Großbritannien

Momentum-Vorsitzender Jon Lansman unterstützt Hexenjagd gegen Corbyn

Am vergangenen Wochenende erreichte die Kampagne des rechten Flügels in der britischen Labour Party, ihren Vorsitzenden Jeremy Corbyn als Antisemiten zu verunglimpfen, einen neuen Höhepunkt. Der Auftritt von Momentum-Führer Jon Lansman beim prozionistischen Jewish Labour Movement (JLM) war dabei besonders übel.

Lansman nahm Platz neben dem ehemaligen Premierminister Gordon Brown und anderen Blair-Mitstreitern wie der derzeitigen JLM-Vorsitzenden Luciana Berger und Ruth Smeeth, der ehemaligen Leiterin des Britain Israel Communications and Research Centre, die von WikiLeaks als „streng geschützter“ US-Aktivposten enttarnt wurde.

Bei dem Treffen erklärte Brown, antijüdische Stimmungen sei „ein Problem der Verschwörungstheorie der Linken“.

Margaret Hodge, die im Juli im Parlament eine bösartige Provokation gegen Corbyn inszenierte und ihm ins Gesicht schrie, er sei ein „verdammter Antisemit und Rassist“, sagte gegenüber der Presse: „Ich habe ihn im Juli einen antisemitischen Rassisten genannt, und seitdem wurde ich in meiner Überzeugung bestätigt.“ Sie machte deutlich, dass es Corbyns Gegnern um das Absetzen des Labour-Vorsitzenden geht: „Er [Corbyn] ist das Problem.“

Angesichts solcher Äußerungen verkaufte sich Lansman am Sonntag als die Stimme der Vernunft, die Corbyn am besten in die von seinen Gegnern öffentlich geforderte Richtung drängen kann.

Als Vorsitzender von Momentum, jener Organisation, die sich als politische Heimat der Corbyn-Anhänger versteht, scherzte Lansman fröhlich, der Labour-Führer könne ein Antisemitismus-Training machen. Auf einen Kommentar aus dem Publikum, antwortete er unter Beifall und Gelächter: „Ich denke, es gibt immer einen Platz für Bildung im Leben eines jeden und Jeremy Corbyn hat sich immer für das lebenslange Lernen stark gemacht“.

Die Momentum-Bewegung, so beruhigte er sein Publikum, sei entschlossen, „Antisemitismus zu bekämpfen“ und „Vertrauen wieder aufzubauen“, denn: „Leider gibt es die Wahrnehmung, dass es in unserer Partei Antisemitismus gibt, und deshalb müssen wir handeln".

Lansman rechtfertigt damit die Kampagne, mit der die Linke als antisemitisch verunglimpft wird. Zudem sicherte er den rechten Labour-Abgeordneten zu, sie müssten keine Angst haben, dass ihre Sitze von Momentum bedroht sind, wenn sie nur aufhörten „darauf zu warten, dass Jeremy geht, damit sie die Uhr zurückdrehen können“.

Lansman verharmlost bewusst die rechte Verschwörung, durch Spaltung der Labour Party die Konservativen an der Macht zu halten. Er ordnet die 500.000 Labour-Mitglieder der-Partei lieber dem Pro-Krieg- und Pro-Austeritäts-Flügel unter als die Entwicklung einer echten Bewegung von unten gegen sie zu riskieren.

Vier Tage zuvor hatte der ehemalige Sozialminister Frank Field die Labour-Fraktion in Westminster verlassen und sich über die „Tolerierung“ von Antisemitismus und einer „Kultur des Bösen“ unter Corbyn beschwert. Field lehnte arrogant das übliche Verfahren des Nachrückens eines Abgeordneten ab und erklärte, er würde als unabhängiger Abgeordneter weitermachen.

Im Jahr 2010 hatte Field die Einladung des konservativen Premierministers David Cameron angenommen, als „Poverty Tsar“ in der Koalition aus Tories und Liberal Democrats zu agieren, d.h. die Einhaltung des üblen Sparkurses zu überwachen. Er bezeichnete die ehemalige Premierministerin Margaret Thatcher als „Heldin“ und sagte, dass er „Frau T. von Zeit zu Zeit“ während ihrer Amtszeit gesehen hatte. Seine Entscheidung, die Labour-Fraktion zu verlassen, folgte einer Misstrauenserklärung seines eigenen Ortsverbandes gegen ihn, nachdem er mit der Tory-Regierung für den Brexit gestimmt hatte.

Im Observer heißt es, dass weitere Rücktritte von Rechten bevorstehen und dass „eine der Herausforderungen für diese Gruppe während eines Sommers der Gärung in der Labour Party darin bestand, sich zum Abwarten zu motivieren anstatt sofort zurückzutreten“. Autor Andrew Rawnsley berichtet, ein Mitarbeiter des Labour-Abgeordneten Mike Gapes habe sich täglich „gequält“, ob er aufhören solle. Er sagte der Zeitung: „Einen Großteil des Sommers verbrachten wir damit, die Bande zusammen zu halten und die Leute davon abzubringen, sich zu trennen, einer nach dem anderen. Wir alle versuchen, bis zum richtigen Zeitpunkt in Stellung zu bleiben.“

Ein Artikel auf der Titelseite der Sunday Times, die dem Milliardär Rupert Murdoch gehört und eine zentrale Rolle in der Antisemitismus-Kampagne spielt, trug die Überschrift „Rebellierende Labour-Abgeordnete planen Austritt aus Partei und ‚Misstrauensvotum‘“.

In ihm wird berichtet, dass eine Gruppe von Blair-Anhängern „ein Misstrauensvotum plant, um den Abgeordneten eine Möglichkeit zu geben, ihre Empörung über Corbyns Umgang mit der Affäre zum Ausdruck zu bringen. Es besteht die Hoffnung, dass sie andere ermutigen, sich den Abtrünnigen anzuschließen.“ Und weiter heißt es: „Die Wut über Corbyns Haltung zum Antisemitismus hat bis zu 15 Abgeordnete an den Rand einer Abspaltung von der Labour Party gebracht“.

Am Morgen der JLM-Konferenz wiederholte Lord Jonathan Sacks in der BBC seinen früheren Vorwurf, dass Corbyn die schlimmsten Kommentare „seit Enoch Powell“ gebracht habe, einem ehemaligen rechtsextremen Tory-Abgeordneten. Sacks sagte, Corbyn müsse „bereuen und widerrufen“, bis dahin sei er „eine ebenso große Gefahr wie Enoch Powell“.

In einer hysterischen Hetzrede behauptete Sacks, dass britische Juden „erwägen“, das Land zu verlassen wegen der Aussicht, dass Corbyn Premierminister werden könnte: „Juden sind seit 1656 in Großbritannien. Ich weiß von keiner anderen Gelegenheit in diesen 362 Jahren, wo Juden, die Mehrheit unserer Gemeinschaft, fragten: ‚Ist dieses Land sicher, um unsere Kinder großzuziehen?‘ Wenn Leute diese Art von Sprache hören, die von Labour kommt und die in Jeremy Corbyns früheren Reden an die Oberfläche trat, so können sie nur eine existentielle Bedrohung fühlen.“

In seiner Antwort auf Sacks hisste der Schattenkanzler der Labour Party, John McDonnell, die Flagge der Kapitulation. Er erklärte, er halte Sacks Äußerungen für „brutal ehrlich“ und „ziemlich beunruhigend“.

„Ich sage nur eines zu Lord Sacks: ‚Sie verstehen uns falsch, kommen Sie und reden Sie mit uns!‘“ bettelte er.

Auch die Geheimdienste scheinen in die Kampagne gegen Corbyn involviert zu sein. So wurde bestätigt, dass Corbyn von Andrew Parker, dem Leiter des Inlandsgeheimdienstes MI5, zu einem Briefing eingeladen wurde. Damit sollen Corbyn „Fakten“ über die Bedrohung durch dschihadistische Terroristen und russische Spione in Großbritannien vermittelt werden.

Monatelang hatte sich der MI5 geweigert, Corbyn über Sicherheitsfragen zu informieren. Jetzt mischt er sich über Parker ganz offen in politische Fragen ein - mit dem Ziel, die ständigen Vorwürfe zu verstärken, dass Corbyn in Fragen der nationalen Sicherheit nicht vertraut werden kann.

Loading