US-Senat bestätigt Brett Kavanaugh als Obersten Richter

Am Samstag bestätigte der amerikanische Senat Brett Kavanaughs Ernennung zum Richter am Supreme Court mit 50 zu 48 Stimmen. Die Abstimmung folgte fast vollständig den Parteilinien. Nur wenige Stunden später wurde Kavanaugh vom Obersten Richter John Roberts in einer privaten Zeremonie unter Ausschluss der Presse vereidigt.

Kavanaugh, der seinen Platz schon am Montag einnahm, wird den Obersten Gerichtshof noch weiter nach rechts rücken. Mit ihm zusammen bilden fünf rechtsextreme Richter in dem neunköpfigen Gremium einen soliden Block, dem außer ihm John Roberts, Clarence Thomas, Samuel Alito und Neil Gorsuch angehören. Alle fünf wurden von republikanischen Präsidenten nominiert, Gorsuch war der erste Richter, den Präsident Donald Trump nominiert hatte.

Die Minderheit der übrigen vier Richter, die gemäßigt liberal bis konservativ sind, besteht aus Ruth Bader Ginsburg, Stephen Breyer, Sonia Sotomayor und Elena Kagan. Alle vier sind von demokratischen Präsidenten ernannt worden. Erstmalig in der jüngeren Geschichte der USA wird es keinen „Wechsel“-Richter geben, der zwischen den beiden Hauptfraktionen schwankt.

Kavanaugh sitzt jetzt auf dem Richterstuhl, den von 1971 bis 1987 der konservative und wirtschaftsfreundliche Jurist Lewis Powell einnahm. Powell hatte beim Urteil Roe vs. Wade [das den Schwangerschaftsabbruch bedingt legalisierte] mit der Mehrheit gestimmt. Von 1989 bis 2018 saß dort Anthony Kennedy, ebenfalls ein wirtschaftsfreundlicher Konservativer, der mehrere wichtige Urteile über die Rechte von Homosexuellen verfasste und das Recht auf Abtreibung unterstützte. In Fragen der Wirtschaftsinteressen und der Polizeibefugnisse ist Kavanaugh genauso rechts wie diese, aber zu Fragen wie Abtreibung und Homosexuellenrechte nimmt der ultrakonservative Katholik die Position der Kirche ein.

Kavanaugh hat schon erklärt, er sei bereit, als fünfte und entscheidende Stimme zur Aufhebung des Urteils im Fall Roe vs. Wade beizutragen. Er will auch sicherstellen, dass das Obergefell-Urteil zur gleichgeschlechtlichen Ehe gekippt wird. Daneben hat er sich schon als Berufungsrichter einen Ruf für rechtsextreme Ansichten erworben, so bei Themen wie Polizeigewalt, staatliche Überwachung der Bevölkerung und Vorrangigkeit der Exekutive vor der Legislative und Judikative. Auch in den Fragen demokratischer Grundrechte vertritt er äußerst rechte Positionen.

Bekannt und berüchtigt wurde Kavanaugh, als er letztes Jahr den Versuch der Trump-Regierung unterstützte, einer jungen Immigrantin, die vergewaltigt worden war, das Recht auf Abtreibung abzusprechen. Die Frau konnte schließlich die Schwangerschaft abbrechen, da Kavanaugh als einer von drei Berufungsrichtern in der Minderheit war, und da sie den Abbruch durchführte, ehe der Oberste Gerichtshof das Urteil wieder kippen konnte.

Schon seit dem Impeachment gegen Präsident Bill Clinton ist Kavanaugh als strammer Republikaner bekannt. Er war oberster Staatsanwalt in Kenneth Starrs Untersuchungsausschuss und an vorderster Front an der Hexenjagd gegen Clinton beteiligt. Diesem wurde eine einvernehmliche sexuelle Beziehung vorgeworfen, doch während das Republikanisch dominierte Repräsentantenhaus ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn durchsetzte, wurde Clinton später durch ein Senatsverfahren freigesprochen.

Der frischgebackene Richter am Obersten Gerichtshof beteiligte sich noch an einer weiteren rechtsextremen Kampagne, die mehr Erfolg hatte: Im Jahr 2000 war er nach der Präsidentschaftswahl in Florida Teil des Anwaltsteams, das durch einen Appell an den Obersten Gerichtshof die Stimmenauszählung in Florida stoppen konnte. Die Folge war, dass die Wahlmännerstimmen von Florida George W. Bush zugesprochen wurden und er Präsident der Vereinigten Staaten wurde, obwohl sein Gegenkandidat mehr Stimmen hatte als er.

Als Belohnung dafür erhielt Kavanaugh einen hohen Posten in der Bush-Regierung. Dort war er am Gesetzesentwurf beteiligt, der die CIA zu Folter von Gefangenen in ausländischen Geheimgefängnissen wie Guantanamo Bay berechtigte. Später nominierte Bush Kavanaugh als Richter am US-Berufungsgericht für den District of Columbia, das zweithöchste Bundesgericht der USA.

Das Wahlergebnis für Kavanaughs zum Obersten Gerichtshof mit 50 zu 48 Stimmen ist die knappste Mehrheit seit 137 Jahren. Vier der jetzigen fünf rechten Mitglieder haben extrem schlechte Resultate erzielt und sind vom Senat mit den knappsten vier Resultaten der modernen Geschichte bestätigt worden: Kavanaugh mit dem Minimum von 50 Stimmen, Thomas mit 52, Gorsuch mit 54 und Alito mit 58 Stimmen.

Bis zur Probeabstimmung am letzten Freitag war die Stimmenverteilung unentschieden: 48 stimmten für seine Nominierung und 48 dagegen, während vier Senatoren offiziell noch unentschlossen waren. Die Unentschlossenen waren: der Demokrat Joe Manchin aus West Virginia, sowie die Republikaner Susan Collins (Maine), Jeff Flake (Arizona) und Lisa Murkowski (Alaska).

Bei der Probeabstimmung teilten sie sich im Verhältnis von drei zu eins auf, um Debatten über die Nominierung zu begrenzen, die mit 51 zu 49 Stimmen bestätigt wurde. Bei der endgültigen Abstimmung am Samstag hätte das gleiche Verhältnis vorherrschen sollen. Allerdings enthielt sich Lisa Murkowski, Kavanaughs einzige Gegnerin unter den Republikanern, um das Fehlen des republikanischen Kavanaugh-Befürworters Steve Daines auszugleichen. Auf diese Weise kam das Ergebnis von 50 zu 48 Stimmen zustande.

Manchin gab seine Absicht bis zur Probeabstimmung nicht öffentlich bekannt. Allerdings hatte er laut einem Bericht von Politico noch am Donnerstag gegenüber der Senatsführung und dem Weißen Haus seine Entscheidung für Kavanaugh angedeutet. Damit hatte der Demokrat Manchin schon vor der Abstimmung sichergestellt, dass Kavanaugh zumindest die notwendigen 50 Stimmen erhalten würde. Falls es zu einem Untentschieden mit 50 zu 50 Stimmen gekommen wäre, hätte der Vizepräsident Mike Pence mit seiner Stimme die Ernennung Kavanaughs sichern können, doch dies erwies sich als unnötig.

Die letzte Debatte im Senat hat bestätigt, dass der so genannte Widerstand, den die Demokratische Partei Kavanaugh entgegenbrachte, in seinem Wesen völlig rechts war. Ein Senator nach dem anderen lehnte die Nominierung nur wegen der unbewiesenen sexuellen Missbrauchsvorwürfe gegen Kavanaugh ab, doch über seine ultrarechte Vergangenheit als Politiker und Jurist verloren sie kein Wort. Der Tiefpunkt war wohl am Samstagmorgen um vier Uhr erreicht, als der Demokrat Jeff Merkley (Oregon) zwei Stunden lang die Aussagen von mehr als 30 Opfern von Vergewaltigung und sexuellen Übergriffen verlas, unter denen kein einziges Opfer Kavanaughs war.

Da sich die Demokraten ausschließlich auf die unbewiesenen Missbrauchsvorwürfe beschränkten, konnten sich die Republikaner als Verteidiger demokratischer Prinzipien wie der Unschuldsvermutung aufspielen, obwohl sie selbst regelmäßig auf solchen Rechten herumtrampeln, wenn es um Immigranten, Flüchtlinge, Opfer von Polizeigewalt oder den Opfern des „Kriegs gegen den Terror“ geht.

Mehrheitsführer Mitch McConnell schwang während seiner Rede im Senat große Worte über die Unschuldsvermutung und rief zur Bestätigung von Kavanaugh auf. Gleichzeitig prahlte er mit Trumps neuen Richter-Ernennungen, durch welche rechtsgerichtete Richter sich auf Jahrzehnte hinaus über die öffentliche Meinung hinwegsetzen können. Er bezeichnete die beiden Obersten Richter und die 26 Berufungsrichter, die Trump nominiert und die Senatoren bestätigt haben, als „unseren wichtigsten Beitrag zum Land, der am längsten Bestand haben wird“.

Die New York Times, die wichtigste Zeitung im Umfeld der Demokraten, deutete in ihrem Leitartikel an, sie hätte bereitwillig einen ebenso rechten Kandidaten wie Kavanaugh unterstützt, wenn nur die Missbrauchsvorwürfe nicht gewesen wären. Sie erklärte mit Bedauern: „Trump hätte aus vielen qualifizierten, höchst konservativen Anwälte wählen können, aber er besteht auf Kavanaugh.“

Weiter beklagte die Times, der Konflikt um Kavanaugh habe den Obersten Gerichtshof als Institution geschwächt. Die Redakteure warnten: „Natürlich wurde seit fast einem halben Jahrhundert die Mehrheit der Richter am Obersten Gericht von Republikanern ernannt, doch seine Glaubwürdigkeit war ungebrochen trotz kontroverser Entscheidungen wie Bush vs. Gore, als ein Republikaner zum Präsidenten gemacht wurde. Die Ernennung von Richter Kavanaugh stellt etwas Neuartiges dar.“

Diese Sorge teilen beide kapitalistischen Parteien. Der ehemalige Bildungsminister unter Reagan William Bennett, ein ultrarechter Republikaner, hat die Spaltung in den USA mit derjenigen in der Zeit vor dem Bürgerkrieg verglichen und in der Washington Post erklärt: „Wir leben in der am zweitmeisten gespaltenen Zeit unserer Geschichte, und ich mache mir Sorgen um die Legitimität des Gerichts.“

Das Oberste Gericht ist eine der Säulen der amerikanischen Klassenherrschaft. Seit langem ist es als Bastion zur Verteidigung von Privateigentum, Reichtum und Macht des Militär- und Geheimdienstapparats gegen die Bevölkerung bekannt. Die verschiedenen Flügel der herrschenden Klasse sind beunruhigt, weil der Supreme Court – genau wie alle anderen Institutionen der bürgerlichen Herrschaft – zutiefst diskreditiert ist, nicht nur wegen der aktuellen Schlammschlacht um Kavanaugh, sondern wegen so reaktionärer und undemokratischer Entscheidungen wie dem berüchtigten Urteil im Fall Bush vs. Gore im Jahr 2000.

Sie befürchten, dass die Arbeiterklasse nicht nur den Supreme Court, sondern ebenso den Kongress, das Weiße Haus, die Wall Street und die Konzerne als illegitim, undemokratisch und als Teil eines Systems betrachtet, das nur den Interessen der Superreichen dient.

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