Apple und Amazon unterstützen Internetzensur der chinesischen Regierung

Die chinesische Regierung hat begonnen, im großen Stil gegen virtuelle private Netzwerke (Virtual Private Networks, VPN) vorzugehen, mit denen chinesische Internetnutzer die staatliche Zensur umgehen können. Unterstützung erhält sie dabei von mehreren amerikanischen Unternehmen.

Chinas drei staatseigene Telekommunikationsunternehmen wurden mit einer Regierungsverordnung angewiesen, bis Februar 2018 den Zugang zu VPN einzuschränken. Scheinbar wird diese Verordnung bereits umgesetzt. Apple und Amazon unterstützen die chinesischen Telekommunikationsunternehmen dabei, VPN zu blockieren.

VPN ermöglichen es Internetnutzern, Internetseiten so aufzurufen als würden sie sich in einem anderen Land befinden. Ein Nutzer, der sich zum Beispiel in China aufhält, kann ein VPN nutzen, damit es aussieht als greife er aus den USA auf das Internet zu. Dadurch erhält er Zugang zu Websites, die in China zwar blockiert, in den USA aber frei zugänglich sind.

Berichten zufolge sollen einige ausgewählte VPN weiter betrieben werden, die aber bei der Regierung registriert sind und streng kontrolliert werden. Diese VPN werden nur ausgewählten Unternehmen zur Verfügung stehen und die Regierung wird den Traffic über sie vermutlich überwachen.

Die chinesische Regierung betreibt zwar in beträchtlichem Ausmaß Internetzensur und hindert die meisten chinesischen Internetnutzer daran, große Teile des Internet aufzurufen, u.a. Facebook und Twitter, hat aber die Benutzung von VPN bisher weitgehend toleriert. Da der relativ freie Internetzugang über VPN von entscheidender Bedeutung für wirtschaftliche und akademische Aktivitäten ist, hat die chinesische Regierung einige Risse in der "Großen Firewall" in Kauf genommen.

Die herrschende Kommunistische Partei Chinas (KPCh) betrachtet die Internetzensur als wichtiges Werkzeug zur Wahrung ihrer Kontrolle über die zunehmend unruhige Arbeiterklasse. Die stalinistische KPCh befürchtet, dass die chinesische Arbeiterklasse ihre eigene Geschichte kennenlernt, zu der auch das Massaker auf dem Tiananmen-Platz 1989 gehört, und über das Internet mit dem Rest Chinas und der Welt kommuniziert.

Präsident Xi Jinping hat zu Beginn seiner Amtszeit betont, er werde sich für Netzsicherheit einsetzen, er sprach dabei von "Cybersouveränität". Auch der bevorstehende Parteitag der KPCh ist ein Grund für das Vorgehen gegen VPN. Die New York Times schrieb dazu: "Vor fünf Jahren wurden VPN vor einem ähnlichen Treffen ebenfalls Opfer von bis dahin beispiellosen Störungen."

Der rumänische VPN-Betreiber CyberGhost wurde von der chinesischen Regierung bereits vor der neuen Anordnung unter immer größeren Druck gesetzt. Der Vorstandschef von CyberGhost Robert Knapp erklärte: "Die chinesische Regierung hat mit technischen Mitteln immer mehr Druck auf VPN-Provider ausgeübt. Sie hat unsere IPs und unsere Server-Infrastruktur blockiert. Sie haben auch Traffic aus bestimmten Quellen geortet."

Die US-Konzerne Apple und Amazon unterstützen Peking bei seiner Kampagne gegen VPN. Apple hat populäre VPN-Apps für chinesische User aus seinem App-Store entfernt.

Apples Vorstandschef Tim Cook erklärte gegenüber TechCrunch, Apple werde bei allen rechtlich vorgeschriebenen Zensurbestrebungen kooperieren: "Wir würden die Apps zwar lieber nicht entfernen, aber genau wie in anderen Ländern, in denen wir geschäftlich aktiv sind, befolgen wir die Gesetze. Wir glauben fest, dass unsere Teilnahme an Märkten und die Bereitstellung von Leistungen für Kunden im Interesse der Menschen in China und auch in anderen Ländern ist."

Auch Amazon unterstützt die Zensurbestrebungen der chinesischen Regierung. Berichten zufolge hat das chinesische Unternehmen, das Amazon Web Services (AWS) in China betreibt, seine Kunden per E-Mail vor dem Einsatz von VPN gewarnt.

Das Technologiemagazin Wired schreibt, dass amerikanische Technologiekonzerne die KPCh jahrelang bei ihren Zensurmaßnahmen unterstützt haben. Yahoo, Microsoft, Cisco und Linkedln haben allesamt mit dem staatlichen Zensurapparat zusammengearbeitet.

Laut Wired versucht Facebook, sich Zugang zum chinesischen Markt zu verschaffen: "Berichten zufolge hat Facebook ein Zensur-Tool entwickelt, um Chinas Erlaubnis zu erlangen".

Pekings Maßnahmen sind Teil einer ganzen Welle von Internetzensur. Am 30. Juli unterzeichnete der russische Präsident Wladimir Putin ein Gesetz, das starke Einschränkungen für den Einsatz von VPN in Russland verordnet. Es sieht außerdem vor, dass Messaging-Apps die Telefonnummern ihrer User mit deren Aktivitäten verbinden müssen, sodass eine anonyme Benutzung deutlich schwieriger wird.

Die indonesische Regierung und der Google-eigene Videostreaming-Anbieter YouTube haben sich darauf geeinigt, "extremistische" Inhalte und "Hasspropaganda" zu zensieren. Zwar behauptet die indonesische Regierung, sie baue kein "Zensurregime" auf, doch mit diesen unklaren Begriffen können die Regierung und ihre Partner aus der Wirtschaft jeden beliebigen oppositionellen Inhalt zensieren.

Die westlichen Mainstreammedien warfen Apple vor, seine Zusammenarbeit mit der chinesischen Regierung würde das Internet abwürgen. Farhad Majoo schrieb dazu in der New York Times: "Apples stillschweigende Kapitulation vor der zunehmenden Zensur eines seiner größten Märkte ist noch immer ein gefährlicher Präzedenzfall."

Der Guardian veröffentlichte am Freitag einen Artikel von Shaun Walker über die Reaktionen von Menschenrechtsorganisationen auf Moskaus antidemokratische Versuche, den Zugang zu Websites einzuschränken, die auf schwarzen Listen stehen. Die Forscherin Julia Gorbunowa von Human Rights Watch erklärte: "Diese Gesetze wirken sich negativ auf die Fähigkeit von Millionen Russen aus, online Informationen abzurufen und auszutauschen."

Während die Presse in den USA und Großbritannien die Zensur in Russland und China kritisiert, werden ähnliche Aktivitäten der US-Konzerne Google und Facebook meist befürwortet und unterstützt. Seit der US-Präsidentschaftswahl 2016 führen die New York Times, die Washington Post und andere große Medien eine Kampagne gegen "Fake News".

In den letzten Monaten hat Google den Zugang zu linken und Anti-Kriegs Websites eingeschränkt, indem es deren Präsenz in den Suchergebnissen verringert hat. Die World Socialist Web Site hat dies durch eine Untersuchung herausgefunden und ausführlich dokumentiert. Google rechtfertigt die Zensur linker Ansichten mit dem Kampf gegen "Fake News".

Führende progressive und Anti-Kriegs-Seiten, darunter Democracy Now! und CounterPunch, spüren die Auswirkungen von Googles Zensur. Die World Socialist Web Site war am meisten betroffen: der Traffic über Google-Suchen ist seit April um 67 Prozent zurückgegangen.

Bis zum Erscheinen dieses Artikels, hat noch keine wichtige amerikanische Zeitung darüber geschrieben, welche Folgen Googles neuer Algorithmus für linke Websites hat. Stattdessen haben sich die Washington Post und andere Zeitungen besonders mit ihren Forderungen nach dem Kampf gegen "Fake News" hervorgetan. Sie kritisieren zwar Moskaus und Pekings undemokratisches Verhalten, doch die Zensur Washingtons und seiner verbündeten Konzerne aus dem Silicon Valley wird von den führenden amerikanischen und europäischen Zeitungen entweder befürwortet oder ignoriert.

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