Sonderermittler Mueller versucht „russische Einmischung“ mit WikiLeaks und Julian Assange zu verknüpfen

Die Untersuchung unter Führung des Sonderermittlers und ehemaligen FBI-Direktors Robert Mueller, die die angebliche „geheime Zusammenarbeit“ zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland während der Präsidentschaftswahl 2016 ermitteln soll, hat ein neues Stadium erreicht.

Mueller versucht, die Behauptungen zu untermauern, ein Insider aus Trumps Wahlkampfteam, Roger Stone, und WikiLeaks-Gründer Julian Assange seien Teil einer Verschwörung mit dem Ziel, E-Mails des Nationalkomitees der Demokraten (DNC) und des Wahlkampfmanagers von Hillary Clinton, John Podesta, zu hacken und zu veröffentlichen. Mueller hatte die Behauptungen letzten Monat im Rahmen der Anklage gegen zwölf russische Geheimdienstoffiziere aufgestellt.

Im Rahmen von Muellers Untersuchung wurden mindestens acht vermeintliche „Partner“ von Roger Stone befragt oder vorgeladen. Eine davon, Kristin Davis, trug ihre Schilderung im letzten Monat freiwillig vor und wurde angewiesen, am Freitag vor einer Woche noch einmal formell vor einer Grand Jury auszusagen. Ein weiterer Befragter, Andrew Miller, weigerte sich, am gleichen Tag zu erscheinen und wurde wegen Missachtung des Gerichts bestraft. Letzten Donnerstag schickte Mueller außerdem eine Vorladung an den Radiokommentator und WikiLeaks-Unterstützer Randy Credico, der am 7. September aussagen soll.

Letzten Freitag erklärte Credicos Anwalt, Muellers Untersuchung wolle „mit ihm vermutlich über Roger Stone und Julian Assange reden“. Kristin Davis erklärte am Montag auf CNN, die Grund Jury habe sie befragt, „ob es in irgendeiner Form eine geheime Zusammenarbeit mit Russland gegeben hat.“

Die angeblichen Beweise für ein schändliches Komplott zwischen dem russischen Geheimdienst, Stone und WikiLeaks sind geradezu grotesk.

Im Juni 2016 hatte Julian Assange in einem Interview öffentlich bekanntgemacht, dass WikiLeaks Informationen über das demokratische Wahlkampfteam habe. Am 22. Juli 2016 veröffentlichte es die Leaks des DNC.

Roger Stone behauptete, er habe am 8. August mit Assange „kommuniziert“. Seine ersten angeblichen Nachrichten an Randy Credico wurden sogar erst im September abgeschickt. Darin habe er den Radiomoderator gebeten, mittels seiner Beziehungen zu Assange herauszufinden, ob WikiLeaks noch mehr Material hat.

Zudem hat Stone seine Tweets an den angeblichen Hacker „Guccifer 2“ – laut den amerikanischen Geheimdiensten eine Tarnidentität der russischen Behörden – erst verschickt, nachdem WikiLeaks die geleakten E-Mails bereits erhalten und die Dateien des DNC veröffentlicht hatte.

WikiLeaks kann seine Quellen nicht enthüllen und tut dies auch nicht. Allerdings hat ein Unterstützer der Organisation, der britische Whistleblower Craig Murray, eine glaubwürdige Erklärung dazu gemacht, laut der die Daten nicht von Hackern, sondern von Insidern des DNC weitergegeben wurden.

Was die E-Mails des DNC und anderer Organe der Demokratischen Partei betrifft, so ist die Quelle ohnehin irrelevant. Sie sind waren allen journalistischen Standards einen Bericht wert. Sie haben die wahre Verschwörung enthüllt, die im Verlauf der Präsidentschaftswahl aktiv war: eine bewusste Kampagne des vorgeblich unparteiischen Nationalkomitees mit dem Ziel, den Wahlkampf von Bernie Sanders zu sabotieren und Hillary Clinton die Nominierung zu sichern.

WikiLeaks veröffentlichte die E-Mails des DNC am Vorabend des Nationalen Parteitags der Demokraten. Die Enthüllung löste Empörung bei den 13 Millionen Amerikanern aus, die bei den Vorwahlen der Demokraten für Sanders gestimmt hatten, weil sie vor allem seine Anklagen gegen die „Milliardärsklasse“ und seine populistischen Versprechen unterstützten, für mehr soziale Gleichheit zu kämpfen.

Die Vorsitzende des DNC, Debbie Wasserman Schultz, musste vor dem Parteitag in Schande zurücktreten. Nach dem Parteitag traten auch die Vorstandschefin des DNC, Amy Dacey, Finanzchef Brad Marshall und Kommunikationsdirektor Luis Miranda zurück.

Am 7. Oktober 2016 veröffentlichte WikiLeaks eine große Zahl von E-Mails von Clintons Wahlkampfmanager John Podesta. Genau wie im Falle der DNC-Leaks waren auch diese Informationen höchst berichtenswert. Darunter befanden sich Abschriften von Reden, die Hillary Clinton bei verschiedenen Banken und Wirtschaftsforen gehalten hatte. Sie erklärte darin stolz ihre Unterstützung für die Wall Street und verpflichtete sich, die Interessen der Finanzoligarchie zu wahren.

Die Enthüllungen von WikiLeaks haben nur bekräftigt, wofür sich Millionen amerikanischer Arbeiter und Jugendlicher angesichts der Wahlalternative zwischen Trump und Clinton bereits entschieden hatten: keiner der beiden Kandidaten des Großkapitals verdient ihre Unterstützung. Trump erhielt die Mehrheit im Wahlmännerkollegium und gewann die Wahl, weil Clinton aufgrund der allgemein sinkenden Wahlbeteiligung in einigen wichtigen Staaten nicht genug Unterstützung bekam, obwohl sie insgesamt drei Millionen Stimmen mehr erhielt als Trump. Selbst wenn es eine russische „Einmischung“ gab, hatte sie keine nennenswerten Folgen für das Ergebnis.

Die ganze Verschwörungstheorie um „russische Einmischung“ könnte als absurd verworfen werden, wenn sie nicht von einflussreichen Teilen des amerikanischen Establishments mit einer derartigen Hartnäckigkeit verfolgt würde und so immense Folgen sowohl für die demokratischen Rechte in den USA als auch für die internationalen politischen Beziehungen hätte.

Die Kampagne diente zutiefst reaktionären Zwecken. Erstens, um unter dem Vorwand des Kampfes gegen „Fake News“ eine umfassende Zensur von oppositionellen, hauptsächlich linken Ansichten in Internetsuchmaschinen, auf Facebook und in anderen sozialen Netzwerken zu fordern.

Gleichzeitig spielte sie eine bedeutende Rolle bei der verschärften Verfolgung von Julian Assange selbst. Der WikiLeaks-Gründer wurde als russische Marionette verunglimpft, während ihm die Kommunikation mit der Außenwelt unmöglich gemacht wurde und seine Ausweisung aus der ecuadorianischen Botschaft vorbereitet wird, in der er 2012 politisches Asyl erhalten hatte. Assange droht die Verhaftung durch die britischen Behörden, während die amerikanischen seine Auslieferung an die USA beantragen, wo ihm ein Prozess wegen falscher Spionagevorwürfe droht.

Zweitens wurde die Hysterie um „Einmischung“ benutzt, um die Trump-Regierung dazu zu drängen, eine kriegerische Außenpolitik gegenüber Russland beizubehalten. Diese Politik droht weitere Konflikte im Nahen Osten und in Europa auszulösen.

Schließlich wird die Behauptung über eine geheime Zusammenarbeit eindeutig als mögliches Mittel angesehen, Trump zum Rücktritt zu zwingen oder ihn seines Amtes zu entheben, um seine unberechenbare Präsidentschaft durch eine Palastrevolte zu beenden und ihn durch seinen rechten, christlich-fundamentalistischen Vizepräsident Mike Pence zu ersetzen.

Die Vorwürfe gegen Roger Stone sind bei diesen Plänen von zentraler Bedeutung. So wird stillschweigend unterstellt, dass Trump über seine Beziehungen zu Stone in irgendeiner Form mit einem Komplott zur Beeinflussung des Wahlergebnisses zu tun gehabt hätte und damit einverstanden gewesen sei.

Am 27. September 2017 stellte sich Stone einer feindseligen Befragung durch den Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses. Er bestritt ausdrücklich „den Vorwurf, dass ich bereits vorab über den Zeitpunkt, den Inhalt und die Quelle der WikiLeaks-Enthüllungen über das DNC informiert war.“ Er erklärte, seine einzige Kommunikation mit WikiLeaks habe über einen „Journalisten“ stattgefunden, der als „Mittelsmann“ diente. Später nannte er Randy Credico.

Credico hat angedeutet, er werde Stone bei der Untersuchung Muellers teilweise widersprechen. Er bestreitet, dass der Austausch von einigen Nachrichten ihn zu einem „Mittelsmann“ zwischen dem rechten politischen Funktionär und WikiLeaks gemacht habe. Er deutete jedoch außerdem an, er werde aussagen, dass er nichts über eine direkte Beziehung zwischen Stone und Assange wisse.

WikiLeaks hat auf Twitter mehrfach erklärt, es habe mit Stone keinerlei Absprachen über die Details oder den Zeitplan der Veröffentlichungen gegeben.

Die wesentliche Folge der Vorladung von Credico durch Mueller und das anhaltende Verfahren gegen Stone wegen der angeblichen Beziehungen zu WikiLeaks besteht darin, dass „russische Einmischung“ im Vorfeld der Halbzeitwahlen im November ein Top-Thema in den amerikanischen Medien bleiben wird.

Die Kräfte hinter dieser Hysterie rechnen scheinbar damit, dass die konstanten Vorwürfe, die Trump-Regierung habe sich einer geheimen Zusammenarbeit mit Russland oder sogar des „Landesverrats“ schuldig gemacht, der Demokratischen Partei eine Mehrheit im Repräsentantenhaus sichern werden. Von dieser neuen Machtbasis aus könnten sie Untersuchungen durchführen, anderweitig Druck auf die Regierung ausüben und sogar die Chancen für ein Amtsenthebungsverfahren erhöhen.

Loading