Linken-Politiker Lafontaine unterstützt deutsche Großmachtinteressen

Der Klassencharakter politischer Parteien zeigt sich am deutlichsten in der Außenpolitik. Von diesem Gesichtspunkt betrachtet könnte der politische Gegensatz zwischen der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) und der Linkspartei nicht größer sein.

Während die SGP im Bundestagswahlkampf als einzige Partei für ein sozialistisches Programm und die Einheit der internationalen Arbeiterklasse gegen Militarismus und Krieg eintritt, verteidigt die Linke die Interessen des deutschen Kapitalismus konsequent gegen seine internationalen Rivalen.

Die heftigen Konflikte zwischen Berlin und Brüssel auf der einen und Washington auf der anderen Seite, die über die neuen US-Sanktionen gegen Russland entflammt sind, hat die Linkspartei aus der Reserve gelockt. Sie hat ihr dürftiges pazifistisches Feigenblatt beiseitegelegt und beschuldigt sämtliche anderen Parteien, sich nicht aggressiv genug für europäische und deutsche Interessen einzusetzen.

Oskar Lafontaine, der frühere SPD-Vorsitzende und Gründervater der Linkspartei, fordert auf seiner Facebook-Seite: „Es ist an der Zeit, dass Europa seine eigenen Interessen wahrnimmt und die mehr oder weniger bedingungslose Gefolgschaft gegenüber den USA aufgibt. Der plumpe Versuch des US-Kongresses, Europa den Bezug von russischem Gas zu verbieten und die Europäer zu zwingen, stattdessen Flüssiggas aus den USA zu kaufen, ist ein weiterer Beleg für die Willkür der US-Politik.“

Um seiner Forderung nach einer aggressiveren deutschen Großmachtpolitik Nachdruck zu verleihen, fragt Lafontaine: „Aber wer soll sich in Europa an die Spitze des Widerstandes gegen diese rücksichtslose Interessenpolitik stellen? Der Patron der Steuerhinterziehung der Konzerne, Juncker? Der Investmentbanker Macron? Oder doch die brave ehemalige FDJ-Sekretärin für Agitation und Propaganda Merkel, die bislang noch jede Wendung der US-Politik unterstützte?“

Auch der sozialdemokratische Kanzlerkandidat Martin Schulz, der wie Juncker, Macron und Merkel die US-Sanktionen scharf kritisiert und den USA mit Handelskrieg droht, geht Lafontaine nicht weit genug. Er schreibt: „Die Bundestagswahl könnte spannend werden, wenn der braven Dienerin der US-Interessen mit Martin Schulz ein Kandidat gegenüberstehen würde, der der rücksichtslosen US-Politik die rote Karte zeigen würde.“

Doch leider sei die Linke „trotz aller Fehler die einzige Partei, die nicht im Fahrwasser der Hörigkeit gegenüber der einzig verbliebenen Weltmacht schwimmt“. Nur „eine starke Linke könnte im Bundestag gegenüber jeder denkbaren Koalition der neoliberalen Parteien … immer wieder darauf drängen, dass die eigenen Interessen von Deutschland und Europa stärker vertreten werden als die ‚unlauteren’ Ziele der US-Politik.“

Die reaktionäre Stoßrichtung von Lafontaines Kritik ist klar. Er versucht die weitverbreitete Ablehnung der US-Kriegspolitik in Unterstützung für den deutschen und europäischen Imperialismus zu verwandeln.

„Der US-Oligarchen-Kapitalismus“ sei „besonders unverfroren“, schreibt Lafontaine. Schließlich hätten „die USA den mit Abstand größten Kriegsetat auf der Welt (über 600 Milliarden Dollar) und haben die ganze Welt mit über 800 Militär-Stützpunkten überzogen“. Bereits Präsident Eisenhower habe vor „dem militärisch-industriellen Komplex der USA“ gewarnt und die Gefahr gesehen, „dass die Rüstungsindustrie und die Wirtschaft die US-Politik bestimmen würden“.

Es besteht kein Zweifel am reaktionären Charakter des amerikanischen Imperialismus. Spätestens mit der Auflösung der Sowjetunion hat er auch die letzten Hemmungen verloren und versucht, seinen ökonomischen Niedergang durch brutale Angriffskriege mit Millionen Toten auszugleichen. Mit Donald Trump ist ein faschistoider Milliardär ins Weiße Haus eingezogen, der in seiner Person die ganze Brutalität und Kriminalität der herrschenden Klasse verkörpert.

Aber was ist mit dem deutschen Kapitalismus, dessen Interessen Lafontaine gegen den amerikanischen verteidigen will? Er ist keinen Deut besser. Sieben Jahrzehnte nach der Niederlage des Nazi-Regimes enthüllt er wieder sein wahres Gesicht. Er reagiert auf die wachsenden internationalen Spannungen wie vor dem Ersten und Zweiten Weltkrieg: er rüstet auf, beansprucht die Rolle des europäischen Hegemons und setzt seine geostrategischen und wirtschaftlichen Interessen weltweit zunehmend mit militärischen Mitteln durch.

Wie in den USA dominieren dabei auch hierzulande die Banken, Großkonzerne, Geheimdienste, Militärs und eine kleine Schicht von Superreichen die Politik aller Parteien. Deshalb unterscheiden sich deren Programme kaum noch voneinander. Gleichzeitig muss die große Mehrheit der Bevölkerung jeden Tag kämpfen, um irgendwie über die Runden zu kommen. 40 Prozent aller Beschäftigten arbeiten in prekären Verhältnissen, und 16 Prozent der Gesamtbevölkerung leben unter der Armutsgrenze.

Lafontaine und seine Partei sind Bestandteil dieser Politik. Überall wo die Linkspartei auf Länderebene Regierungsverantwortung übernimmt, kürzt sie genauso brutal wie alle anderen Parteien und organisiert zusammen mit SPD und Grünen den sozialen Kahlschlag. In Fragen der Außenpolitik gilt für sie nicht Karl Liebknechts Leitsatz „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“, sondern der „Hauptfeind steht in den USA“.

Mit der Zunahme der Spannungen zwischen Deutschland und den USA schlägt Lafontaine immer aggressivere Töne an. Bereits im Juni 2015 schrieb er auf seiner Facebook-Seite: „Der US-Kriegsminister ruft die Europäer dazu auf, sich der russischen ‘Aggression’ entgegenzustellen. Dabei hätten die Europäer allen Grund, sich der Aggression der USA entgegenzustellen… Wir brauchen eine europäische Außenpolitik, die den kriegstreibenden US-Imperialismus eindämmt! Fuck the US-Imperialism!“

Kriegerische Mittel schließt Lafontaines „europäische Außenpolitik“ explizit mit ein. Ende Mai diesen Jahres bezeichnete er auf seiner Facebook-Seite den ehemaligen französischen Staatschef General de Gaulle, einen autoritären Militaristen und Nationalisten, als Vorbild: „Seit Jahren fordert DIE LINKE eine eigenständige europäische Außenpolitik. Lange ist es her, dass Charles de Gaulle erkannte, dass Frankreich selber darüber entscheiden muss, ob es sich an einem Krieg beteiligt. Deshalb integrierte er die französische Armee nicht in die militärische Struktur der Nato, sprich der USA.“

Bei früheren Bundestagswahlen konnte die Linke noch einige Arbeiter und Jugendliche mit pazifistischen Phrasen täuschen. Nun gilt es, politisch mit ihr abzurechnen. Lafontaines Aussagen zeigen unmissverständlich, dass die Linke – als Regierungspartei oder als Opposition – begeistert dabei sein wird, wenn Bundeswehrsoldaten für „deutsche Interessen“ in den Krieg ziehen.

Lafontaines „Pazifismus“, der bis zu den Demonstrationen gegen die Stationierung US-amerikanischer Pershing-II-Raketen Anfang der 1980er Jahre zurückgeht, richtete sich stets gegen die Unterordnung deutscher imperialistischer Interesen unter amerikanische. Nun, da der deutsche Imperialismus wieder Flagge zeigt, wird er zum begeisterten Großmachtpolitiker und Militaristen. Eine ähnliche Entwicklung hatten die Grünen schon vor zwanzig Jahren durchgemacht.

Wer am 24. September gegen Krieg und Militarismus stimmen will, muss die SGP wählen. Sie ist die einzige Partei, die für ein sozialistische Strategie gegen soziale Ungleichheit, Militarismus und Krieg eintritt. Wir setzen den kapitalistischen Kriegstreibern auf beiden Seiten des Atlantiks die Einheit der internationalen Arbeiterklasse entgegen.

Im Wahlaufruf der SGP heißt es: „Wir lehnen alle imperialistischen Bündnisse und Militärblöcke ab. Wir sind für die Auflösung der Nato und der Europäischen Union und kämpfen stattdessen für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa. Unser Verbündeter im Kampf gegen den deutschen Militarismus ist die europäische, amerikanische und internationale Arbeiterklasse.“

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