Perspektive

Kein dritter Weltkrieg! Für den Aufbau einer sozialistischen Antikriegsbewegung!

Vor wenigen Tagen haben die USA und die NATO mehr als 100 Raketen auf die syrischen Städte Damaskus und Homs abgefeuert, doch der Blutdurst der imperialistischen Mächte ist eindeutig nicht gestillt. Die Luftschläge waren kaum vorüber, da schrien die Zeitungen in Amerika und Europa im Chor nach einer weiteren Eskalation des Kriegs für einen Regimewechsel in Syrien.

Das Wall Street Journal, das Kreisen der Herrschenden in den USA um den neu ernannten Nationalen Sicherheitsberater John Bolton nahe steht, erklärte: „Ein einziger Bombenangriff ändert nichts an den grundlegenden Gegebenheiten des syrischen Schlachtfelds oder an der strategischen Realität, dass die Achse Russland-Iran-Assad den Sieg davonträgt.“

„Wenn Trump auch den russischen und den iranischen Imperialismus abschrecken will ... braucht er eine ehrgeizigere Strategie“, heißt es weiter. „Das nächste Mal sollte der Angriff härter sein.“

Das Journal schloss mit den Worten: „Erst wenn Russland und der Iran in Syrien einen höheren Preis zu zahlen beginnen“, würden die Vereinigten Staaten ihre Ziele in der Region erreichen.

Was solche Äußerungen bedeuten, liegt auf der Hand: Zwar haben sich die USA aus taktischen Gründen vorerst auf einen eintägigen Luftangriff beschränkt und einen Großangriff mit der Folge eines offenen Kriegs mit iranischen und russischen Verbänden vermieden, doch ein groß angelegter Überfall ist nur eine Frage der Zeit. Die möglicherweise katastrophalen Folgen für die Menschheit werden die imperialistischen Mächte nicht davon abhalten.

Vor lauter Gerede über „regionale Vorherrschaft“ und das Bestreben, „Syrien zum Vietnam des Ajatollahs zu machen“, hat das Journal den fadenscheinigen Vorwand für den jüngsten US-Angriff ganz vergessen: den angeblichen Einsatz chemischer Waffen durch die syrische Regierung in Duma am 7. April.

In der Propaganda zur Rechtfertigung der Bombardierung zeigt sich Geringschätzung sowohl für die Wahrheit als auch für die Intelligenz der Öffentlichkeit. Nach 25 Jahren ständiger Kriege sind Millionen Menschen weitgehend immun gegen die hysterischen und verlogenen Anschuldigungen, mit denen die Imperialisten ihr Vorgehen gegen schwächere Länder als heilige Mission für die Befreiung der Menschheit verkaufen.

Washington, London, Paris und Berlin tun so, als ob sich niemand erinnern könnte an die Lügen der Bush-Administration über „Massenvernichtungswaffen“ oder an Obamas schäbige humanitäre Vorwände für die Vernichtung Libyens und den Mord an Muammar Gaddafi.

Hinter diesen abgenutzten Lügen liegen tiefere Ursachen. Als Reaktion auf die Syrien-Krise erklärte die Weizsäcker-Stiftung in einer von hochrangigen Regierungsvertretern unterzeichneten Erklärung: „Keiner der strukturellen Gründe, die zum Ersten Weltkrieg geführt haben, ist wirklich überwunden.“

Was sind diese „strukturellen Gründe“? Es sind die grundlegenden Widersprüche des kapitalistischen Systems, die von den großen Marxisten des 20. Jahrhunderts aufgezeigt wurden: der unerbittliche Kampf der imperialistischen Mächte um Einflusssphären und um die Aufteilung der Welt, der aus dem Gegensatz zwischen Nationalstaat und Weltwirtschaft resultiert.

Vor gut 100 Jahren schrieb der russische Revolutionär Wladimir Lenin in seiner bahnbrechenden Abhandlung Der Imperialismus: „Denn unter dem Kapitalismus ist für die Aufteilung der Interessen- und Einflusssphären, der Kolonien usw. eine andere Grundlage als die Stärke der daran Beteiligten, ihre allgemeinwirtschaftliche, finanzielle, militärische und sonstige Stärke, nicht denkbar“, und wer der Stärkste ist, wird letztlich auf militärischem Wege entschieden. „Friedliche Bündnisse bereiten Kriege vor“, stellte Lenin fest, „und wachsen ihrerseits aus Kriegen hervor“.

Um an der imperialistischen Aufteilung und Neuaufteilung der Welt teilzuhaben – der deutsche Kaiser Wilhelm II sprach von einem „Platz an der Sonne“ – sehen sich die imperialistischen Mächte zu katastrophalen militaristischen Verzweiflungstaten getrieben.

Vor allem für die USA, deren Welthegemonie infolge des Verlusts ihrer wirtschaftlichen Vormachtstellung zerfällt, gibt es keinen anderen Weg. Washington führt seit einem Vierteljahrhundert ununterbrochen brutale Kriege, um seine wirtschaftliche Schwäche auszugleichen. Dass die Handelskriegsmaßnahmen gegen Russland und China und die Vorbereitungen auf militärische Konflikte zunehmend in eins zusammenfließen, zeigt die vom Pentagon Anfang des Jahres angekündigte Doktrin des „strategischen Wettstreits“.

Die europäischen imperialistischen Mächte werden ungeachtet der taktischen Differenzen, die sie untereinander und mit den USA haben mögen, von dem Willen getrieben, an der Aufteilung der Welt teilzuhaben und ihren Unternehmen einen Teil der Beute zu sichern.

Die neue Epoche imperialistischer Kriege, die nun schon seit mehr als einem Vierteljahrhundert andauert, wird nicht mit Raketenangriffen in Syrien enden. Die imperialistischen Mächte streben die vollständige Teilung Syriens an, um nach diesem Vorspiel militärisch gegen den Iran vorzugehen, dem die Einsetzung eines Marionettenregimes oder die Zerstückelung droht. Dasselbe ist letztlich auch für Russland und China vorgesehen.

Vor zwei Jahren, am 18. Februar 2016, warnte das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKFI) in einer Erklärung mit dem Titel „Sozialismus und der Kampf gegen Krieg“: „Die Welt steht an der Schwelle einer katastrophalen, weltweiten militärischen Auseinandersetzung. Genau wie in den Jahren vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 und des Zweiten Weltkriegs 1939 gelangen führende Politiker und Militärstrategen allmählich zu der Überzeugung, dass ein Krieg zwischen den Großmächten keine entfernte Möglichkeit, sondern höchst wahrscheinlich und vielleicht sogar unvermeidlich ist.“

Weiter erklärte das IKVI: „Dennoch muss ein dritter Weltkrieg verhindert werden. Es gilt eine neue internationale Antikriegsbewegung aufzubauen, in der sich die arbeitenden Menschen und die Jugend gegen Kapitalismus und Imperialismus zusammenschließen.“

In den beiden seither vergangenen Jahren haben sich die Aussichten auf die Entstehung einer solchen Bewegung durch die beginnende internationale Bewegung gegen den Kapitalismus verbessert. Von Lehrern in den Vereinigten Staaten bis hin zu Mitarbeitern des öffentlichen Diensts und der Fluggesellschaften in Deutschland, Eisenbahnern und Studenten in Frankreich und Universitätsdozenten in Großbritannien macht die Arbeiterklasse mobil.

Nun kommt es darauf an, die Bewegung der Arbeiterklasse gegen soziale Ungleichheit mit dem Kampf gegen den Imperialismus selbst zu verbinden.

Zu diesem Zweck müssen all jene politischen Tendenzen bekämpft werden, die sich als „links“ und „sozialistisch“ ausgeben und zugleich imperialistische Kriege unterstützen. Hauptvertreter dieser reaktionären, proimperialistischen Pseudolinken sind die diversen Fraktionen der Staatskapitalisten und die Überreste der antitrotzkistischen pablistischen Bewegung, die sich alle der Legitimierung und Unterstützung der imperialistischen Aufteilung Syriens verschrieben haben.

Während die Welt einen neuen Ausbruch imperialistischer Barbarei erlebt, bekräftigt das Internationale Komitee der Vierten Internationale die wesentlichen Prinzipien, die es im Februar 2016 aufgestellt hat:

• Der Kampf gegen Krieg muss von der Arbeiterklasse ausgehen, die als revolutionäre gesellschaftliche Kraft alle fortschrittlichen Teile der Bevölkerung hinter sich vereint.

• Die neue Bewegung gegen Krieg muss antikapitalistisch und sozialistisch sein, denn man kann nicht ernsthaft gegen Krieg kämpfen, ohne danach zu streben, der Diktatur des Finanzkapitals und dem Wirtschaftssystem, das die Ursache für Militarismus und Krieg bildet, ein Ende zu setzen.

• Aus diesem Grund muss die neue Antikriegsbewegung unbedingt vollkommen unabhängig sein von allen politischen Parteien und Organisationen der Kapitalistenklasse und diese ablehnen.

• Vor allem muss die neue Antikriegsbewegung international sein und dem Imperialismus in einem vereinten globalen Kampf die enorme Kraft der Arbeiterklasse entgegenstellen.

Wir rufen alle Arbeiter und Jugendlichen auf der ganzen Welt, die auf dieser prinzipiellen Grundlage einen entschlossenen Kampf gegen den Imperialismus führen wollen, dazu auf, sich mit dem Internationalen Komitee der Vierten Internationale in Verbindung zu setzen und sich dem revolutionären Kampf zur Verhinderung eines dritten Weltkriegs anzuschließen.

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