Deutschland und China bekräftigen „strategische Partnerschaft“

Vor dem Hintergrund wachsender transatlantischer Spannungen baut Deutschland seine ohnehin schon engen politischen und wirtschaftlichen Verbindungen zu China weiter aus.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Donnerstag in Berlin, dass China in den 45 Jahren seit Aufnahme diplomatischer Beziehungen für Deutschland „ein immer wichtigerer und inzwischen auch strategischer Partner geworden“ sei. Das gelte „für die gesamte Bandbreite“ der Beziehungen, „sowohl politischer und wirtschaftlicher Art, … aber auch in Bezug auf die Kooperation in Kultur- und Gesellschaftsfragen“.

„In Zeiten globaler Unsicherheiten“ sähen sich beide Länder „in der Verantwortung, unsere Partnerschaft in den verschiedenen Bereichen auszubauen und uns für eine regelbasierte Ordnung der Welt einzusetzen“, so Merkel weiter. Sie sei „froh“, dass es „in diesem Jahr einen sehr intensiven Austausch“ gebe. Vor dem G20-Gipfel in Hamburg Anfang Juli stehe ein weiterer Besuch des chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping in Berlin an.

„Ein wichtiges Thema“ seien die Handelsbeziehungen gewesen. Man sei sich „darüber einig, dass Handelsnationen wie Deutschland und China zusammenarbeiten und auch klare Bekenntnisse zum freien Handel abgeben sollten“, erklärte Merkel mit einer kaum verhüllten Spitze gegen US-Präsident Donald Trump. Dieser hatte auf dem G7-Gipfel in der vergangen Woche zum wiederholten Male die deutschen Handelsüberschüsse kritisiert und mit Gegenmaßnahmen gedroht.

Die politischen und wirtschaftlichen Beziehung Deutschlands zu China sind bereits jetzt so eng wie zu keinem anderen Land außerhalb der EU. Seit 2011 finden regelmäßig Regierungskonsultationen zwischen beiden Ländern statt. „Mit einem bilateralen Handelsvolumen von 170 Milliarden Euro war China 2016 unser wichtigster Handelspartner. Das sind schon sehr beeindruckende Zahlen“, betonte Merkel. Man habe sich „darüber unterhalten, dass wir diese für beide Seiten sehr positiven Entwicklungen weiter ausbauen wollen“.

Laut der offiziellen Website der Bundesregierung sind allein gestern insgesamt elf Verträge und Absichtserklärungen unterzeichnet worden, u.a. für die Kooperation auf den Gebieten Luftfahrttechnik, Elektromobilität und Recyclingtechnik sowie im Bereich künstliche Intelligenz. Partner auf deutscher Seite sind sowohl Industrieriesen wie Airbus, Daimler, VW und Bosch, als auch mittelständische Unternehmen und Forschungseinrichtungen.

Bereits am Dienstag hatte die Deutsche Bank mit der chinesischen Staatsbank China Development Bank (CDB) eine fünfjährige Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Darin verpflichten sich die beiden Banken, Projekte auf der „Neuen Seidenstraße“ im Umfang von bis zu drei Milliarden US-Dollar zu finanzieren. Mit ihrer „One Belt, One Road“-Intiative will die chinesische Regierung durch massive Investitionen in die Infrastruktur die antike Handelsroute wiederbeleben und die großen Wirtschaftszentren Chinas mit Europa und Afrika verbinden.

Auch beim Klimaschutz wollen Deutschland und China in Zukunft enger zusammenarbeiten. China werde „weiterhin an seinem Versprechen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens festhalten“, verkündete Li in Berlin, nur wenige Stunden bevor Donald Trump in Washington den Ausstieg der USA aus dem Abkommen bekannt gab. Das Bild von Merkel und Li, die das Klimaschutzabkommen gemeinsam bekräftigen, hatte vor diesem Hintergrund symbolischen Charakter und ging rund um die Welt.

Bei Lis heutigen Besuch in Brüssel wird erwartet, dass er gemeinsam mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk eine Erklärung zur weitreichenden Zusammenarbeit beim Klimaschutz unterzeichnet.

Relativ neu ist die enge Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China in sicherheitspolitischen Fragen. In Bezug auf Nordkorea sei man der „gemeinsamen Überzeugung, dass von Nordkorea Gefahren für den Weltfrieden ausgehen können“, erklärte Merkel. Gleichzeitig setze man „auf eine Verhandlungslösung, die sehr, sehr dringlich ist“. Deutschland habe seine Bereitschaft erklärt, „zu einer solchen Verhandlungslösung beitragen zu können“.

Auch Li betonte, „dass man auch in weiteren sicherheitspolitischen Fragen enger zusammenarbeiten wolle“. Unter anderem wollten China und Deutschland „gemeinsam Afghanistan beim Wiederaufbau der Gesellschaft und der Wirtschaft Hilfe leisten und ihnen dabei helfen, die Sicherheitskapazitäten zu erhöhen, damit die dortige Bevölkerung in Frieden leben kann“. Auch bei anderen „internationalen Themen“ würden sich die beiden Nationen eng abstimmen, „so zum Beispiel beim iranischen Nukleardossier und beim Istanbuler Prozess“.

Auf militärischer Ebene entwickelt sich ebenfalls eine Zusammenarbeit. Im Oktober 2016 nahmen im Rahmen der Sanitätsübung „Combined Aid 2016“ erstmals Bundeswehrsoldaten an einer Übung mit der chinesischen Volksbefreiungsarmee (VBA) auf chinesischem Boden teil. Es war die erste Übung europäischer Militäreinheiten mit der VBA überhaupt. In Afrika operieren die Streitkräfte beider Staaten bereits in Militäreinsätzen wie der UN-Mission MINUSMA in Mali Seite an Seite.

Die enge Zusammenarbeit zwischen Berlin und Peking in wichtigen Politikfeldern steht in direktem Zusammenhang mit dem Aufbrechen der transatlantischen Beziehungen, die seit der Gründung der Bundesrepublik vor 70 Jahren zur deutschen Staatsräson gehörten. Nach dem Nato- und dem G7-Gipfel der vergangenen Woche hatte Merkel am Sonntag in einem Münchener Bierzelt das Bündnis mit Washington in Frage gestellt und verkündet, Deutschland werde sein „Schicksal“ nun in die eigene Hand nehmen.

Zwar erwähnten während der Pressekonferenz weder Merkel noch Li die USA oder Trump beim Namen. Aber das deutsch-chinesische Bündnis richtet sich immer offener gegen die Politik der USA, die wirtschaftlich zunehmend auf Protektionismus setzen und militärisch eine Konfrontation mit dem Iran und Nordkorea vorbereiten. Ein solcher Konflikt würde sich nicht nur gegen China richten, sondern auch gegen die geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen, die der deutsche Imperialismus in Asien verfolgt.

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