Spielbergs Verlegerin: Soll man die Lügen der Regierung entlarven oder nicht?

Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Liz Hannah und John Singer

Steven Spielbergs neuer Film Die Verlegerin (im Original: The Post) handelt von den Auseinandersetzungen in der Redaktion der Washington Post, als es im Juni 1971 um die Frage ging, ob die Pentagon-Papiere veröffentlicht werden sollten.

Besagte Papiere umfassten 7.000 Seiten in 47 Bänden und stellten einen historischen Abriss der Machenschaften des US-Imperialismus in Vietnam von 1945 bis 1966 dar. Das Verteidigungsministerium hatte sie angefertigt. Die Dokumente enthüllen jahrzehntelange systematische Lügen aufeinander folgender Regierungen der Demokraten wie der Republikaner, welche verheerende Konsequenzen für das Leben von Millionen Vietnamesen und Tausende Amerikaner hatten.

Spielbergs „Die Verlegerin“ (The Post)

Im Mittelpunkt des Films stehen die Debatten über die Zweckmäßigkeit einer Veröffentlichung dieser explosiven Regierungsgeheimnisse. Es gibt Auseinandersetzungen zwischen Katharine Graham, der Verlegerin der Washington Post, und ihren Finanz- und Rechtsberatern, sowie zwischen Chefredakteur Ben Bradlee und der Redaktionsbelegschaft. Zudem kommt es während der Krise zu einem internen Konflikt zwischen Graham und Bradlee.

Gewissenhaft und intelligent versteht es Spielberg, diese Ereignisse auf die Leinwand zu bannen. Der Film wirft eine Reihe wichtiger Fragen auf, darunter diejenigen nach der Pressefreiheit, dem Recht der Bevölkerung auf Information darüber, was die Regierung vorhat, sowie den Gefahren einer Präsidialdiktatur.

Die Verlegerin beginnt im Jahr 1966 mit einem Quasiprolog. Daniel Ellsberg (Matthew Rhys), ein Mitarbeiter im Verteidigungsministerium, befindet sich in Vietnam auf Erkundungsmission für Robert McNamara (Bruce Greenwood), den Verteidigungsminister unter US-Präsident Lyndon B. Johnson. Obwohl McNamara Ellsberg im Privaten zustimmt, dass der Krieg miserabel verlaufe, lässt er vor den amerikanischen Medien einen anderen, weit optimistischeren Ton anklingen.

Tatsächlich hatte Ellsberg als Marinesoldat gedient und zwei Jahre in Vietnam verbracht, wo er für das Außenministerium arbeitete. Er war an der Ausarbeitung eines Dokumentes beteiligt, das McNamara im Jahr 1967 in Auftrag gegeben hatte. Dieses trug den schlichten Titel: „Geschichte amerikanischer Entscheidungen in Vietnam, 1945–1966“. Bekannt wurde es schließlich unter dem Namen „Pentagon-Papiere“.

Im Jahr 1969 ist Ellsberg in wachsendem Maß vom Krieg desillusioniert und von den Regierungslügen angewidert. Gemeinsam mit seinem Kollegen Anthony Russo (Sonny Valicenti) gelingt es ihm, heimlich alle 7.000 Seiten der Pentagon-Papiere zu fotokopieren. Er und Russo sind zu diesem Zeitpunkt Angestellte der Denkfabrik RAND Corporation.

Am 13. Juni 1971 fallen Washington Post-Chefredakteur Ben Bradlee (Tom Hanks) und Verlegerin Katharine Graham (Meryl Streep) aus allen Wolken, als die New York Times beginnt, Teile des hochgeheimen Dokumentes zu veröffentlichen, das Ellsberg dem Times-Reporter Neil Sheehan (Justin Swain) zugespielt hat. Bradlee ist frustriert, weil Sheehan damit einen sensationellen Coup landet.

Am 15. Juni behauptet Justizminister John Mitchell, die Times verstoße gegen das Spionagegesetz. Die Nixon-Regierung erwirkt eine Gerichtsverfügung, die die Zeitung daran hindert, weitere Teile der Papiere zu publizieren. „Wenn die Times aufhört”, sagt Bradlee, „sind wir im Geschäft.”

„Bin ich etwa der einzige, der es satt hat, Nachrichten nur zu lesen, statt sie zu bringen?“ ruft er gereizt in den Raum und beauftragt Innenpolitikredakteur Ben Bagdikian (Bob Odenkirk), nach der undichten Quelle zu suchen. Als Bagdikian herausfindet, dass es Ellsberg ist, sein ehemaliger Kollege bei RAND, fährt er nach Boston, trifft sich mit dem verängstigten Whistleblower und kehrt mit 4.400 fotokopierten Seiten nach Washington zurück.

Jetzt besitzt die Post das Material. In der Auseinandersetzung, ob es veröffentlicht werden soll oder nicht, sieht sich Bradlee den Rechtsberatern der Zeitung, Bankern und potenziellen Investoren gegenüber. Graham und ihre Finanzberater stehen kurz davor, die erste, Millionen Dollar schwere Aktienausgabe der Post an der Börse zu platzieren. Strafrechtliche Vorwürfe könnten die Zeitung zerstören und Graham und Bradlee sogar ins Gefängnis bringen.

Bradlee wirft ein: „Der einzige Weg, das Recht der Veröffentlichung geltend zu machen, besteht im Veröffentlichen.“ Zudem argumentiert er: „Wir müssen ihre Macht kontrollieren. Wenn wir sie nicht zur Rechenschaft ziehen, wer wird es dann tun?“ Als die Auseinandersetzung immer hitziger wird, verstärkt Grahams Freund, Robert McNamara, noch den Druck auf die Verlegerin. In einem privaten Gespräch erinnert sie ihn allerdings daran, dass ihr Sohn in Vietnam mitgekämpft habe, und dass sie sich verpflichtet fühle, den verabscheuungswürdigen Charakter des Kriegs und die Lügen der Regierung, auch McNamaras, offenzulegen. Daraufhin warnt er sie eindringlich: „Nixon hasst dich, und wenn es einen Weg gibt, dein Blatt zu vernichten, dann findet er ihn.“

Tom Hanks und Meryl Streep

Am 18. Januar erscheint trotz Drohungen aus dem Justizministerium in der Washington Post der erste Artikel, der auf den Pentagon-Papieren beruht. William Rehnquist, stellvertretender Justizminister und zukünftiger Vorsitzender Richter des Supreme Court, meldet sich telefonisch und weist darauf hin, dass die Zeitung, ebenso wie die Times, gegen das Spionagegesetz verstoßen habe.

Am 26. Juni 1971 verhandelt das Oberste Gericht die Rechtssachen Post und Times zusammen. Am 30. Juni verkündet es seine Entscheidung (mit 6 gegen 3 Richterstimmen): Die Zeitung hat das Recht, die Papiere zu veröffentlichen. Die Verlegerin endet mit dem Ausbruch des Watergate-Skandals im Jahr 1972, der zwei Jahre später zum unrühmlichen Rücktritt Richard Nixons führen wird.

Spielbergs Film stellt glaubwürdig und unterhaltsam die Einzelheiten und Persönlichkeiten eines bedeutsamen Ereignisses der amerikanischen Geschichte dar. Das stärkste Element des Films ist sein authentisches demokratisches Empfindungsvermögen. Der wohl am häufigsten wiederholte Satz (bezogen auf die verschiedenen Regierungen) lautet: „Sie haben gelogen.“ Graham und Bradlee sind wirklich schockiert, besonders über die Handlungen der Regierungen Kennedy und Johnson. Beide Zeitungsleute standen Persönlichkeiten nahe, die in diesen Regierungen mitwirkten.

Außerdem zeigt Die Verlegerin auf, dass die Interessen der Bevölkerung in Opposition zu diesen Regierungen stehen. Der Film tritt dafür ein, dass die Presse unabhängig sein und sich gegenüber Regierungsäußerungen skeptisch verhalten muss. In diesem Sinne stellt er eine Zurechtweisung und ein starkes Urteil über die heutigen Mainstreammedien dar, die praktisch zu Propagandaarmen des Weißen Hauses, der CIA und des Pentagon verkommen sind.

In Die Verlegerin zeigt sich Spielbergs Filmschaffen von seiner effektvollsten Seite: kohärent, gut erzählt und engagiert. Die gesamte Besetzung spielt mit Eindringlichkeit und Hingabe. Dies gilt besonders für Hanks, Odenkirk und Greenwood. Die Filmmacher integrieren mit Erfolg Ausschnitte aus Nixons berüchtigten, mit Mafiamethoden angefertigten Tonbändern, in einer Szene, die eine schattenhafte Figur am Fenster des Weißen Hauses zeigt. Zudem liefern Rhythmus und Intensität des Filmes ein Gefühl für das reale Tempo und die Intensität der welterschütternden Ereignisse im Jahr 1971.

Dies ist großenteils dem Komponisten John Williams, der die Filmmusik komponierte, und dem Drehbuch-Co-Autoren Josh Singer zu verdanken. Singer war auch Co-Autor des Drehbuchs bei Spotlight, einem Film aus dem Jahr 2015, der Machenschaften der katholischen Kirche thematisierte. Wahrscheinlich geht die Figur Bagdikian, gespielt von Odenkirk, auf Singer zurück. Der Drehbuchautor hatte bereits für Spotlight einen zurückhaltenden zweiten Protagonisten geschaffen, der sich gänzlich auf die Aufdeckung der Wahrheit konzentriert: den unermüdlichen Juristen Mitchell Garabedian (Stanley Tucci).

Vor allem aber lenkt Die Verlegerin die Aufmerksamkeit des zeitgenössischen Publikums auf einen folgenschweren Vorfall. Das offizielle Beiheft zum Film stellt fest, dass die Pentagon-Papiere „niederschmetternde Schockwellen auslösten, die bis heute andauern. Die Dokumente (…) entblößten eine schmutzige Wahrheit: dass vier aufeinanderfolgende Regierungen, unter den Präsidenten Truman, Eisenhower, Kennedy und Johnson, gigantische und weitreichende Täuschungen über den todbringenden Krieg in Vietnam verbreiteten.“

Weiter heißt es dort: „Die Pentagon-Papiere enthüllten, dass jeder dieser Präsidenten die Öffentlichkeit wiederholt über amerikanische Operationen in Vietnam in die Irre geführt hatte, und dass selbst als die Regierung behauptete, Frieden anzustreben, Militär und CIA hinter den Kulissen heimlich den Krieg ausweiteten. Die Papiere lieferten eine undurchsichtige Geschichte voller Hinweise auf Mordaufträge, Verletzung der Genfer Konvention, manipulierte Wahlen und Lügen vor dem Kongress.“

Antikriegsprotest in einer Filmszene

Wie Singer in einem Interview sagte, enthält das Drehbuch für Die Verlegerin mehrere aktuelle Parallelen zur Amtsführung Donald Trumps. „Bezeichnenderweise wurde die Thematik des Ersten Zusatzartikels immer relevanter, als wir dabei waren, den Film zu produzieren“, bemerkte der Drehbuchautor. „Dies ist einer der Gründe, warum Steven [Spielberg] den Film jetzt machen wollte.“

Dieser Kommentar ist zweifellos aufrichtig gemeint. Dennoch weist er, wenngleich in negativer Weise, auf einige Schwachstellen des Films hin.

Das authentische Engagement für den Ersten Zusatzartikel sowie die verfassungsmäßigen Rechte kommt hier in einem Film zum Ausdruck, der vor allen Dingen ein höchst idealisiertes Porträt seiner Protagonisten zeichnet. In der Verlegerin kommen ja die vielen Beziehungen vor, die Graham und Bradlee zum politischen Establishment unterhalten. McNamara, ein maßgeblicher Kriegsverbrecher dieser Tage, war Grahams enger persönlicher Freund.

Die feministische Färbung des Films greift ganz daneben. Offenbar entstand das Drehbuch aus dem Wunsch der Drehbuchautorin Liz Hannah, „die Geschichte von Katharine Graham zu erzählen, der früheren Verlegerin der Washington Post, die die erste Vorstandschefin eines Fortune-500-Unternehmens überhaupt wurde“, wie es im Bericht über die Entstehung des Films heißt. „Als Hannah ihre erste Rohfassung zu schreiben begann, schien die Symmetrie zwischen Graham und der Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton die offensichtlichste Parallele zur Gegenwart zu sein. (Sie verkaufte das Drehbuch knapp zehn Tage vor der Wahl.)“

Zum Glück entwickelte sich der Filmtext von diesen ersten beschränkten Anfängen weiter, zu tiefer greifenden Fragestellungen hin. Nichtsdestoweniger liegt die Betonung weiter auf Grahams „Pioniertat“, den Status eines weiblichen Vorstandschefs erreicht zu haben. Für die Filmmacher bestand kein Zweifel daran, dass dies hervorgehoben werden musste.

Um der Verherrlichung von Graham-Streep entgegenzuwirken, soll hier an eine Aktion erinnert werden, die zu den übelsten Gewerkschafts-feindlichen Schandtaten der 1970er Jahre gehörte. Die Verlegerin nahm sich damals vor, die Druckergewerkschaft bei der Post zu zerstören. Sie provozierte im Oktober 1975 einen Streik, der zu Massenentlassungen und einem Komplott gegen 15 Arbeiter führte. Ihnen wurde vorgeworfen, für leichte Beschädigungen an der Druckereieinrichtung verantwortlich zu sein. Der Post-Streik gilt allgemein als ein Vorspiel zu der Vernichtung der Fluglotsengewerkschaft PATCO im Jahr 1981 durch die Reagan-Regierung.

Im Januar 1975 schrieb Ben Bagdikian einen Artikel im Washington Monthly, worin er Graham und ihre Taten aufs Schärfste kritisierte. Der Mann, der den Pentagon-Papieren nachgejagt war und zu ihrer Veröffentlichung beigetragen hatte, schrieb dort über den Börsengang der Post im Jahr 1971: „Er bedeutete die Verwandlung der amerikanischen Tageszeitung aus einem Familienunternehmen in einen Konzern, der den Aktienbesitzern gegenüber verpflichtet war, Profite zu ‚maximieren‘.“

Bradlees Geschichte verlief sogar noch deutlich schmutziger. Dieser Kalte Krieger aus einer Brahmanen-Familie in Boston, der mit John und Jacqueline Kennedy intim befreundet war, arbeitete in den 1950er Jahren in Europa verdeckt für die CIA. 1971 wurde seine Schwägerin, Mary Pinchot Meyer, die zuvor mit dem hochrangigen CIA-Beamten Cord Meyer verheiratet war, in unzählige Geheimdienstoperationen eingebunden.

Im Jahr 2014 berichtete Christopher Reed in seinem Nekrolog im Guardian detailliert: „[Bradlee] brachte mehrere Jahre als Informant der Spionageabwehr, Regierungspropagandist und inoffizieller Aktivposten der Central Intelligence Agency zu.” In seine Verantwortung fiel laut Reed die Verbreitung von „CIA-gelenkter Propaganda in Europa“. Im Jahr 1953 habe er „zur umstrittenen Hinrichtung der wegen Spionage verurteilten Amerikaner Ethel und Julius Rosenberg” beigetragen.

Wie oben gezeigt, verklärt die Darstellung in Die Verlegerin Graham und Bradlee zu Helden der Demokratie, was den Filmmachern nicht gerade zur Ehre gereicht. Zudem hatte Spielbergs Eile, den Film Ende 2017 fertigzustellen und in die Kinos zu bringen, offensichtlich nicht wenig mit Trumps Präsidentschaft sowie seiner eigenen Unterstützung für die Demokratische Partei zu tun.

Es ist natürlich nicht das erste Mal, dass ein Hollywood-Film die Wahrheit über das Leben seiner Hauptfiguren verdunkelt. Dennoch beleuchten viele dieser biographischen und historischen Filme wichtige Fragen, und das ist auch hier der Fall. Der Film Die Verlegerin ist gehaltvoll und komplex, und er weist damit über die unmittelbaren Absichten der Filmmacher hinaus.

Spielbergs Film bringt mit einigem Tiefgang Haltung und Physiognomie einer bürgerlichen Schicht auf die Leinwand, die im Jahr 1971 noch demokratische Prinzipien besaß und bereit war, für diese auf die Barrikaden zu gehen. Schließlich hatte nur ein Jahr zuvor das Kent-State-Massaker stattgefunden, bei dem die Nationalgarde vier wehrlose Studenten während Massenprotesten in Ohio erschossen hatte. Was, wenn die New York Times und die Washington Post die Pentagon-Papiere nicht aufgegriffen hätten? Auf jeden Fall zeigten Graham und Bradlee im Gegensatz zu ihren heutigen Kollegen ein gewisses Maß an Mut und Prinzipienfestigkeit.

Die gesamte herrschende Elite hat seither einen dramatischen Schwenk nach rechts vollzogen. Graham selbst sagte 1988, an die CIA gerichtet: „Es gibt einige Dinge, die die breite Öffentlichkeit nicht wissen muss und nicht wissen sollte (…) Ich glaube, die Demokratie gedeiht dann, wenn die Regierung durch legitime Schritte ihre Geheimnisse wahrt, und wenn die Presse selbst entscheidet, ob sie druckt, was sie weiß.“

Im November 2010, auf dem Höhepunkt der von WikiLeaks veröffentlichten Enthüllungen über US-Operationen im Irak, Afghanistan und weiteren Staaten, publizierte der ehemalige Chefredakteur der New York Times, Bill Keller, einen Artikel, in welchem er betonte, dass die Times, wenn es um die Enthüllung von Staatsgeheimnissen geht, „ausgiebige und lange Unterredungen mit der Regierung“ führe. Keller schrieb: „Wir sind fest davon überzeugt, dass Transparenz nichts absolut Gutes ist. Zur Pressefreiheit gehört auch die Freiheit, etwas nicht zu veröffentlichen, und dieser Freiheit bedienen wir uns recht regelmäßig.“ Heute würden die Pentagon-Papiere nicht mehr veröffentlicht.

Es ist unvorstellbar, dass der Supreme Court, der im Jahr 1971 entschieden hatte, dass die Times und die Post die Dokumente veröffentlichen durften, auch heute so entscheiden würde. Die Gerichte urteilen heute routinemäßig, dass die Regierung das Recht habe, Informationen zu unterdrücken und im Namen der „nationalen Sicherheit“ jedermann auszuspionieren.

In Die Verlegerin wird ein Abschnitt aus dem Urteil von Richter Hugo Black im Jahr 1971 zitiert. Er verdient es, ausführlich wiedergegeben zu werden:

„Im Ersten Zusatzartikel gaben die Gründungsväter der freien Presse jenen Schutz, den sie benötigt, um ihre wesentliche Rolle in unserer Demokratie ausfüllen zu können. Die Presse sollte den Regierten dienen, nicht den Regierenden. Die Macht der Regierung, die Presse zu zensieren, wurde beseitigt, damit die Presse für immer frei sei, die Regierung zu zensieren. Die Presse wurde geschützt, damit sie die Geheimnisse der Regierung dem Volk offenbare. Nur eine freie und ungebundene Presse kann wirkungsvoll Täuschungen durch die Regierung enthüllen (…) Meiner Meinung nach sollten die New York Times, die Washington Post und andere Zeitungen für ihre mutige Berichterstattung nicht etwa verurteilt, sondern gelobt werden, weil sie der Bestimmung, die die Gründerväter für sie so klarsichtig vorsahen, nachgekommen sind.“

Daniel Ellsbergs Schicksal unterschied sich fundamental von demjenigen von Julian Assange, Edward Snowden und Chelsea Manning. Ellsberg musste niemals ins Gefängnis, und er wurde sogar allgemein geehrt. Im Jahr 2011 schrieb der damals 80-jährige Ellsberg zum 40. Jahrestag der Veröffentlichung der Pentagon-Papiere folgenden Kommentar: „Was wir in diesem Monat benötigen, ist die Veröffentlichung der Pentagon-Papiere zum Irak und Afghanistan (und Pakistan, Jemen und Libyen).“

In einem Interview mit CNN, das zur selben Zeit geführt wurde, wies Ellsberg darauf hin, dass die Verbrechen, die die Nixon-Regierung 40 Jahre zuvor gegen ihn verübt hatte, jetzt unter dem Schutz der Gesetze und des Weißen Haus von Obama standen.

Zu den Verbrechen „zählte der Einbruch in das Büro meines ehemaligen Psychoanalytikers (…) das Abhören von Telefonen ohne Gerichtsbeschluss, der Einsatz der CIA gegen amerikanische Staatsbürger innerhalb der Vereinigten Staaten, sowie die Beauftragung eines Schlägertrupps des Weißen Hauses, um mich [am 3. Mai 1971 auf den Stufen des Kapitols] vollständig außer Gefecht zu setzen‘.“ Ellsberg fuhr fort: „Unter George W. Bush und Barack Obama wurden der PATRIOT Act, der FISA Amendment Act und mehrere Durchführungsverordnungen [für den Schlägertrupp] des Präsidenten eingeführt“. Damit seien diese Verbrechen „allesamt legalisiert“ worden.

Ob nun Spielberg, Singer und ihre Kollegen sich des tiefgehenden Niedergangs der amerikanischen Demokratie bewusst sind oder nicht, dem nachdenklichen Zuschauer wird ihr Film Die Verlegerin jedenfalls ein wichtiges Gesamtbild vermitteln.

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