CIA übernimmt die Demokratische Partei

Letzte Woche erschien in englischer Sprache auf der World Socialist Web Site eine dreiteilige Serie, in der wir auf den beispiellosen Zustrom von Geheimdienstlern und Militärs in die Demokratische Partei hinwiesen. Mehr als 50 Militär- oder Geheimdienstvertreter bewerben sich um die Aufstellung als Kandidat in den 102 Bezirken, die das Wahlkampfkomitee der Demokratischen Partei als Schwerpunkte der Kampagne bestimmt hat. Dies sind vor allem Bezirke, in denen derzeit niemand das Mandat wahrnehmen kann oder in denen der derzeitige Republikanische Abgeordnete als unsicherer Kandidat gilt, wenn es zu einer Stimmenverschiebung zugunsten der Demokratischen Partei kommt.

Wenn die Demokratische Partei am 6. November die für die Mehrheit im Repräsentantenhaus notwendigen vierundzwanzig Sitze gewinnt, wird sie diesen knappen Sieg ehemaligen CIA-Agenten, Militärkommandanten und Vertreter des Außenministeriums verdanken und diese werden auch das Kräftegleichgewicht im Kongress garantieren. Die Präsenz so vieler Vertreter des Militär- und Geheimdienstapparats in der Legislative ist beispiellos in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Die CIA wurde 1947 unter der Regierung des Demokraten Harry Truman gegründet. Ihre Aufgabe war es, im Ausland zu spionieren, zu infiltrieren, zu provozieren und zu morden. Zwar war es ihr rechtlich verboten, diese Aktivitäten im Inland zu praktizieren, doch diese Verbote wurden lediglich offiziell akzeptiert und in der Praxis ignoriert.

Nach dem Watergate-Skandal und dem erzwungenen Rücktritt von Präsident Richard Nixon veröffentlichte der Reporter Seymour Hersh am 22. Dezember 1974 in einem Investigativbericht für die New York Times die erste verheerende Enthüllung über die Überwachungsaktivitäten der CIA im Inland. Als Reaktion auf diesen Bericht berief das Weiße Haus die Rockefeller-Kommission ein, um den Schaden zu begrenzen; der Senat und das Repräsentantenhaus gründete eigene Ausschüsse, die nach ihren Vorsitzenden (Senator Frank Church und Repräsentant Otis Pike) benannt waren. Sie führten Anhörungen durch und versuchten ernsthaft, die Verbrechen der CIA, des FBI und der National Security Agency (NSA) aufzudecken.

Vor allem der Church-Ausschuss entlarvte die Mordpläne der CIA gegen ausländische Staatschefs wie Fidel Castro in Kuba, Patrice Lumumba im Kongo oder General Rene Schneider in Chile.Sie deckte noch weitere Verbrechen auf. Im Rahmen des Programms MK-Ultra führte die CIA Experimente mit Drogen wie LSD an ahnungslosen Opfern durch. Während Operation Mockingbird rekrutierte sei Journalisten, um Lügen und Verleumdungen über Gegner zu verbreiten. Operation Chaos war ein Versuch, die Antikriegsbewegung auszuspionieren und Zwist zu sähen. Im Rahmen von Operation Shamrock gaben die Telekommunikationsunternehmen mehr als ein Vierteljahrhundert lang Zugriffsdaten an die NSA weiter.

Trotz ihrer Beschränktheit hatten die Enthüllungen durch die Church- und Pike-Ausschüsse verheerende politische Folgen. Die CIA, die Geheimdienstorganisationen im Pentagon und die NSA wurden zu politisch Aussätzigen und verhassten Feinden demokratischer Rechte. Vor allem die CIA wurde allgemein als „Murder Inc.“ betrachtet.

Zu dieser Zeit wäre es undenkbar gewesen, dass auch nur ein Militär- oder Geheimdienstmitarbeiter offen kandidiert hätte oder dass die Demokratische oder auch Republikanische Parteien gar so jemanden als Kandidaten angeworben hätten. Demokraten und Republikaner versuchten zumindest aus PR-Gründen, sich von dem Spionageapparat zu distanzieren; und die CIA erklärte öffentlich, sie würde keine amerikanischen Journalisten mehr bezahlen, um ihr Material veröffentlichen. Selbst in den 1980ern wurden im Zuge der Iran-Contra-Affäre illegale Operationen des CIA-Chefs der Reagan-Regierung William Casey aufgedeckt.

Doch die Zeiten haben sich geändert. Ein Hauptzweck des „Kriegs gegen den Terror“, der nach den Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon am 11. September 2001 begann, war die Rehabilitierung des amerikanischen Spionageapparats. In einer Propagandaoffensive wurden die Geheimdienste zu angeblicher Beschützern der amerikanischen Bevölkerung vor dem Terrorismus erklärt.

Dabei wurde die allgemein bekannte Tatsache übergangen, dass Osama bin Laden und andere Al-Qaida-Führer Beziehungen zur CIA unterhielten, seit sie von dieser für den Guerillakrieg gegen die Sowjetarmee in Afghanistan von 1979 bis 1989 rekrutiert wurden. Ebenfalls ignoriert wurde die Tatsache, dass die Rolle der US-Geheimdienste im Vorfeld der Anschläge vom 11. September bis heute nicht geklärt ist.

In den letzten fünfzehn Jahren sind die CIA und andere Geheimdienste massiv gewachsen. Unterstützt wurde dies von einer Flutwelle von Medienpropaganda und endlosen Fernsehsendungen und Filmen, die Amerikas Spione und Attentäter verherrlichen (u.a. 24, Homeland oder Zero Dark Thirty).

Die amerikanischen Medien wurden direkt für diese Kampagne rekrutiert. Judith Miller, die für die New York Times Berichte über „Massenvernichtungswaffen“ im Irak geschrieben hatte, ist nur das übelste Pferd im Stall der „eingebundenen“, mit den Geheimdiensten verbundenen Journalisten bei der Times, der Washington Post und den großen Fernsehsendern. Vor kurzem hat die Times James Bennet zum Verantwortlichen für die Leitartikel ernannt, den Bruder eines demokratischen Senators und Sohn des ehemaligen Chefs der Agency for International Development (USAID), die als Tarnorganisation für die Tätigkeiten der CIA gilt.

Die Medienkampagne um die angebliche russische Einmischung in die Wahl 2016 basierte ausschließlich auf Informationen der CIA, der NSA und des FBI, die von Reportern verbreitet wurden, die entweder als unwissende Marionetten oder wissentlich als Agenten des Militär- und Geheimdienstapparats agieren. Gleichzeitig haben die Fernsehsender hohe CIA- und Militärvertreter als gut bezahlte „Experten“ und „Analysten“ rekrutiert.

Der Widerstand der Demokraten gegen Trump konzentriert sich ausschließlich auf den falschen Vorwurf, Russland habe ihn unterstützt. Die Demokraten ignorieren faktisch Trumps Angriffe auf Immigranten und demokratische Rechte, seine Nähe zu rechtsradikalen rassistischen Gruppen, seine Angriffe auf Sozialprogramme wie Medicaid und Lebensmittelmarken, seinen Militarismus und seine Drohungen mit einem Atomkrieg. Damit bekennen sie sich zur Agende des Militär- und Geheimdienstapparats und sind zu seiner wichtigsten politischen Stimme geworden.

Dieser Prozess war bereits unter Barack Obama in vollem Gange. Er unterstützte die diversen Operationen der Geheimdienste im In- und Ausland und weitete sie aus. Obamas designierte Nachfolgerin Hillary Clinton trat offen als Wunschkandidatin des Pentagons und der CIA an, warb mit ihrer Härte als künftige Oberbefehlshaberin und kündigte an, die Konfrontation mit Russland in Syrien und der Ukraine zu suchen.

Die CIA steht hauptsächlich deshalb an der Spitze der anti-russischen Kampagne gegen Trump, weil ihre Operationen in Syrien gestört wurden. Sie hat die Kampagne erfolgreich benutzt, um die Trump-Regierung in dieser Hinsicht zu einem Kurswechsel zu zwingen. Ein ganzer Chor von Unterstützern aus den Medien - Nicholas Kristof und Roger Cohen von der New York Times, die gesamte Redaktion der Washington Post und ein Großteil der Fernsehnetzwerke - sind Teil der Kampagne mit dem Ziel, die öffentliche Meinung zu vergiften und unter dem Vorwand der Unterstützung für „Menschenrechte“ eine Ausweitung des Kriegs in Syrien zu fordern.

Der Wahlkampf 2018 markiert ein neues Stadium. Militärs und Geheimdienstler sind erstmals offen dabei, eine Partei zu übernehmen und eine wichtige Rolle im Kongress einzunehmen. Die zig CIA- und Militärveteranen, die in der Vorwahl antreten, sind nur offiziell „ehemalige“ Agenten des Militär- und Geheimdienstapparats, ihr „Rückzug“ aus den Apparaten ist reine Formalie. Der Eintritt in die CIA, die Army Rangers oder die Navy SEALS ist wie ein Beitritt zur Mafia: man verlässt sie nie wirklich, sondern erhält nur neue Posten.

Die Operation der CIA im Wahljahr 2018 unterscheidet sich in einem wichtigen Punkt von ihren Aktivitäten im Ausland: Sie ist nicht verdeckt. Die Vertreter von Militär und Geheimdiensten, die in der Vorwahl der Demokraten antreten, rühmen sich offen mit ihren Karrieren als Spione und Kämpfer der Spezialeinheiten. Wer von ihnen Kampferfahrung hat, zeigt auf seiner Website Bilder von sich u.a. in Wüstentarnuniform. Und sie werden willkommen geheißen und erhalten Vorzugspositionen, oft räumen sogar Parteifunktionäre ihre Posten für die Kandidatur der Militärs und Geheimdienstler.

Die Arbeiterklasse steht einer außergewöhnlichen politischen Situation gegenüber. Einerseits hat die republikanische Trump-Regierung mehr Generäle in Spitzenpositionen als irgendeine andere frühere Regierung. Andererseits hat sich die Demokratische Partei einer „freundlichen Übernahme“ durch die Geheimdienste geöffnet.

Dass das Militär und die Geheimdienste eine so unglaubliche Macht über die ganze Regierung haben, ist ein Ausdruck des Zusammenbruchs der amerikanischen Demokratie. Die Hauptursache dieses Zusammenbruchs ist die extreme Konzentration von Reichtum in den Händen einer winzigen Elite, deren Interessen der Staatsapparat und seine „bewaffneten Organisationen“ dienen. Angesichts einer wütenden und feindseligen Arbeiterklasse setzt die herrschende Klasse immer offener auf autoritäre Herrschaftsformen.

Millionen von Arbeitern wollen gegen die Trump-Regierung und ihre ultrarechte Politik kämpfen. Doch dieser Kampf lässt sich nicht innerhalb der „Achse des Bösen“ zwischen Demokratischer Partei, Mainstreammedien und CIA führen. Der Zustrom von Kandidaten aus Militär und Geheimdiensten widerlegt den lange gepflegten Mythos der Gewerkschaften und der pseudolinken Gruppen, die Demokraten seien ein „kleineres Übel“. Vielmehr müssen Arbeiter der Tatsache ins Auge sehen, dass sie im Rahmen des kapitalistisch kontrollierten Zweiparteiensystems mit zwei gleichermaßen reaktionären Übeln konfrontiert sind.

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