Krieg im Jemen: Eine halbe Million Cholera-Fälle

Die Zahl der registrierten Cholera-Infektionen im Jemen hat Mitte August eine halbe Million überschritten. Die Weltgesundheitsbehörde (WHO) spricht von dem „schlimmsten Ausbruch von Cholera auf der Welt“. Zirka 2.000 Menschen sind durch die Krankheit schon umgekommen, die sich seit April explosionsartig ausbreitet, weil die Kanalisation in der Hauptstadt Sanaa nicht mehr funktioniert.

Die Zahl der pro Woche registrierten neuen Infektionen ist zwar dank einer Notfallintervention unter anderem des Roten Kreuzes etwas zurückgegangen, aber in der letzten Woche wurden 24.000 neue Fälle registriert. Die Krankheit hat mittlerweile fast jeden Winkel des Landes erreicht und wütet in 22 der 23 Provinzen.

Die Voraussetzungen für die tödliche Epidemie hat der brutale Krieg geschaffen, den Saudi-Arabien und eine Koalition aus Golf-Monarchien nun schon das dritte Jahr führen. Sie haben dabei die volle Unterstützung der Vereinigten Staaten, welche die Aufklärung und die Betankung der Flugzeuge in der Luft zur Verfügung stellen.

Die saudische Koalition verfolgt das erklärte Ziel, die abgesetzte Regierung von Abed Rabbo Mansur Hadi wieder an die Macht zu bringen. Das verarmte Land ist durch immer neue Luftangriffe und eine Bodenoffensive, die von den Vereinigten Arabischen Emiraten angeführt wird, völlig verwüstet. Hadi ist aus dem Land geflohen, nachdem Huthi-Rebellen große Teile des Landes, darunter Sanaa, unter ihre Kontrolle gebracht hatten. Zu den Rebellen gehören die dem ehemaligen Diktator Ali Abdullah Salih ergebenen Milizen.

Laut der UNO kamen die meisten Todesopfer, mindestens 10.000 Zivilisten, zwischen März 2015 und März 2017 ums Leben. Seit 2015 sind über 2 Millionen Menschen vertrieben worden.

Seit Kriegsbeginn hat die Regierung Obama dafür gesorgt, dass das saudische Waffenlager mit Milliarden Dollar an Bomben, Waffen und Kriegsausrüstung immer gut gefüllt war. Auch Donald Trump hat als Präsident die militärischen Unterstützungsstrukturen, die Obama geschaffen hatte, aufrechterhalten und noch ausgeweitet.

Im März 2017 hat der aktuelle US-Verteidigungsminister James „Mad Dog“ Mattis gefordert, die amerikanische Unterstützung für den kriminellen Krieg müsse ausgeweitet werden. Die USA unterstützen diesen Krieg als Teil ihrer Bemühungen, das Regime im Iran zu isolieren und letztendlich zu stürzen.

Im Mai hat Trump Saudi-Arabien besucht und die totalitäre Monarchie demonstrativ als Bastion der Stabilität in der Region gelobt. Sie sei Dreh- und Angelpunkt des amerikanischen Kreuzzugs gegen den islamistischen Terror. Dieser Kreuzzug dient als Vorwand für ihren gemeinsamen Krieg um einen Regimewechsel in Syrien und für ihre Versuche, den Iran zu destabilisieren. Trump lobte Saudi-Arabien und seine Verbündeten unter den Golfstaaten, weil sie „harte Maßnahmen gegen die Huthi-Kämpfer im Jemen ergriffen haben“.

In Riad haben Trump und die saudische Monarchie eine Reihe von Verträgen geschlossen, darunter ein 110-Milliarden-Dollar-Waffengeschäft mit der Option für die Saudis, in den nächsten zehn Jahren für 350 Milliarden Dollar amerikanische Waffen kaufen zu können. Seit seinem Besuch unterstützt Trump das saudische Regime und seine regionalen Verbündeten bei der Blockade gegen Katar. Sie haben Sanktionen über Katar verhängt, weil sie das Regime zwingen wollen, die Beziehungen zum Iran abzubrechen.

Es wird immer deutlicher, dass der Ausbruch der Cholera im Jemen nicht etwa eine unbeabsichtigte Folge des Kriegs der Saudis ist, sondern dass die Koalition sie als Waffe benutzt, um das Land zu unterwerfen.

Die Vorherrschaft über den Jemen ist entscheidend für die Kontrolle über die Straße von Bab el Mandeb, einem geostrategischen Schifffahrtsweg, über den der größte Teil des weltweiten Öltransports verläuft.

Die Luftangriffe und Bombardierungen der Koalition zielen bewusst auf zivile Wohngebiete, Krankenhäuser, Schulen, Märkte, die Kanalisation sowie andere wichtige Infrastruktureinrichtungen ab. Diese ständigen Angriffe machen es unmöglich, ein vernünftiges Abwassersystem zu organisieren und den Müll zu entsorgen, der sich in den Straßen stapelt.

Die Menschen infizieren sich mit Cholera, indem sie Wasser trinken, das durch Fäkalien verunreinigt wurde. Mindestens 14 Millionen Menschen sind durch den Krieg von der Versorgung mit sauberem Wasser abgeschnitten. Das setzt sie der Gefahr aus, mit Cholera und anderen durch Wasser übertragenen Krankheiten infiziert zu werden. Der dramatische Verfall der Sanitäreinrichtungen und der Zusammenbruch der Wasserversorgung aufgrund der Angriffe der Saudis haben zur rasanten Ausbreitung der Cholera geführt.

Mit Unterstützung der US-Marine wurde eine Blockade gegen den Jemen verhängt. Dadurch könnte der Import von Grundnahrungsmitteln ganz zusammenbrechen. Der Jemen ist für mehr als 90 Prozent seiner Getreideversorgung von Importen abhängig.

Die Situation wird noch dadurch verschlimmert, dass der wichtigste internationale Flughafen in Sanaa seit letztem Jahr geschlossen ist, seitdem die saudische Koalition eine Flugverbotszone über den Jemen verhängt hat. Erst nach der Genehmigung durch die saudische Monarchie wurden Hilfen von humanitären Organisationen in begrenztem Umfang über den Flughafen ins Land gelassen. Aber diejenigen, die dringend medizinische Hilfe im Ausland benötigen, werden daran gehindert, das Land zu verlassen.

Das alles hat den Jemen an den Rand einer Hungersnot gebracht. Das Welternährungsprogramm hat festgestellt, dass 17 Millionen Jemeniten, mehr als 60 Prozent der Bevölkerung des Landes, nicht über ausreichend Nahrungsmittel verfügen. Der stellvertretende Exekutivdirektor von UNICEF, Justin Forsyth, berichtete im Juli, dass 1,8 Millionen Kinder von akuter Unterernährung bedroht und 385.500 Kinder akut unterernährt sind.

Die humanitäre Katastrophe im Jemen wird durch den Zusammenbruch der Gesundheitssystems noch verschlimmert. Neunundvierzig der 333 Landesbezirke haben keinen einzigen Arzt mehr, und das Personal im Gesundheitswesen ist landesweit seit vielen Monaten nicht mehr bezahlt worden.

Letzte Woche wurde berichtet, dass die wichtigste Blutbank im Jemen, das Nationale Bluttransfusionszentrum, gezwungen sein wird, zu schließen, wenn nicht rasch neue Vorräte und Geld eintreffen. Etwa 3.000 Menschen monatlich würden dadurch ihrer lebensnotwendigen Behandlung beraubt.

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen hat die Verantwortung für die Einrichtung vor kurzem an die WHO abgegeben. Aufgrund des saudischen Embargos können jedoch keine Lieferungen die Einrichtung erreichen. Wenn die Blutbank geschlossen wird, dann sind Tausende von Patienten mit Kriegswunden, mit Krebs oder Nierenversagen zum Tode verurteilt.

Die Kriegsverbrechen sind ungeheuerlich. Umso furchtbarer ist das Schweigen der Massenmedien, des politischen Establishments und der Pseudo-Linken. Während sie Baschar al Assad der Kriegsverbrechen beschuldigen und einen Regimewechsel in Syrien fordern, lassen sie es stillschweigend zu, dass die Vereinigten Staaten und Saudi-Arabien eine ganze Gesellschaft zerstören und im Jemen eine der schlimmsten und dauerhaften humanitären Krisen der jüngsten Geschichte anrichten.

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