Französische Arbeiter unterstützen Streiks in Deutschland

Bevor die IG-Metall den Streik in der Metall- und Elektroindustrie abwürgte, sprachen Reporter der WSWS in Paris am Freitag mit zugewanderten Arbeitern über die wachsende Streikbewegung in Deutschland. Sie erklärten sich solidarisch mit ihren deutschen Kollegen, die eine deutliche Lohnerhöhung fordern. Die Streiks haben zudem die Bemühungen der herrschenden Elite für eine Große Koalition durcheinander gebracht. Die Koalition aus SPD und Unionsparteien steht für Aufrüstung und massive soziale Angriffe.

Raja, der in einem kleinen Geschäft arbeitet, erklärte gegenüber der WSWS: „Ich will den Arbeitern in Deutschland sagen, dass ich ihren Kampf unterstütze. Wir alle stehen vor den gleichen Problemen. Ich habe Freunde in Deutschland. Sie sagen, dass das Leben in Deutschland nicht mehr so ist wie vor zehn Jahren. Es ist wie hier bei uns. Für Flüchtlinge und Zuwanderer ist es besonders hart und sehr gefährlich. Wir müssen für unsere Bezahlung, für unsere Rechte kämpfen. Ganz klar, ich unterstütze sie.“

Die zunehmend militante Stimmung und die Begeisterung über den Schritt nach vorn, den die Metaller in Deutschland mit ihren Streiks gemacht haben, kommt in vielen Gesprächen deutlich zum Ausdruck. Vor dem Hintergrund der ständig wachsenden Vermögen der Superreichen und der damit verbundenen verschärften Ausbeutung der Arbeiterklasse reagieren viele auch begeistert auf die Möglichkeit eines gemeinsamen Kampfs der Beschäftigten in Europa für Lohnerhöhungen.

Thinesh sagt: „Ich unterstütze die deutschen Arbeiter. Sie und wir, wir alle können nur leben, wenn wir arbeiten. Ich arbeite zum Beispiel in einem Restaurant. Wenn da ein Kollege fehlt, müssen wir auch seine Arbeit übernehmen. Wir brauchen dann natürlich viel länger, um mit der Arbeit fertig zu werden. Wir bekommen dafür aber kein bisschen extra.“

Er meint, dass das Aufkommen von Massenstreiks im Herzen der europäischen Wirtschaft von großer Bedeutung ist, auch wenn die französischen Medien praktisch nichts darüber berichten. „Was ihr da berichtet, ist für mich ein großes Ereignis. Ich habe nichts davon in den Medien gesehen.“

Thinesh wollte von den Reportern wissen, ob sie eine Demonstration organisieren würden, um die deutschen Arbeiter zu unterstützen. „Ich werde teilnehmen“, sagte er. „Meinen Kollegen werde ich auch noch Bescheid sagen.“

Die Idee eines gemeinsamen politischen Kampfs der Arbeiterklasse gegen den französischen Präsidenten Macron, der seine Verteidigungs- und Sparpolitik mit einer Großen Koalition in Berlin eng abstimmen würde, stößt bei den Arbeitern auf besonders große Unterstützung.

Während die Metall- und Autoarbeiter in Deutschland kämpfen, wächst bei französischen Arbeitern die Wut auf Macrons Sozialangriffe im Inland. Macron hat Massenentlassungen in der Autoindustrie und im öffentlichen Dienst angekündigt. Darüber hinaus hat er Bedingungen geschaffen, dass in der französischen Ölindustrie Arbeitsverträge noch unter dem Mindestlohn geschlossen werden können. Außerdem kündigt Macron für das Ende seiner Amtszeit massive Einschnitte bei den Ausgaben für Renten und Gesundheitsversorgung an. Er arbeitet dabei eng mit der Gewerkschaftsbürokratie zusammen, während in der Arbeiterklasse die Opposition wächst.

Chandran, der momentan arbeitslos ist, sagte der WSWS: „Jetzt, da ihr mir das gesagt habt, werde ich immer auf der Seite von streikenden Arbeitern in Deutschland stehen. Wir leben auch in einer sehr schwierigen Situation. Seit ich meinen Job verloren habe, muss ich mich jeden Tag mit Gelegenheitsarbeit durchschlagen. Ich arbeite in mehreren verschiedenen Jobs. Wenn ich das nicht tue, haben meine Kinder nichts zu essen und im Winter kein Dach über dem Kopf. Die deutschen Arbeiter haben auch Familien. Ihr Kampf ist berechtigt.“

Er fügt hinzu, dass Arbeiter in Frankreich die Streiks in Deutschland unterstützen sollten, damit die Arbeiter in Deutschland sie zukünftig gegen Macron unterstützen. Er sagte: „Wir stehen überall vor den gleichen Problemen. Unter Macron werden sich unsere Lebensbedingungen sehr verschlechtern. Ich glaube, wenn wir die deutschen Arbeiter heute bei ihrem Kampf unterstützen, werden sie morgen für uns das gleiche tun.“

Reporter der WSWS sprachen außerdem mit Florian, der noch zur Schule geht. Er berichtet von seinem Vater, der in einem Pariser Apartmentkomplex für den Wachdienst arbeitet.

„Ich unterstütze die Arbeitskämpfe in Deutschland“, sagt Florian. Er kritisiert die Reichen, die hauptsächlich von der Politik der Europäischen Union profitieren. Gegen sie soll sich eine breite Streikbewegung richten, meint er. „Das sind Blutsauger. Was sie tun, ist nicht fair. Wir sollten Treffen organisieren, um uns auf Maßnahmen zu einigen. Wir sollten streiken.“

Er betont, dass er sich Solidarität zwischen den Arbeitern der beiden Länder wünsche: „In beiden Ländern, Deutschland und Frankreich, ist es doch das gleiche. Wir sind in Europa.“ Macron kritisiert Florian scharf: „Seit er Präsident ist, hat Macron nichts, aber auch gar nichts für uns gemacht. Frankreich hat sich nicht verändert. Keine der Verbesserungen, die er uns vor der Wahl versprochen hat, ist umgesetzt worden.“

Florian meint außerdem, dass Arbeiter den Gewerkschaften nicht vertrauen sollten. In Gesprächen mit Politikern und Arbeitgeberverbänden hätten sie Streiks und Proteste immer wieder ausverkauft. „Sie sagen, dass sie uns alles geben werden, aber am Ende tun sie gar nichts. Es ist als hätten sie sich hinter unserem Rücken verschworen, die Gewerkschaften und die anderen. Und am Ende des Tages stehen wir alle mit nichts da.“

Die militaristischen Pläne, die von Macron und der Großen Koalition in Berlin vorangetrieben werden, stoßen bei ihm auf starken Widerstand. Während Macron dazu aufgerufen hat, die Wehrpflicht wieder einzuführen, und eine drastische Erhöhung der Ausgaben für Atomwaffen und Flugzeugträger angekündigt hat, hat Berlin in den letzten vier Jahren erstmals seit der Niederlage des Nazi-Regimes im Zweiten Weltkrieg ein massives Programm zur Militarisierung seiner Außenpolitik begonnen. Berlin und Paris verfolgen das Ziel, zig Milliarden Euro, die zur Finanzierung ihrer militaristischen Politik benötigt werden, durch massive Sozialangriffe bei den Arbeitern einzutreiben.

Florian erklärt, europäische Jugendliche sollten nicht zum Kampf in Nato-Kriegen in Afrika oder Asien eingezogen werden: „Sie würden Menschen in Mali töten, die wegen der Armut wirklich zu kämpfen haben. Menschen töten ist wirklich nicht das, was wir jetzt brauchen. … Das sind Kriege für Profit.“

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