Trump beginnt Handelskrieg

Mit der Verhängung eines Einfuhrzolls von 25 % auf Stahlimporte und 10 % auf Aluminium hat US-Präsident Trump einen entscheidenden Schritt zu einem weltweiten Handelskrieg getan.

Die Maßnahmen, die am Donnerstag auf einem Treffen von 15 hochkarätigen Managern der Stahl- und Aluminiumbranche verkündet wurden, erinnern an den Smoot-Hawley Tariff Act vom Juni 1930. Mit diesem Gesetz wurden die Einfuhrzölle der USA auf Rekordniveau angehoben. Es spielte eine wichtige Rolle bei den wirtschaftlichen und letzten Endes militärischen Konflikten des folgenden Jahrzehnts.

Mit der pauschalen Erhöhung der Einfuhrzölle anstelle selektiver Maßnahmen hat sich Trump für die härteste der Optionen entschieden, die ihm Handelsminister Wilbur Ross in einem Bericht unterbreitet hatte. Thema dieses Bericht war, welche Maßnahmen unter einem Gesetz aus dem Jahr 1962 zum Schutz der „nationalen Sicherheit“ getroffen werden sollen.

Die militärische Bedeutung der Zölle wird nicht nur durch das Gesetz unterstrichen, auf das sich die Regierung dabei beruft, sondern auch durch frühere Kommentare Trumps zu den Vorschlägen seines Handelsministers. Bei einem Treffen mit Kongressmitgliedern im letzten Monat hatte er erklärt, im Konfliktfall „wollen wir keinen Stahl [von] einem Land kaufen, gegen das wir kämpfen“.

Vorangegangen waren regierungsinterne Auseinandersetzungen, bei denen sich dem Vernehmen nach u.a. Finanzminister Steven Mnuchin, der Direktor des Nationalen Wirtschaftsrates Gary Cohn und Verteidigungsminister James Mattis gegen Strafzölle wandten.

Zwar richtet sich die Propaganda aus dem Weißen Haus in erster Linie gegen China. Die Einfuhrzölle wurden bekanntgegeben, als sich gerade ein Vertreter der chinesischen Regierung in Washington aufhielt, um die Spannungen auf dem Gebiet des Handels zu entschärfen. Am stärksten werden jedoch einige der nominell engsten Verbündeten Amerikas betroffen sein: Japan, Südkorea, die Europäische Union und Kanada.

Letzten Monat hatte der Chef des Pentagons, James Mattis, in einem Memorandum zu den Optionen des Handelsministeriums wegen der „negativen Auswirkungen auf unsere wichtigsten Verbündeten“ vor dem pauschalen Ansatz gewarnt und „zielgerichtetere“ Zölle gefordert.

Trump jedoch erklärte gegenüber den Führungskräften aus der Industrie, er wolle nicht, dass irgendein Land von den Zöllen ausgenommen werde, denn dann würden andere dasselbe beanspruchen.

Trump erklärte, er werde das Dekret über die Zölle nächste Woche unterschreiben und die Maßnahmen würden „für lange Zeit“ bestehen bleiben.

Gegenüber den Industriekapitänen unterstrich Trump den kriegerischen und weitreichenden Charakter dieser Maßnahmen. Die Menschen, erklärte er, hätten „keine Vorstellung davon, wie schlecht unser Land von anderen Ländern behandelt wurde“, die die US-Stahl- und Aluminium-Industrie „zerstört“ hätten. Er fügte hinzu: „Wenn es so weit kommt, dass unser Land kein Aluminium und keinen Stahl mehr produzieren kann, dann bleibt nicht mehr viel von diesem Land übrig.“

Mit dieser Wortwahl lehnte er sich an den Bericht zur Handelspolitik an, der am Vortag erschienen war. Darin heißt es, die Regierung sei besorgt darüber, dass die Welthandelsorganisation sich nicht erwartungsgemäß verhalte und „damit Amerikas Fähigkeit, in seinem eigenen nationalen Interesse zu handeln“, untergrabe.

In Europa lösten die Strafzölle der USA sofortige Reaktionen aus. Der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, warf Trump vor, er ergreife unter Berufung auf die nationale Sicherheit protektionistische Maßnahmen zugunsten der einheimischen Industrie der USA.

Juncker unterstrich die Bedeutung dieses Schritts für die strategischen Beziehungen insgesamt: „Die EU war jahrzehntelang ein enger Verbündeter der USA in Sicherheitsfragen. Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie unsere Industrie durch unfaire Maßnahmen getroffen wird, die Tausende europäische Arbeitsplätze gefährden.“

Er warnte, die EU werde „Gegenmaßnahmen gegen die USA ergreifen, um die Lage ins Gleichgewicht zu bringen“. In Erwartung weiterer protektionistischer Maßnahmen soll die EU eine Liste von US-Exportgütern erstellt haben, gegen die sie ihrerseits vorgehen könnte.

China wird ebenfalls nicht tatenlos zusehen. Berichten zufolge soll China nach der Entscheidung der Trump-Regierung vom Januar, hohe Zölle auf die Einfuhr chinesischer Waschmaschinen und Solaranlagen zu verhängen, Vergeltungsmaßnahmen gegen US-Exporte von Sojabohnen und Hirse erwägen.

Der Vorsitzende des Japanischen Stahlinformationszentrums, Tadaaki Yamaguchi, erklärte die Zollpolitik Trumps für „unüberlegt und naiv“. Er fuhr fort: „Sie wird unausweichlich zu Vergeltungsmaßnahmen von Amerikas verlässlichsten Verbündeten führen, und letztendlich auch Amerikas nichtverarbeitender Industrie schaden.“

Der ehemalige IWF-Ökonom und jetzige Wirtschaftsprofessor an der Cornell University, Eswar Prasad, erklärte, Trumps Maßnahmen „sind eine offene Kriegserklärung an die wichtigsten Handelspartner und untergraben das multilaterale Handelssystem“. Das könne zu „einer Periode offener und aggressiver Handelskämpfe mit einigen der wichtigsten Handelspartner Amerikas“ führen und die Regeln der WTO untergraben, die die USA entscheidend mit gestaltet haben.

Die Maßnahmen haben die volle Rückendeckung der Stahl- und Aluminiumindustrie und werden von den Gewerkschaften und Teilen der Demokratischen Partei unterstützt. Opposition kam sowohl aus der Republikanischen Partei als auch aus Bereichen der Industrie, die von billigen Stahl- und Aluminium-Importen abhängig sind.

Der Vorsitzende des National Foreign Trade Council, Rufus Yerxa, erklärte: „Diese massive Anhebung der Zölle wird die Kosten für viele wichtige amerikanische Wirtschaftszweige erhöhen, für die Auto-, die Bau- und Energieindustrie sowie für viele andere. Das sind riesige Branchen, und die negativen Auswirkungen werden die Vorteile bei weitem überwiegen.“

Vertreter der Autoindustrie haben gewarnt, die Anhebung der Zölle werde zu höheren Preisen für die Verbraucher führen.

Roy Hardy, der Vorsitzende der Precision Metalforming Association, erklärte gegenüber der New York Times, die Zölle würden „den US-Produktionssektor“ treffen „und ganz besonders US-Firmen schaden, die Stahl und Aluminium verarbeiten“. Außerdem seien in der stahlverarbeitenden Industrie der USA wesentlich mehr Menschen beschäftigt als in der Stahlproduktion.

Gegenüber dem Finanzausschuss des Senats nahm Notenbankchef Jerome Powell am Donnerstag nicht direkt Stellung zu den Zöllen, erklärt jedoch, sie seien „nicht der beste Umgang“ mit Handelsproblemen.

Die Ängste vor den Folgen des Vorgehens der Trump-Regierung spiegelten sich auch an der Wall Street wider. Der Dow Jones Industrial Average fiel um 420 Punkte – am dritten Tag in Folge um mehr als 300 Punkte. Auch andere Aktienindizes verloren deutlich, sodass praktisch sämtliche Zugewinne seit Jahresbeginn zunichte gemacht wurden.

Die zunehmende Instabilität des Finanzsystems zeigte sich daran, dass die Verluste in den ersten zwei Tagen durch die Furcht vor steigenden Zinsen ausgelöst wurden. Der weitere Rückgang scheint dann von anderen Befürchtungen ausgelöst worden zu sein. Die Anleger strebten offenbar nach Sicherheit: Die Zinsen für 10-jährige Staatsanleihen sanken, da verstärkt in diese als relativ sicher geltenden Papiere investiert wurde.

Die Art und Weise, wie die neuen Einfuhrzölle verkündet wurden, ist Ausdruck der enormen Instabilität der Trump-Regierung, die durch die Untersuchungen über Verbindungen zu Russland zunehmend unter Druck gerät. Selbst die Mitglieder der Regierung sollen nicht gewusst haben, was bevorstand, und noch eine Stunde vor der Bekanntgabe erklärte ein Sprecher des Weißen Hauses, es werde an diesem Vormittag keine Ankündigung geben.

Es wäre jedoch völlig verfehlt, diese Maßnahmen und ihre weitreichenden Folgen für die geo-ökonomischen und strategischen Beziehungen nur auf das Chaos und die Zerstrittenheit des Weißen Hauses unter Trump zurückzuführen. Sie sind ein Ergebnis des lang anhaltenden Niedergangs der USA im Vergleich zu ihren alten Rivalen und neuen Herausforderern. Die USA versuchen diesen Niedergang rückgängig zu machen, indem sie mit wirtschaftlichen und letztendlich militärischen Mitteln auf ihre vermeintlichen Feinde und nominellen Verbündeten einschlagen.

Loading