Von der Leyens Kriegsrede in München

Die Eröffnungsrede der deutschen Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf der Münchner Sicherheitskonferenz machte deutlich, was die Kernaufgabe der nächsten Bundesregierung sein wird. Eine Neuauflage der Großen Koalition würde die Rückkehr Deutschlands zu einer aggressiven Außen- und Großmachtpolitik, die von der Leyen und andere Vertreter der Regierung bereits auf der Sicherheitskonferenz 2014 angekündigt hatten, beschleunigen und eskalieren.

Gleich zu Beginn ihrer Rede erinnerte von der Leyen daran, dass sie „vor vier Jahren“ gemeinsam mit dem damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck und seinem Nachfolger, dem damaligen sozialdemokratischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier, „die gleiche Botschaft formuliert“ habe: „Deutschland muss mehr Verantwortung tragen in Fragen der Außen- und Sicherheitspolitik.“ Seitdem habe man sich unter anderem an der Nato-Aufrüstung in Osteuropa und „am Kampf gegen den IS“ beteiligt, das deutsche „Engagement in der Resolute Support Mission in Afghanistan verstärkt“ und das „Engagement in Mali stetig erweitert“.

Mit dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU sei man nun „einen neuen, einzigartigen Schritt gegangen“. Man habe „festgelegt, dass in den kommenden vier Jahren zusätzliche Haushaltsmittel prioritär in zwei Bereiche fließen: den Verteidigungsbereich und die Entwicklungspolitik – womit ich unser Nato-Ziel und die ODA-Quote meine, gleichberechtigt im Verhältnis 1:1.“ Damit habe „Deutschland zum ersten Mal einen konkreten ‘Pakt für vernetzte Sicherheit’ in harter Währung verbindlich verabredet.“ Deutschland stehe „zu seinen Zusagen in den Vereinten Nationen“ und „zu seinen Vereinbarungen in der Nato“.

Deutschlands Verpflichtung auf das Zwei-Prozent-Ziel der Nato, das von der Leyen hier bekräftigt hat und auf das sich auch der Koalitionsvertrag festlegt, schafft die Voraussetzung für eine Aufrüstungsoffensive, die nur mit der Hochrüstung der Wehrmacht in den 1930er Jahren vergleichbar ist. Es geht um eine Aufstockung des Militäretats um mindestens 35 Milliarden Euro pro Jahr im Verlauf der nächsten Jahre.

Für sie „als deutsche Verteidigungsministerin“ sei dies „eine entscheidende Weichenstellung“, betonte von der Leyen. „Denn damit können wir die Trendwenden für die Bundeswehr fortführen. Wir werden die Personalstärke der Bundeswehr anheben. Wir werden weiter investieren und modernisieren. Und wir können die Strategie für eine digitale Bundeswehr ambitioniert angehen.“

Von der Leyens französisches Pendant Florence Parly, die gleich nach ihr sprach, äußerte sich ähnlich. „Eine robuste europäische Verteidigung“ beginne „mit Anstrengungen zu Hause“. Der französische Präsident Emmanuel Macron habe sich deshalb „dafür entschieden, unserer Verteidigung alle Mittel zur Erreichung ihrer Ziele an die Hand zu geben“ und das „Ziel Frankreichs angekündigt, zwei Prozent unserer Bruttoinlandsproduktes bis zum Jahr 2025 für die Verteidigung auszugeben“. Sie selbst habe in der letzten Woche „ein Gesetz für ein militärisches Programm“ aufgelegt, „das die Summe von 300 Milliarden Euro vorsieht“. Es geht darum, „unser Personal aufzustocken, Rüstungsprogramme neu aufzunehmen und Gerät zu modernisieren und zu erneuern“.

Von der Leyen und Parly ließen keinen Zweifel daran, dass sich Deutschland und Frankreich trotz zweier katastrophaler Weltkriege wieder auf große militärische Auseinandersetzungen vorbereiten. Vor hunderten von hochrangigen Vertretern aus Politik, Geheimdiensten und Militär warben sie für eine unabhängige europäische Außen- und Verteidigungspolitik, die Berlin und Paris in die Lage versetzt, weltweit mit militärischen Mitteln für ihre wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen zu kämpfen.

Es gehe „um ein Europa, das auch militärisch mehr Gewicht in die Waagschale werfen kann. Das damit mehr Eigenständigkeit und Eigenverantwortung tragen kann – letztlich auch in der Nato. Das ist unsere europäische Zukunftsaufgabe“, erklärte von der Leyen. „Der Anfang ist gemacht. Wir haben die europäische Verteidigungsunion aus der Taufe gehoben. Wir haben uns politisch aufgemacht, eine ‘Armee der Europäer’ zu schaffen! Der deutsch-französische Aktionsplan, die ‘Feuille de Route’ und der Europäische Verteidigungsfonds geben dem kräftigen Schub.“ Nun seien Deutschland und Frankreich „bereit, das europäische Projekt gemeinsam weiter voranzutreiben“.

Das bedeutet konkret, dass sich die herrschende Klasse auf beiden Seiten des Rheins wieder auf Kriegskurs befindet. Parly sagte an einer Stelle: „Es genügt nicht, die Kriege von morgen vorzubereiten. Wir müssen bereits an die Kriege von übermorgen denken.“ Von der Leyen drohte ihrerseits: „Der Aufbau von Fähigkeiten und Strukturen ist das eine. Das andere ist der gemeinsame Wille, das militärische Gewicht auch tatsächlich einzusetzen, wenn es die Umstände erfordern“.

Stellenweise griff von der Leyen auf eine Sprache zurück, die man aus den militaristischen Hetzreden aus der Nazi-Zeit kennt. Es gebe „auch Fälle, da müssen wir zunächst einen Schwerpunkt auf harte militärische Mittel setzen“, polterte sie. Im Kampf etwa gegen den Islamischen Staat „wären Verhandlungsversuche zwecklos gewesen… Der verhandelt nicht, der köpft.“ Gewinnen werde man „aber auf Dauer in der Region nur, wenn es gelingt, politische und gesellschaftliche Stabilität zu schaffen.“

Was von der Leyen und die herrschende Klasse vorschwebt, ist eine moderne Form der Kolonialpolitik, die auf „harten militärischen Mitteln“ und der anschließenden Besatzung und Ausplünderung der überfallenen Länder beruht.

Es dürfe „keine transatlantische Arbeitsteilung geben, die da lautet: Die Einen sind zuständig für das scharfe Ende – die Anderen kümmern sich um die humanitären Folgefragen und den Wiederaufbau. Nein, alle sind für beide Seiten der Medaille verantwortlich,“ mahnte von der Leyen. Dabei müssten sich vor allem die Europäer „gewaltig anstrengen, um diesem Anspruch an uns selbst gerecht zu werden“. Europa müsse „fähig und politisch entschlossen“ sein und „endlich Tempo aufnehmen“.

Von der Leyens Rede muss als Warnung verstanden werden. Eine Neuauflage der Großen Koalition aus Union und SPD wäre die rechteste deutsche Regierung seit dem Sturz des Nazi-Regimes. Sie würde massiv aufrüsten, damit verbunden eine neue Runde des Sozialabbaus einleiten und einen Polizeistaat errichten, um die wachsende Opposition gegen Militarismus und Krieg zu unterdrücken.

Die Sozialistische Gleichheitspartei lehnt die reaktionären Pläne der Großen Koalition, die im Kern von allen Bundestagsparteien unterstützt werden, ab, und fordert Neuwahlen. Sie stützt sie dabei auf die wachsende Opposition der Bevölkerung gegen Militarismus und Krieg. Laut dem vor wenigen Tagen veröffentlichten Allensbach-Sicherheitsreport 2018 ist das Vertrauen in die Bundeswehr in den vergangenen Jahren stark gesunken – von 53 Prozent im Jahr 2011 auf 45 Prozent im Januar 2018. Zudem seien lediglich 27 Prozent der Bevölkerung für mehr Investitionen in Ausstattung und Verteidigung.

Während die internationalen außen- und militärpolitischen Eliten in München ihre Aufrüstungs- und Kriegspläne gegen den Willen der Bevölkerung vorantreiben, intensivieren die SGP und die World Socialist Web Site ihren Kampf für den Aufbau einer internationalen Bewegung gegen Kapitalismus, Krieg und Diktatur. Die drohende Gefahr eines dritten Weltkriegs kann nur durch die unabhängige Mobilisierung der Arbeiterklasse auf der Grundlage eines sozialistischen Programms gestoppt werden.

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