Medienbriefing in Colombo, Sri Lanka

David North umreißt aktuelle Bedeutung des Trotzkismus

David North, der Vorsitzende der Internationalen Redaktion der World Socialist Web Site, sprach am 1. Oktober in Colombo vor Vertretern der Medien über die Veranstaltungen anlässlich des 80. Jahrestags der Gründung der Vierten Internationale und des 50. Jahrestags der Socialist Equality Party (SEP) in Sri Lanka. Am gestrigen 3. Oktober fand die erste Veranstaltung an der Peradeniya University in Kandy statt, die nächste ist für den 7. Oktober in der New Town Hall in Colombo geplant.

North gab einen kurzen Abriss von Leo Trotzkis Kampf gegen die stalinistische Bürokratie in der Sowjetunion, der in der Gründung der Vierten Internationale gipfelte. Der jahrzehntelange Kampf für den sozialistischen Internationalismus, so North, sei im heutigen Kampf für den Sozialismus von entscheidender Bedeutung.

Der amerikanische Trotzkist dankte der SEP für die Einladung, in Sri Lanka zu sprechen, und fügte hinzu: „Der prinzipientreue und mutige Kampf, den die SEP über einen Zeitraum von einem halben Jahrhundert für die Einheit aller Teile der Arbeiterklasse in Sri Lanka, –unabhängig von ihrem ethnischen oder religiösen Hintergrund – geführt hat, ist den Sozialisten in der ganzen Welt bekannt und hat sie inspiriert.“

Zur Eröffnung der Pressekonferenz erklärte SEP-Generalsekretär Wije Dias, dass die herrschenden Kapitalistenklassen die Gründe für die gegenwärtige Wirtschaftskrise nicht erklären könnten, von Lösungen ganz zu schweigen, und auf diktatorische und autokratische Herrschaftsformen zusteuerten.

„Nur die SEP und das Internationale Komitee der Vierten Internationale (IKVI) und ihre Internetzeitung WSWS haben eine tragfähige Erklärung für den wirtschaftlichen Zusammenbruch und die damit verbundene politische Krise“, sagte er.

Zur Vorstellung von David North umriss Dias die Rolle, die der heutige Vorsitzende der internationalen Redaktion der WSWS in den letzten vier Jahrzehnten in der trotzkistischen Weltbewegung gespielt hat. Er wies die Journalisten auf Norths Bücher hin, von denen einige ins Singhalesische und Tamilische übersetzt wurden. Dazu gehören Verteidigung Leo Trotzkis, Die Russische Revolution und das unvollendete zwanzigste Jahrhundert, A Quarter Century of War: The US drive for global Hegemony 1991 - 2016, und Das Erbe, das wir verteidigen: Ein Beitrag zur Geschichte der Vierten Internationale.

An der Medienkonferenz nahmen Reporter des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders Rupavahini, des staatlichen Independent Television Network (ITN), von Capitol Radio und von Lanka Web News teil, die auf Norths Bemerkungen hin eine Reihe interessierter Fragen stellten. Ein Capital-Radio-Reporter erkundigte sich, wie Sozialisten auf „die Herausforderungen der neuen technologischen Entwicklungen“ reagieren sollten.

David North spricht auf der Pressekonferenz

North antwortete: „Der technologische Fortschritt ist ein immens fortschrittlicher Faktor. Sozialisten stehen der Technologie als Faktor für die Entwicklung des Sozialismus sehr positiv gegenüber. Erstens bietet sie der Masse der Bevölkerung direkten Zugriff auf riesige Mengen an Informationen. Zweitens macht sie die Kommunikationsmittel bei Weitem besser zugänglich, trägt zur Vereinheitlichung der Kämpfe der Arbeiterklasse bei und überschreitet und untergräbt nationale Grenzen.“

„Schließlich schaffen Entwicklungen wie die künstliche Intelligenz die Voraussetzungen für eine Reorganisation der Weltwirtschaft im Interesse der Weltbevölkerung. Sobald die Produktionsmittel nicht mehr der Erzielung von Profit dienen, ermöglichen es diese Fortschritte, Arbeiter auf der ganzen Welt zu vereinen, die Produktion für die Interessen der Mehrheit zu nutzen und eine wissenschaftliche Planung einzuführen.“

Derselbe Journalist bat North, sich dazu zu äußern, dass Jugendliche „wenig Interesse am Sozialismus“ zu haben scheinen.

North antwortete, dass der Verrat und die historischen Lügen des Stalinismus und der Sozialdemokratie sowie die Auflösung der Sowjetunion „für enorme Verwirrung unter den Massen gesorgt haben. Parteien, die sich sozialistisch und kommunistisch nannten, führten eine Politik durch, die alles andere als marxistisch war.“

North fuhr fort: „Aber wir leben jetzt in einer anderen Zeit, in der die Arbeiterklasse wieder an Dynamik gewinnt und sich gegen den Ansturm der sozialen und politischen Reaktion wehren muss.

In den letzten drei Jahrzehnten haben sich die Lebensbedingungen breiter Teile der Arbeiterklasse weltweit verschlechtert. Nach Jahrzehnten antikommunistischer Propaganda gibt es nun in den USA ein starkes und wachsendes Interesse am Sozialismus. Junge Menschen haben heute eine bessere Meinung vom Sozialismus, nachdem sie ihre Erfahrungen mit dem Kapitalismus gemacht haben. Ich denke, wir leben jetzt in einer Zeit, in der Sozialismus, revolutionärer Marxismus und Internationalismus in der Arbeiterklasse viel Gehör finden werden.“

Ein ITN-Journalist fragte, wie die Vierte Internationale zu anderen „linken Organisationen“ stehe.

North erklärte, dass viele der politischen Bewegungen, die in der gegenwärtigen Krise und politischen Radikalisierung auftauchen, keine ernsthaften Lösungen haben und keine Antworten auf Fragen über das historische Schicksal der diversen nationalen bürgerlichen Bewegungen geben können, die in jedem Land versagt haben.

„Die trotzkistische Bewegung hat diese Fallstricke analysiert und erklärt. Im Gegensatz zu allen anderen Organisationen sind der Ausgangspunkt des IKVI nicht die nationalen Bedingungen eines bestimmten Landes, sondern die Weltpolitik und die Weltwirtschaft“, so North.

Der Fernsehsender ITN brachte in seiner singhalesisch-sprachigen Nachrichtensendung um 18.30 Uhr einen dreiminütigen Bericht über die Pressekonferenz und zeigte die Titelseiten der Bücher von North. Auch der englisch-sprachige Nachrichtendienst des Senders sowie die Nachrichten des tamilisch-sprachigen TV-Senders „Vasantham“ brachten kurze Berichte.

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