Trump spricht vor US-Generälen von der „Ruhe vor dem Sturm“

Bei einem Treffen mit der Militärführung im Weißen Haus am vergangenen Donnerstag beschrieb US-Präsident Donald Trump die derzeitige internationale Lage als „Ruhe vor dem Sturm“. Er ging nicht näher darauf ein, was er damit meinte. Doch die bedrohliche Äußerung, die mit hoher Wahrscheinlichkeit gegen Nordkorea gerichtet war, ist eine erneute Warnung, dass die USA kurz davor stehen, einen katastrophalen Krieg zu beginnen.

Trumps Kommentar fiel nicht spontan, sondern bei einem kurzfristig anberaumten Fototermin vor einem Abendessen mit den „größten Militärs der Welt“ und ihren Gattinnen. Zu den Gästen gehörten Verteidigungsminister James Mattis, der Nationale Sicherheitsberater H.R. McMaster, Generalstabschef Joseph Dunford und Heimatschutzminister John Kelly.

Der US-Präsident, der sich zuvor mit den Generälen getroffen hatte, wurde von mehreren Reportern gefragt, welchen „Sturm“ er meinte. Schließlich erklärte er: „Sie werden es herausfinden.“

In seiner Eröffnungsrede auf dem vorangegangenen Treffen richtete Trump seine Drohungen gegen Nordkorea: „Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Diktatur unsere Nation oder unsere Verbündeten mit unvorstellbarem Verlust von Menschenleben bedroht. Wir werden tun, was wir tun müssen, um das zu verhindern.“

Den letzten Punkt bekräftigte er nochmals: „Und wir werden es notfalls tun, glauben Sie mir.“

In Wirklichkeit trägt nicht das nordkoreanische Regime, sondern die Trump-Regierung die Hauptverantwortung für die äußerst angespannte Lage auf der koreanischen Halbinsel. Trump, der Oberbefehlshaber der stärksten Militärmaschinerie der Welt, hat dem kleinen und wirtschaftlich rückständigen Land mehrfach mit der Vernichtung gedroht.

Letzten Monat hatte er Nordkorea in seiner faschistoiden Rede vor den Vereinten Nationen mit der „vollständigen Vernichtung“ gedroht und später getwittert, das nordkoreanische Staatsoberhaupt Kim Jong-un werde „nicht mehr lange unter uns sein“. Er hat Verhandlungen mit Nordkorea faktisch ausgeschlossen und seinen Außenminister Rex Tillerson letzte Woche gerügt, er verschwende seine Zeit, wenn er nach Möglichkeiten für Gespräche mit Pjöngjang suche.

Die große Gefahr eines Kriegs gegen Nordkorea verschärft die Konflikte in den herrschenden Kreisen sowohl in Washington als auch im Weißen Haus selbst. Diese Differenzen sind jedoch nur taktischer Natur. Tillerson, Mattis und McMaster haben Nordkorea gewarnt, die „militärische Option liegt auf dem Tisch“. Gleichzeitig betonen sie aber die Notwendigkeit einer diplomatischen Lösung für die Konfrontation.

Die drei wichtigsten Berater von Trump unterstützen auch das Abkommen mit dem Iran von 2015, das dessen Atomprogramm enge Grenzen auferlegt. Trump hingegen bezeichnet es als eines der „schlechtesten und einseitigsten Abkommen“, das die USA je abgeschlossen haben. Berichten zufolge ist er entschlossen, das Abkommen nächste Woche für ungültig zu erklären. Diese Entscheidung würde nicht nur die Spannungen mit Teheran verschärfen, sondern auch mit Washingtons europäischen Verbündeten, die das Abkommen unterstützen.

Unter diesen Bedingungen scheint Trumps Treffen mit seinen Top-Generälen am Donnerstag darauf abgezielt zu haben, sich ihre volle Unterstützung vor allem für seine rücksichtslosen und aggressiven Vorbereitungen auf einen Krieg gegen Nordkorea zu sichern. Im Vorfeld der Diskussion erklärte Trump, er erwarte von den Anwesenden, ihm viel schneller eine „breite Palette von militärischen Optionen“ vorzulegen. Er machte deutlich, dass seine Generäle freie Hand haben und erklärte, er erwarte von ihnen, „bürokratische Hindernisse“ zu überwinden.

Der demokratische Kongressabgeordnete Ted Lieu zeigte am Freitag auf, was bei einem Krieg zwischen den USA und Nordkorea auf dem Spiel stehen würde. Er warnte, ein Konflikt mit Nordkorea wäre „unglaublich blutig“. Obwohl er das Regime in Pjöngjang als „absolute Gefahr und Bedrohung“ verurteilte, erklärte er auch, es gebe keine „guten militärischen Optionen“. Lieu ist ein ehemaliger Offizier der Air Force, der in den 1990er Jahren auf Guam stationiert und an Militärübungen beteiligt war, die der Vorbereitung auf einen Konflikt mit Nordkorea dienten.

Am 26. September erklärten Lieu und der demokratische Abgeordnete Ruben Gallego in einem Brief an Verteidigungsminister Mattis, es sei „falsch, militärische Mittel einzusetzen, ohne zuerst alle anderen Optionen, einschließlich der Diplomatie, auszuschöpfen“. Sie baten um Antworten auf eine Reihe von Fragen, vor allem nach einer „Schätzung [amerikanischer, südkoreanischer und japanischer] Opferzahlen im besten und im schlimmsten Fall“, wenn Nordkorea „mit konventionellen und atomaren Waffen auf einen Angriff des US-Militärs reagiert“.

Am Ende des Briefes schrieben sie: „Bevor diese Regierung Amerika auf den dunklen, blutigen und unsicheren Weg eines Kriegs gegen Nordkorea führt, verdienen die amerikanische Bevölkerung und ihre Vertreter im Kongress Antworten auf die oben aufgeführten wichtigen Fragen.“

Lieu betonte nachdrücklich, dass er kein Kriegsgegner sei. Tatsächlich ist er ein überzeugter Unterstützer der Hetzkampagne gegen „russischen Einfluss“ auf die Präsidentschaftswahlen 2016 und unterstützt die Trump-Regierung. Diese Fraktion der amerikanischen herrschenden Elite bevorzugt einen Konfrontationskurs und notfalls auch einen Krieg gegen Russland statt gegen Nordkorea (und folglich gegen China).

Der ehemalige Air Force-Brigadegeneral Rob Givens, der auf der koreanischen Halbinsel stationiert war, warnte letzten Monat in der Los Angeles Times: „Zu viele Amerikaner glauben, [ein Krieg zwischen den USA und Nordkorea] würde wie der Einmarsch im Irak oder in Afghanistan, oder wie die Kampfeinsätze in Libyen oder Syrien ablaufen. Es wäre aber nicht einmal ansatzweise damit vergleichbar.“

Givens erklärte unverblümt: „Dieser Krieg kann nur auf eine Weise enden: mit der Niederlage Nordkoreas. Aber zu welchem Preis?“ Ihm zufolge rechnet das Pentagon für den Kriegsfall noch vor dem Einsatz von Atomwaffen mit 20.000 südkoreanischen Todesopfern pro Tag.

Alles deutet darauf hin, dass die Trump-Regierung einen massiven Militärschlag mit konventionellen oder atomaren Waffen vorbereitet, um den nordkoreanischen Militärapparat, die Industrie des Landes und seine oberste Führung auszulöschen und so einen Vergeltungsschlag auszuschließen.

Der Militäranalyst Daniel Pinkston erklärte gegenüber der Los Angeles Times, jeder Versuch, Nordkoreas Atomarsenal zu zerstören, werde „mit hoher Wahrscheinlichkeit genau das auslösen, was man eigentlich verhindern will“, das heißt einen Atomkrieg.

Die Beobachtergruppe „38 North“ an der Johns Hopkins Universität veröffentlichte am Freitag eine Studie, die davon ausgeht, dass im Fall eines Atomkriegs alleine in Tokio und Seoul bis zu 3,8 Millionen Menschen durch nordkoreanische Atomschläge getötet werden könnten. Sie gab zwar keine Schätzungen über die weiteren Opferzahlen ab, doch selbst wenn sich eine Ausweitung des Kriegs durch das Eingreifen der Atommächte China und Russland zunächst verhindern ließe, würden bei US-Atomschlägen gegen Nordkorea noch weitere Millionen Menschen sterben.

Die politischen Konflikte in Washington und im Weißen Hause mindern nicht, sondern erhöhen eher die Gefahr eines Angriffs der USA auf Nordkorea, da Trump verzweifelt nach einer Möglichkeit sucht, seine Regierung zu stärken und den Unmut über die sozialen Spannungen in den USA auf einen ausländischen Feind abzulenken.

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