GM plant Tausende Entlassungen im nächsten Jahr

Der Detroiter Autokonzern General Motors forciert seine Offensive zur Kostensenkung. Ab Anfang nächsten Jahres sollen Tausende Angestellte in den USA und Kanada entlassen werden. Auch bei Ford sind Stellenstreichungen geplant. Der Arbeitsplatzabbau ist Teil einer drohenden Entlassungswelle, die angesichts der sinkenden Verkaufszahlen und der eindeutigen Anzeichen für eine Umstrukturierung in der globalen Autoindustrie für die gesamte Branche erwartet wird.

Vertreter von GM erklärten gegenüber der Detroit Free Press und den Detroit News, es würden mindestens 3.000 Angestellte entlassen, weil letzten Monat nicht genug Beschäftigte das Angebot für eine freiwillige Kündigung mit Abfindung angenommen hatten. Das Unternehmen nimmt 17.700 Festangestellte mit mindestens zwölf Jahren Berufserfahrung ins Visier – mehr als ein Drittel seiner Angestellten in Nordamerika.

Interne Quellen erklärten gegenüber Detroiter Medien, GM habe gehofft, dass sich bis zum Montagmittag mindestens 7.000 Angestellte zu der angebotenen Kündigung mit Abfindung bereit erklären würden. Das Management hatte den Beschäftigten jedoch Ende letzter Woche erklärt, nur 4.000 hätten das Angebot angenommen. Die Free Press schrieb dazu: „Das bedeutet, dass bereits ab Januar mindestens 3.000 Angestellte in Nordamerika entlassen werden könnten, wenn der Autokonzern den Personalabbau tatsächlich durchsetzen will. Dass er das möglicherweise tun wird, wenn es nicht genug freiwillige Kündigungen gibt, hatte er bereits angekündigt.“

Das GM-Management organisierte letzten Donnerstag und Freitag Mitarbeiterversammlungen, um dort den Druck auf die Angestellten zu erhöhen, damit sie das Angebot annehmen. Dieses sieht u. a. eine sechsmonatige Fortzahlung der Gehälter und der Krankenversicherung vor. Allerdings ist unwahrscheinlich, dass sich noch mehr Freiwillige finden werden, denn ein GM-Beschäftigter, der nach mindestens zwölf Jahren im Unternehmen unfreiwillig entlassen wird, erhält genau das gleiche Abfindungspaket.

Ein Informant erklärte gegenüber der Free Press: „Die freiwilligen Kündigungen sind noch bis zum 29. November möglich. Die Manager, mit denen wir gesprochen haben, stellen bereits ihre Personalabbau-Listen zusammen und werden im Januar entscheiden, wer entlassen wird.“ Er erklärte, am 15. Januar würde GM die unfreiwilligen Entlassungen bekanntgeben und „die Leute nach Hause schicken“.

Laut Industrieanalysten sind die Kürzungen, die u. a. Ingenieure, Entwickler und das Personal der mittleren Managementebene betreffen, nur das Vorspiel zum Abbau von Tausenden Arbeitsplätzen in der Produktion. Der Marktökonom Jon Gabrielsen, der auch als Berater in der Autoindustrie tätig ist, erklärte der Free Press: „Ich bin immer noch fest davon überzeugt, dass aufgrund des Abschwungs in der Autoindustrie in den nächsten zwei bis drei Jahren im Großraum Detroit insgesamt 7.000 Angestellte bei GM entlassen werden, und dazu weitere 7.000 Produktionsarbeiter, je nachdem wie stark die Verkaufszahlen sinken.“

Die globalen Autokonzerne werden von der Wall Street unter enormen Druck gesetzt, trotz sinkender Umsätze die Profitmargen und die Zahlungen an die Aktionäre zu erhöhen. Letzten Monat meldete GM, dass sich sein operatives Ergebnis in Nordamerika im dritten Quartal um 37 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar erhöht hat, obwohl sich der Umsatz auf dem strategisch wichtigen US-amerikanischen Markt im gleichen Quartal um elf Prozent verringerte.

Die Free Press bekam eine interne Mitteilung zugespielt, die nach der Bekanntgabe der Profite an Manager verschickt wurde. Darin erklärt GM: „Wir dürfen Fortschritt nicht mit Sieg verwechseln. Heute stehen unsere strukturellen Kosten weder im Einklang mit den Marktrealitäten noch mit den Prioritäten der Veränderungen, die vor uns liegen. Wir müssen jetzt deutliche Maßnahmen ergreifen, solange unser Unternehmen und unsere Wirtschaft stark sind“, um die „strukturellen Kosten zu senken und die Profitabilität unserer Fahrzeuge zu verbessern“.

Während GM eine Senkung seiner Ausgaben um 6,5 Milliarden Dollar plant, hat es seit 2017 mehr als zehn Milliarden Dollar für Aktienrückkäufe und Dividendenzahlungen an seine reichsten Investoren verschwendet. Seit 2012 waren es sogar 25 Milliarden Dollar.

Ford hatte Anfang November angekündigt, es werde im Rahmen seines geplanten „Fitness“-Kostensenkungsplans von elf Milliarden Dollar einen noch nicht spezifizierten Teil seiner 70.000 Angestellten in den USA entlassen. Der Analyst Adam Jonas von Morgan Stanley erklärte im August in einer Mitteilung an Investoren, er rechne mit dem Abbau von 12 Prozent des weltweiten Ford-Personals: „Wir sehen die Restrukturierung bei Ford nicht als wünschenswerten, ... aber als entscheidenden Schritt, um das globale Geschäft auf eine ausgewogenere Grundlage zu stellen.“

Neben dem Stellenabbau haben alle Autobauer immer mehr Angestellte über Zeitarbeitsfirmen eingestellt. Diese erhalten niedrigere Gehälter und wenige oder gar keine Zusatzleistungen wie Kranken- oder Rentenversicherung.

Gleichzeitig haben die Detroiter Autobauer bereits Produktionsarbeiter vorübergehend entlassen; mit dauerhaften Entlassungen und Werksschließungen ist ebenfalls zu rechnen. Letzten Monat legte Ford sein Werk in Kansas City (Missouri) vorübergehend still und entließ zeitweilig 2.000 Arbeiter.

Angesichts der sinkenden Verkaufszahlen des Modells Chevy Cruze wird allgemein befürchtet, dass GM sein Werk in Lordstown (Ohio), auf halber Strecke zwischen Cleveland und Pittsburgh, schließen wird. Bereits letztes Jahr hat GM 1.200 Arbeiter entlassen, als es die dritte Schicht in dem Werk gestrichen hatte. Als im Juni auch die zweite Schicht eingestellt wurde, verloren weitere 1.200 Arbeiter ihre Stellen.

Ein Arbeiter der unteren Lohnstufe im Fiat-Chrysler-Montagewerk in Belvidere (Illinois) erklärte gegenüber dem WSWS Autoworker Newsletter, dass mit der Abschaffung einer Schicht in dem Werk gedroht wird: „Ein Vorgesetzter sagte mir, ich soll auf die WARN-Website von Illinois.gov gehen und aufpassen, ob sie Entlassungen mit einer 60-tägigen Frist ankündigen.“ Weiter erklärte er: „Unser Vertrauensmann von der Gewerkschaft hat gesagt, es ist sehr wahrscheinlich, dass wir am 15. Dezember für unbestimmte Zeit entlassen werden. Wegen der zunehmenden Gerüchte, dass die erste Schicht abgeschafft werden soll, drängen die Leute in andere Abteilungen und Schichten, um so ihre Arbeitsplätze zu retten.“

Auch in weiteren Fiat-Chrysler-Werken kam es zu vorübergehenden Entlassungen, u. a. in dem Montagewerk in Belvidere und in den Getriebewerken in Kokomo (Indiana).

Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) hat nicht einmal so getan, als wollte sie Widerstand gegen den Arbeitsplatzabbau leisten. Stattdessen wiederholte sie die Behauptungen des Managements, die Einschnitte seien notwendig, um angesichts sinkender Umsätze die Profitabilität des Unternehmens zu erhalten. Dass die Autokonzerne in Nordamerika trotz sinkender Umsätze weiterhin riesige Profite machen konnten, lag an der Unterstützung durch die UAW. Sie hat Tarifabkommen unterzeichnet, durch die die Löhne von neu eingestellten Arbeitern drastisch gesenkt wurden, die Einkommenssicherheit für entlassene Arbeiter abgeschafft wurde und sich die Zahl der Zeitarbeiter erhöht hat. Letztere zahlen zwar Gewerkschaftsbeiträge, haben aber keine Rechte und keinen Anspruch auf ergänzende Arbeitslosenhilfe.

Die Entlassungen sind eindeutig ein Warnschuss für die Autoarbeiter im Vorfeld der Verhandlungen über neue Tarifabkommen. Die aktuellen Tarifverträge laufen im September 2019 aus. 2015 hatten die Autokonzerne und die UAW mit Werksschließungen und Massenentlassungen gedroht, um schlechtere Tarifverträge gegen den Widerstand der Belegschaft durchzusetzen. Die Arbeiter hatten einen Tarifvertrag bei Fiat Chrysler abgelehnt. Dies war das erste Mal seit drei Jahrzehnten, dass ein von der UAW ausgehandeltes nationales Tarifabkommen abgelehnt wurde.

Der UAW-Vizepräsident für GM, Terry Dittes, machte in einem Brief an die Arbeiter deutlich, dass die Gewerkschaft erneut versuchen wird, die Arbeiter mit Stellenabbau zu erpressen. Er erklärte, bei den Tarifverhandlungen für das Jahr 2019 sei die oberste Priorität der UAW, „unsere Fabriken wieder mit Produkten zu füllen“. Danach kritisierte er GM für die Entscheidung, die Produktion in Mexiko und China auszuweiten und schloss sich damit dem „America First“-Nationalismus der Trump-Regierung an.

Die Rolle von UAW zeigt, dass die Autoarbeiter neue Kampforganisationen aufbauen müssen – Fabrikkomitees, die von den Arbeitern kontrolliert werden und unabhängig von der konzerngesteuerten UAW agieren, um einen gemeinsamen Kampf gegen die drohenden Angriffe auf ihre Arbeitsplätze zu führen. In diesem Kampf müssen sich die Arbeiter auf der ganzen Welt gegen die transnationalen Autokonzerne und das kapitalistische Profitsystem zusammenschließen – und damit gegen die Wirtschafts- und Finanzelite, die sich auf Kosten der internationalen Arbeiterklasse bereichert.

Der Arbeiter aus Belvidere erklärte gegenüber dem Autoworker Newsletter: „Sie schüren Ängste davor, dass eine Schicht abgeschafft wird und alle entlassen werden, die nach 2011 eingestellt wurden. Sie drohen mit weiteren Entlassungen – das ist eine Taktik, damit die schlechter bezahlten Arbeiter bei den bevorstehenden Tarifverhandlungen nehmen, was sie bekommen können.“

Der Arbeiter erwähnte den Korruptionsskandal in der UAW, der ans Licht gebracht hat, dass die Unterhändler der Gewerkschaften Bestechungsgelder in Millionenhöhe kassiert haben, damit sie „unternehmensfreundliche Tarifabkommen“ unterzeichnen. Er erklärte: „Die Zeiten haben sich geändert. Die UAW ist nicht mehr auf unserer Seite, sie ist es schon lange nicht mehr. Je mehr von diesen Fällen enthüllt werden, desto offensichtlicher wird das. Es ist sehr traurig, aber es ist wahr.“