Facebook zensiert massiv oppositionelle Seiten

Am 9. Oktober hat Facebook mehrere besonders populäre oppositionelle Seiten und Accounts gelöscht. Das weltweit größte soziale Netzwerk macht sich damit eines massiven und verfassungswidrigen Angriffs auf das Recht auf freie Meinungsäußerung schuldig.

Mehr als 800 Seiten und Accounts wurden kurzerhand aus dem Internet entfernt, ohne dass die Öffentlichkeit darüber informiert wurde, oder dass es eine Rechtfertigung dafür gab. Unter den gelöschten Seiten befinden sich Police the Police mit über 1,9 Millionen Followern, Cop Block mit 1,7 Millionen Followern und Filming Cops mit 1,5 Millionen Followern. Betroffen sind weiter Anti-Media mit 2,1 Millionen Followern, Reverb Press mit 800.000, Counter Current News mit 500.000 und Resistance mit 240.000 Followern.

Auch rechte Publikationen wie Right Wing News wurden gelöscht.

Dieses Vorgehen ist ohne Beispiel in der modernen Geschichte des Internets. Arbeiter in den USA und der ganzen Welt müssen es als Warnung begreifen: Die herrschende Elite reagiert auf die zunehmenden Streiks von Arbeitern mit der Ausweitung von Zensur und Polizeistaatsmaßnahmen.

Facebook kündigte in einem Blogpost an, „Seiten, Gruppen und Konten“ zu zensieren, „die darauf ausgelegt sind, politische Debatten zu schüren“, was als „koordinierte, nicht authentische Aktivität“ bezeichnet wurde.

Weiter heißt es, diese Seiten benutzten „reißerische politische Inhalte“, um „Publikum zu gewinnen und Traffic auf ihre Websites zu lenken“. Diese Seiten seien „oft nicht von legitimer politischer Debatte zu unterscheiden“, fügte der Social Media-Monopolist bezeichnenderweise hinzu.

Facebook rechtfertigte seinen Schritt mit dem „Verhalten“ dieser Seiten, dass sie zum Beispiel „mehrfache Accounts“ betrieben oder so genannte „Clickbaits“ (oder Klick-Köder) posteten. Diese halbherzigen Versuche, die Zensur oppositioneller Seiten mit dem Hinweis auf ihr „Verhalten“ zu erklären, sind offensichtliche Lügen.

Facebook, der weltgrößte Social Media-Monopolist, hat auf einen Schlag wichtige Medien entfernt, welche die amerikanische Bevölkerung über Polizeikriminalität, staatliche Morde und andere staatliche Verbrechen informierten.

In der New York Times erschien ein Artikel über diese Löschungen. Er macht deutlich, dass die Zensur des Internets, die sich anfangs gegen die „russische Einmischung“ in die Wahl 2016 richtete, jetzt offen gegen politische Organisationen im Inland eingesetzt wird.

In dem Artikel mit dem Titel „Online-Desinformation: Hergestellt und vertrieben in den USA“ wird die Unterdrückung von „Beeinflussungskampagnen“ lobend erwähnt, welche sich angeblich „immer stärker zu einem innenpolitischen Phänomen entwickeln und von Linken wie Rechten betrieben werden“. Dann wird ein „Forscher über Informationskriegsführung“ mit den Worten zitiert: „Es gibt mittlerweile gut entwickelte Netzwerke von Amerikanern, die andere Amerikaner mit bewusst konstruierten Manipulationen versorgen“.

Die Times zitiert außerdem Ryan Fox, den Mitbegründer von New Knowledge, der behauptet, die zensierten Seiten und Organisationen versuchten, „Menschen zu manipulieren, indem sie einen künstlichen Konsens herstellen, womit sie die Grenzen der Meinungsfreiheit übertreten“. Fox hatte zuvor für die NSA und das Joint Special Operation Command gearbeitet. Der Vorstandschef von New Knowledge, Jonathon Morgan, pflegt Verbindungen zur Brookings Institution und war zuvor Sonderberater für das US-Außenministerium.

Facebook und andere Social Media-Konzerne entscheiden gemeinsam mit dem Staat, welche Organisationen es sind, die angeblich über ein „gut entwickeltes Netzwerk“ verfügen, um die öffentliche Meinung zu „manipulieren“. Damit sind natürlich nicht die Massenmedien gemeint, die ständig Regierungspropaganda verbreiten, sondern oppositionelle Medien.

Die Maßnahmen richten sich hauptsächlich gegen linke Organisationen. Wie die World Socialist Web Site im August 2017 in einem offenen Brief aufgedeckt hat, zensieren Google und andere Social Media-Monopolisten im Wesentlichen linke, Antikriegs- und sozialistische Websites. Sie haben ihre Algorithmen geändert, worauf zum Beispiel bei Google der Traffic auf führende linke Websites um bis zu 75 Prozent zurückging.

In dem Offenen Brief der WSWS heißt es: „Zensur in diesem Ausmaß kommt der Erstellung politischer schwarzer Listen gleich. Google verfolgt mit seinem Zensuralgorithmus offensichtlich die Absicht, Nachrichten zu blockieren, deren Verbreitung Ihrem Unternehmen nicht genehm ist, und Meinungen zu unterdrücken, mit denen Sie nicht übereinstimmen. Die Erstellung politischer schwarzer Listen fällt nicht unter die Befugnisse, die Google als kommerziellem Unternehmen rechtmäßig zustehen.“

Die gleiche Anklage muss, besonders nach dem jüngsten Schritt, auch gegen Facebook erhoben werden.

Die Initiative für die Zensur der Social Media-Monopolisten geht auf führende Vertreter der US-Regierung zurück, zum Beispiel auf die Demokratischen Senatoren Mark Warner und Dianne Feinstein, sowie den Demokratischen Kongressabgeordneten Adam Schiff. Sie haben in mehreren Anhörungen vor den Geheimdienst- und Justizausschüssen des Repräsentantenhauses und des Senats von den Unternehmen verlangt, „aufwieglerische Inhalte“ zu unterdrücken.

Indem sich Facebook zum Werkzeug der amerikanischen Regierung macht, verstößt der Konzern direkt gegen den Ersten Zusatzartikel zur US-Verfassung. Dieser verbietet es der Regierung ausdrücklich, die „Meinungsfreiheit einzuschränken“.

Die Social Media-Konzerne versuchen zwar, ihre Maßnahmen mit Argumenten wie dem „nicht authentischen Verhalten“ von Webseiten zu rechtfertigen. Allerdings haben sie in nicht-offiziellen Äußerungen direkt zugegeben, dass sie politische Zensur ausüben. Am Dienstag sickerte ein internes Dokument von Google durch, in dem es offen heißt: „Die Technologiefirmen gehen schrittweise von uneingeschränkter freier Meinungsäußerung zur Zensur über.“

Das Dokument räumt ein, dass ein solches Vorgehen einen Bruch mit der amerikanischen Tradition darstelle, welche „freie Meinungsäußerung in der Demokratie zur Priorität“ erkläre. Allerdings forderten die Regierung und die kommerziellen Werbekunden immer dringender die Überwachung der Nutzer, und so sei Zensur durchaus ein Mittel „zur Erhöhung der Einnahmen“.

Diese Entwicklung korrespondiert auch mit den Plänen des US-Militärs, ein Polizeistaatsregime aufzubauen. Letzten Monat fasste der Atlantic Council den Inhalt einer Konferenz der US Special Forces zusammen, der auf eine totale Unterdrückung der Meinungsfreiheit hinausläuft.

In dem Bericht hieß es: „Die Technologie hat die demokratische Fähigkeit auch kleinerer Gruppen und Individuen ausgeweitet, ein Narrativ trotz begrenzter Ressourcen praktisch unbegrenzt auszubreiten.“ Damit seien diese Gruppen in der Lage, die bisherigen „professionellen Torwächter“, d.h. die etablierten Medien, zu umgehen.

Weiter hieß es dort, weil die große Mehrheit der Bevölkerung eine direkte staatliche Zensur ablehne, hätten die Social Media-Unternehmen „eine zentrale Rolle“ bei der Unterdrückung von „inkorrekten“ politischen Ansichten zu spielen.

Im Januar rief die World Socialist Web Site zur Bildung eines internationalen Bündnisses von sozialistischen, progressiven und Antikriegs-Websites auf, um den Kampf gegen die Internetzensur aufzunehmen. Wir rufen alle von Facebook zensierten Organisationen auf, sich mit uns in Verbindung zu setzen und sich an dieser Koalition zu beteiligen.

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