Perspektive

Für Neuwahlen und eine sozialistische Offensive gegen die Große Koalition

Mit der Veröffentlichung der „Ergebnisse der Sondierungsgespräche von CDU, CSU und SPD“ am vergangenen Freitag haben sich die Warnungen der Sozialistischen Gleichheitspartei (SGP) bestätigt. Das 28-seitige Papier, das als Grundlage für eine Neuauflage der Großen Koalition dienen soll, macht deutlich, dass die herrschende Klasse die rechteste Regierung in Deutschland seit dem Untergang des Dritten Reichs vorbereitet.

In der Flüchtlingspolitik haben Union und SPD die Forderung der extremen Rechten nach einer Obergrenze für Flüchtlinge übernommen. In den Ergebnissen heißt es, „dass die Zuwanderungszahlen die Spanne von jährlich 180.000 bis 220.000 nicht übersteigen werden“. Zur brutalen Abwehr von Flüchtlingen aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens und Nordafrikas sei „ein wirksamer Schutz der europäischen Außengrenzen“ erforderlich. Dazu soll die berüchtigte Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) „zu einer echten Grenzschutzpolizei weiterentwickelt“ werden.

In der Sozial- und Finanzpolitik soll die Austeritätspolitik verschärft werden, die bereits in den vergangenen Jahren Millionen von Arbeitern und Jugendlichen in Deutschland und ganz Europa in Armut und Arbeitslosigkeit gestürzt hat. Schlüsselformulierungen wie, „Wir wollen die Wettbewerbsfähigkeit der EU im Kontext der Globalisierung“ stärken, und „Wir wollen fiskalische Kontrolle in der EU vorantreiben“, lassen daran keinen Zweifel.

Innenpolitisch steht die Errichtung eines Polizeistaats auf der Tagesordnung, um die wachsende Opposition gegen Sozialangriffe, Militarismus und Krieg unter Arbeitern und Jugendlichen zu unterdrücken. So wollen Union und SPD „die Sicherheitsbehörden in Bund und Ländern ... um zusätzlich 15.000 Stellen ausbauen“ und „mindestens 2000 neue Stellen in der Justiz (Gerichte, Staatsanwaltschaften, Vollzugsbehörden)“ schaffen. Auch „die Europäische Sicherheitskooperation“ gelte es zu „verstärken“.

Dazu gehört auch die Kontrolle des Internets. „Es müssen gemeinsam zwischen Bund und Ländern, möglichst sogar in ganz Europa, Sicherheitsstandards für die IT-Strukturen und den Schutz der kritischen Infrastruktur entwickelt werden. Die Sicherheitsbehörden brauchen gleichwertige Befugnisse im Umgang mit dem Internet wie außerhalb des Internets“, heißt es im Papier.

In der Außenpolitik will die Große Koalition die Rückkehr des deutschen Militarismus vorantreiben, die sie auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 verkündet hat. Damit die Bundeswehr die „ihr erteilten Aufträge in allen Dimensionen sachgerecht erfüllen kann, werden wir den Soldatinnen und Soldaten die bestmögliche Ausrüstung, Ausbildung und Betreuung zur Verfügung stellen“, schreiben Union und SPD. Außerdem kündigt das Papier eine Verlängerung und Ausweitung der unpopulären Kriegseinsätze der Bundeswehr in Mali, Afghanistan und in Syrien an.

Um die globalen Interessen des deutschen Imperialismus zu verfolgen, plädieren Union und SPD für eine gemeinsame europäische Militär- und Großmachtpolitik in Zusammenarbeit mit Frankreich. Die globalen Kräfteverhältnisse hätten „sich in den letzten Jahren grundlegend verändert – politisch, wirtschaftlich und militärisch“. Europa müsse „sein Schicksal mehr als bisher in die eigenen Hände nehmen. Nur gemeinsam hat die EU eine Chance, sich in dieser Welt zu behaupten und ihre gemeinsamen Interessen durchzusetzen“, heißt es in dem Papier.

Doch die Opposition der Bevölkerung gegen die arbeiterfeindliche und militaristische Politik der Großen Koalition ist enorm. Bei den Wahlen im September fuhren Union und SPD ihre jeweils schlechtesten Ergebnisse in der Nachkriegsperiode ein und verloren gemeinsam 14 Prozent der Stimmen. Wenige Stunden nachdem sich die drei Parteivorsitzenden, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Martin Schulz (SPD), am Freitagmorgen „hocherfreut“ über die Einigung gezeigt hatten, ergab eine Umfrage, dass nur etwa ein Drittel der Befragten den Ergebnissen der Sondierungen positiv gegenüber steht. Die Mehrheit lehnt eine Fortsetzung der Großen Koalition ab.

Vor diesem Hintergrund ist die Kritik der Jusos oder dem Landesverband der SPD in Sachsen-Anhalt zu verstehen, der auf seinem Parteitag am Samstag gegen die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit den Unionsparteien stimmte. Teile der SPD fürchten, dass die Opposition in der Bevölkerung weiter wächst und eine sozialistische Perspektive an Einfluss gewinnt, wenn sie die unpopuläre Koalition mit der Union fortsetzen und die rechtsextreme AfD zur führenden Oppositionspartei im Bundestag machen.

In Deutschland und vielen anderen Ländern brodelt es unter der Oberfläche, und der Widerstand gegen die von allen kapitalistischen Regierungen vertretene asoziale und militaristische Politik wächst. In diesem Jahr fanden bereits Massenproteste im Iran und Tunesien statt, im vergangenen Dezember führten Ford-Arbeiter in Rumänien einen wilden Streik gegen die vom Unternehmen kontrollierte Gewerkschaft und nun streiken und protestieren Zehntausende in Griechenland gegen die Sparpolitik der Syriza-Regierung. Der aktuelle Tarifkampf von knapp vier Millionen Arbeitern in der Metall- und Elektroindustrie und die Proteste von Arbeitern gegen drohenden Massenentlassungen bei Siemens, ThyssenKrupp und Bombardier sind Bestandteil einer Wiederbelebung des internationalen Klassenkampfs.

Die Linkspartei ist darüber besonders alarmiert. In einem Interview mit der Leipziger Volkszeitung warnte der Fraktionsvorsitzende der Linken, Dietmar Bartsch: „Die finanzielle Schere zwischen Superreichen und Armen in Deutschland öffnet sich immer weiter – die einen haben immer mehr, die Zahl der Milliardäre steigt, gleichzeitig werden die Armen zahlreicher. Und was wollen Union und SPD dagegen tun?“ Sie schrieben „eine gefährliche soziale Entwicklung fort“.

Bartsch‘ Versuch, seine Partei als soziale Alternative darzustellen, ist ein Schuss in den Ofen. Jeder weiß, dass die Linkspartei für die katastrophale soziale Entwicklung genauso verantwortlich ist, wie alle anderen kapitalistischen Parteien. Überall dort, wo sie auf Landesebene mit SPD und Grünen regiert, beteiligt sie sich am Sozialkahlschlag und der massiven Umverteilung des Reichtums von unten nach oben. Nun versucht ein Flügel der Partei, die Wut der Bevölkerung in nationalistische Kanäle umzulenken. Sahra Wagenknecht und ihr Mann Oskar Lafontaine werben für die Gründung einer „linken Volkspartei“ mit „Politikern unterschiedlicher Parteien“ , die sich in der Flüchtlingspolitik ausdrücklich an der Wählerschaft der AfD orientiert.

Das spielt herrschenden Kreisen in die Hände, die die anhaltende Regierungskrise nutzen wollen, um ein noch rechteres Regime an die Macht zu bringen. „Ich bin enttäuscht und erschüttert vom Ergebnis der Sondierungen“, erklärte der Vorsitzende des Bundeswehrverbands André Wüstner am Sonntag. Die ausgehandelte Erhöhung des Militärhaushalts reiche bei weitem nicht aus. Führende Wirtschaftsvertreter fordern noch schärfere Angriffe auf die Arbeiterklasse und milliardenschwere Steuergeschenke à la Trump für die deutschen Konzerne, um sie international wettbewerbsfähig zu machen.

Die Sozialistische Gleichheitspartei ist die einzige Partei, die die rechte Verschwörung von links ablehnt und Neuwahlen fordert. Es darf nicht zugelassen werden, dass die gleiche herrschende Klasse, die die Welt zweimal in den Abgrund gestürzt hat, erneut die Möglichkeit bekommt, ihre reaktionären Pläne in die Tat umzusetzen.

Die SGP verstärkt ihre Kampagne für Neuwahlen und kämpft in der Arbeiterklasse für ein sozialistisches Programm, das sich gegen Krieg, Sozialabbau und Staatsaufrüstung richtet. Wir rufen alle Arbeiter und Jugendlichen dazu auf, den Aufbau einer neuen sozialistischen Partei zu unterstützen und Mitglied der Sozialistischen Gleichheitspartei zu werden.

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