Schulz beim ZDF: Hetze gegen Flüchtlinge und Ruf nach Polizeistaat

Zehn Tage vor der Bundestagswahl hat die SPD im ARD-Deutschlandtrend mit 20 Prozent einen neuen Tiefstand erreicht. Je schlechter die Umfragewerte der SPD, desto offener präsentiert Spitzenkandidat Martin Schulz seine rechte Agenda und Polizeimentalität.

Am Dienstagabend trat er in der Sendung „Klartext“ beim ZDF auf, zu der rund 150 Gäste aus der Bevölkerung geladen waren. Bereits am Montag hatte auch Bundeskanzlerin Merkel an einer solchen Talkrunde, der „Wahlarena“ in der ARD, teilgenommen.

Im Gegensatz zu Merkel, die in ihrer üblichen stoischen Art auf Fragen des Publikums reagierte, trat Martin Schulz als „Kumpel“ des kleinen Mannes auf, der die Fragesteller mit Handschlag begrüßte, sich gar neben sie setzte, um Bürgernähe zu suggerieren. Er polterte, pöbelte und versprach Dinge, die ihm ohnehin niemand glaubt, wie „Würde der Menschen im Alter“, „Pflegenotstand beheben“ oder „Mietpreisbremse verschärfen“.

Einem Rentnerehepaar, das berichtet, dass ihre Kaltmiete in einer kleinen Hamburger Dachwohnung nach Ausbau und Sanierung von 200 auf 850 Euro steigen soll, bescheinigt Schulz mit empörter Stimme, das sei „Wucher“, geradezu „sittenwidrig“. Als der Moderator bemerkt, dass es sich dabei um eine städtische Wohnungsgesellschaft im SPD-regierten Hamburg handelt, poltert er: „Die haben wohl einen Knall.“ Er wolle dort anrufen.

Zum Pflegenotstand, den die SPD mit ihrer Privatisierungspolitik im Gesundheits- und Rentenwesen selbst erzeugt hat, äußert Schulz sein großes Lob für die „Kräfte aus Osteuropa“, ohne die das Pflegesystem zusammengebrochen wäre. Dass diese für niedrigste Löhne schuften, sagt er nicht.

Die SPD ist und bleibt die Partei der Agenda 2010, die den sozialen Niedergang maßgeblich zu verantworten hat. Ob er als Kanzler diese Agenda umkehren werde, fragt jemand am Ende. Man müsse wohl einiges „weiterentwickeln“, redet sich Schulz heraus, was auch eine Verschärfung der Agenda-Politik heißen kann und wird.

Das Thema, das ihm näher liegt, ist eindeutig die Aufrüstung der Polizei. Er zeigt sich begeistert über drei Frauen, die eine Bürgerwehr in einer rheinland-pfälzischen Siedlung bei Ahrweiler gegründet haben und nun täglich abends mit Hunden Streife laufen. Sie wollen Einbrüche stoppen, die sie den Flüchtlingen zuschreiben, und beklagen sich, dass die Polizei nicht schnell genug eingreife.

Schulz sichert ihnen Unterstützung zu: „Wir brauchen mehr Polizei“, betont er und verweist auf die SPD-Forderung nach 15.000 neuen Polizeistellen. „Ich bin schließlich Sohn eines Polizeibeamten“, wiederholt er mehrmals. Man müsse die „Polizeipräsenz stärken, denn die Sichtbarkeit der Polizei schreckt die Kriminellen ab.“ Die Bürgerwehr finde er gut, denn die Ausbildung der neuen Polizisten könnte dauern. Man brauche „Präventivmaßnahmen“. Auch stehe er für schärfere Grenzkontrollen gegen „Bandenkriminalität“, wie von den Frauen gefordert.

Vor allem will sich Schulz mit einer schärferen Flüchtlingspolitik profilieren. Einem Pegida-Anhänger, den das ZDF in Vorbereitung auf die Sendung gefilmt hat, erklärt er mit Nachdruck, er sei zwar für Integration, aber: „Wer in dieses Land kommt und Schutz sucht und unter diesem Deckmantel die Gesetze bricht, der muss gehen.“

Darauf hetzt eine offensichtlich im rechten Milieu verankerte Frau aus Bad Iburg hysterisch gegen Flüchtlinge („Ich als Frau fühle mich sexuell extrem belästigt“) und fragt: „Wie möchten Sie uns schützen“. Sie behauptet, sexuelle Belästigungen durch Flüchtlinge hätten „laut BKA um 500 Prozent“ zugenommen, eine Zahl, die auch auf rechtsextremen Blogeinträgen zu finden ist. Der Faktencheck auf BR24 stellt später klar, dass nur 9,1 Prozent solcher Straftaten im Jahr 2016 laut BKA von Zuwanderern begangen worden seien. Die Frau sei zudem in der Osnabrücker Region bekannt und mache mit einer Facebook-Gruppe „Aktiv gegen Einbruch“ gegen „gefühlte Unsicherheit in ihrem Ort“ Stimmung.

Schulz weist sie nicht zurück, sondern versichert ihr, unter seiner Kanzlerschaft werde der Staat mit aller Härte gegen kriminelle Ausländer vorgehen. Nach der Silvesternacht in Köln habe man dies demonstriert. Dass die meisten damaligen Anzeigen sich als falsch erwiesen haben, sagt er nicht.

Eine Schülerin und eine junge Flüchtlingshelferin konfrontieren Schulz mit der Flüchtlingstragödie auf dem Mittelmeer und fragen: „Warum finanzieren wir die libysche Küstenwache?“ Diese bringe Flüchtlinge in KZ-ähnliche Lager zurück, wo sie Folter und Tod erwartet.

Schulz wettert darauf gegen die „kriminellen Schlepperbanden“. „Ich kann diese Typen nicht ertragen, die diesen Menschenhandel treiben“, ruft er mit großer Pose. Er sei vor kurzem in Catania und Lampedusa gewesen, das schreckliche Schicksal der Flüchtlinge, die mit ihren Booten kentern, sei für ihn unerträglich, usw. Man müsse deshalb auch mit libyschen „Organisationen“ zusammenarbeiten, „natürlich nur auf der Grundlage von rechtsstaatlichen Normen“.

Als die Jugendlichen gegen ihn argumentierten, unter anderem auf das von der SPD unterstützte, reaktionäre Dublin-Verfahren verweisen, weicht Schulz aus und wettert, wie als früherer EU-Bürokrat gewohnt, gegen Ungarn und Polen, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen.

Eine Rentnerin aus Oberstdorf im Allgäu fragt darauf: „Warum macht ihr es uns so schwer, den Flüchtlingen und uns Helfern?“ Sie berichtet über ihre zwei Schützlinge aus Nigeria und Afghanistan, die beide Deutsch gelernt, eine Arbeit begonnen und sich „gut integriert“ hätten. Beide hätten nun einen Ablehnungsbescheid bekommen, ihnen drohe die Abschiebung.

Der junge Afghane ist mitgekommen und sagt: „Afghanistan ist nicht sicher, warum schiebt ihr uns dorthin ab?“ Darauf Schulz: „Zurzeit kann niemand nach Afghanistan abgeschoben werden.“ Wider besseres Wissen, denn zur selben Zeit hebt in Düsseldorf ein Sammelflug mit acht afghanischen Flüchtlingen nach Kabul ab.

Er wolle aber jetzt mal über „die jungen Männer reden“, so Schulz weiter, „die als Soldaten nach Afghanistan gehen und dort für Sicherheit sorgen sollen“. Wenn es irgendwann sicher sei, fügt er mit Blick auf den Afghanen hinzu, müssten „junge Männer da sein, die mit aufbauen können“.

Die SPD, die im ehemaligen Jugoslawien den ersten Bundeswehreinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg und danach einen blutigen Einsatz in Afghanistan organisiert hat, das macht Schulz damit klar, wird weitere militärische Einsätze durchführen.

Sein Auftritt im ZDF unterstreicht, dass die SPD eine rechte Staatspartei ist, die genauso wie andere etablierte Parteien auch nach der Wahl die Aufrüstung der Polizei, Militarismus und Angriffe auf Flüchtlinge vorantreiben wird.

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