Haushalt der Großen Koalition: Milliarden für Krieg und Polizeistaatsaufrüstung

Am Donnerstag verabschiedete der Bundestag mit den Stimmen der Großen Koalition den Haushalt für das laufende Jahr 2018 und den Finanzplan bis 2021. Am heutigen Freitag beschließt das Kabinett den Haushaltsentwurf des sozialdemokratischen Finanzministers Olaf Scholz für 2019.

Die Etats markieren eine Zäsur in der deutschen Nachkriegsgeschichte. Vier Jahre nachdem die Bundesregierung auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 offiziell das Ende der militärischen Zurückhaltung verkündet hat, werden die Konsequenzen dieser Politik auch in Zahlen deutlich. Im Zentrum der Haushaltsplanung steht eine massive Erhöhung der Militärausgaben, die Errichtung eines Polizeistaats nach innen und brutale Terrormaßnahmen gegen Flüchtlinge.

Allein der Wehretat wird im kommenden Jahr um vier Prozent von derzeit 38,95 Milliarden Euro auf 42,9 Milliarden Euro steigen. Für die nächsten Jahre sind dann weitere massive Steigerungen geplant. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte in ihrer Regierungserklärung am Mittwoch, sie sei „sehr dankbar, dass wir im Haushalt Steigerungen unseres Verteidigungsetats haben... Aber gemessen an dem, was andere bezogen auf ihr Bruttoinlandsprodukt tun, ist das längst nicht ausreichend, und deshalb haben wir uns auch verpflichtet, bis 2024 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts dafür auszugeben“.

1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprächen etwa 53 Milliarden Euro für das Militär pro Jahr. Aber es ist klar, dass die herrschende Klasse tatsächlich noch viel umfassendere Aufrüstungspläne verfolgt. „Schutz und Sicherheit [...] kosten Geld, und ich will hier deutlich sagen: Wir stehen ganz klar zum 2-Prozent-Ziel in der NATO,“ betonte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Um das Zwei-Prozent-Ziel der Nato zu erreichen, auf das sich die Bundesregierung bereits auf dem Nato-Gipfel in Wales vor vier Jahren verpflichtet hat, müssten bei wachsender Wirtschaftsleistung jährlich mindestens 35 Milliarden Euro zusätzlich in die Verteidigung fließen.

Von der Leyen machte deutlich, dass alle Bundestagsparteien – von Linkspartei und Grünen bis hin zur rechtsextremen AfD – eng zusammenarbeiten, um die Rückkehr des deutschen Militarismus gegen den wachsenden Widerstand in der Bevölkerung durchzusetzen. Gleich zu Beginn ihrer Rede, dankte sie im Namen des Verteidigungsministeriums und der „gesamten Bundeswehr“ den Berichterstattern aller Fraktionen „für die konstruktive und professionelle Zusammenarbeit“ in den Ausschüssen.

Die gesamte Bundestagsdebatte unterstrich, dass sich die herrschenden Klasse wieder auf Krieg vorbereitet, um die Interessen des deutschen Imperialismus in Europa und international durchzusetzen. „Es geht um unsere Zukunft, um Deutschlands Zukunft, um die Zukunft Europas. Es geht um die Zukunft Deutschlands und Europas als Agierende in der Welt,“ erklärte Merkel. Man könne nicht „so tun, als wenn das Thema Verteidigung nicht ein drängendes in unserer heutigen Zeit ist. Wir alle haben uns gewünscht, dass nach dem Ende des Kalten Krieges die Welt friedlicher wird. Aber vor unserer Haustür toben die Kriege“.

Außenminister Heiko Maas (SPD) betonte das Ziel der Bundesregierung, Europa als militaristischen Block unter deutscher Führung gegen die anderen Großmächte zusammenzuschweißen. „Die Antwort – das ist austauschbar – auf ‚America first‘, auf ‚Russia first‘ oder auf ‚China first‘ kann wirklich nur ‚Europe united‘ sein, meine sehr verehrten Damen und Herren“, erklärte er unter dem Beifall von SPD, Grünen, CDU/CSU, FDP und Linkspartei. Dann rief Maas, begleitet von einem zustimmenden Zwischenruf („Jawohl!“) des außenpolitischen Sprechers der AfD: „Ja, die deutsche Außenpolitik ist auch deutschen Interessen verpflichtet. Sie ist sogar in erster Linie deutschen Interessen verpflichtet.“

Der CSU-Politiker Reinhard Brandl, Mitglied im Haushalts- und Verteidigungsausschuss und Vizepräsident der Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik, gab einen Eindruck davon, welche weitreichenden Militärpläne hinter dem Rücken der Bevölkerung ausgeheckt werden. Deutschland müsse spätestens 2023 soweit sein, Brigaden „wieder aus eigener Kraft in Einsatzbereitschaft, in Alarmbereitschaft setzen zu können“. Ein weiteres „Thema“ sei die „Luftabwehr“. Was bringe es Deutschland denn, „wenn wir von Freunden umgeben sind und uns dann ein irrer Diktator von irgendwoher auf der Welt eine Rakete nach Berlin schicken kann und wir uns dagegen nicht verteidigen können?“, fragte Brandl. Ein neues Raketenabwehrsystem sei „in der Entwicklung, kostet aber auch mehrere Milliarden Euro.“

Die Militarisierung nach außen geht wie in den 1930er Jahren mit der Errichtung autoritärer Herrschaftsformen im Innern einher und stärkt die rechtesten Kräfte in Regierung und Opposition.

Innen- und Heimatminister Horst Seehofer (CSU) frohlockte in seiner Rede: „Wir verabschieden heute einen Einzelplan für mein Ministerium mit einem gewaltigen, noch nie dagewesenen Umfang: 14 Milliarden Euro, knapp 6.000 neue Stellen. Es ist ein Haushalt, der neue Maßstäbe setzt. Etwa ein Drittel davon, 5,4 Milliarden Euro, steht für die innere Sicherheit.“ Allein die Sicherheitsbehörden des Bundes „erhalten fast 4.000 neue Stellen“. Die Große Koalition stärke „damit das Bundeskriminalamt, die Bundespolizei, und wir unterstützen auch die Bundesbehörden, ohne die ein klassischer Sicherheitsapparat nicht auskommt.“

Dann feierte Seehofer die reaktionäre Einigung zwischen CDU und CSU in der Flüchtlingspolitik, die unter anderem die Einrichtung von de facto Konzentrationslagern in Deutschland vorsieht. Er sei „guter Dinge, dass wir auch mit unserem Koalitionspartner SPD eine Verständigung, und zwar eine verlässliche Einigung, erzielen werden.“ Die wichtigsten Schritte seien jetzt: „ein neues Grenzregime an der deutsch-österreichischen Grenze, direkte Zurückweisung von Menschen mit Einreisesperren [und die] Einrichtung von Transitzentren, aus denen Asylbewerber in kürzester Zeit direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden.“

Mit der massiven inneren und äußeren Aufrüstung und der Verschärfung des Terrors gegen Flüchtlinge, der sich gegen die Arbeiterklasse insgesamt richtet, übernimmt die Große Koalition immer offener die Politik der rechtsextremen AfD. „Es freut mich, dass die Koalition in der Haushaltsbereinigungssitzung zumindest in die gleiche Richtung wie unser Antrag gegangen ist, indem sie die Mittel für die Fahrzeugbeschaffung bei den Bereitschaftspolizeien der Länder um 50 Prozent aufgestockt hat“, erklärte der AfD-Abgeordnete Marcus Bühl. Der Parteivorsitzende Alexander Gauland bezeichnete den „Kompromiss zwischen Herrn Seehofer und Frau Merkel“ als „einen Schritt in die richtige Richtung“.

Linkspartei und Grüne haben der scharfen Rechtswende der herrschenden Klasse nicht nur nichts entgegen zu setzen, sondern sie sind Bestandteil davon. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter beklagte in seiner Rede vor allem, dass die Regierungskrise die deutschen Interessen unterminiert hätte. „Das war doch wirklich beispiellos in seiner Verantwortungslosigkeit. Sie haben damit die Regierung an den Rand des Abgrunds gedrängt und dafür gesorgt, dass in Deutschland und in Europa massive Verunsicherung verursacht worden ist.“

Der Fraktionsvorsitzende der Linkspartei, Dietmar Bartsch, äußerte sich ähnlich und warnte vor der wachsenden sozialen und politischen Opposition in der Bevölkerung gegen die unsoziale und militaristische Politik. „Sie und Ihre Regierungen tragen die Verantwortung dafür, dass die Bundesrepublik Deutschland sozial, kulturell und mental tief gespalten ist. Sie tragen die Verantwortung dafür, dass die Menschen das Vertrauen in den Staat und in seine Institutionen immer weiter verlieren.“

Die Antwort der Linkspartei ist ebenfalls die Aufrüstung des kapitalistischen Staats- und Unterdrückungsapparats. Bartsch brachte es in seiner Rede sogar fertig, Seehofer und die CSU von rechts anzugreifen. „Sie sind doch seit 2005 durchgängig an der Regierung. Und jetzt wollen Sie mit der von Ihnen getragenen Politik nichts zu tun haben? In all den Jahren haben Sie die meiste Zeit den Innenminister gestellt. Sie haben all die Kürzungsarien bei der Polizei und im öffentlichen Dienst mitgemacht und sie sogar vorangetrieben.“

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