Die Zusammenarbeit der IG Metall mit der AfD ist eine ernste Warnung

Mit der Zustimmung des SPD-Parteitags vom Wochenende wird nun eine große Koalition vorbereitet, die das rechte Programm der AfD in die Tat umsetzt. Eine aggressive und militaristische Außenpolitik kommt mit einer restriktiven Flüchtlingspolitik, der Aufrüstung des Staatsapparats und der massiven Verschärfung der Austeritätspolitik in ganz Europa zusammen. SPD und CDU planen die rechteste Regierung seit dem Ende des Naziregimes.

Zu den wichtigsten Fürsprechern auf dem SPD-Parteitag gehörten die Vertreter der Gewerkschaften, allen voran DGB-Chef Reiner Hoffmann, der die Sondierungsergebnisse als „Substanz für Arbeitnehmer“ und als „Kracher“ feierte. Auch der Chef der Gewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, freute sich, das sich die SPD nun dem drängenden Auftrag widmen könne, „eine Politik der sozialen und wirtschaftlichen Erneuerung Deutschlands und Europas anzugehen“.

Worauf sich die Gewerkschaftsführung in Zusammenarbeit mit den Koalitionären vorbereitet, wurde einen Tag vor dem Parteitag deutlich. Am Freitag hatte der IG-Metall-Chef in Ostsachen, Jan Otto, den AfD-Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla auf einer Gewerkschaftsdemonstration in Görlitz ausdrücklich willkommen geheißen, weil, wie er sagte, „alle Parteien hier zusammenstehen“. Otto ist auch Mitglied des Vorstands der SPD im Landkreis Bautzen.

Als die WSWS im März letzten Jahres darüber berichtet hatte, dass die IG Metall in Görlitz die AfD auf einer Demonstration mitmarschieren ließ, rief Otto noch in der Redaktion an, um die Veröffentlichung des Artikels zu verhindern. Die Gewerkschaft habe keine Kenntnis der AfD-Aktivität gehabt, behauptete er damals. Zehn Monate später begrüßt er die Rechtsextremisten offen vom Rednerpult aus und erklärt, dass sie mit der Gewerkschaft zusammenstünden.

Dieses Bündnis der IG Metall mit der AfD ist eine ernste Warnung an alle Arbeiter: die Gewerkschaften sind zu den brutalsten Methoden bereit, um die Politik des Militarismus und der Angriffe auf die sozialen Rechte der Arbeiter durchzusetzen, die in den Koalitionsgesprächen ausgehandelt werden.

Die klare Positionierung Ottos kam nicht zufällig am Vorabend der Entscheidung des SPD-Parteitags. In Görlitz entwickelt sich jetzt schon, was die große Koalition für das ganze Land plant. Seit der kapitalistischen Restauration wurde dort die traditionsreiche Industrie Schritt für Schritt privatisiert und dann abgewickelt. Die Einwohnerzahl sank im Zuge dessen von etwa 80.000 im Jahr 1990 auf etwas mehr als 50.000.

Nun ist die Stadt von den Kürzungsmaßnahmen gleich zweier Großkonzerne betroffen, die die beiden letzten großen Fabriken der Stadt unterhalten. Sowohl Bombardier als auch Siemens planen die Schließung der Standorte und drohen, damit eine Kettenreaktion auszulösen, die der Stadt den Garaus machen könnte.

Die Gewerkschaft sieht ihre Aufgabe nicht darin, gegen die Entlassungen der beiden Konzerne zu kämpfen und an allen Standorten Widerstand zu organisieren, sie setzt im Gegenteil die Forderungen der Unternehmen gegen die Beschäftigten durch. Dabei nutzt sie die Drohung mit der Werksschließung, um im Namen der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Lohnkürzungen und Massenentlassungen zu erwirken. Im 25 Kilometer entfernten Niesky hat die IG Metall beim dortigen Waggonbau schon Lohnkürzungen von 25 Prozent organisiert. Am Freitag kündigte Otto dann auch für Siemens und Bombardier „kreative Lösungen“ an.

Es spricht bereits Bände, dass er dabei nach eigenen Worten mit SPD, CDU, Linkspartei und Grünen zusammenarbeiten will, also den Parteien, die die sozialen Angriffe der letzten Jahre zu verantworten haben und jetzt in der großen Koalition ungleich krassere Kürzungen vorbereiten. Die Einbeziehung der rechtsradikalen AfD liegt auf dieser Linie und bedeutet eine weitere Eskalation der arbeiterfeindlichen Politik der Gewerkschaft.

Chrupalla, den Otto so herzlich willkommen hieß, steht nicht nur für Flüchtlingshetze und Staatsaufrüstung, er vertritt auch ein extrem neoliberales Programm. Er will laut seiner Website „finanzielle Belastungen von Unternehmen abbauen“. In seiner ersten Bundestagsrede sprach er den Siemens-Konzern von jeder Verantwortung für die geplanten Entlassungen frei. Diese seien notwendig, weil der Konzern seinen Heimatmarkt verloren habe und deshalb international nicht mehr konkurrenzfähig sei.

Der Schulterschluss mit den Rechtsextremisten ist kein Ausrutscher, sondern ergibt sich aus der nationalistischen Orientierung der Gewerkschaften. In den USA unterstützen die großen Gewerkschaften Trumps „America First“-Politik. Der Gewerkschaftsverband AFL-CIO arbeitet zusammen mit Vertretern der Wirtschaft direkt in der Manufacturing Jobs Initiative Trumps mit, um Profite und Marktanteile der amerikanischen Großkonzerne zu erhöhen. Er unterstützt ausdrücklich Handelskriegsmaßnahmen.

In Österreich hatte ein Teil der Gewerkschaftsbürokratie schon die Aspirationen der SPÖ auf eine Koalition mit der rechtsradikalen FPÖ unterstützt. Und als dann die konservative ÖVP mit den Freiheitlichen in die Regierung ging, bot der ÖGB umgehend seine Zusammenarbeit an. Die Gewerkschaften weigerten sich auch, die Großdemonstration gegen die Regierung zu unterstützen, die am 13. Januar durch Wien zog.

Leo Trotzki hatte schon 1940 in seinem Text „Die Gewerkschaften in der Epoche des imperialistischen Niedergangs“ gewarnt, dass sich diese Organisationen angesichts der kapitalistischen Krise in den Staatsapparat integrieren:

„Die Verschärfung der Klassengegensätze innerhalb eines jeden Landes und die Verschärfung der Feindschaft zwischen den verschiedenen Ländern schaffen eine Situation, in welcher der imperialistische Kapitalismus eine reformistische Bürokratie nur dulden kann (d.h. bis zu einer bestimmten Zeit), wenn diese direkt als kleiner aber aktiver Aktionär seiner imperialistischen Unternehmung dient: als Teilhaber seiner Pläne und Programme, sowohl innerhalb des Landes, als auch in der Weltarena.“

In Deutschland zeigte sich diese Entwicklung besonders scharf. Als die Nazis nach Hitlers Machtübernahme im Januar und dem Ermächtigungsgesetz im März 1933 einen brutalen Terror gegen alle Vertreter der Arbeiterbewegung entfachten, reagierte der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) unterwürfig und bot sich als Instrument zur Unterdrückung der Arbeiterschaft an.

Am 19. April 1933 rief der ADGB seine Mitglieder auf, „für die Ehrung der schaffenden Arbeit und für die vollberechtigte Eingliederung der Arbeiterschaft in den Staat sich allerorts an der von der Regierung veranlassten [Erste-Mai-]Feier festlich zu beteiligen“. Am 2. Mai wurden dann die Häuser der Gewerkschaften besetzt, ihre Vermögen beschlagnahmt und ihre Führer verhaftet und misshandelt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnten sich die Gewerkschaften aufgrund des Verrats des Stalinismus und der wirtschaftlichen Entwicklung wieder etablieren und einige Verbesserungen für die Arbeiter durchsetzen.

Doch diese Phase begrenzter sozialer Reformen hielt nicht lange an. Schon in den 80er Jahren entzog die Globalisierung der Produktion dem Programm des sozialen Ausgleichs auf der Ebene des Nationalstaats jede Grundlage. Mit der kapitalistischen Restauration in der Sowjetunion verschärfte sich der Klassenkampf in jedem Land auf der Welt und brachen die alten imperialistischen Gegensätze offen hervor.

Heute sind die Gewerkschaften zu Co-Managern geworden, die die Lohnkürzungen und Entlassungen der Konzernleitungen im Namen der „Wettbewerbsfähigkeit“ des Standorts Deutschland gegen die Belegschaften durchsetzen. Je tiefer die kapitalistische Krise, desto näher rücken sie an ihre Geldgeber in den Chefetagen und den Staatsapparat heran.

David North stellte schon 1998 in seinem Beitrag „Marxismus und Gewerkschaften“ fest, dass sich diese Rolle der Gewerkschaften nicht einfach aus der Schlechtigkeit ihrer Führer, sondern aus ihrem objektiven Verhältnis zum Klassenkampf ergibt.

Die Feindschaft der Gewerkschaften gegenüber revolutionärer Politik, schrieb er, „entzündet sich im wesentlichen an der organischen Opposition der Gewerkschaften gegen die Entfaltung und Ausweitung des Klassenkampfs, und diese Opposition wird um so entschiedener, erbitterter und tödlicher, je mehr sich der Klassenkampf zu einer Bedrohung für die Produktionsverhältnisse des Kapitalismus, d. h. für die Grundlagen des Gewerkschaftertums selbst auswächst.“

Das Bündnis der IG Metall Ostsachsen mit der AfD zeigt, wie weit dieser Prozess bereits vorangeschritten ist. Arbeiter können ihre Interessen nur durchsetzen, wenn sie den Gewerkschaften jedes Mandat entziehen und unabhängige Aktionskomitees bilden. Diese müssen umgehend Kontakt zu Arbeitern in anderen Ländern aufnehmen und den gemeinsamen Kampf organisieren. Sie müssen sich vehement gegen die Politik der sozialen Ungleichheit und des Militarismus wenden, die jetzt mit Unterstützung der Gewerkschaften in den Koalitionsgesprächen vorbereitet wird. Dieser Kampf muss gegen den Kapitalismus gerichtet sein und von einer sozialistischen Perspektive angeleitet werden.

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