interview mit dem Fernsehsender TF1 am Sonntagabend bot sich Mélenchon als Berater von Macron an und erklärte sogar seine Bereitschaft, unter ihm als Premierminister zu dienen.

Zuerst erklärte er, das militaristische und autoritäre Programm Macrons sei gänzlich anders als die Politik von Le Pen. „Ich sage allen, die mir zuhören: Macht nicht den schrecklichen Fehler, eure Stimme dem Front National zu geben. Ihr würdet unser Land in eine Explosion treiben, von der niemand weiß, wohin sie führt, weil sie uns vom ersten Tag an in eine Art Krieg stürzt“, erklärte er.

Dann brachte er sich als Premierminister unter Macron ins Spiel: Er sei „bereit, dieses Land zu regieren, wenn wir bei den Wahlen zur Nationalversammlung im Juni die Mehrheit erringen sollten“.

Auf die Frage, ob er „Premierminister in einer Koalitionsregierung unter Emanuel Macron werden könne, falls dieser Präsident werde“, antwortete Mélenchon: „Er [Macron] wird sich an den Gedanken gewöhnen müssen… Was mich angeht, möchte ich ihm zum Schluss noch einen Rat geben, weil ich in dieser Kampagne auch ein wenig Hilfestellung geben muss. Anstatt meine Freunde unter Druck zu setzen und zu bedrohen, sollte er ihnen ein bisschen entgegenkommen und sie für sich gewinnen“

Mélenchons Ankündigung, für eine Regierung mit Macron zur Verfügung zu stehen, in der dieser die Außen- und Militärpolitik bestimmen würde, entlarvt die Hohlheit seiner Wahlversprechen. Macron plant eine brutale Sparpolitik und will Milliarden für Rüstung ausgeben, die Wehrpflicht wieder einführen und Frankreichs Atomarsenal modernisieren. Ein Premierminister unter einem solchen Präsidenten hätte keine Möglichkeit, auch nur einen kleinen Teil der sozialen Versprechungen aus seinem Wahlprogramm zu realisieren.

Außerdem zeigt sich darin, wie verlogen Mélenchons angebliche Opposition gegen einige der Nato-Kriege ist. Auch ist er entgegen seinen Behauptungen nicht unabhängig von Washington und Berlin. Mit dieser Pose versucht er, die breite Opposition gegen Krieg unter Arbeitern und Jugendlichen zu Wahlkampfzwecken auszunutzen, ohne eine revolutionäre Alternative zum Imperialismus und zum Kapitalismus zu bieten.

Zuerst erklärt Mélenchon, dass er weder etwas „mit den Republikanern noch etwas mit der Parti Socialiste gemein“ habe, aber dann nutzt er den größten Teil seines Interviews für politische Signale an Macron – den Kandidaten, der von den beiden etablierten Parteien der französischen Wirtschaft unterstützt wird.

Er gab Macron sogar Ratschläge, wie er sich die Unterstützung seiner Anhänger sichern könne. „Ich werde Macron klarmachen, dass es unklug ist, sich über die beratende Abstimmung lustig zu machen, die ich organisiert habe. Denn sobald ich sie organisiert hatte, versuchte er Druck auf meine Anhänger auszuüben, anstatt zu versuchen, sie zu gewinnen. Erstens beleidigt er mich, was nicht gerade hilft, meine Wähler für sich einzunehmen, und zweitens bezeichnet er sie als eine x-beliebige Gruppe von unverantwortlichen Leuten.“

Es zeigt sich, dass die allermeisten Mitglieder der Unbeugsamen und die Wähler Mélenchons weit links von ihm selbst stehen und nach einer Alternative zu seiner politischen Linie suchen. Wie die Arbeiterklasse insgesamt werden sie diese Alternative nur in dem Aufruf der PES zu einem aktiven Boykott finden und in der Perspektive eines revolutionären und internationalistischen Kampfs der Arbeiterklasse, für den die PES steht.

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