US-Kriegskurs gegen Afghanistan: Trump droht Pakistan

Amerikanische Regierungsvertreter haben erste Details darüber bekanntgegeben, was Donald Trump mit seiner Drohung meinte, er werde Pakistan bestrafen, wenn es nicht gegen die afghanischen Aufständischen in seinem Grenzgebiet vorgehe. Die USA könnten als Strafe dafür die Zahlung von Hilfsgeldern und Entschädigungen für Pakistans Dienste im Krieg gegen Afghanistan einstellen. Außerdem würden sie Pakistans Erzrivalen Indien dazu ermutigen, eine aktivere Rolle in Afghanistan zu spielen und sich im seit 70 Jahren anhaltenden Streit um die Region Kaschmir deutlicher auf die Seite Indiens zu stellen.

Indien hat mehrfach seine Bereitschaft erklärt, Angriffe im Inneren Pakistans durchzuführen, selbst wenn es damit einen offenen Krieg zwischen den beiden rivalisierenden südasiatischen Atommächten riskieren würde.

Als Reaktion auf Washingtons Drohungen erhofft sich Islamabad Unterstützung von Peking und verschärft damit die ohnehin schon angespannte Lage in der Region. Indien und China liefern sich an ihrer Grenze die schwerste Konfrontation seit dem Grenzkrieg von 1962. Entlang der Line of Control, die die Region Kaschmir in einen indisch- und einen pakistanisch-kontrollierten Teil trennt, gibt es regelmäßig Todesopfer durch gegenseitigen Artilleriebeschuss.

Trump hatte am Montagabend in einer Rede seine Pläne für eine massive Eskalation des Kriegs in Afghanistan erläutert. Er erklärte dabei auch, Pakistan müsse „sofort“ seinen Kurs ändern und dürfe „Kriminellen und Terroristen“ nicht länger Zuflucht gewähren. Außenminister Rex Tillerson ergänzte am Dienstag in einer Pressekonferenz, Washingtons Beziehungen mit Islamabad würden zukünftig davon bestimmt, ob es sich im Krieg in Afghanistan an die Forderungen der USA halte. Er erklärte weiter, wer Terroristen „Zuflucht bietet“, sei „vorgemerkt, gewarnt [und] noch mal gewarnt.“

Tillerson deutete an, Islamabad müsse andernfalls mit finanziellen Kosten und einer weiteren Verschlechterung der Beziehungen oder noch Schlimmerem rechnen. Auf die Frage, wie genau Washington gegen ein widerspenstiges Pakistan vorgehen würde, antwortete er: „Wir haben einige Druckmittel. Wir haben darüber diskutiert, wie viel Hilfsgelder und militärische Unterstützung wir ihnen geben; und ihr Status als Nicht-Nato-Bündnispartner könnte in Frage stehen. Das können wir alles auf den Tisch legen.“

Tillerson erwähnte es zwar nicht, doch hochrangige Vertreter der Trump-Regierung haben nachweislich darüber beraten, Pakistan mit der Einstufung als „staatlicher Förderer des Terrorismus“ zu drohen. Mit dieser Einstufung würde das Land automatisch sämtliche finanzielle Unterstützung verlieren; außerdem würden die USA alle Waffenverkäufe einstellen und vermutlich Angehörige der Regierung und des Militärs sanktionieren.

Lisa Curtis, die im letzten Monat zur stellvertretenden Assistentin des Präsidenten und obersten Direktorin des Weißen Hauses für Süd- und Zentralasien ernannt wurde, forderte vergangenen Februar in einem Gutachten der Heritage Foundation, die Trump-Regierung sollte sich die Einstufung als „terroristischer Staat“ „bis nach dem ersten Jahr“ aufheben.

Tillerson deutete außerdem an, die USA würden die völkerrechtswidrigen Drohnenangriffe fortsetzen, die bereits tausende von pakistanischen Zivilisten das Leben gekostet und die verarmte Bevölkerung in den pakistanischen Stammesgebieten unter Bundesverwaltung in Angst und Schrecken versetzt haben. Der ehemalige Vorstandschef von Exxon verweigerte bei seiner Pressekonferenz am Dienstag eine direkte Antwort auf eine Frage nach Drohnenangriffen. Doch obwohl er der Frage auswich, erklärte er: „Wir werden die Terroristen angreifen, wo immer sie sich aufhalten.“

Der amerikanische Militär- und Sicherheitsapparat und die führenden Politiker der Demokratischen und der Republikanischen Partei machen Pakistan schon seit langem für die Hartnäckigkeit des Aufstands in Afghanistan verantwortlich. Sie behaupten, Pakistan gehe nicht hart genug gegen die Taliban und ihre Verbündeten vor, vor allem gegen das Hakkani-Netzwerk.

In Wirklichkeit führen Washington und seine Nato-Verbündeten einen brutalen neokolonialen Unterdrückungskrieg und unterstützen eine korrupte und verhasste Marionettenregierung in Kabul durch nächtliche Überfälle, Drohnenangriffe und andere Formen von Terror.

Daher genießen die Taliban trotz ihrer reaktionären islamistischen Ideologie große Unterstützung in der Bevölkerung. Vertreter des Pentagon geben zu, dass die Aufstandsbewegung der Taliban heute so stark ist wie zuletzt vor dem Einmarsch der US-Truppen im Oktober 2001 – obwohl die USA in den letzten sechzehn Jahren fast eine Billion Dollar ausgegeben, mehr als 2.400 Soldaten verloren und eines der ärmsten Länder der Welt in Schutt und Asche gelegt haben.

Ein weiteres Element in Washingtons zweigleisiger Drohkulisse gegen Pakistan erwähnte Tillerson am Dienstag nur beiläufig: Trumps Forderung, Indien solle in Afghanistan eine aktivere Rolle spielen, vor allem bei der Bereitstellung wirtschaftlicher Unterstützung.

Indien begrüßte Trumps neue Strategie für den Krieg in Afghanistan. Eines ihrer wichtigsten Elemente ist die Abschaffung aller Einschränkungen für amerikanische Kommandanten bei Angriffen auf zivile Wohngebiete und dem Einsatz der amerikanischen Kriegsmaschinerie nach eigenem Ermessen.

„Wir begrüßen Präsident Trumps Entschlossenheit, die Herausforderungen in Afghanistan verstärkt in Angriff zu nehmen und Fragen wie die Rückzugsgebiete und andere den Terroristen über die Grenzen hinweg gewährte Unterstützung zu lösen“, hieß es in einer Erklärung des indischen Außenministeriums.

Die bürgerlichen Medien in Indien haben Trumps Anerkennung Indiens als einen „zentralen Sicherheits- und Wirtschaftspartner“ des US-Imperialismus in seiner Rede zu Afghanistan begrüßt. In einer Kolumne mit dem Titel „Donald Trumps Afghanistan-Politik bietet Indien die Chance, seine Einflusssphäre in Südasien zu stärken“, bezeichnete der Herausgeber der Firstpost, Sreemoy Talukdar, Trumps Afghanistan-Politik als eine „deutliche“ Unterstützung. Sie habe weitgehende Folgen für Indien in Südasien, wo es mit dem handelsstarken China um Einfluss streitet.

Zur Enttäuschung der pakistanischen Elite hat Neu-Delhi Islamabad in den letzten zwölf Jahren als wichtigsten regionalen Verbündeten des amerikanischen Imperialismus ersetzt. Mit dem Ziel, Indien als Gegengewicht zu China aufzubauen, überschüttet Washington Indien mit strategischen Wohltaten.

Unter Narendra Modi und seiner drei Jahre alten Hindu-Regierung von der Bharatiya Janata Party (BJP) hat sich die indisch-amerikanische Allianz qualitativ verändert. Indien plappert Washingtons provokative Standpunkte zum Südchinesischen Meer und dem Streit mit Nordkorea nach und vertieft seine militärisch-strategische Kooperation mit Amerikas Hauptverbündeten im asiatischen Pazifik, Japan und Australien. Außerdem hat es seine Häfen und Flugplätze amerikanischen Kriegsschiffen und Kampfflugzeugen geöffnet.

Das amerikanische Establishment – der nationale Sicherheitsberater H.R. McMaster und der Rest von Trumps Kabale von Generälen ebenso wie die Liberalen von der New York Times – unterstellen Islamabad, ein „doppeltes Spiel“ zu spielen. Sie behaupten, Pakistan kämpfe gegen die pakistanischen Taliban und unterstütze die USA logistisch bei ihrem Krieg in Afghanistan, schütze aber gleichzeitig auch das Hakkani-Netzwerk und andere Elemente der Taliban mit engen Beziehungen zu den pakistanischen Geheimdiensten.

Hierbei werfen die USA wirklich mit Steinen im Glashaus. Die CIA haben den pakistanischen Geheimdienst ISI angewiesen, die islamistische Miliz als Stellvertreterkräfte einzusetzen. Islamabad hat im Auftrag der USA geholfen, die Mudschaheddin zu organisieren und auszubilden, die die Sowjetunion in den afghanischen Bürgerkrieg hineinzogen und in den nächsten zehn Jahren militärisch ausbluteten.

Außerdem haben die USA immer wieder islamistische Milizen und Terrororganisationen eingesetzt, u.a. bei Operationen mit dem Ziel eines Regimewechsels in Libyen und Syrien. Gleichzeitig behaupteten sie jedoch zynisch, sie befänden sich im „Krieg gegen den Terror“, den US-Regierungen aller Couleur als Vorwand für Militärinterventionen in Afrika, dem Nahen Osten und Südasien sowie für umfassende Angriffe auf demokratische Rechte im Inland benutzt haben.

Dass Pakistan Beziehungen zu Teilen der Taliban unterhält, steht im Zusammenhang mit seinem strategischen Ziel, möglichst großen Einfluss bei einer politischen Lösung des Afghanistankriegs zu nehmen, und mit seiner zunehmenden Sorge über das „globale indisch-amerikanische strategische Bündnis“.

Islamabad warnt die USA schon seit Jahren, dass ihre strategische Annäherung an Indien das militärische und nukleare Wettrüsten in Südasien fördert und Indien zu einer aggressiven Haltung ermutigt. Doch diese Warnungen wurden kurzerhand zurückgewiesen. Washington hat sich bestenfalls bereit erklärt, Indiens Ambitionen in Afghanistan etwas einzudämmen, doch jetzt tut es nicht einmal mehr das.

Während die USA ihre Beziehungen zu Pakistan verschlechtern, wendet sich Islamabad seinem „Allwetterfreund“ China zu, um den Druck durch Indien auszugleichen. Peking hingegen hat lange Zeit versucht, Neu-Delhi mit Investitionsangeboten zu umwerben, u.a. mit einer führenden Rolle in dem eurasischen Infrastruktur-Bauprojekt, der neuen Seidenstraße („One Belt, One Road“). Doch seit sich Indien unter Modi zu einem Frontstaat in Washingtons militärischer und strategischer Offensive gegen China entwickelt, hat sich Pekings Haltung deutlich geändert.

In den letzten zwei Monaten haben chinesische Regierungsvertreter und die staatlichen Medien Indien mehrfach mit einem Grenzkrieg gedroht, falls es seine Truppen nicht von einem abgelegenen Bergkamm im Himalaya zurückziehe, der lange Zeit von Peking kontrolliert wurde, aber auch von Bhutan beansprucht wird.

Peking hat Islamabad nach Trumps Rede eindeutig seine Unterstützung zugesichert. Das verdeutlicht das Ausmaß, in dem die USA mit ihren Versuchen, Indien in den Kriegskurs gegen China zu ziehen, Südasien in den Strudel der Großmachtkonflikte reißen und wie sehr sie die Region zwischen den Blöcken Indien-USA und China-Pakistan polarisieren.

Zuerst stellte sich ein Vertreter des chinesischen Außenministeriums an Pakistans Seite und erklärte, das Land habe „große Opfer“ gebracht und „wichtige Beiträge“ im Kampf gegen den Terrorismus geleistet. Der chinesische Außenminister, der sich bereits zu einem im Vorfeld geplanten Besuch in Pakistan aufhielt, erklärte sich daraufhin bei Treffen mit der pakistanischen Führung bereit, die militärische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Zusammenarbeit auf höchster Ebene weiterzuführen. Peking und Islamabad wollen u.a. ihre Politik in der „heraufziehenden globalen und regionalen Lage“ koordinieren und den Aufbau des chinesisch-pakistanischen Wirtschaftskorridors mit 50 Milliarden Dollar forcieren.

Auch Russland hat deutlich gemacht, dass es Washingtons Pläne ablehnt, den Afghanistankrieg auszuweiten und Pakistan einzuschüchtern. Der russische Abgesandte in Afghanistan, Samir Kabulow, erklärte am Dienstag: „Druck auf Pakistan auszuübern könnte die regionale Sicherheitslage schwer destabilisieren und zu negativen Folgen für Afghanistan führen.“

Russland hat bisher immer sehr enge Beziehungen zu Indien gepflegt. Doch durch Neu-Delhis Annäherung an Washington ist die strategische Partnerschaft zwischen Indien und Russland stark belastet.

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