Lehrerstreik in Oklahoma:

Wachsende Wut über Sabotage der Gewerkschaften

Am Donnerstag, den 12. April, wies die Lehrergewerkschaft Oklahoma Education Association (OEA) die Lehrer an, einen zweiwöchigen Streik zu beenden und zur Arbeit zurückzukehren. Als Reaktion darauf demonstrierten am Freitag tausende von Lehrern vor dem Kapitol, dem Regierungsgebäude des Bundesstaats.

Angesichts des grünen Lichts der OEA gaben Schulbezirke im ganzen Bundesstaat am Freitag bekannt, die Lehrer hätten die Anweisung, ab Montag wieder zur Arbeit zu erscheinen. Dies war vor allem in den drei größten Bezirken in Oklahoma City, Tulsa und Broken Arrow der Fall.

Zelte der Lehrer vor dem Kapitol von Oklahoma

Wie militant die Stimmung der Lehrer ist, zeigte sich an den Parolen, die am Freitag auf ihren Transparenten zu lesen waren. Dort stand zum Beispiel: „Die OEA spricht nicht für mich“, „Die Bewegung begann nicht mit der OEA und wird nicht mit ihr enden“ oder: „Wir gehen hier nicht weg“. Vor und innerhalb des Kapitols diskutierten die Lehrer auf spontanen Versammlungen, wie sie den Ausstand diese Woche fortsetzen könnten.

Misty, eine junge Lehrerin aus Oklahoma City, erklärte gegenüber der World Socialist Web Site: „Die Gewerkschaften wollen keine Unruhe in der Bevölkerung, und sie versuchen, unsern Kampf zu sabotieren. Auch in Louisiana und in anderen Bundesstaaten wollen die Lehrer kämpfen, und sie sollten hier einbezogen werden. Die Gewerkschaften und die Medien wollen nicht, dass die Lehrer im übrigen Land von unserem Kampf in Oklahoma erfahren. Und wir sollen nicht erfahren, was im Rest des Landes passiert.“

Lehrerinnen demonstrieren gegen die Anweisung der Gewerkschaft, den Streik zu beenden

Die Lehrer hatten am 2. April die Arbeit niedergelegt. Sie forderten höhere Löhne und eine Erhöhung der Schulfinanzen, die jahrzehntelang durch Etatkürzungen heruntergewirtschaftet wurden. Die Lehrer hatten den Streik über soziale Netzwerke selbst organisiert. Zuvor hatten bereits die Lehrer in West Virginia neun Tage lang gestreikt, danach kam es zu eintägigen Streiks in Schulen in Puerto Rico und Jersey City (New Jersey). Auch in Kentucky, Arizona und weiteren Bundesstaaten fordern die Lehrer einen Arbeitskampf.

In Frankfort, der Hauptstadt von Kentucky, demonstrierten am Freitag tausende Lehrer, Schulangestellte und Beschäftigte des öffentlichen Dienstes für die Verteidigung ihrer Renten. Weil die Forderung nach einem bundesstaatsweiten Streik immer lauter wurde, rief die Kentucky Education Association (KEA) zu einem „Aktionstag“ auf, machte aber deutlich, dass es sich dabei nicht um einen Streik handeln sollte: Nur Lehrer, die dazu berechtigt seien, sollten sich daran beteiligen. Dem widersetzten sich viele Lehrer. Wütend erklärten sie in den sozialen Netzwerken, sie wollten erst weiterarbeiten, wenn sie ihre Forderungen nach Renten und Bildung durchgesetzt hätten.

Diskussion mit streikenden Lehrern

Die verschiedenen Lehrer-Gewerkschaften – die National Education Association (NEA), die American Federation of Teachers (AFT) und ihre Ableger in den Bundesstaaten – tun alles in ihrer Macht Stehende, um einen gemeinsamen Kampf der Lehrkräfte im ganzen Land zu verhindern. In Wirklichkeit billigen und unterstützen die Gewerkschaften den parteiübergreifenden Angriff auf das öffentliche Bildungswesen. AFT-Präsidentin Randi Weingarten erklärte in einem Artikel in der New York Times den Streik für beendet und äußerte die Hoffnung, die Wut der Lehrer könne in einen Wahlkampf umgelenkt werden und dazu beitragen, in der Zwischenwahl 2018 die Demokraten zu stärken.

In Tulsa County war die OEA-Präsidentin Alicia Priest am 13. April die Hauptrednerin bei einer Veranstaltung der Demokratischen Partei. Als Rechtfertigung für den Verrat an den Lehrern erklärte sie dort, man könne angesichts der von den Republikanern kontrollierten Legislative nichts anderes tun, als im November Demokraten zu wählen.

Dabei haben sich die Demokraten als genauso skrupellose Feinde der Lehrer und des öffentlichen Bildungswesens erwiesen wie die Republikaner. So hat der frühere Gouverneur von Oklahoma, der Demokrat Brad Henry, der heutigen republikanischen Gouverneurin Mary Fallin den Weg an die Macht geebnet, indem er die Steuern für die Reichen gesenkt und die Finanzierung der Sozialausgaben zusammengestrichen hat.

Auf nationaler Ebene hat die Obama-Regierung dafür gesorgt, dass etwa 300.000 Arbeitsplätze von Lehrern und anderen Schulangestellten gestrichen wurden. Gleichzeitig wurden die kommerziellen Charter Schools deutlich ausgeweitet. Obama hat außerdem den Wall Street-Banken Billionen Dollar geschenkt. Präsident Trump und seine milliardenschwere Bildungsministerin Betsy DeVos haben nur dort weitergemacht, wo die Obama-Regierung aufgehört hatte.

Das Vorgehen der Gewerkschaft hat bei den Lehrern große Wut ausgelöst. Misty aus Oklahoma erklärte weiter: „Ich habe am Mittwoch mit [OEA-Präsidentin] Alicia Priest gesprochen, nachdem die OEA behauptet hat, wir hätten 95 Prozent unserer Forderungen durchgesetzt. Sie sagte, wir hätten gute Arbeit geleistet. Ich glaube, sie wollten damit sagen: ‚Wir sind fertig mit dem Streik‘. Am Donnerstag ging ich um die Mittagszeit an den Tisch der OEA und fragte, ob sie den Streik abbrechen wollten. Sie sagten: ‚Absolut nicht. Wir werden diesen Streik fortsetzen‘. Und um 16 Uhr sagte Priest auf der Pressekonferenz, er wäre beendet.

Ich bin nicht Mitglied der OEA, weil sie nichts tun, um mich zu schützen. Das ist keine Gewerkschaft für Lehrer. Es ist ein Unternehmen, und das haben sie einmal mehr bewiesen.“

Ein älterer Lehrer aus Oklahoma City fügte hinzu: „Die Lehrer aus Massachusetts reden mit uns über einen Arbeitskampf, und sie wollen ihn ohne die Gewerkschaft führen. Lehrer sind eigentlich eher Menschen, die im Rahmen der Regeln arbeiteten. Wir haben versucht, mit den Abgeordneten zusammenzuarbeiten und die Gewerkschaften für uns sprechen zu lassen, aber diese Haushaltskürzungen waren durch nichts aufzuhalten. Wir haben beschlossen, dass wir es nicht mehr zulassen wollen.“

Die Gewerkschaft AFT von Oklahoma City, die genau wie die OEA von Anfang an gegen den Streik war, veröffentlichte am Freitag eine selbst durchgeführte Umfrage, in der sich eine überwältigende Mehrheit für die Fortsetzung des Streiks aussprach. Trotzdem gaben Vertreter des größten Schulbezirks des Bundesstaats bekannt, ab Montagmorgen werde der Schulunterricht wieder aufgenommen.

Rachel, eine Lehrerin für die dritte Klasse, erklärte der WSWS, warum sie weiterstreiken werde: „Meine einzige Verpflichtung sind meine Schüler. Letzten Abend hat Alicia Priest angekündigt, die OEA werde uns fallenlassen. Sie hat versucht, uns aus diesem Arbeitskampf hinauszudrängen. Ich konnte die ganze Zeit nur daran denken, dass ich vor meine Klasse treten und meinen 42 Schülern sagen muss: ‚Ihr seid es nicht wert‘. Aber sie sind es wert.“

Jerry White meldet sich in der Versammlung zu Wort

„Ich will hier bleiben und jeden Tag für sie kämpfen und E-Mails schreiben, was auch immer getan werden muss, damit sie die Bildung bekommen, die sie verdienen. Sie verdienen neue Schulbücher, sie verdienen Geld, sie verdienen Material. Und die Lehrer verdienen es auch, damit wir so effektive Lehrer sein können, dass wir unseren Schülern das bieten können, was sie verdienen.“

Auf den Hinweis auf Lehrer in anderen Bundesstaat wie Kentucky, Arizona und West Virginia, die ebenfalls protestieren und für bessere Bezahlung und höhere Etats streiken, antwortete Rachel: „Ich glaube, das zeigt, dass in Oklahoma und im ganzen Land die Lehrkräfte aufstehen und sagen: wir haben genug, die Schüler sind jetzt wichtiger, und wir werden alles Notwendige tun, damit sie alles bekommen, was sie verdienen. Es inspiriert mich, dass andere Lehrer wie ich gegen die Abgeordneten in den Bundesstaaten aufstehen.“

Bei den Protesten am Freitag versammelten sich hunderte von Lehrern im Kapitol zu einer Diskussion über ihre Forderungen und das weitere Vorgehen. Der Aufruf dazu kam von Alberto Morejon, einem Lehrer aus Stillwater (Oklahoma). Er hatte die Facebook-Gruppe „Oklahoma Teacher Walkout – The Time is Now!“ gegründet. Die Zahl der Mitglieder in dieser Gruppe wuchs in kürzester Zeit auf 70.000 Mitglieder an.

Lehrerversammlung im Kapitol von Oklahoma

Unter dem Applaus der Lehrer erklärte Morejon: „Wir Lehrer haben das angefangen, und wir werden es erst beenden, wenn die Lehrer das sagen.“ Allerdings hatte er selbst keine tragfähige Strategie für den Kampf. Stattdessen erklärte er, die Lehrer und Eltern sollten sich bei den Abgeordneten für ihr Anliegen einsetzen. Diese Abgeordneten werden jedoch von mächtigen Wirtschaftsinteressen kontrolliert, u.a. von der Öl- und Gasindustrie. Sie sind fest entschlossen, das öffentliche Bildungswesen auszuhungern, um Steuersenkungen für die Konzerne zu finanzieren. So erklärte Morejon den Lehrern, dass sie am Montag, wenn ihre Schulen den Unterricht wieder aufnehmen würden, ihre Schulräte bitten sollten, einigen Delegierten zu erlauben, in der Hauptstadt weiter Lobbyarbeit zu betreiben.

Später erklärten mehrere Lehrer, sie seien dagegen, dass das Bildungswesen dadurch finanziert werde, dass Arbeiterfamilien stärker besteuert würden, oder dass wichtige Dienstleistungen wie die psychiatrische Fürsorge durch Haushaltskürzungen betroffen wären.

Während der Diskussion meldete sich dieser WSWS-Reporter zu Wort. Er sagte, die stärkste Maßnahme der Lehrer in West Virginia sei ihre Entscheidung gewesen, sich der Anordnung der Gewerkschaften zum Streikabbruch zu widersetzen. Er erklärte, die Lehrer in Oklahoma sollten das Gleiche tun. Viele Lehrer applaudierten lautstark, als er die Forderung erhob, sich mit den Lehrern in Kentucky, Arizona und anderen Bundesstaaten zu verbünden und einen Generalstreik aller Lehrkräfte und Arbeiter, sowie einen politischen Streik gegen Demokraten und Republikaner vorzubereiten.

Wenn der Kampf in Oklahoma nicht mit einer Niederlage enden soll, müssen die Lehrer in jeder Schule und jeder Kommune Basiskomitees gründen. Anstatt Lobbyarbeit bei den Politikern zu betreiben, müssen diese Komitees die größtmögliche Unterstützung in der Arbeiterklasse mobilisieren, damit die streikenden Lehrer nicht isoliert und in die Ecke gedrängt werden können.

Der Aufbau eines Netzwerks von Basiskomitees im ganzen Land wird den Kampf in Oklahoma unermesslich stärken. Sie müssen einen landesweiten Streik zur Verteidigung des öffentlichen Bildungswesens gegen beide Parteien des Großkapitals vorbereiten. Demokraten wie Republikaner verschwenden Billionen für Steuersenkungen für Unternehmen und auch für immer blutigere Kriege.

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