Fujitsu vernichtet 1800 Arbeitsplätze in Augsburg und München

Der Schock traf die Belegschaft des Augsburger Fujitsu-Werkes am Freitagmorgen. Die Geschäftsführung verkündete auf einer Betriebsversammlung die Schließung des Standortes. Spätestens bis September 2020 sollen sämtliche Bereiche der Produktion, Entwicklung und Logistik „abgewickelt“ werden. Dadurch entfallen etwa 1500 Arbeitsplätze in Augsburg sowie weitere 300 in München und anderen Standorten.

Im Augsburger Werk produzieren etwa 550 Arbeiter täglich bis zu 8000 Systemplatinen, PCs, Work Stations und Server. Dabei werden Komponenten verarbeitet, die in China vorgefertigt wurden. Weitere 500 sind in Forschung und Entwicklung beschäftigt und etwa 400 in Vertrieb und Marketing. Mehrere Hundert Leiharbeiter werden die ersten sein, deren befristeter Vertrag nicht verlängert wird.

Durch Insolvenzen, Betriebsschließungen und das „Gesundschrumpfen“ von Unternehmen hat die Region um Augsburg in den letzten Jahren Tausende Arbeitsplätze verloren: Augsburger Kammgarn-Spinnerei 2004, Walter Bau-AG 2005, der Faserhersteller Trevira 2009, der Maschinenbauer Böwe Systec 2010, der Druckmaschinenhersteller Manroland 2011, der Schuhhersteller Leiser 2012, Verlag Weltbild 2014, der Papierhersteller UPM 2017, Kuka 2017, Ledvance 2017, Premium Aerotec 2018 und jetzt Fujitsu Technology Solutions GmbH.

Politik und IG Metall geben sich alarmiert. Der bayerische Wirtschaftsminister Franz Josef Pschierer (CSU) sagte, die Werksschließung sei „für die gesamte Region Augsburg ein schwerer Schlag“. Der Bezirksleiter der IG Metall, Jürgen Wechsler, sieht die „Substanz des Wirtschaftsstandortes“ bedroht.

Die Gewerkschaft reagierte mit einer Pressemeldung. „Wir sind sehr darüber bestürzt, dass nun nach der LEDVANCE GmbH ein zweites Unternehmen in Augsburg einen Standort mit mehr als 1350 Beschäftigten schließen möchte“, erklärt darin die Unternehmensbeauftragte der IG Metall für die Fujitsu GmbH, Angela Steinecker.

Dabei ist die Überraschung der IG Metall ein gespieltes Täuschungsmanöver. Die Werksschließung ist Teil eines größeren Konzernumbaus, der bereits 2016 angekündigt worden war. In Großbritannien sind 2017 bereits mehr als 1800 Arbeitsplätze vernichtet worden und in Finnland 400 weitere. Die Konzernführung in Japan hat entschieden, die Entwicklung, Fertigung und Logistik nach Japan zu verlagern. Das weiß die IG Metall genau.

Nach der üblichen Routine, mit der die Gewerkschaft immer wieder dem Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen zustimmt, fordert sie ein „nachhaltiges Zukunftskonzept“. Und natürlich fehlt auch nicht der Hinweis: „Betriebsbedingte Kündigungen müssen definitiv ausgeschlossen werden.“

Michael Leppek, der 1. Bevollmächtigte der IG Metall Augsburg, kündigte an, dass man „für diesen Standort kämpfen“ und auch „den Protest in die Öffentlichkeit tragen“ werde. Man weiß aus Erfahrung, dass die Kundgebungen mit Trillerpfeifen, Demonstrationen mit Trommlern und Appelle an die Politik die Schließung des Werks nicht verhindern werden.

Die Erfahrungen der Arbeiter bei Opel, Thyssen-Krupp, Siemens und zahlreichen anderen Unternehmen müssen der Belegschaft von Fujitsu eine Warnung sein. Denn das Ziel der Gewerkschaft ist es, in den knappen zwei Jahren bis zur angestrebten Schließung des Werks den Arbeitsplatzabbau schrittweise durch Teilzeitarbeit, Frühruhestand und andere Vereinbarungen möglichst reibungslos durchzusetzen.

Mit der Schließung des Augsburger Werks verschwindet die letzte Produktionsstätte von Computern in Europa. Sie ist ein Schritt im endlosen Konzentrationsprozess, in dem zahllose Firmennamen der IT-Branche vom Markt verschwunden sind und die Versprechungen, die Fujitsu noch heute auf der firmeneigenen Webseite plakatiert, sich in Schall und Rauch auflösen. „Gesellschaftliche Verantwortung [sei] fest in [der] Unternehmensphilosophie verankert“, heißt es dort. Man setze „auf faire Arbeitsbedingungen“ und beweise mit dem Werk in Augsburg, „dass ‚IT Made in Germany‘ fair und sozialverträglich möglich ist“.

Doch der gnadenlose Kampf um Märkte und Profite, der auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, zerstört alle Illusionen. Weltweit befinden sich die Hersteller von PCs, Work Stations und Servern in einem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb. Sechs Hersteller teilen sich heute 80 Prozent des weltweiten Marktes an PC-Einheiten. Anfang 2011 waren es noch weniger als 60 Prozent gewesen.

Erst im November 2017 war Fujitsu ein Joint Venture mit dem chinesischen Hersteller Lenovo eingegangen, um konkurrenzfähiger zu werden. Konkurrenten wie Foxconn zahlen für die Montage von HP-Computern in Tschechien Löhne, die bei einem Drittel bis zur Hälfte des deutschen Tariflohns liegen. Und die mageren Löhne bei chinesischen Zulieferern für Dell-Computer betragen etwa 20 Prozent der deutschen Tariflöhne.

Dieses Ausspielen der Arbeiter verschiedener Nationalitäten gegeneinander kann nur durch einen gemeinsamen Kampf der Beschäftigten für ein sozialistisches Programm verhindert werden. Die Produktion darf nicht der Profitmaximierung untergeordnet werden, stattdessen müssen die großen Konzerne und Banken vergesellschaftet, die großen Vermögen enteignet und die Produktion international auf wissenschaftlicher Grundlage zur Deckung des gesellschaftlichen Bedarfs geplant werden.

Diese notwendige Strategie der internationalen Arbeiterklasse wird von den Gewerkschaften kategorisch abgelehnt. Denn die IG Metall ist durch ihre Politik der „Standortverteidigung“ rein nationalistisch orientiert, und ihre Funktionäre sind durch zahlreiche, gut bezahlte Pöstchen in Mitbestimmungsgremien, Aufsichtsräten und zahlreichen Think-Tanks untrennbar mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung verbunden. Sie sind darauf bedacht, jede unabhängige Regung der Arbeiter und ihren Zusammenschluss auf internationaler Ebene zu verhindern.

Daher rufen wir die Belegschaft von Fujitsu auf, unabhängig von der Gewerkschaft ein eigenes Betriebskomitee zu bilden, und sich mit den Belegschaften anderer Betriebe auch im Ausland zusammenzuschließen. Die WSWS wird sie dabei unterstützen.

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