Saudi-Arabien verweigert 2,5 Millionen Menschen im Jemen sauberes Wasser

Nach Informationen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes sind in Sanaa, der Hauptstadt des Jemens, und in der südlich gelegenen Stadt Bayda Pumpwerke und Abwassereinrichtungen durch die Blockade Saudi-Arabiens nicht mehr betriebsbereit. Damit haben 2,5 Millionen Menschen in dicht besiedelten städtischen Gebieten keinen Zugang zu sauberem Wasser mehr. Die saudische Blockade gegen das verarmte und vom Krieg verwüstete Land, die von den USA unterstützt wird, geht inzwischen in die dritte Woche.

Letzten Freitag hatte das IKRK berichtet, dass es in den jemenitischen Städten Taiz, Saada und Hudaidah durch die Blockade kein sauberes Wasser mehr gebe und die Sanitäranlagen ausfielen. Am Montag meldete die Hilfsorganisation weiter, dass in den Städten Dhamar und Amram die Wasseraufbereitung und Kanalisation nur mit halber Leistung arbeiten.

Das IKRK warnte, dieser Zusammenbruch der Infrastruktur könne die schlimmste Cholera-Epidemie in der neueren Geschichte auslösen. 940.000 Menschen haben sich bereits infiziert. Seit April wurden mehr als 2.200 Todesfälle registriert. Täglich kommen 2.600 Neuerkrankungen hinzu, und man erwartet, dass diese Zahl jetzt stark ansteigt. Währenddessen hat sich rasch die Diphterie ausgebreitet und gefährdet das Leben von mindestens einer Million jemenitischer Kinder.

Durch die Blockade ist der Betrieb von fast allen Flug- und Seehäfen und der Grenzverkehr seit dem 6. November zum Erliegen gekommen. Da der Jemen zu 90 Prozent von Lebensmittelimporten abhängig ist, droht eine unvorstellbare Hungersnot.

Eine von den USA finanzierte Erhebung über die Hungersnot im Jemen, deren Ergebnisse am Dienstag veröffentlicht wurden, warnte, dass jeden Tag Tausende sterben werden, wenn die von Saudi-Arabien angeführte Blockade nicht beendet wird. Das Famine Early Warning Systems Network teilte mit, dass bereits vor der Verschärfung der Blockade mindestens 15 Millionen Jemeniten mit erheblicher Lebensmittelknappheit konfrontiert waren.

„Eine weiter andauernde Schließung von wichtigen Häfen gefährdet die Nahrungsmittelversorgung dramatisch und bedeutet eine Hungersnot in großen Teilen des Landes“, heißt es in der Studie.

Letzte Woche warnte die Kinderhilfsorganisation Save the Children, dass bis zum Jahresende mindestens 50.000 jemenitische Kinder unter fünf Jahren durch Hunger und Krankheiten sterben würden. Dies ist ein Ergebnis der verzweifelten Lage, die der fast drei Jahre währende Krieg gegen den Jemen, der mit Unterstützung der USA geführt wird, geschaffen hat.

Jan Egeland, Leiter des Norwegischen Flüchtlingsrats und ehemals UN-Vizegeneralsekretär für Humanitäre Angelegenheiten, warnte per Twitter am Dienstag eindringlich: „Die USA, Großbritannien und andere Verbündete Saudi-Arabiens haben nur noch wenige Wochen, um eine Hungersnot biblischen Ausmaßes abzuwenden. Heben Sie die Blockade sofort auf.”

Eine Reihe internationaler Hilfsorganisationen, u.a. die UNO, das International Rescue Committee und Save the Children, hatten bereits letzte Woche eine Erklärung unterzeichnet, in der es hieß: „Die von Saudi-Arabien geführte Koalition verhindert weiterhin die Lieferung wichtiger Versorgungsgüter und verhängt damit kollektive Strafmaßnahmen gegen Millionen Jemeniten. Sie verschärft so die weltweit größte humanitäre Krise, die durch einen beinahe dreijährigen Krieg über 20 Millionen Menschen von Hilfe abhängig gemacht hat, von denen sieben Millionen von Hunger bedroht sind.“

Im Jemen ist ganz eindeutig ein Kriegsverbrechen im Gange, einer der schlimmsten Fälle kollektiver Bestrafung gegen eine Zivilbevölkerung seit Hitlers Drittem Reich.

Bei diesem Verbrechen der reaktionären saudischen Monarchie spielen US-Regierung und US-Militär eine entscheidende Rolle. Umfangreiche Waffengeschäfte versorgten die saudische Luftwaffe mit Raketen, Streubomben und weiterer Munition. Sie werden eingesetzt, um jemenitische Schulen, Krankenhäuser, Wohnviertel, Bauernhöfe, Fabriken und wichtige Infrastruktureinrichtungen in Schutt und Asche zu legen. Die US-Luftwaffe betankt saudische Flugzeuge in der Luft, damit diese rund um die Uhr ihre Angriffe fliegen können, während Geheimdienstler ihnen die Zielkoordinaten liefern. Von Schiffen der US-Marine, die vor Jemens Küste liegen, wird die saudische Blockade unterstützt.

Am Montag kamen bei einem saudischen Luftangriff drei Zivilisten in der nördlichen Provinz Sadaa ums Leben. Weitere neun Zivilisten wurden getötet und drei verwundet, als ein saudisches Kampfflugzeug ein Fahrzeug in der Provinz Hudaidah bombardierte. Am Tag davor starben bei einem Luftangriff auf ein Wohnviertel in der nördlichen Provinz Jawf acht Kinder und drei Frauen.

Die Trump-Regierung hat dem saudischen Regime zu verstehen gegeben, dass es bei dieser Aggression, die einem Völkermord nahe kommt, die uneingeschränkte Unterstützung Washingtons genießt. Die USA arbeiten gemeinsam mit Israel an einer militärischen Allianz mit Saudi-Arabien und den anderen sunnitisch dominierten Scheichtümern am Persischen Golf, um dem Erstarken des Iran entgegenzuwirken, der dem Hegemoniestreben der USA im ölreichen Nahen Osten im Weg steht.

Die US-Regierung schweigt über die katastrophale Zuspitzung der größten humanitären Krise auf dieser Welt. Sie protestierte lediglich gegen den Abschuss einer Rakete durch die Huthi-Rebellen im Jemen am 4. November. Die Rakete wurde nahe der saudischen Hauptstadt Riad abgefangen, ehe sie größeren Schaden anrichten konnte. Diese berechtigte Vergeltung für das gnadenlose Bombardement ziviler Ziele im Jemen wurde von den Saudis und den USA ohne jeden Beweis dem Iran zugeschrieben und zur Rechtfertigung der Blockade benutzt.

Der Iran hat zwar Verständnis für die Huthi geäußert und den Krieg Saudi-Arabiens verurteilt, jedoch existiert kein handfester Beweis dafür, dass der Iran in die Kämpfe im Jemen verwickelt ist oder in nennenswertem Ausmaß Waffen liefert. Saudi-Arabiens Intervention im Jemen, dem ärmsten arabischen Land, nährt sich aus der Befürchtung, in einem angrenzenden Staat könnte eine Regierung ans Ruder kommen, die keine Marionette des saudischen Königshauses ist.

Die Beteiligung der USA an dem Krieg, der die jemenitische Bevölkerung durch Aushungern unterwerfen soll, wird bis heute hinter dem Rücken der amerikanischen Bevölkerung organisiert. Der Kongress, beide großen Parteien und die wirtschaftsfreundlichen Medien sind darin verstrickt. Die Unterstützung für den Krieg begann unter Obama; Trump hat sie weiter ausgedehnt.

Vergangene Woche nahmen Demokraten und Republikaner im Repräsentantenhaus mit überwältigender Mehrheit eine feige und zahnlose Resolution an, welche ein Ende der Kampfhandlungen im Jemen fordert, „die mit den Regeln eines bewaffneten Konflikts unvereinbar” seien, sowie „ungehinderten Zugang für humanitäre Organisationen“. Gleichzeitig lobt sie das saudische Regime und weist dem Iran die Schuld zu.

Der erste Entwurf drohte noch mit der Beendigung militärischer Unterstützung für die saudische Aggression. Dieser Passus wurde gestrichen, ebenso eine Bezugnahme auf den War Powers Act von 1973. Dieses Gesetz zwingt den Präsidenten, militärische Interventionen im Ausland innerhalb von 60 Tagen zu beenden, wenn sie nicht vom Kongress gebilligt werden. In der verabschiedeten Vorlage heißt es nichtssagend: „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt hat der Kongress keine Gesetze verabschiedet, die den Einsatz militärischer Gewalt billigen.”

In der Sendung „60 Minutes“ des Fernsehsenders CBS wurde am Sonntag ein Beitrag unter dem Titel „Wenn Nahrung als Waffe eingesetzt wird“ ausgestrahlt, der es fertig brachte, ein schonungsloses Bild von dem großen menschlichen Leid im Jemen zu vermitteln und gleichzeitig gezielt die Tatsache zu verschleiern, dass die USA maßgeblich daran mitwirken. Die Sendung verlor kein Wort über die direkte Beteiligung der USA an diesem Krieg und auch nicht über die umfangreichen Waffenlieferungen der USA, die die Weiterführung der Kriegshandlungen erst ermöglichen.

Diese gezielte Irreführung durch Politik und Medien soll die amerikanische Öffentlichkeit im Unklaren lassen, während Washington in der Region einen neuen Krieg gegen den Iran vorbereitet. Er könnte das ungeheuerliche Blutvergießen im Irak und Afghanistan noch in den Schatten stellen und einen dritten Weltkrieg einleiten.

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