The Economist: Menschheit steht kurz vor dem Weltkrieg

Das einflussreiche britische Wochenmagazin The Economist, das Karl Marx vor über 150 Jahren als das „europäische Organ der Finanzaristokratie“ beschrieben hat, widmet sich in seiner aktuellen Ausgabe dem „nächsten Krieg“ und der „wachsenden Gefahr von Großmachtkonflikten“. Der Leitartikel beginnt mit einer beängstigenden Warnung:

„In den letzten 25 Jahren sind zu viele Menschen durch Kriege ums Leben gekommen. Doch trotz der Bürgerkriege und religiösen Konflikte in Syrien, Zentralafrika, Afghanistan und dem Irak erschien ein verheerender Zusammenstoß zwischen den Großmächten der Welt unvorstellbar.“

„Das ist vorbei... mächtige, langfristige Umwälzungen in der Geopolitik und der Verbreitung neuer Technologien führen zur Erosion der außergewöhnlichen militärischen Vorherrschaft, die Amerika und seine Verbündeten genossen haben.“ Ein „Krieg von einem Ausmaß und einer Intensität, wie es ihn seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gab“, sei erneut möglich. „Die Welt ist darauf nicht vorbereitet“, warnt das Magazin.

Der Economist entwirft das Bild einer dystopischen, gewalttätigen Zukunft, in der das amerikanische Militär überall aktiv wird, um vermeintliche Herausforderer seiner Vorherrschaft einzuschüchtern oder zu zerstören.

Der Economist prognostiziert, dass in den nächsten zwanzig Jahren aufgrund von „Klimawandel, Bevölkerungswachstum und religiösen oder ethnischen Konflikten“ in einem Großteil der Welt „zwischenstaatliche Konflikte oder Bürgerkriege“ ausbrechen werden. Diese Konflikte werden zunehmend in Städten ausgetragen, die von „Slums“ umgeben und von Millionen Menschen bewohnt sind. Es wird im Nahkampf „Block um Block“ erobert. Für große Teile der Menschheit wird die Zukunft aussehen wie das Gemetzel, das man letztes Jahr während den mörderischen Schlachten um die Städte Mossul im Irak und Aleppo in Syrien erleben durfte.

Noch beängstigender ist jedoch die Reihe von Szenarien, in denen eine deutliche Zunahme der Spannungen zwischen den USA und ihren strategischen Widersachern durchgespielt wird. Eine Eskalation zwischen den USA und Ländern wie Russland und China könnte jederzeit in einem nuklearen Holocaust enden.

Im Juli 2016 veröffentlichte Mehring Books die englische Originalausgabe von David Norths Ein Vierteljahrhundert Krieg. North schreibt darin: „Seit dem Ersten Golfkrieg von 1990-91 befinden sich die Vereinigten Staaten seit einem Vierteljahrhundert ununterbrochen im Kriegszustand. Propagandaphrasen wie ‘Verteidigung der Menschenrechte’ oder ‘Krieg gegen den Terror’ sollten die wahren Ziele der Interventionen im Nahen Osten, Zentralasien und Afrika sowie die Konfrontation mit Russland und China vertuschen. Unter diesem Deckmantel führen die USA einen Kampf um die Weltherrschaft. Ihre Versuche, ihre ökonomische Schwäche und die immer prekärere Lage im Inland durch eine rücksichtslose Eskalation ihrer Militäroperationen auszugleichen, könnte einen offenen Weltkrieg zwischen Atommächten auslösen.“

Weniger als zwei Jahre später schließt sich eines der wichtigsten politischen Organe des angloamerikanischen Kapitalismus dieser Einschätzung weitgehend an. Doch während North den Aufbau einer „neuen Antikriegsbewegung“ verfolgt, zieht der Economist genau den gegenteiligen Schluss – entsprechend seiner Rolle als direktes Sprachrohr der Finanz- und Wirtschaftsoligarchie, deren Reichtum von der globalen Vorherrschaft des US-Imperialismus abhängt.

Der Economist drängt die USA dazu, genug „hard power“ zu entwickeln, um sich gegen „entschlossene und fähige Herausforderer“ zu verteidigen. Die soziopathische Argumentation lautet, der Friede sei am besten gewahrt durch Amerikas Fähigkeit, seine Gegner vollständig zu vernichten.

Die zentrale These im Themenschwerpunkt der Ausgabe lautet, die USA müssten dringend handeln, wenn sie den Einbruch ihrer Hegemonialstellung verhindern wollen. Wenn die Herrschenden in Russland und China ihre Ambitionen umsetzen können und in ihren Regionen zur dominierenden Macht werden, so heißt es, dann wäre die „plausible“ Folge ein „verheerender Zusammenstoß zwischen den Großmächten der Welt“ - ein Weltkrieg unter Einsatz von Atomwaffen.

Im Leitartikel der Ausgabe vom 27. Januar heißt es, China und Russland seien „revisionistische Staaten, die den Status Quo ändern und ihre Region als zu dominierende Einflusssphären betrachten. Für China bedeutet dies Ostasien; für Russland Osteuropa und Zentralasien.“

Der Economist kommt zu dem Schluss, dass Amerika die „strategische Unschlüssigkeit“ beenden muss, die unter mehreren aufeinander folgenden Regierungen geherrscht und angeblich „Russland und China in die Hände gespielt hat“. Im Themenschwerpunkt wird den USA in einer Reihe von Artikeln geraten, beträchtliche Summen für neue Atomwaffen und konventionelle Waffensysteme auszugeben, darunter Roboter und künstliche Intelligenz-Technologie, um sich die militärische Überlegenheit zu bewahren, die bisher „ihre Gegner in Angst versetzt hat“.

Das Magazin warnt: „Die größte Gefahr ist, dass vielleicht noch in diesem Jahr ein Krieg auf der koreanischen Halbinsel ausbricht... Zehntausende würden dabei das Leben verlieren, und wenn es zum Einsatz von Atomwaffen kommt, werden es noch viel mehr sein.“

Das US-Militär ist bereit, einen solchen Krieg zu beginnen. Es hat atomwaffenfähige B2- und B52-Bomber auf Guam stationiert, dazu hunderte von Kampfflugzeugen und eine ganze Armada von Kriegsschiffen auf anderen Basen im Pazifik. Washington hat durch die Forderung, Nordkorea solle sein Atomwaffenprogramm aufgeben, die Konfrontation provoziert. Es gibt guten Grund zu der Annahmen, dass dies durchaus auch eine Generalprobe für eine künftig nukleare Konfrontation mit China ist.

Der Economist stellt fest: „Ein Krieg mit dem Ziel, den Iran am Besitz von Atomwaffen zu hindern, wirkt momentan noch wie Spekulation. Allerdings könnte er in einigen Jahren wahrscheinlicher werden.“

Im Artikel heißt es, dass die USA von der so genannten „Grauzone“ bedroht werden, in der China, Russland, der Iran und weitere Länder versuchen, Amerikas „Schwäche“ in Teilen der Welt „auszunutzen“, ohne einen offenen Konflikt zu provozieren. Als Beispiele genannt werden Chinas Territorialansprüche im Südchinesischen Meer, Russlands Besetzung der Krim und den politischen Einfluss des Iran im Irak, Syrien und im Libanon.

Die Einmischungen des US-Imperialismus hingegen hält der Economist für völlig legitim. In Syrien versuchen die USA seit sieben Jahren, die von Iran und Russland unterstützte Regierung durch Intrigen zu beseitigen. Letzten Monat hat Washington angekündigt, man werde ein Drittel des Landes faktisch besetzen und eine 30.000-köpfige Stellvertreterarmee aus kurdischen und islamistischen Milizen aufstellen. Diese Ankündigung hat nicht nur die Bedingungen für direkte Zusammenstöße mit dem Iran oder Russland geschaffen, sondern auch mit dem nominellen Nato-Verbündeten Türkei.

Ungeachtet der Tatsache, dass in den USA und im Rest der Welt hektisch an der Zensur und staatlichen Überwachung des Internets gearbeitet wird, konzentriert das Magazin seine Vorwürfe auf Russland: Moskau wolle „das Vertrauen in westliche Institutionen untergraben und populistische Stimmungen schüren. Zu diesem Zweck beeinflusst man Wahlen und schürt durch den Einsatz von Bots und Trollen in sozialen Netzwerken Empörung und Vorurteile.“

Der Economist betont, die Technologiekonzerne müssten noch enger mit dem Militär zusammenarbeiten. Außerdem sollten die Internetkonzerne mit dem Staatsapparat zusammenarbeiten, um unter dem falschen Vorwand, „Beeinflussungsoperationen“ und die „massive Manipulation der öffentlichen Meinung“ zu bekämpften, den Zugang zu oppositionellen Ansichten zu unterdrücken.

Am Rande erwähnt der Artikel, dass es für die amerikanische Regierung „ein weiteres Problem sein wird, das Geld aufzutreiben“. Das jährliche Haushaltsdefizt der USA beträgt bereits fast 700 Milliarden Dollar.

In Wahrheit muss die amerikanische Arbeiterklasse bezahlen. Sie bezahlt damit, dass ihr Lebensstandard abgesenkt und ihre Lebensbedingungen verschlechtert werden, sowie mit der Abschaffung ihrer demokratischen Rechte. Jeder Widerstand wird unterdrückt, alle Aspekte der Gesellschaft den Kriegsvorbereitungen untergeordnet.

In einer unbeabsichtigten Reminiszenz an George Orwells „Neusprech“ kommt der Economist zu dem Schluss, dass ein „starkes Amerika“, das bis an die Zähne bewaffnet ist und seinen Rivalen mit der Vernichtung droht, der „beste Garant für den Weltfrieden“ ist.

Der beängstigendste Aspekt des Berichts ist jedoch sein eigener Pessimismus gegenüber der Prognose, der US-Imperialismus könne seine Rivalen durch Einschüchterung zum Nachgeben zwingen. Eine noch aggressivere militärische Haltung gegenüber China und Russland erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Krieges eher als sie zu verringern.

Weiter heißt es, die „größte Gefahr ist die einer Fehleinschätzung bezüglich der Absichten eines Gegners, die zu einer ungeplanten Eskalation führt und außer Kontrolle gerät“. Damit meint das Magazin die Eskalation zu einem nuklearen Holocaust. Der Artikel zitiert den Analysten der Denkfabrik RUSI Tom Plant mit den Worten: „Für Russland und die USA sind Atomwaffen noch immer von entscheidender Bedeutung. Mann muss sich nur ansehen, wie sie ihr Geld ausgeben.“

In den kommenden Jahrzehnten wollen die USA ihr gesamtes Atomarsenal für 1,2 Billionen Dollar aufrüsten. Russland rüstet seine atomwaffenfähigen Raketen, Bomber und U-Boote auf. China erhöht die Größe und Kapazität seiner viel kleineren Atomstreitkräfte, ebenso Großbritannien und Frankreich. In herrschenden Kreisen in Deutschland, Japan und sogar Australien wird bereits über den Erwerb von Atomwaffen diskutiert, um mit den bisherigen Atommächten „mithalten“ zu können.

Der Wahnsinn eines atomaren Wettrüstens im einundzwanzigsten Jahrhundert entspringt zwangsläufig den Widersprüchen des kapitalistischen Systems. Der Kampf zwischen rivalisierenden Nationalstaaten um die globale geostrategische und wirtschaftliche Vorherrschaft ist das unausweichliche Ergebnis der unlösbaren kapitalistischen Krise und der erbitterten Konflikte um die Kontrolle über Märkte und Rohstoffe.

Der marxistische Revolutionär Wladimir Lenin schrieb, die Epoche des Weltkriegs ist auch die Epoche der Weltrevolution. Der Sturz des kapitalistischen Systems, aus dem die Kriegsgefahr hervorgeht, ist dringend notwendig für das Überleben der menschlichen Zivilisation.

Das Internationale Komitee der Vierten Internationale und seine Sektionen kämpfen für den Aufbau einer internationalen sozialistischen Arbeiterbewegung gegen Krieg. Dass in Magazinen wie dem Economist offen über die Aussicht auf einen Atomkrieg diskutiert wird, sollte alle ernsthaften Arbeiter und Jugendlichen dazu bewegen, diesen Kampf zu unterstützen.

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