Verteidigt die Redefreiheit von Chelsea Manning in Australien!

Die liberal-nationale Koalition unter Premierminister Scott Morrison hat nach nur einer Woche im Amt bekanntgegeben, dass der Whistleblowerin Chelsea Manning die Einreise nach Australien verweigert wird. Die ehemalige Angehörige des US-Militärs sollte in mehreren australischen Städten sprechen. Dass sie nun kein Visum erhält, ist eine direkte Attacke auf demokratische Rechte und die Redefreiheit.

Nur wenige Tage bevor Manning in Sydney, Melbourne und Brisbane sowie in Auckland (Neuseeland) hätte auftreten sollen, teilte die Regierung ihr in einer „Absichtserklärung“ mit, dass sie kein Visum bekommt. In einer fadenscheinigen Begründung heißt es, dass sie aufgrund ihres „beträchtlichen Strafregisters“ „charakterlich“ nicht geeignet wäre, den Anforderungen des Einwanderungsgesetzes zu genügen. Ähnliche Schritte, um Manning auch in Neuseeland an einem öffentlichen Auftreten zu hindern, sind bereits im Gange.

Die Socialist Equality Party (SEP) verurteilt diese Zensurmaßnahmen und fordert ihre sofortige Aufhebung. Manning ist keine „Kriminelle“ – es war vielmehr ihre heroische Tat, die die wahren Kriminellen überführte: Manning trug vor acht Jahren dazu bei, dass WikiLeaks 750.000 als geheim eingestufte Dokumente des US-Militärs veröffentlichen konnte. Ungeachtet dessen sind bis heute sowohl in Washington als auch in Canberra immer noch die gleichen Verbrecher an der Macht.

Manning wird ihr demokratisches Recht, öffentlich über ihr Handeln zu sprechen, verweigert. Die Menschen in Australien und Neuseeland werden ebenfalls ihres fundamentalen Rechts beraubt, Manning anzuhören und mit ihr über die politischen Implikationen der Offenlegung der Geheimdokumente zu diskutieren.

Chelsea Manning, früher bekannt als Gefreiter Bradley Manning, war in mehreren Militärgefängnissen inhaftiert und wurde gefoltert. Die Regierung unter US-Präsidenten Barack Obama verurteilte sie damals zu einer Haftstrafe von 35 Jahren. Nach sieben Jahren in Haft erließ Obama ihr den Großteil der Freiheitsstrafe. Doch Mannings Eintrag im Strafregister blieb ansichtlich unangetastet.

Das alles widerfuhr der ehemaligen Mitarbeiterin des US-Militärgeheimdienstes, weil sie Videos, Dokumente und Akten offenlegte, welche die Morde, Kriegsverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und anti-demokratischen Machenschaften des US-Militärs, der Geheimdienste und des politischen Establishments beweisen. Gleiches gilt für die Alliierten der US-Regierung, darunter auch Australien.

Durch Mannings entschiedenes Handeln und die Veröffentlichung der Dokumente auf WikiLeaks, liegen eindeutige Beweise gegen jene vor, die für die illegalen Invasionen Afghanistans und des Iraks sowie deren Besetzung verantwortlich sind. Ganz zu schweigen von den hunderttausenden unschuldigen Zivilisten, die dabei ums Leben gekommen sind.

Die australische Regierung unter Morrison versucht nun alles, um die öffentlichen Auftritte Mannings zu verhindern. Ihre Vorläuferregierungen, sowohl der national-liberalen Koalition als auch der Labour Party, haben dabei jenen Kriegsverbrechern, deren Gräueltaten Manning aufgedeckt hat, stets den roten Teppich ausgerollt.

Darunter waren allein in den letzten eineinhalb Jahren der vor kurzem verstorbene republikanische Senator John McCain, Ex-US-Außenministerin Hillary Clinton sowie der ehemalige Nationale Geheimdienstdirektor der USA, James Clapper. Auch zahlreiche hochrangige Militärs wurden in Australien willkommen geheißen. Sie alle müssten sich eigentlich vor Gericht verantworten – genauso wie die ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush und Barack Obama und ihre australischen Verbündeten, darunter die ehemaligen Premierminister John Howard, Kevin Rudd und Julia Gillard.

Erst vor einer Woche wurde Malcom Turnbull durch einen innerparteilichen Coup von Morrison verdrängt, doch bereits jetzt zeigt die Koalitionsregierung durch die Beschränkung der Meinungsfreiheit von Manning, dass sie ganz im Sinne der herrschenden Klasse der USA agiert. Das gilt besonders hinsichtlich der Vorbereitung neuer Kriegsverbrechen, sowie der militärischen Konfrontation mit China. Es ist unverkennbar, dass die australische Bourgeoisie sämtliche demokratischen Rechte ausmerzen will, damit sich die bereits bestehende Opposition gegen den Militarismus nicht zu einer Anti-Kriegsbewegung entwickelt.

Die Gegensätze könnten derzeit nicht drastischer sein. Eine der ersten Handlungen Morrisons als neuer Premierminister bestand darin, US-Präsident Donald Trump nach Australien einzuladen.

Kriegshetzer sind in Australien also willkommen, nicht jedoch jene, die sich dem Kampf gegen den Krieg verschrieben haben.

Es besteht kein Zweifel daran, dass die Entscheidung, den Besuch von Manning zu blockieren, in enger Absprache mit der Trump-Administration und dem US-Geheimdienst getroffen wurde. Innenpolitisch kann sich die Regierung einen derartigen Schritt allerdings nur erlauben, weil sie sich sicher sein kann, keinen ernsthaften Widerstand seitens der Labour-Party erwarten zu müssen. Diese hat erklärt, dass WikiLeaks durch die Veröffentlichung von Mannings Enthüllungen im Jahr 2010 „verbrecherisch“ gehandelt habe.

Doch damit nicht genug: Das einstige „liberale“ und „linke“ Establishment Australiens hat sowohl in der Politik als auch in den Medien jegliche Verteidigung von WikiLeaks-Gründer Julian Assange eingestellt.

Der australische Staatsbürger Assange wird weiterhin in einem winzigen Raum in der ecuadorianischen Botschaft in London gefangen gehalten, jegliche Kommunikation mit der Außenwelt wird ihm verweigert. Seither hat es jede Regierung abgelehnt, ihre diplomatische Macht und ihr politisches Ermessen einzusetzen, um Assanges Freilassung zu erwirken. Die australischen Grünen und unabhängige Parlamentarier wie Andrew Wilkie sind dabei zu stillschweigenden Komplizen der Regierung geworden. Assange bleibt damit eine politische Geisel und ist weiterhin der ständigen Gefahr ausgesetzt, unter Vorwurf der Spionage an die USA ausgeliefert zu werden.

Dem Aufruf der SEP zu einer Demonstration am 17. Juni vor dem Rathaus in Sydney, um die sofortige Rückkehr von Assange nach Australien zu erwirken, ist – abgesehen von dem bekannten Journalisten John Pilger und wenigen engagierten Bürgern – keine einzige Partei, Gewerkschaft, Zivilrechtsorganisation oder Medienvertretung gefolgt.

Die vergiftete Stimmung in Australien, in der demokratische Rechte und die Redefreiheit mit Füßen getreten werden, verhindert Mannings öffentliches Auftreten.

Der Angriff auf Chelsea Manning, und auch die entscheidende Rolle Australiens bei der Verfolgung von Assange, lassen für die demokratischen Rechte der Arbeiterklasse nichts Gutes erahnen.

Die Vorbereitungen auf einen weiteren, durch die USA geführten Krieg werden verstärkt, begleitet von zunehmenden Sparmaßnahmen und sozialer Ungleichheit. Staatliche Repressionen werden eingesetzt, um soziale Unruhen und politischen Dissens zu unterdrücken, was besonders für die Antikriegsbewegung gilt. Erst vor zwei Monaten reichten sich die Labour-Partei und die Koalitionsregierung die Hände, um ein Gesetz gegen „auswärtige Einmischung“ zu erlassen, das seinesgleichen sucht. Das Gesetz kriminalisiert jegliche Handlungen, die vermeintlich im Zusammenhang mit China stehen oder Widerstand gegen eine Beteiligung Australiens an US-Militäraktionen vermuten lassen.

Die Verbannung von Manning ist eine erneute Warnung, dass die Regierung unter Morrison ein weiterer Schritt des politischen Establishments hin zu umfassenden Kriegsvorbereitungen ist. Gleiches gilt für die Etablierung einer rechtsextremen Bewegung, um die zunehmende soziale und politische Unzufriedenheit in zerstörerische nationalistische Kanäle umzuleiten.

Die SEP fordert, dass Chelsea Manning umgehend ein Visum ausgestellt wird, und gleichzeitig bekräftigen wir erneut die Forderung nach der Freilassung von Julian Assange. Ihr Schicksal kann nicht den kapitalistischen Regierungen und Gerichten überlassen werden. Wir rufen Arbeiter und junge Erwachsene in Australien, Neuseeland und der ganzen Welt dazu auf, diese zwei außergewöhnlichen Persönlichkeiten zu verteidigen. Nur auf diesem Weg können wir umfassend für die demokratischen und sozialen Rechte der gesamten Arbeiterklasse kämpfen.

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