Sri Lanka: Präsident setzt entlassenen Premierminister wieder ein

Am Sonntag wurde Ranil Wickremesinghe vom srilankischen Präsidenten Maithripala Sirisena als Premierminister vereidigt. Sieben Wochen zuvor hatte er ihn entlassen. Diese Entscheidung verstieß gegen die Verfassung und kam einem politischen Putsch gleich. Seine Wiedereinsetzung ist ein schwerer Rückschlag für Sirisena, der mehrfach erklärt hatte, er könne mit Wickremesinghe nicht zusammenarbeiten und würde ihn niemals wieder einsetzen.

Im Gegensatz zu den Behauptungen der Medien in Colombo wird Wickremesinghes Wiedereinsetzung die politische Krise nicht beenden. Der anhaltende Konflikt innerhalb der herrschenden Elite Sri Lankas wurde nur kurzzeitig unterbrochen.

Sirisena hatte Wickremesinghe am 26. Oktober als Premierminister abgesetzt, den ehemaligen Präsidenten Mahinda Rajapaksa zu seinem Nachfolger ernannt, ein neues Kabinett eingeschworen und dieses zur Regierung erklärt. Diese Entscheidung hatte den erbitterten Krieg zwischen zwei Fraktionen der herrschenden Elite aufgedeckt: zwischen der Fraktion von Sirisena und Rajapaksa sowie derjenigen von Wickremesinghe.

Nach der Entlassung von Wickremesinghe hatte Sirisena das Parlament bis zum 14. November suspendiert, damit sich Rajapaksa in dieser Zeit durch Einschüchterung und Bestechung eine Parlamentsmehrheit sichern kann. Da Rajapaksa dies nicht gelang, löste Sirisena das Parlament auf und setzte Neuwahlen an.

Der Oberste Gerichtshof unterbrach Sirisenas undemokratisches Manöver kurzzeitig, weil Wickremesinghes United National Party (UNP) und deren Verbündete, u.a. die Tamil National Alliance (TNA) und die Janatha Vimukthi Peramuna (JVP) Petitionen dagegen eingereicht hatten.

Sirisena ignorierte zwei direkt aufeinander folgende Misstrauensanträge des Parlaments gegen Rajapaksa. Doch am 3. Dezember verhängte ein Berufungsgericht in Colombo eine einstweilige Verfügung, die Rajapaksa und seinem Kabinett die Ausübung von Ministerämtern verbot, sodass das Land faktisch keine funktionierende Regierung hatte.

Bevor Wickremesinghe am Sonntag seinen Amtseid ablegte, hatte der Oberste Gerichtshof am 13. Dezember erklärt, dass die Auflösung des Parlaments durch den Präsidenten verfassungswidrig war. Einen Tag später weigerte sich der Oberste Gerichtshof, die einstweilige Verfügung des Berufungsgerichts gegen Rajapaksa und sein Kabinett aufzuheben und verschob eine Verhandlung über den Fall bis Mitte Januar.

Sirisena versuchte, trotz der Wiedereinsetzung von Wickremesinghe sein Gesicht zu wahren. So erklärte er seine Entscheidung mit „seinem Respekt vor den parlamentarischen Traditionen und der Demokratie“. Weiter erklärte er, alle seine Entscheidungen, einschließlich der Auflösung des Parlaments, seien eine Reaktion auf den Rat von „Rechtsexperten“ gewesen und in „guter Absicht“ getroffen worden.

Als Reaktion auf die Drohung einiger UNP-Abgeordneter mit einem Amtsenthebungsverfahren erklärte Sirisena, er habe „keine Angst davor, ins Gefängnis zu gehen“. Allerdings schloss der stellvertretende UNP-Vorsitzende Sajith Premadasa ein Amtsenthebungsverfahren aus und erklärte, die Partei werde geschlossen mit ihm zusammenarbeiten.

Wickremesinghe inszenierte sich am Sonntag zynisch als Retter der Demokratie und dankte denjenigen, „die standhaft für die Verteidigung der Verfassung und die Sicherstellung des Triumphs der Demokratie“ eingetreten sind. Er fügte hinzu, das wichtigste Ziel sei die Wiederherstellung der „Normalität“ in Sri Lanka und der „Neustart des Entwicklungsprozesses“.

Wickremesinghe wollte im Laufe des gestrigen Montags ein neues Kabinett zusammenstellen und es dem Präsidenten vorschlagen. Die United National Front, deren wichtigste Kraft die UNP ist, hat jedoch nur 103 Abgeordnete, für eine Mehrheit bräuchte sie weitere zehn. Zu Redaktionsschluss am späten Montagabend stand noch kein neues Kabinett fest.

Laut Presseberichten handelt Wickremesinghe hinter den Kulissen eine „nationale Regierung“ mit dem Sri Lanka Muslim Congress (SLMC) und eine Vergrößerung des Kabinetts aus. Laut der Verfassung darf eine Einparteienregierung ein 30-köpfiges Kabinett ernennen. Die UNP bemüht sich außerdem um die Unterstützung von Mitgliedern von Sirisenas Sri Lanka Freedom Party (SLFP).

Wickremesinghes Selbstdarstellung als Demokrat ist genauso falsch wie Sirisenas Behauptungen, sein Vorgehen in den letzten zwei Monaten habe dem „Schutz“ des Landes und der Demokratie gedient.

Mit seiner Kehrtwende reagiert Sirisena auf internationalen Druck, vor allem den seiner amerikanischen und europäischen Verbündeten sowie von Indien, die eine Wiedereinsetzung von Wickremesinghe gefordert haben. Außerdem ist sie eine Reaktion auf die wachsende Streik- und Protestbewegung im Land.

Washingtons größte Sorge war, dass Rajapaksas Ernennung zum Premierminister die militärischen und politischen Beziehungen beschädigen könnte, die sich in den letzten drei Jahren unter der sogenannten Einheitsregierung von Sirisena und Wickremesinghe entwickelt haben.

Sirisena kam im Jahr 2015 als Teil eines von Washington orchestrierten Regimewechsels an die Macht, da die USA Rajapaksas enge Beziehungen zu Peking missbilligten. Sirisena verurteilte Rajapaksa mit Wickremesinghes Unterstützung als „Diktator“ und löste ihn nach der Wahl 2015 als Präsident ab. Danach ernannte er Wickremesinghe zum Premierminister.

Sirisena und Wickremesinghe brachten die srilankische Außenpolitik schnell in Übereinstimmung mit dem zunehmenden Konfrontationskurs der USA gegen China. Die neue srilankische „Einheitsregierung“ begann außerdem mit der Durchsetzung von Austeritätsmaßnahmen, die der Internationale Währungsfonds (IWF) als Gegenleistung für einen Rettungskredit diktiert hatte.

Washington reagierte auf den erbitterten Fraktionskampf in Colombo von Anfang an, indem es Wickremesinghe unterstützte und erklärte, der Konflikt solle auf parlamentarischem Wege „gelöst“ werden. Rajapaksa schickte seine Parteiführer zu Treffen mit westlichen Diplomaten in Colombo, bei dem vergeblichen Versuch, sich deren Unterstützung zu sichern.

Sirisena geriet auch wirtschaftlich unter internationalen Druck. Der IWF erklärte, er werde die letzte Rate seines Kredits erst zahlen, wenn die „politische Unsicherheit“ beseitigt sei. Die USA verschoben ihr Millennium-Hilfsprogramm und Japan kündigte an, es werde seine Hilfs- und Investitionsprojekte vertagen.

Der ehemalige amerikanische Botschafter in Sri Lanka, Robert Blake, schrieb vor Kurzem einen Artikel im Daily Mirror von Colombo, in dem er Washingtons Ablehnung gegenüber Rajapaksa deutlich machte. Er erklärte, Rajapaksa solle als Premierminister zurücktreten, um die „aktuelle politische Pattsituation zu lösen und Sri Lanka als Führer und Sieger im neuen großen Spiel im Indo-Pazifik zu positionieren“.

In verständliche Sprache übersetzt, sind mit dem „großen Spiel im Indo-Pazifik“ Washingtons Versuche gemeint, China mit allen diplomatischen, wirtschaftlichen und militärischen Mitteln zu unterwerfen. Das Endergebnis wird eine katastrophale militärische Konfrontation zwischen Atommächten sein.

Die srilankische herrschende Klasse befürchtet außerdem, dass die derzeitige politische Konfrontation die Regierung lähmen wird und u.a. daran hindert, einen neuen Haushalt zu verabschieden. Zudem befürchtet sie, dass sie die seit Monaten anwachsende Streik- und Protestbewegung der Arbeiterklasse, der armen Landbevölkerung und der Jugend gegen die Angriffe der Regierung auf ihre sozialen und demokratischen Rechte verschärfen wird.

Diese Feindseligkeit zeigte sich auch bei Lokalwahlen im Februar, bei denen Sirisenas SLFP und Wickremesinghes UNP demütigende Niederlagen gegen Rajapaksas Sri Lanka Podujana Peramuna (SLPP) erlitt. Sirisena versuchte, sich von Wickremesinghe zu distanzieren und gab ihm die Schuld an den Angriffen der „Einheitsregierung“ auf soziale und demokratische Rechte.

Die demagogische Selbstdarstellung von Sirisena und Rajapaksa auf der einen Seite und Wickremesinghe auf der anderen als Verteidiger der Demokratie sind nichts als Betrug. Beide Fraktionen haben in der Vergangenheit über lange Zeit brutal und autokratisch regiert. Bei ihren erbitterten Auseinandersetzungen geht es darum, wie man am besten die kapitalistische Herrschaft stützt und den wachsenden Widerstand der Arbeiterklasse unterdrückt.

Nach seiner erneuten Ernennung zum Premierminister wird Wickremesinghe die Wirtschaftskrise benutzen, die aufgrund der Fraktionskämpfe entstanden ist, um die Angriffe auf die sozialen und demokratischen Rechte der Massen zu verschärfen.

Allerdings ist nichts gelöst. Am Samstag kündigte Rajapaksa offiziell seinen Rücktritt als Premierminister an und attackierte den Obersten Gerichtshof, weil er sich in seinem Urteil nicht für Neuwahlen ausgesprochen hatte.

Er warnte: „Wir befinden uns jetzt in einer direkten Konfrontation mit einer Gruppe von Parteien, die ständig mit verschiedenen Tricks vermeiden wollen, sich Neuwahlen zu stellen. Wir werden diese dem Land feindlich gesinnten Kräfte in die Knie zwingen, indem wir die Menschen daran beteiligen.“

Rajapaksa machte außerdem deutlich, dass er seine Kampagne für anti-tamilischen Kommunalismus verschärfen wird. Er hetzte gegen die UNP, und erklärte, sie „wurde von der TNA [Tamil National Alliance] als Geisel genommen“ und muss sich „dem Diktat der TNA fügen“. Die TNA hatte sich auf die Seite von Wickremesinghe gegen Sirisenas verfassungswidrige Maßnahmen gestellt.

Die politische Krise, die im Oktober ausbrach, hat den reaktionären Charakter sämtlicher Fraktionen der srilankischen Bourgeoisie entlarvt. Hinter ihrer leeren Rhetorik über die „Verteidigung der Demokratie“ verbirgt sich die Angst der herrschenden Eliten vor Massenkämpfen der Arbeiterklasse.

Die aktuellen politischen Gefahren für die Arbeiter und die Armen haben sich nicht verringert, sondern verschärft. Die Arbeiterklasse darf nicht abseits stehen und es der herrschenden Elite erlauben, ihre wirtschaftlichen und politischen Probleme zu lösen. Stattdessen müssen sich die Arbeiter mobilisieren und als unabhängige politische Kraft für ihre eigenen Klasseninteressen eingreifen. Ihre Perspektive muss dabei der sozialistische Internationalismus sein.

Die Arbeiter sollten auf allen Plantagen, Arbeitsplätzen und in allen Wohngebieten dem Beispiel der Plantagenarbeiter von Abbotsleigh folgen, von den Gewerkschaften unabhängige Aktionskomitees gründen und sich der Socialist Equality Party (SEP) zuwenden. Sie müssen gemeinsam den politischen Kampf für eine Arbeiter- und Bauernregierung führen, um eine sozialistische Politik durchzusetzen. Vor allem rufen wir Arbeiter und Jugendliche dazu auf, der SEP und den International Youth and Students for Social Equality (IYSSE) beizutreten und sie als die revolutionäre Führung aufzubauen, die für diesen Kampf notwendig ist.

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