Österreich schließt Moscheen und weist Imame aus

Die rechtskonservative Regierung in Österreich schließt sieben Moscheen und weist bis zu 60 türkische Imame aus. Die Maßnahme ist ein fundamentaler Angriff auf die Religions- und Meinungsfreiheit und dient dazu, antiislamische und ausländerfeindliche Stimmungen zu schüren. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), sein Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ) sowie zwei weitere Minister kündigten sie am Freitag in Wien auf einer Pressekonferenz persönlich an.

Die Regierung von Kurz‘ rechtskonservativer Volkspartei und der rechtsextremen Freiheitlichen Partei (FPÖ) begründet die Schließung der Moscheen mit Verstößen gegen das Islamgesetz. Man wolle keine Parallelgesellschaften und Radikalisierungstendenzen in Österreich haben, erklärte Kurz.

Das Vorgehen der Regierung zeigt, dass sie mittlerweile vollständig das rechtsextreme Programm der FPÖ übernommen hat. Ihre Begründung erinnert an die Propaganda, mit der vor 80 Jahren, nach dem „Anschluss“ Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland, Juden und andere Minderheiten verfolgt wurden.

Grundlage der Maßnahmen ist das sogenannte Islamgesetz. Den muslimischen Geistlichen wird vorgeworfen, gegen das Verbot der Auslandsfinanzierung verstoßen zu haben. Im Visier der Regierung steht dabei die „Türkisch-Islamischen Union für kulturelle und soziale Zusammenarbeit in Österreich“ (ATIB). ATIB ist ein Dachverband, der in Österreich über 60 Vereine mit mehr als 100.000 Mitgliedern vertritt. Er untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet und damit der türkischen Regierung. Daher der Vorwurf gegen den Verband, er wirke nicht „integrationsfördernd“ und baue „Parallelgesellschaften“ auf.

Wie undemokratisch dieser Vorwurf ist, zeigt ein Vergleich mit der katholischen Kirche, die in weit höherem Maße von einer „fremden Macht“ (dem Vatikan) abhängig ist, als dies bei ATIB hinsichtlich der Türkei der Fall ist. Auch jüdische Gemeinden, die Beziehungen zur israelischen Regierung unterhalten, könnte man dies mit derselben Begründung vorhalten.

Mit den Imamen werden auch deren Familien in Sippenhaft genommen. In zwei Fällen steht bereits fest, dass Imame ausgewiesen werden, fünf weiteren wurde ein Aufenthaltstitel verweigert. Die Behörden überprüfen derzeit 60 der insgesamt 260 Imame in Österreich. Sie könnten ihre Aufenthaltstitel verlieren und müssten das Land dann zusammen mit ihren Familienangehörigen verlassen, betroffen wären insgesamt 150 Menschen.

Bereits im April hatte die österreichische Regierung eine Prüfung der Moscheen angekündigt, nachdem Kinder in einer Wiener Moschee die Schlacht von Gallipoli aus dem ersten Weltkrieg nachgespielt hatten. In dieser verlustreichen Schlacht mit 350.000 Toten und Verwundeten hatte die türkische Armee einen Invasionsversuch der Entente-Mächte zurückgeschlagen. Er wird deshalb in der Türkei bis heute als „Tag der Gefallenen“ gefeiert.

Wie absurd der Vorwurf gegen die Moschee deswegen ist, zeigt ein Blick nach Australien und Neuseeland, wo der Jahrestag derselben Schlacht jedes Jahr als ANZAC Day begangen und selbst in den Grundschulen glorifiziert wird. Beide Länder hatten als Verbündete der britischen Invasoren hohe Verluste erlitten.

Die türkische Regierung kritisierte das Vorgehen gegen ATIB scharf und sprach von einem „Kreuzzug“ gegen Muslime. Auch die muslimische Glaubensgemeinschaft IGGÖ kritisierte die österreichische Regierung und kündigte rechtliche Schritte an.

Mit den Angriffen auf Muslime erreicht der rechte Kurs der Regierung Kurz seinen bisherigen Höhepunkt. Dabei machte die Regierung klar, dass die Schließung der Moscheen und die Ausweisung der Imame erst der Anfang sei. Kanzler Kurz hat gedroht, es werde „null Toleranz geben“, und sogar die Auflösung von ATIB in den Raum gestellt. Vizekanzler Strache (FPÖ) sagte: „Wir stehen erst am Anfang“.

Kurz und Strache regieren seit letzten Dezember. Das Vorgehen gegen Muslime ist Bestandteil eines systematischen Angriffs auf Flüchtlinge und Migranten. Während des Wahlkampfs im vergangenen Jahr hatten sie härtere Einwanderungskontrollen, die rasche Abschiebung abgelehnter Asylbewerber und eine Bekämpfung des radikalen Islams gefordert.

Kurz hat vor kurzem angekündigt, die Auszahlung von Sozialleistungen an Sprachkenntnisse zu knüpfen. „Wir müssen ein System schaffen, das insbesondere ein Ziel hat, nämlich die Zuwanderung in unser Sozialsystem zu bekämpfen“, begründete er das. Strache ergänzte: „Wer nach Österreich zuwandert, kann nicht vom ersten Tag die volle Mindestsicherung kassieren.“

Die volle Höhe der Mindestsicherung solle künftig nur ausgezahlt bekommen, wer einen österreichischen Schulabschluss oder entsprechende Deutschkenntnisse und „Integrationsleistungen“, wie die Teilnahme an einem Wertekurs, nachweise. „Deutsch wird der Schlüssel zum Zugang zur vollen Mindestsicherung“, erläuterte Kurz. Auf diese Weise dienen die Angriffe auf Migranten auch dazu, soziale Kürzungen für alle vorzubereiten.

Die österreichische Regierung, die ab Juli die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt, bemüht sich auch, die Außengrenzen der EU weiter abzuschotten. Geht es nach Kurz, soll die EU-Grenzschutzagentur Frontex schneller eingreifen und mehr Mitarbeiter und Geld erhalten.

Das sogenannte Islamgesetz hatte Kurz 2015, als er im Innenministerium tätig war, gemeinsam mit dem sozialdemokratischen Koalitionspartner SPÖ auf den Weg gebracht. Daher verwundert es kaum, dass nicht nur FPÖ-nahe rechtsradikale Kreise die Maßnahmen begrüßen. Spiegel online bejubelte den Angriff auf Muslime als „ein Schritt gegen Feinde der Demokratie und der Freiheit“.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher versuchte die Angriffe auf Muslime sogar für die Sozialdemokraten zu reklamieren. Die SPÖ habe bereits im Oktober 2017 „Vorkommnisse“ in den Moscheen an das damals ÖVP-geführte Innenministerium gemeldet. Es handle sich bei der Schließung der Moscheen um „die erste gescheite Maßnahme dieser Regierung“, so Lercher.

Auch die von dem ehemaligen Pablisten Peter Pilz gegründete Partei steht völlig auf FPÖ-Linie. Sie sieht die Maßnahme als ersten Schritt. Jedoch werde damit das „Problem der Radikalisierung nicht an der Wurzel angepackt“, so Alma Zadic, Nationalratsabgeordnete der Liste Pilz. Peter Pilz habe schon lange die Auflösung von ATIB gefordert, der damalige ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka sei dieser Forderung aber nicht nachgekommen, klagte Zadic.

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