Nach den Protesten in Hamburg

SPD, Linkspartei und Grüne setzen auf „Law-and-Order“-Wahlkampf

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass eine mögliche rot-rot-grüne Bundesregierung keine „linke“ Alternative zur Großen Koalition unter Kanzerlin Angela Merkel (CDU) ist, wurde er in den vergangenen Tagen erbracht. Nach den Protesten gegen den G20-Gipfel in Hamburg präsentieren sich SPD, Linkspartei und Grüne als das, was sie sind: rechte Staatsparteien, die sich genauso wie CDU/CSU, FDP und AfD hinter das brutale Vorgehen der Polizei stellen und die Ereignisse in Hamburg für einen „Law-and-Order“-Wahlkampf nutzen.

Am gestrigen Freitag stellte sich der sozialdemokratische Bürgermeister der Hansestadt, Olaf Scholz, im Sommerinterview mit dem NDR erneut uneingeschränkt hinter die Polizei. „Ich habe die klare Linie der Polizei immer unterstützt. Im Vorfeld des Gipfels und während des Gipfels und tue das auch hinterher“. Auf die Frage, ob die Sicherheitskräfte zu hart vorgegangen seien, antwortete er provokativ: „Polizeigewalt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziation, die ich entschieden zurückweise… Es gab sehr besonnene, sehr mutige, sehr schwierige Einsätze der Polizei. Und die Polizei hat wirklich alles getan, was möglich gewesen ist“.

Im gleichen Atemzug drohte Scholz, potentielle Gewalttäter hart zu bestrafen. Eine „große Sonderkommission“ werde „all das Beweismaterial, dass wir gesichert haben auswerten und darauf dann auch Strafverfahren entwickeln“. Dabei werde es „sicherlich zu größeren Anklagen und scharfen Urteilen kommen und manche, die jetzt denken, dass sie irgendwie unentdeckt davongekommen sind, trotz der Dinge die sie getan haben, werden sich hoffentlich noch wundern.“

Wir haben bereits in einem früheren Artikel geschrieben, dass die SPD direkt an die Tradition Gustav Noskes anknüpft, der als erster sozialdemokratischer Reichswehrminister während der Novemberrevolution 1918 erklärte: „Meinetwegen! Einer muss den Bluthund machen! Ich scheue die Verantwortung nicht!“ Noske und die SPD schlugen den Arbeiteraufstand am Ende des Ersten Weltkriegs brutal nieder, einschließlich der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht.

Heute steht die SPD noch viel weiter rechts. Mit der Arbeiterklasse hat sie nicht mehr das Geringste zu tun. Sie ist die Harz-IV und Kriegspartei und verteidigt ausschließlich die Interessen des kapitalistischen Staats und seiner Konzerne, Banken, Armee und Geheimdienste. In der Bevölkerung wird sie dafür zurecht gehasst. „Was will der denn hier?“, „Martin, hau ab!“, „Verräterschweine“ und „Euch braucht hier keiner!“ schallte es dem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Martin Schulz laut einem Bericht der Süddeutschen Zeitung am Freitag auf seinem Wahlkampfstopp im Hamburger Schanzenviertel entgegen.

Auf die wachsende Feindschaft reagiert die Sozialdemokratie mit einem scharfen politischen Rechtsruck. Wie vor fast 100 Jahren greift sie auf Gewalt zurück und appelliert an extrem rechte Kräfte, um jeden Protest gegen soziale Ungleichheit, Militarismus und Krieg bereits im Keim zu ersticken.

Grüne und Linkspartei stimmen mit diesem Programm überein. Sie verteidigen ebenfalls das brutale Vorgehen der Polizei hetzen gegen links. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anjes Tjarks sagte: „Hinter Hamburg liegt eine schwere Gipfelwoche, die unsere Bürgerinnen und Bürger, aber vor allem die Einsatzkräfte bis an ihre Grenzen beansprucht hat. Gerade deshalb danke ich den Polizistinnen und Polizisten auf unseren Straßen. Ihnen wurde unfassbar viel abverlangt. Sie haben bis zur vollkommenen Erschöpfung gearbeitet. Hierfür verdienen sie unseren größten Respekt und Dank. Deshalb ist es auch richtig, dass die Stadt mit Freizeitausgleich, Ausbezahlung von Überstunden und Sonderurlaub selbst ihren Beitrag leistet.“

Sahra Wagenknecht, die Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag und Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, verteidigte die Polizei am Donnerstag in der ARD-Sendung Frag selbst. Die Polizei trage keine Schuld an der Randale, betonte sie, sondern die Randalierer.„Ich denke, was in Hamburg passiert ist, war schlimm. Das waren einfach völlig durchgeknallte Randalierer.“ Kein Wort verlor die Linkenpolitikerin über die massive Polizeigewalt und die zahlreichen Hinweise auf Polizeiprovokateure in Reihen der Randalierer.

Die Verteidigung der Sicherheitskräfte, die SPD, Linkspartei und Grüne, nun in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfs stellen, bedeutet die Verteidigung eines veritablen Polizeistaats zur Unterdrückung der Bevölkerung. Das eigentlich Außergewöhnliche in Hamburg waren nicht die Ausschreitungen – sie wurden von der Polizei bewusst provoziert und zugelassen, um die „Law-and-Order“-Kampagne zu veranstalten – sondern die systematische Polizeigewalt gegen friedliche Demonstranten, über die immer neue Einzelheiten bekannt werden.

In der Hamburger Morgenpost vom Donnerstag berichtete ein Student, wie Protestierende auf dem Weg zum Rondenbarg (Bahrenfeld) von Sicherheitskräften zunächst auf eine Mauer gejagt und dann heruntergestoßen wurden. „Die Polizisten haben gegen den Zaun getreten und gedrückt, bis er einstürzte.“ Obwohl zwei Meter tiefer Leute mit offenen Brüchen lagen, hätten die Beamten weitere Personen die Mauer heruntergestoßen und geschrien: „Antifa-Schweine. Das ist euer Frühstück!“ Einige der Verletzten lägen noch immer im Krankenhaus.

Das Protest-Kollektiv „Alles Allen“, das während des Gipfels unter anderem die medial viel beachtete Massenperformance „1000 Gestalten“ organisierte, dokumentiert in einem Offenen Brief an Scholz und den Hamburger Innensenator Andy Grote (SPD) ähnlich brutale Angriffe. Neben den Polizei-Attacken auf „das offiziell genehmigte Camp in Entenwerder“ und „die friedliche Demonstration am Donnerstag“ sei das für sie „prägendste Ereignis ein gezielter Angriffe des USK [Unterstützungskommando] Bayern“ in der Nähe des Pferdemarktes am Samstagabend gewesen.

Dabei seien „viele Personen“ verletzt worden. Eine „zierliche und friedfertige Person“ sei so heftig attackiert worden, „dass die eingesetzten Beamten ihr neben einer Kopfverletzung auch das Bein gebrochen haben“. Die Polizisten hätten „von ihren Opfern“ selbst dann nicht abgelassen, „als ein Großteil wimmernd am Boden lag. Stattdessen wurden die am Boden liegenden Personen getreten und immer wieder auf sie eingeschlagen“.

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