Trump verteidigt Ausschreitungen in Charlottesville

Am Dienstag, 15. August, verteidigte US-Präsident Donald Trump offen die rechtsextreme Gewalt in Charlottesville und hetzte gegen die antifaschistischen Gegendemonstranten. In der Geschichte Amerikas hat noch kein Präsident etwas Derartiges gewagt. In der Stadt Charlottesville (Virginia) hatten rechtsradikale Ausschreitungen am 12. August ein Todesopfer gefordert.

Während der improvisierten Pressekonferenz im Trump-Tower in Manhattan erklärte Donald Trump mehrfach: „Ich glaube, beide Seiten sind verantwortlich“. Er ging jedoch noch weiter und erklärte, unter den Faschisten seien auch „sehr anständige Leute“ gewesen, und „längst nicht alle“ Teilnehmer der Kundgebung seien Neonazis oder Rassisten gewesen.

In seinen Äußerungen am Dienstag ging Trump über alles hinaus, was er zuvor am Samstag erklärt hatte. Da hatte er in einer Stellungnahme „vielen Seiten“ die Schuld an den gewalttätigen Ausschreitungen gegeben. In Charlotteville waren neunzehn Gegendemonstranten verletzt und die 32-jährige Heather Heyer getötet worden.

Als Antwort auf die Reporterfragen nach seiner ersten Reaktion auf die faschistischen Ausschreitungen gab Trump mehrfach beiden Seiten die Schuld an der Gewalt: „Auf der einen Seite gab es eine Gruppe, die sich schlecht benommen hat, und auf der anderen eine, die ebenfalls sehr gewalttätig war. Niemand will das sagen, aber ich sage es jetzt: Eine Gruppe auf der anderen Seite strömte ohne jede Genehmigung herbei, und sie hat sich sehr, sehr gewalttätig verhalten.“

Im weiteren Verlauf der Konferenz wurde Trumps Neigung zu Gunsten der Faschisten immer offensichtlicher. Er erwähnte zweimal den Fackelzug über den Campus der Universität von Virginia im Stile des Ku-Klux-Klans vom Freitagabend. Diese „Unite the Right“-Demonstration sei der Beweis dafür, dass viele oder sogar die meisten Demonstranten nur friedlich demonstriert und gegen die Entfernung der Statue des Südstaaten-Generals Robert E. Lee protestiert hätten. In Wirklichkeit riefen sie jedoch Parolen wie „Juden werden uns nicht ersetzen!“

Gegen Ende der Pressekonferenz bezeichnete Trump die Gegendemonstranten als „Alt-Left“ [als Analogie zu Alt-Right, der Bewegung der Alternativen Rechten] und deutete an, sie seien die Aggressoren gewesen, weil sie im Gegensatz zu den Faschisten keine Genehmigung gehabt hätten: „Aber in dieser Gruppe [der Neonazis] waren viele, die dort nur unschuldig und absolut legal protestieren wollten … Ich weiß nicht, ob Sie wissen, dass sie eine Genehmigung hatten. Die andere Gruppe hatte keine.“

Während Politiker beider Parteien Trumps Äußerungen kritisieren, hat sich der ehemalige Anführer des Ku-Klux-Klan, David Duke, auf Twitter begeistert geäußert: „Danke, Präsident Trump, für Ihre Ehrlichkeit und Ihren Mut, die Wahrheit über Charlottesville zu sagen und die Linksterroristen von BLM/Antifa [Black Lives Matter und antifaschistische Anarchistengruppen] zu verurteilen.“

Trumps Tirade vom Dienstag hat das politische System in eine tiefe Krise gestürzt. Dass der Präsident mit Nazis und Rassisten sympathisiert, zerstört sämtliche Rahmenbedingungen für die internationale Autorität der USA.

Auch für die Stabilität im Inland wird sie immense Folgen haben. Es gibt in den USA keine Massenbasis für Faschismus und Rassismus. Die Nazis und „Alt-Right“-Gruppen konnten in Charlottesville nur ein paar hundert Menschen aus dem ganzen Land mobilisieren. Gegen Trumps Amtseinführung hingegen hatten hunderttausende demonstriert.

Die nervöse Reaktion der politischen Elite aus beiden Parteien auf Trumps Pressekonferenz beruht hauptsächlich auf der Angst vor einem offenen Ausbruch des Widerstands in den USA und weltweit. Trumps Kritiker in der herrschenden Klasse haben während der letzten sieben Monate den sozialen und politischen Charakter der Regierung vertuscht und sich ausschließlich darauf konzentriert, die Geheimdienste und das Militär zu mobilisieren und ein aggressiveres Vorgehen gegen Russland zu fordern.

Während sich die geopolitischen Widersprüche und die Wirtschaftskrise verschärfen, ist das Weiße Haus mit mehreren Untersuchungen und einer möglichen Anklage wegen seiner angeblichen Zusammenarbeit mit Russland und wegen Behinderung der Justiz konfrontiert. Trump versucht, die politische Desorientierung auszunutzen, um eine rechtsextreme Anhängerschaft außerhalb des verfassungsmäßigen Rahmens aufzubauen. Zu diesem Zweck hat Trump Faschisten wie den ehemaligen Chef von Breitbart News, Stephen Bannon, ins Weiße Haus geholt.

Obwohl sich Trump vorgeblich den Forderungen nach einer klaren Distanzierung vom Ku-Klux-Klan und von Neonazis gebeugt hat, appelliert er in Wirklichkeit ständig an die rechtesten, rückständigsten und desorientiertesten gesellschaftlichen Kräfte.

In den letzten Tagen veröffentlichte er einen Wahlwerbespot für die Wahl 2020, in dem die Medien und die Demokraten als Trump-„Feinde“ dargestellt und Bilder von einzelnen Reportern und Nachrichtensprechern gezeigt werden. Gegenüber Fox News erklärte er, er erwäge ernsthaft, den ehemaligen Sheriff Joe Arpaio aus Arizona zu begnadigen. Arpaio wurde wegen Missachtung des Gerichts verurteilt, weil er sich weigerte, die rechtswidrige Verhaftung von Hispanoamerikanern als mutmaßliche „illegale“ Einwanderer einzustellen.

Am Dienstag, drei Tage nachdem ein faschistischer Demonstrant die Antifaschistin Heather Heyer absichtlich mit seinem Auto überfahren hatte, teilte Trump auf Twitter die Karikatur von einem Zug mit der Aufschrift „Trump“, der in eine Figur mit dem Logo des TV-Senders CNN hineinrast. Später löschte er diesen Tweet.

Trump kehrte für einen Tag aus seinem Golf-Urlaub in New Jersey nach Washington zurück, um Handelskriegsmaßnahmen gegen China zu unterzeichnen, die Teil seiner wirtschaftsnationalistischen „America First“-Politik sind.

Das alles soll den gesellschaftlichen und politischen Rahmen für ein brutales Vorgehen gegen den Widerstand der Arbeiterklasse gegen die Kriegspolitik und die soziale Konterrevolution der Finanzaristokratie schaffen.

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