US-Handelsabkommen mit Mexiko richtet sich gegen Washingtons Rivalen und die Arbeiterklasse

Am Montag verkündete US-Präsident Donald Trump ein bilaterales Handelsabkommen zwischen den USA und Mexiko, das das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) ersetzen wird. Dieses wirtschaftliche und geopolitische Machtspiel hat weitreichende Folgen, nicht nur für Kanada, die USA und Mexiko, sondern auch für die globalen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen.

Die Einzelheiten des Handelsabkommens zwischen den USA und Mexiko sind noch nicht ausgehandelt, geschweige denn veröffentlicht. Dennoch ist klar, dass die Trump-Administration Mexiko große Zugeständnisse abgerungen hat, die sich auf die Bereiche Energie, Finanzdienstleistungen, geistiges Eigentum und den Automobilsektor auswirken.

Trump und seine Spitzenbeamten gaben sich am Montag alle Mühe, die Ankündigung als eine gegen Kanada gerichtete Drohung zu formulieren. Der US-Präsident erklärte, dass NAFTA tot sei und Kanada dem neuen Abkommen zwischen den USA und Mexiko nur beitreten könne, wenn es „fair“ verhandele, d. h. sich den zentralen Forderungen der USA beuge.

„Ehrlich gesagt denke ich, bei Kanada wäre es das Einfachste, Zölle auf seine Autos zu erheben“, sagte Trump und drohte damit, einen 25-prozentigen Zoll auf Autoimporte aus Kanada einzuführen. „Das ist eine enorme Menge Geld“, fuhr er fort, „und eine sehr einfache Verhandlung.... Aber ich denke, wir werden ihnen eine Chance geben, wahrscheinlich einen separaten Deal zu machen. Wir können einen separaten Deal machen, oder wir können es in diesen Deal aufnehmen.“

Trump wiederholte seine langjährige Forderung, dass Kanada seine landwirtschaftlichen Versorgungssysteme, die die Importe von amerikanischen Milchprodukten und Geflügel stark einschränken, abschaffen oder zumindest drastisch einschränken sollte.

Die kanadischen Unterhändler wurden letzten Monat von den NAFTA-Neuverhandlungen ausgeschlossen, mit der Begründung, dass es ausschließlich um US-mexikanische Fragen gehe. Um jetzt den Druck auf Ottawa zu erhöhen, versprach die Trump-Regierung, sie werde den Kongress am Freitag offiziell über eine Nachfolgevereinbarung zu NAFTA informieren – ob Kanada mit an Bord sei oder nicht.

Die kanadische Außenministerin Chrystia Freeland reiste am Dienstag nach Washington, um mit Trump-Vertretern Gespräche über Handelsfragen zu führen.

Wenn bis Freitag kein dreiseitiges Abkommen zustande kommt, bleibe es Kanada laut US-Vertretern vorbehalten, das Abkommen zwischen den USA und Mexiko später zu unterzeichnen. Doch die implizite Bedrohung lautet: Je länger Ottawa mit Washington feilscht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es getrennte Handelsabkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada geben wird, was die beiden Nachbarn Amerikas in eine noch schwächere Position gegenüber dem US-Koloss bringt und die kontinentalen Produktionsketten des kanadischen Großkapitals zu unterbrechen droht.

Mexikanische Vertreter – so auch der scheidende mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto am Montag – haben lange darauf bestanden, dass sie ein Dreiländerabkommen beibehalten wollen. Aber später am Montag signalisierte der mexikanische Außenminister Luis Videgaray Caso, dass Mexiko ein bilaterales Abkommen mit Washington akzeptieren wird, wenn es hart auf hart kommt. „Es gibt Dinge, die wir nicht kontrollieren können“, sagte Videgaray, „insbesondere die politischen Beziehungen zwischen Kanada und den USA, und wir wollen Mexiko definitiv nicht der Ungewissheit aussetzen, keinen Deal zu haben“.

Trotz Trumps Jubel über den neuen US-Mexiko-Deal ist ungewiss, welche Bedeutung das Abkommen letztlich haben wird. So müssen nicht nur die Vertragsbedingungen konkretisiert werden. Es gibt auch mächtige Teile des US-Großkapitals und viele Abgeordnete im US-Kongress, die gegen die Abschaffung eines US-geführten nordamerikanischen Wirtschaftsblocks sind – und darauf setzt die kanadische Regierung. Hochrangige Republikaner und Demokraten haben Trump vorgeworfen, dass er die Autorisierung durch den Kongress, NAFTA zu „modernisieren“, überschreitet, indem er den kontinentalen Handelspakt durch ein bilaterales Abkommen zwischen den USA und Mexiko ersetzt.

Allerdings hat die Neuverhandlung von NAFTA das Bestreben der herrschenden US-Elite verdeutlicht, die Last der weltweiten kapitalistischen Krise auf andere Mächte, einschließlich ihrer angeblichen Verbündeten, abzuwälzen. Diese Politik hat die Auflösung der von den USA geführten „liberalen“ kapitalistischen Weltordnung zur Folge. Die rivalisierenden kapitalistischen Cliquen kämpfen nunmehr um Märkte, Profite und militärisch-strategische Vorteile. Ohne das revolutionäre Eingreifen der Arbeiterklasse führt die Logik von Protektionismus, Handelskrieg und geopolitischen Konflikten erneut in einen katastrophalen Krieg zwischen den Großmächten.

Trumps Vorstoß, die wirtschaftliche und militärische Partnerschaft mit Kanada im Interesse Washingtons und der Wall Street umzugestalten, hat die herrschende Elite Kanadas, die seit einem dreiviertel Jahrhundert damit prahlt, Washingtons engster und „bester“ Verbündeter zu sein, in eine historische Krise gestürzt.

Eine in der vergangenen Woche veröffentlichte Studie der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich kam zu dem Schluss, dass Kanada, vor allem wegen des Automobilsektors, von den drei NAFTA-Staaten am stärksten betroffen wäre, wenn das jahrzehntelange Abkommen aufgehoben würde.

Die bisher veröffentlichten Informationen deuten darauf hin, dass der Handelspakt zwischen den USA und Mexiko wichtige kanadische Forderungen ignoriert und gleichzeitig gegen mehrere Grundsätze Kanadas verstößt, darunter die Beibehaltung eines trilateralen Streitbeilegungssystems.

Im Rahmen des derzeitigen Abkommens würde Mexiko weiterhin den Zöllen von 10 bzw. 25 Prozent unterliegen, die Trump Anfang des Jahres für Aluminium- bzw. Stahlimporte eingeführt hat.

Einige kanadische Kommentatoren nahmen Trost daran, dass die Trump-Regierung Mexiko gezwungen hat, neue Regeln zu akzeptieren, die den zollfreien Zugang von Autos und leichten Nutzfahrzeuge zum nordamerikanischen Markt bestimmen. Dazu gehören: die Herstellung von 75 Prozent – statt bisher 62,5 Prozent – der Autoteile in Nordamerika; die Verwendung von mehr Stahl und Aluminium aus Nordamerika; und die Auflage, dass 40 bis 45 Prozent eines Fahrzeugs von Arbeitnehmern produziert werden, die mindestens 16 US-Dollar pro Stunde verdienen.

Die Gewerkschaften in Kanada und den USA, die eng in die NAFTA-Verhandlungen eingebunden waren, begrüßen die neuen Autoregeln als großen Fortschritt. Sie stellten sich auch hinter Trumps Stahl- und Aluminiumzölle und seine Drohung, europäische und asiatische Autos mit Zöllen von 25 Prozent zu belegen.

In einem Interview freute sich Jerry Dias, der Präsident von Unifor, die aus der kanadischen Autoarbeitergewerkschaft hervorging, über die Tatsache, dass die neuen Regeln zur Entlassung der verarmten Schichten mexikanischer Autoarbeiter führen werden. „Es steht außer Frage“, sagte Dias, „dass Mexiko einige Arbeitsplätze verlieren wird, die es im Laufe der Jahre übernommen hat. Also ich denke, das ist eine positive Entwicklung für Kanada.“

Die Autovorschriften des US-Mexiko-Handelsabkommens sind aus zwei Gründen von großer Bedeutung. Erstens unterstreichen sie, dass die Wiedereingliederung von Arbeitsplätzen in die USA und nach Kanada infolge von Trumps „America First“-Politik und der Hinwendung zum Protektionismus auf der Ausweitung des Niedriglohnsektors und der verstärkten Ausbeutung mit voller Beteiligung der korporatistischen, prokapitalistischen Gewerkschaften basieren wird.

Zweitens weisen sie daraufhin, dass die Trump-Administration entschieden hat, die angedrohten 25-Prozent-Zölle auf Autos umzusetzen, eine Maßnahme, die den schwelenden Handelskrieg zwischen den USA und der Europäischen Union und Japan dramatisch eskalieren wird.

Denn ohne eine deutliche Anhebung des derzeitigen 5-Prozent-Tarifs auf nach Nordamerika importierte Autos werden die neuen Regeln für den zollfreien NAFTA-Zugang laut Autoanalysten nicht nur unwirksam sein, sondern die Wettbewerbsposition der nordamerikanischen Hersteller sogar untergraben.

Die Trump-Regierung ist die NAFTA-Verhandlungen vom Standpunkt her angegangen, die eigene Position zu stärken, um ihren mächtigen wirtschaftlichen Konkurrenten, vor allem China, Deutschland und Japan, entgegentreten zu können. Als Trumps Handelsminister Wilbur Ross diese Strategie im Januar 2017 verkündete, verzichtete er auf diplomatische Etikette und bezeichnete die südlichen und nördlichen Nachbarn Amerikas als „unser Territorium“. Ross erklärte: „Wir sollten die Beziehungen in unserem Territorium so gut wie möglich festigen, bevor uns anderen Zuständigkeiten widmen.“

Sowohl Kanada als auch Mexiko, die Washingtons größere Ziele erkannten, signalisierten eilig ihre Unterstützung für Maßnahmen gegen China, darunter Beschränkungen des Marktzugangs und Investitionen für staatliche Unternehmen – Maßnahmen, die Washington in anderen Handelsabkommen als Standard festlegen will.

Die Antwort der kanadischen herrschenden Klasse auf den erhöhten Druck, den Washington ausübt, wird darin bestehen, rücksichtsloser gegen die Arbeiterklasse vorzugehen und ihre eigenen räuberischen Interessen auf der Weltbühne aggressiver durchzusetzen. Die von Justin Trudeau geführte liberale Regierung hat versprochen, dass sie im Herbst mit einer aktualisierten Haushaltsstrategie auf das wachsende Geschrei des Großkapitals reagieren wird, um den massiven Steuersenkungen von Trump zu entsprechen.

In Ontario, der bevölkerungsreichsten Provinz des Landes, hat die herrschende Klasse eine konservative Regierung unter der Führung des Trump-Verehrers und Rechtspopulisten Doug Ford an die Macht gebracht, um den Angriff auf öffentliche Dienstleistungen und Arbeiterrechte zu verstärken.

Als Reaktion auf die Stahl- und Aluminiumzölle von Trump hat die Regierung Trudeau nicht nur Vergeltungszölle in Höhe von 16 Milliarden kanadische Dollar verhängt, sondern auch protektionistische Maßnahmen gegen China und andere Billigproduzenten in so genannten Schwellenländern verstärkt.

Und im Juni 2017 kündigte die Trudeau-Regierung eine 70-prozentige Erhöhung der kanadischen Militärausgaben bis 2026 an. Wie Außenministerin Freeland erklärte, will Kanada so seine Unterstützung für eine von den USA geführte Weltordnung – d. h. die nordamerikanische Vorherrschaft – stärken und dabei sicherstellen, dass die kanadische herrschende Elite genug Macht hat, um ihre eigenen Interessen durchzusetzen, also einen größeren Anteil an der Beute imperialistischer Intrigen und Kriege zu erhalten.

In Opposition zu den rivalisierenden Eliten und den prokapitalistischen Gewerkschaften, die als deren loyale Vasallen die Arbeiter in den Handelskrieg zerren und zu Nationalismus und Militarismus aufstacheln, müssen sich die Arbeiter in Kanada, den USA und Mexiko mit ihren wahren Verbündeten, den Arbeitern in Asien, Europa und der ganzen Welt, zusammenschließen und gegen soziale Angriffe und Krieg kämpfen.

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