Erklärung der türkischen IKVI-Anhänger zum israelischen Massaker an den Palästinensern im Gazastreifen

Die türkischen Anhänger des Internationalen Komitees der Vierten Internationale (IKVI) in der Gruppe Toplumsal Eşitlik (Soziale Gleichheit) verurteilen das Massaker israelischer Truppen an unbewaffneten Palästinensern. Wir unterstützen das Recht der Palästinenser auf Rückkehr in die Häuser und Dörfer, aus denen zionistische Soldaten ihre Familien vor 70 Jahren gewaltsam vertrieben haben.

Das Massaker im Gazastreifen stellt nicht nur die Trump-Regierung bloß, die die israelische Regierung offen unterstützt, sondern entlarvt auch die Komplizenschaft der imperialistischen Regierungen in Berlin und London. Deren zynische Forderungen nach einer „unabhängigen Kommission“ oder „Untersuchung“ über das Massaker an unbewaffneten Palästinensern sind vollkommen heuchlerisch. Das gleiche gilt für ihre regionalen Verbündeten, die die israelische Regierung wegen des „unverhältnismäßigen Einsatzes von Gewalt“ kritisieren.

Was dagegen die türkische Partei für Gerechtigkeit und Aufschwung (AKP) betrifft, so hat ihr amtierender Präsident, Recep Tayyip Erdogan, die Ereignisse im Gazastreifen zum Anlass genommen, sich wieder einmal als Verteidiger der palästinensischen Bevölkerung zu inszenieren. Kurz vor der vorgezogenen Parlaments- und Präsidentschaftswahl hofft er, damit die öffentliche Stimmung zu manipulieren, da die Massen stark gegen Imperialismus und Zionismus eingestellt sind.

Am 14. Mai rief die türkische Regierung eine dreitägige Staatstrauer zu Ehren der Palästinenser aus, die an diesem Tag im Gazastreifen ermordet worden waren, und er berief seine Botschafter aus den USA und Israel zu Beratungen zurück.

Am 15. Mai erklärte Erdogan vor türkischen Studenten in London: „Egal welche Seite verantwortlich ist, ob die USA oder Israel, ich verurteile diese humanitäre Tragödie, diesen Völkermord und diejenigen, die darüber schweigen. Israel betreibt Staatsterrorismus. Israel ist ein Terrorstaat. Was Israel hier treibt, ist Völkermord.“

Bei einer Massenkundgebung in Istanbul am 18. Mai verglich Erdogan das Vorgehen der israelischen Regierung gegen die Palästinenser mit der Verfolgung der Juden durch die Nazis im Zweiten Weltkrieg: „Es gibt keinen Unterschied zwischen dem Grauen, das die Juden vor 75 Jahren in Europa erlitten haben, und der Brutalität, unter der unsere Brüder im Gazastreifen zu leiden haben.“ Weiter erklärte er: „Ich sage es offen und ehrlich: Was Israel hier treibt, ist Banditentum, Brutalität und Staatsterror.“

Diese Äußerungen triefen vor Heuchelei. Sie kommen von einer Regierung, die die politische Opposition im eigenen Land brutal unterdrückt, vor allem die der Kurden und der kurdisch-nationalistischen Gruppen, und die gleichzeitig im Norden Syriens einmarschiert ist. Tausende Mitglieder der pro-kurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP), darunter ihr ehemaliger Vorsitzender und Präsidentschaftskandidat Selahattin Demirtas, sitzen seit Jahren im Gefängnis.

Als im Juli 2016 der Putsch gegen Erdogan, den die USA unterstützt hatten, gescheitert war, wurden 150.000 Menschen während des Ausnahmezustands verhaftet, und fast genauso viele verloren ihren Arbeitsplatz. Auch mehr als 120 Journalisten wurden verhaftet und über 180 verschiedene Medien geschlossen.

Zudem unterscheiden sich die entsetzlichen Szenen im Gazastreifen nicht grundsätzlich von denen in den kurdischen Provinzen Diyarbakir, Mardin und Sirnak. Dort waren Ende 2015 10.000 türkische Soldaten und Polizeikräfte mit Panzer- und Hubschrauber-Unterstützung im Einsatz. Unter dem Vorwand des „Kampfs gegen den Terrorismus“, gerichtet gegen die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), wurden bei Militäroperationen innerhalb weniger Monate Tausende Häuser mit schwerer Artillerie zerstört und etwa 200.000 Menschen zur Flucht gezwungen.

Die Sprecher der türkischen Regierung erklären zwar demonstrativ ihre Unterstützung für die Palästinenser, doch zu der Frage, ob Ankara Sanktionen gegen die USA und Israel verhängen werde, schweigen sie still. Hinter den Kulissen nehmen die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ankara und Tel Aviv an Umfang zu. Laut Zahlen der Website TankerTrackers hat Israel über den südtürkischen Hafen Ceyhan in den letzten 30 Tagen 1,5 Millionen Barrel Öl aus der Autonomen Region Kurdistan (KRG) im Irak erhalten.

Niemand darf der lautstarken Kritik der Erdogan-Regierung an Israel Glauben schenken. Sie schürt türkischen Nationalismus und inszeniert sich als antiimperialistisch und antizionistisch, um die öffentliche Meinung zu manipulieren, doch in Wirklichkeit ist sie ständig bemüht, ihren imperialistischen Nato-Partnern und deren Außenposten im Nahen Osten, Israel, näher zu kommen.

Letzten Monat hat die türkische Regierung die illegalen Raketenangriffe der USA, Großbritanniens und Frankreich gegen Syrien unterstützt. Zudem war die Erdogan-Regierung lange Zeit eine treibende Kraft im Krieg gegen Baschar al-Assad, den die USA stürzen und durch eine proamerikanische Regierung in Damaskus ersetzen wollen. Die türkische Kollaboration endete erst mit ihrem Zerwürfnis mit den USA wegen deren Bündnis mit der YPG, dem syrischen Ableger der PKK.

Arbeiter und Jugendliche müssen das Geschrei der AKP-Regierung über die jüngsten schrecklichen Verbrechen des zionistischen Staats mit Verachtung strafen, und genauso müssen sie auch die zynischen Erklärungen von Erdogans proeuropäischen, Nato-freundlichen Gegnern in der türkischen herrschenden Klasse zurückweisen.

Die Brutalität des israelischen Staates im Gazastreifen ist nur ein weiteres Symptom der Krise der bürgerlich-nationalstaatlichen Struktur des Nahen Ostens, die nach dem Ersten Weltkrieg von den imperialistischen Mächten künstlich errichtet wurde.

Israel fühlt sich ermutigt durch die Kriege der US-Regierung im Nahen Osten und ihre Entscheidung, die amerikanische Botschaft ins besetzte Jerusalem zu verlegen. Das israelische Massaker ist eine nachdrückliche Warnung an Arbeiter und Jugendliche: Die Bourgeoisie reagiert in jedem Land mit größter Brutalität, sobald die Arbeiter den Kampf für Frieden, soziale Gleichheit und internationale Demokratie – d.h. für Sozialismus – aufnehmen.

Die einzige gesellschaftliche Kraft, die die weitere Eskalation der imperialistisch-zionistischen Gewalt im Nahen Osten aufhalten kann, ist die Arbeiterklasse. Sie muss sich über alle nationalen, ethnischen und religiösen Grenzen zusammenschließen und sich mit ihren Klassenbrüdern und -schwestern in den USA, Europa und der ganzen Welt verbünden.

Gemeinsam müssen sie den Kampf gegen den Imperialismus und seine regionalen Verbündeten aufnehmen, d.h. gegen die herrschenden Klassen Israels, der arabischen Staaten, der Türkei, des Irans und auch der Kurden. Dazu brauchen die muslimischen, christlichen und jüdischen Arbeiter und Armen des Nahen Ostens eine klare sozialistische Perspektive und ein politisches Programm, das auf allen historischen und internationalen Erfahrungen der Arbeiterklasse beruht.

Es gibt nur eine einzige politische Tendenz, die den Arbeitern und Jugendlichen des Nahen Ostens eine solche internationalistische, revolutionäre und sozialistische Perspektive bietet. Das ist das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI), denn es hat seine Perspektive in einem jahrzehntelangen Kampf gegen den Imperialismus und seine kleinbürgerlichen nationalistischen und pseudolinken Verbündeten entwickelt.

Toplumsal Eşitlik ruft alle Arbeiter und Jugendlichen im Nahen Osten auf, die täglich erscheinende Publikation des IKVI, die World Socialist Web Site, zu lesen, darüber zu diskutieren und sie weiterzuverbreiten. Und sie ruft dazu auf, am Kampf für die Gründung von nationalen Sektionen des IKVI in allen Ländern der Region teilzunehmen.

Nein zu den imperialistischen Kriegen um die Neuaufteilung der Welt!

Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens!

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