Video aus dem Ankerzentrum Manching:

Brutaler Security-Einsatz gegen Flüchtlinge

Reportern der WSWS wurden erschreckende Videoszenen von Gewalt gegen Flüchtlinge zugespielt. Sie vermitteln einen Einblick in den gnadenlosen Umgang mit Menschen, die gezwungen sind, in Abschiebelagern zu leben.

Brutaler Angriff auf Flüchtlinge in Anker-Zentrum

Die Videoausschnitte sind am 6.September 2018 im sogenannten Ankerzentrum in Manching (Bayern) aufgenommen worden.

Im ersten Ausschnitt sieht man nicht sofort die am Boden liegende Frau. Sie wird von mehreren Security-Leuten umringt, die gut an ihren schwarzen Uniformen und ärmellosen Schutzwesten zu erkennen sind. Ein Mann im türkisblauen Hemd versucht mehrmals, zu der am Boden Liegenden zu gelangen. Die Szene ist aufgeregt, eine andere Frau schreit laut, und mehrere Flüchtlinge nähern sich der Gruppe. Doch die Security-Leute sind deutlich in der Überzahl und hindern die jungen Männer daran, sich der regungslos Daliegenden zu nähern.

In der nächsten Szene ist der Mann im blauen Hemd zu Boden gestürzt, ein Sicherheitsmann dicht neben ihm. Man hört lautes Rufen, ein Älterer im roten T-Shirt weist mit ausgestrecktem Arm anklagend auf den Niedergestreckten. Ein zweiter löst sich aus einer Gruppe schwarzgekleideter Security-Leute und bewegt sich von rechts zur Bildmitte hin. Von links nähert sich ihm ein großer, glatzköpfiger Wachmann im weißen Hemd. Ohne jede Vorwarnung versetzt er dem deutlich Kleineren einen heftigen Schlag. Der läuft weg, hält sich den Unterkiefer, heult vor Schmerzen laut auf.

Das Video vermittelt hautnah die Brutalität, mit der die Sicherheitsdienste solche Situationen offenbar eskalieren.

Unserem Informanten zufolge war der Auslöser dieser Szenen vom 6. September ein Vorfall bei der Eingangsschleuse zum Lager. Die Frau, die später am Boden lag, habe demzufolge versucht, Lebensmittel zum Kochen ins Lager zu bringen. Sie sei schwanger und habe befürchtet, dass das Kantinenessen das kommende Kind nicht ernähre. Als ihr das Sicherheitspersonal am Eingang verboten habe, die Lebensmittel ins Lager zu bringen, habe sie sich geweigert, sie abzugeben.

In dem Gerangel, das daraufhin entstand, sei die Frau zu Boden gestoßen worden. Der Mann, der in der zweiten Szene heftig geschlagen wird, sei ihr Ehemann.

Im Ankerzentrum Manching, auf dem Gelände der ehemaligen Max-Immelmann-Kaserne, sind mehr als 1200 Flüchtlinge untergebracht. In Seehofers „Masterplan für Migration“ gilt das Lager als Modell für alle Ankerlager, die in ganz Deutschland errichtet werden sollen. Das Lager ist von Gitterzäunen und rund um die Uhr von Wachpatrouillen abgeschirmt. Das Security-Personal wurde massiv aufgestockt, und fast jeden Tag kommt es zu Polizeieinsätzen.

Unseren Reportern gegenüber verglichen die Bewohner ihre Lebensbedingungen in Manching mit Sklaven- und Tierhaltung. Zwar ist es den Flüchtlingen erlaubt, das Lager zu verlassen, doch sie werden jedesmal penibel kontrolliert. Sie dürfen nicht arbeiten und Geld verdienen, sind völlig von der Bevölkerung isoliert und erhalten Besuche nur nach Voranmeldung und offizieller Genehmigung. Der nächste Supermarkt ist 40 Minuten Fußweg entfernt.

Die Regierung Oberbayerns, die für das Lager verantwortlich ist, konnte auf Anfrage der World Socialist Web Site nicht ausschließen, dass es zu dem geschilderten Vorfall gekommen sei. Sie bestätigte, dass die Bewohner des Zentrums nicht selbst kochen und auch keine Lebensmittel in die Unterkunft bringen dürfen, was sie mit der Gesetzeslage und „hygienischen Gründen“ zu rechtfertigen versuchte. Weitere Angaben wollte die Regierung nicht machen. Sie verwies lediglich auf einen öffentlichen Pressebericht des Polizeipräsidiums (PP) Oberbayern Nord vom 7. September.

Darin wird höchst schwammig von „tumultartigen Szenen zwischen mehreren Asylbewerbern und dem Sicherheitsdienst“ geschrieben. Es ist ausschließlich von einem Nigerianer die Rede, der „die Unterkunft mit einem Taschenmesser betreten“ haben soll, woraus „eine größere Streitigkeit zwischen mehreren hinzugekommenen nigerianischen Asylbewerbern und dem Sicherheitsdienst“ entstanden sei. „Die Polizei musste mit 10 Streifenwagenbesatzungen in die Unterkunft ausrücken“, und „vermutlich“ seien auch „Scheren als Tatwerkzeuge zum Einsatz“ gekommen. Weder der Polizeibericht noch die Regierung erwähnten in irgendeiner Weise die schwangere Frau oder die brutalen Attacken auf die Bewohner der Einrichtung.

Erst als die WSWS erneut beim Polizeipräsidium nachhakte und fragte, ob dazu wirklich keinerlei Informationen vorliegen würden, hieß es in der Antwort:

„Zeitgleich mit den Ihnen aus der Pressemeldung bekannten Vorfällen erstattete eine Nigerianerin Anzeige wegen Körperverletzung gegen Unbekannt, die von der Polizeiinspektion Ingolstadt aufgenommen wurde. Ein bislang unbekannter Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma, gab die Geschädigte an, habe sie mit der Hand ins Gesicht geschlagen. Alle Überprüfungen der Polizei führten bislang nicht zu einem Beschuldigten.“ Der Fall sei an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden. Leider komme es immer wieder zu „körperlichen Auseinandersetzungen“, und oft sei der Anlass dafür „verbotener Besitz von gefährlichen Gegenständen wie Messer oder die Verwendung von verbotenen mobilen Kochgeräten“.

Diese Berichte, die vor der Öffentlichkeit verheimlicht werden, zeigen ein klares Bild: die Lebensbedingungen in den Ankerzentren werden bewusst widrig gestaltet, die Bewohner schikaniert und Konflikte, die daraus erwachsen, brutal eskaliert.

Als Begründung etwa für das Verbot von Speisen und ihrer Zubereitung werden Hygiene und Brandschutz angeführt. Das ist ebenso absurd wie rassistisch. Genauso gut könnte man den Bewohnern großer Wohnsiedlungen verbieten, ihre Küchen zu benutzen, weil sich Ungeziefer einschleichen oder ein Brand sich ausbreiten könnte.

Die tatsächlichen Gründe für die schikanöse Behandlung hat der für Manching zuständige Sachgebietsleiter der Regierung Oberbayern, Daniel Waidelich, erklärt. Bei der Vorstellung des Ankerzentrums Ende Juli hatte Waidelich offen eingeräumt, dass man mit dem Essensverbot und anderen Schikanen „ein klares Signal“ aussenden wolle, „dass es sich nicht lohnt, nach Deutschland zu kommen“.

Um das von Waidelich geforderte „Signal“ so deutlich wie möglich zu machen, werden die Lebensbedingungen der Asylsuchenden bewusst unerträglich gestaltet. Die völlige Abhängigkeit vom Kantinenessen ist dabei nur ein Teil, der wegen der totalen Fremdbestimmung im Lager aber besonders ins Gewicht fällt.

Die oft traumatisierten Flüchtlinge werden zu sechst in Zimmer gepfercht, die nicht verschlossen werden können. In der Nacht werden sie immer wieder aus dem Schlaf gerissen, weil Polizisten und Sicherheitsleute die Türen ohne Vorwarnung aufstoßen, in die Zimmer stürmen und Menschen gegen ihren Willen in Gewahrsam nehmen, um sie schließlich zu deportieren.

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