Ford kündigt 5000 Stellenstreichungen in Deutschland an

Über 5000 Arbeitsplätze will Ford in seinen deutschen Werken streichen. Das kündigte das Management am Freitag dem 15. März in einem Brief an die Mitarbeiter an. Seit Dezember 2018 ist bekannt, dass der Konzern in Europa Massenentlassungen und die Schließung ganzer Werke plant. Die IG Metall und der Betriebsrat der deutschen Ford-Werke unterstützen das im Prinzip und versuchen, die Arbeiter zu spalten und zu demoralisieren.

Der angekündigte Stellenabbau ist Bestandteil des massiven Kahlschlags, den Ford sein „Fitnessprogramm“ nennt, und dem weltweit 25.000 Arbeitsplätze zum Opfer fallen sollen. Damit will Ford 14 Milliarden Dollar einsparen, um die Gewinnmarge zu verdoppeln und die Dividenden seiner Aktionäre weiter zu steigern. Allein im letzten Jahr hat der Konzern 2,3 Milliarden Dollar an Dividenden ausgeschüttet.

In Europa und Russland, wo Ford rund 52.000 Arbeiter beschäftigt, versucht der Konzern, den Auswirkungen des Brexit und des Dieselskandals durch massives Herunterfahren seiner Aktivitäten auszuweichen. Im Hinblick auf die Umstellung auf Elektromobilität treibt er die Zusammenarbeit mit VW voran, und um die Kosten zu senken, beschleunigt Ford seinen Stellenabbau, wo es nur geht.

So soll schon im August 2019 das französische Ford-Werk Blanquefort bei Bordeaux mit 860 Mitarbeitern geschlossen werden, und im deutschen Saarlouis sind 1600 Stellen und eine von drei Schichten bedroht. In Russland steht die Existenz zweier Ford-Werke (in Wsewoloschsk bei Leningrad und in Nabareschnyje Tschelny) mit insgesamt fast 3000 Arbeitern auf dem Spiel, und auch im spanischen Valencia und dem britischen Dagenham drosselt Ford die Produktion.

Warnstreik bei Ford Saarlouis im während der Tarifrunde im Januar 2019

In dem Brief vom 15. März fordern Deutschland-Chef Gunnar Herrmann und Geschäftsführer Rainer Ludwig von den Ford-Arbeitern in Deutschland „Strukturkosteneinsparungen von mindestens 500 Millionen Euro und somit eine Verschlankung der gesamten Organisationsstruktur. Damit einher geht in Deutschland eine Personalreduzierung um mehr als 5000 Stellen (einschließlich Leiharbeitnehmer).“

Zu Ford-Deutschland gehören außer den Ford-Werken in Köln, die gemeinsam mit dem Forschungszentrum in Aachen (200 Mitarbeiter) eine 18.000-köpfige Belegschaft aufweisen, auch die Ford-Werke Saarlouis mit bisher noch 6000 Mitarbeitern. Das Management stellt bereits die Beschäftigungsgarantie infrage, die in diesen Werken eigentlich noch bis 2022 besteht. Dazu hatte Gunnar Herrmann schon im Dezember dem Saarländischen Rundfunk erklärt, durch den Brexit habe sich alles geändert: „Da kann ich mich nicht auf Verträge beziehen. Wir können auch nichts dafür, dass es einen Brexit gibt.“

Wie reagieren nun Betriebsrat und IG Metall auf die immer neuen Kampfansagen des Vorstands?

Dazu veröffentlichte der Kölner Stadt-Anzeiger am 22. Januar ein aufschlussreiches Interview mit Martin Hennig, dem Gesamtbetriebsratschef der Ford-Werke GmbH. „Ich rechne mit einem hohen Stellenabbau“, erklärte dieser. „Wenn es um den Abbau von Arbeitsplätzen geht, dann ist Köln wohl am stärksten betroffen.“ Auf die Frage, ob er die Maßnahmen richtig finde, antwortete der Betriebsratschef rundheraus, es sei „grundsätzlich richtig, jetzt alles auf den Prüfstand zu stellen und die strukturellen Themen, die die ganze Branche betreffen, anzugehen“.

Der Betriebsratschef spricht wie ein Topmanager. Er macht immer wieder klar, dass er sich zur Konzernleitung zählt und in den Kategorien ihrer Profitinteressen denkt und handelt. In einem früheren Interview, das Hennig der Kölnischen Rundschau im letzten Sommer gegeben hatte, betonte er (durchwegs in der „Wir“-Form): „In Europa leben wir von kleineren und mittleren Fahrzeugen. Die laufen gut, und wir verdienen gut mit ihnen. Es bleibt aber nichts von dem Gewinn übrig. Da müssen wir die Kosten in den Blick nehmen. Das muss die wichtigste Aufgabe des Topmanagements sein … Wenn wir die Kosten im Griff haben, dann kann das Europageschäft zum Ford-Gewinn beitragen.“

Auf die angekündigten Stellenstreichungen reagierte Hennig, indem er den Schwarzen Peter an die Zulieferer und Subunternehmer weiterreichte. Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte er: „Das gesamte Volumen externer Aufträge beläuft sich europaweit auf elf Milliarden Euro. Ich habe den Eindruck, diese Zahlen kennt die Europazentrale nicht einmal. Hier muss die Geschäftsführung zuerst ansetzen, wenn sie von uns Unterstützung in der aktuellen Situation wünscht.“

Hennig formuliert damit nur die offizielle Politik der IG Metall, die sich generell weigert, Arbeiter der Leih-, Fremd- und Zulieferfirmen zu verteidigen, und so einen Keil zwischen sie und die Arbeiter der Stammbelegschaft treibt. Ford hat in Köln und Saarlouis tausende befristete Zeit- und Leiharbeiter, deren Verträge entweder schon ausgelaufen sind oder zum Juni 2019 auslaufen. Obwohl die Leiharbeiter Gewerkschaftsbeiträge an die IG Metall abführen, akzeptieren Betriebsrat und Gewerkschaft für sie geringere Löhne und schlechtere Konditionen und unterstützen ihre Entlassung.

Die IG Metall fördert auch die Spaltung zwischen Standorten, Ländern und Kontinenten. Im Werk Saarlouis betont der Betriebsratsvorsitzende Markus Thal bei jeder Gelegenheit, dass die IG Metall die deutschen Arbeitsplätze verteidige, mit der Betonung auf „deutsch“ (im Gegensatz zu den französischen, rumänischen oder amerikanischen Arbeitsplätzen). Und in Köln hetzt Hennig gegen die Vorteile, die die „US-Mutter“ genieße. Dem Kölner Stadt-Anzeiger sagte er, Ford in den USA bekomme „bessere Konditionen von globalen Zulieferern als wir als europäische Tochter“ und erziele so „eine höhere Gewinnmarge … Das ist nicht nachvollziehbar und unfair.“

Mit dieser Standortpolitik hatte die IG Metall bereits den Widerstand gelähmt, als vor fünf Jahren das Ford-Werk im belgischen Genk (und fast zeitgleich auch das Opel-Werk in Bochum) geschlossen wurde.

In Wirklichkeit greift die Ford Motor Company die Arbeiter in den Vereinigten Staaten genauso an wie in Europa oder Lateinamerika. In Brasilien schließt Ford ein ganzes Werk in São Paulo und zieht sich aus der lateinamerikanischen LKW-Produktion zurück. Gleichzeitig baut Ford im US-amerikanischen Flat Rock (Michigan) mehr als 1000 Stellen in der Produktion ab. Unterstützt wird es dabei durch die amerikanische Autogewerkschaft UAW, das Gegenstück der IG Metall.

Die Beispiele machen deutlich, dass die Ford-Arbeiter ihre Arbeitsplätze, Löhne und Bedingungen nur verteidigen können, wenn sie sich unabhängig von der Gewerkschaft organisieren und den Kampf um ihre Zukunft in die eigenen Hände nehmen.

Überall droht Arbeitern der Autowerke und der Zulieferindustrie ein gewaltiges Jobmassaker. In den USA schließt auch General Motors gerade fünf Werke mit 15.000 Beschäftigten, und in Deutschland bauen Opel, Audi und VW ebenfalls massiv Arbeitsplätze ab. Genauso stehen auch die Arbeiter in den Zulieferbetrieben, wie zum Beispiel bei Bosch, vor einem gewaltigen Arbeitsplatzabbau.

Ford-Arbeiter müssen unabhängige Aktionskomitees gründen, um die Verteidigung der Arbeitsplätze zu organisieren und Kontakt zu ihren Kolleginnen und Kollegen an allen Ford-Standorten und zu andern Arbeitern aufzunehmen. Die Arbeiterklasse ist eine mächtige Kraft; allein in Deutschland arbeiten rund 800.000 Arbeiter nur für die Autoindustrie.

Doch unter Bedingungen des Kapitalismus wendet sich jeder Fortschritt gegen sie. Selbst gewaltige technologische Errungenschaften – E-Mobilität, selbstfahrende Autos, künstliche Intelligenz etc. – tragen nichts dazu bei, das Leben der arbeitenden Bevölkerung zu verbessern, sondern werden im Interesse der Profitmaximierung bloß zur Steigerung der Ausbeutung, für bessere Überwachung oder für die Rüstung eingesetzt.

Das wird sich erst ändern, wenn die Arbeiter sich weigern, die wirtschaftliche und politische Vorherrschaft der Konzerne und Banken länger hinzunehmen. Notwendig ist ein sozialistisches Programm, das darauf abzielt, die riesigen Vermögen der Aktionäre und Superreichen zu enteignen, unter Arbeiterkontrolle zu stellen und zum Wohl der Menschheit einzusetzen.

Dafür kämpfen die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) und ihre Schwesterparteien im Internationalen Komitee der Vierten Internationale (IKVI). Zur Europawahl treten sie für die Bildung von Arbeiterregierungen und für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa ein. Die World Socialist Web Site und ihr Autoarbeiter-Newsletter rufen jeden Arbeiter und jede Arbeiterin, die sich an diesem prinzipiellen Kampf gegen Entlassungen und Werkschließungen beteiligen möchte, auf, Kontakt aufzunehmen.

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