WikiLeaks warnt: Julian Assanges Ausweisung aus der Botschaft Ecuadors steht unmittelbar bevor

Am Freitag gab WikiLeaks bekannt, dass seinem Gründer Julian Assange die Ausweisung aus der ecuadorianischen Botschaft in London, wo er seit 2012 politisches Asyl genießt, unmittelbar bevorstehe. Wie die Organisation angab, wird die britische Polizei ihn in diesem Fall sofort verhaften.

Auf dem offiziellen Twitter-Account von WikiLeaks heißt es seit Freitag 17:30 Uhr (US Eastern Standard Time): „DRINGEND: Wie eine hochrangige Quelle aus dem ecuadorianischen Staatsapparat WikiLeaks mitgeteilt hat, wird Julian Assange innerhalb von ‚Stunden oder Tagen‘ aus der Botschaft ausgewiesen werden. Als Vorwand dient der #INAPapers-Skandal um Offshore-Konten. Mit Großbritannien soll bereits eine Abmachung über seine Verhaftung bestehen.“

Das ecuadorianische Außenministerium weigerte sich gegenüber CNN, die Behauptungen von WikiLeaks zu bestreiten, und erklärte: „Wir äußern uns nicht zu Gerüchten, Hypothesen oder Vermutungen, die nicht dokumentarisch belegt sind. Wenn offizielle Informationen vorliegen, werden wir sie zu gegebener Zeit kommunizieren.“

Die Warnung von WikiLeaks muss alle, denen demokratische Rechte etwas bedeuten, in Alarmbereitschaft versetzen. Im Zentrum von London findet eine weit fortgeschrittene Verschwörung statt, um einem Journalisten und Herausgeber das politische Asyl zu entziehen, dessen einziges „Verbrechen“ es war, die illegalen Kriege, diplomatischen Verschwörungen und die massenhafte Überwachung der USA, Großbritanniens und der anderen Großmächte zu enthüllen.

Falls die ecuadorianische Regierung ihre wiederholt ausgesprochene Drohung wahrmacht, Assange aus der Botschaft auszuweisen, wird sie von der öffentlichen Meinung der Welt für immer als Vasallenregierung gebrandmarkt werden. Dann verstößt sie gegen das Asylrecht, um sich die Gunst der US-Regierung, deren Geheimdienste und der Wall-Street-Banken zu sichern.

Anfang der Woche hatte WikiLeaks gegenüber Associated Press erklärt, wenn der ecuadorianische Präsident Lenin Moreno „einem Herausgeber und Flüchtling rechtswidrig das Asyl entzieht ... wird die Geschichte nicht wohlwollend über ihn urteilen“.

Die Verhaftung von Assange durch die britischen Behörden wäre nicht weniger illegal. Sie haben ihn jahrelang erbarmungslos wegen des fingierten Vorwurfs verfolgt, er habe die Bedingungen seiner Kaution verletzt.

Laut Rechtsexperten wurden die angeblichen Straftaten bereits vor Jahren hinfällig, als Assange auf seine Kaution verzichtete. Zudem hat er in seiner illegalen Haft in der Botschaft, zu der ihn die britischen Haftandrohungen gezwungen haben, bereits mehr Zeit verbracht, als er für die geringfügigen Straftaten im Gefängnis hätte absitzen müssen.

Der durchschaubare Zweck von Assanges Verhaftung durch Großbritannien wäre es, seine Auslieferung an die USA zu erleichtern. Anfang letzten Jahres hatten amerikanische Staatsanwälte unabsichtlich zugegeben, dass die US-Regierung bereits Anklage gegen den WikiLeaks-Gründer erhoben hat.

Im letzten Monat haben die USA ihre Verfolgung von Assange dramatisch verschärft. Am 8. März wurde Chelsea Manning, die WikiLeaks im Jahr 2010 Kriegstagebücher der US Army und diplomatische Telegramme übergeben hatte, verhaftet, und seither wird sie auf unbefristete Zeit festgehalten. Sie hatte sich geweigert, vor einer geheimen Grand Jury auszusagen, die Anklagepunkte gegen Assange sammeln soll. Die Demokraten und die Mainstreammedien haben nichts gegen die Inhaftierung der mutigen Whistleblowerin unternommen, und damit unterstützen sie die Trump-Regierung.

Chelsea Mannings Verhaftung bestätigt, dass es bei den Anklagepunkten der USA gegen Assange um die Enthüllungen von WikiLeaks geht. Die Organisation hatte Material über die hohe Zahl an zivilen Todesopfern im Irak und in Afghanistan enthüllt. Daneben hat WikiLeaks die außergerichtliche Ermordung von Journalisten und Kindern und die diplomatischen Intrigen der USA gegen nahezu alle Länder der Welt ans Licht gebracht. Assange würde vermutlich wegen Verschwörung oder Spionage angeklagt und zu lebenslanger Freiheitsstrafe oder zum Tode verurteilt werden.

Während Washington seine Kampagne gegen Assange verschärfte, hat das ecuadorianische Regime – zweifellos in Zusammenarbeit mit der US-Regierung – versucht einen Vorwand zu konstruieren, um die seit langem bestehenden Pläne zur Ausweisung des WikiLeaks-Gründers aus der Botschaft umzusetzen.

Seit die Moreno-Regierung 2017 an die Macht kam, hat sie versucht die Entscheidung der Vorgängerregierung rückgängig zu machen und Assange, den sie als „Hacker“ und „unser geerbtes Problem“ verleumdet hat, das Asyl zu entziehen. Gleichzeitig hat Moreno die Beziehungen mit den USA stark ausgeweitet. WikiLeaks wirft ihm zudem vor, er habe Assange im Auftrag der US-Geheimdienste ausspionieren lassen.

Letzten März hatte Moreno angeordnet, Assanges Internetzugang zu sperren, und sein Recht auf den Empfang von Besuchern drastisch eingeschränkt. Im Oktober veröffentlichte seine Regierung ein Protokoll, laut dem Assange als Gegenleistung für sein weiteres Asyl zu allen politischen Themen, selbst wenn sie sein eigenes Schicksal betreffen, zu schweigen habe.

Letzte Woche behaupteten hohe Regierungsvertreter plötzlich, Assange habe gegen dieses drakonische Protokoll verstoßen. Am Dienstag erklärte Moreno in einem Interview mit dem ecuadorianischen Staatsradio, Assange sei für einen Korruptionsskandal verantwortlich, der derzeit seine Regierung erschüttert.

Moreno warf Assange vor, er habe die Inhalte seines Gmail-Kontos und Mobiltelefons gehackt, die im letzten Februar an einen oppositionellen Abgeordneten geschickt worden waren. Dieses Material und andere Dokumente, die als „INA Papers“ bekannt sind, belasten Moreno und seine engsten Berater, einschließlich seines Bruders, wegen Betrug, Korruption und Meineid.

Der ecuadorianischen Regierung ist durchaus bewusst, dass ihre unbegründeten Vorwürfe haltlos sind. Sie wissen, dass Assange keinen Internetzugang hat, weil sie ihn im März letzten Jahres selbst gesperrt haben. Die einzigen „Beweise“ für Verbindungen zwischen WikiLeaks und den INA Papers beruhen darauf, dass die Organisation auf ihrem Twitter-Account über die Enthüllungen berichtet hat.

Die ecuadorianische, die britische und die amerikanische Regierung konnten mit ihren schmutzigen Intrigen nur durchkommen, weil alle offiziellen Parteien in diesen Ländern und in Australien, Assanges Heimat, seine Verfolgung unterstützen.

Die herrschenden Kreise sämtlicher Länder betrachten die Kampagne gegen Assange als Speerspitze einer breiteren Kampagne zur Zensur des Internets und zur Einführung autoritärer Herrschaftsformen. Sie verfolgen den WikiLeaks-Gründer, um in einer Situation der um sich greifenden Unzufriedenheit der Weltbevölkerung, in der der Klassenkampf auflebt, einen Präzedenzfall zu schaffen. Es geht ihnen darum, den Widerstand der Massen gegen Krieg, Austerität und Diktatur zu unterdrücken.

Wenn Assange aus der Botschaft ausgewiesen und von den britischen Behörden in Gewahrsam genommen wird, würde dies eine große juristische Schlacht um seine Freiheit auslösen. Die Rechtsanwälte von WikiLeaks würden erbitterten Widerstand gegen alle Versuche der Trump-Regierung leisten, Assange an die USA auszuliefern.

Die Inhaftierung von Manning, mit der sie zu einem Meineid gegen den WikiLeaks-Gründer gezwungen werden soll, verdeutlicht, dass die Vorwürfe der USA gegen Assange einer ernsthaften juristischen Überprüfung nicht standhalten. Manning hat sich mutig und zu einem hohen persönlichen Preis geweigert, diese juristische Travestie zu unterstützen.

Wie Rechtsexperten und Verteidiger demokratischer Rechte wiederholt betont haben, wäre jeder Versuch, Assange in den USA wegen seiner verlegerischen Tätigkeiten anzuklagen, ein Verstoß gegen die juristischen Präzedenzfälle der letzten Jahrhunderte. Es wäre nichts Geringeres als der Versuch, den Ersten Zusatzartikel zur US-Verfassung auszuhebeln, der die Meinungs- und Pressefreiheit gewährleistet.

Wenn die USA versuchen, Assanges Auslieferung mit ungesetzlichen Mitteln zu erreichen, werden sie nur ihr Ansehen als kriminelles Regime verfestigen, das völlig außerhalb des Völkerrechts agiert.

Die derzeitige australische Regierung, die genau wie ihre Vorgänger an den Angriffen auf Assange beteiligt ist, trägt unabweislich die Verantwortung dafür, den australischen Staatsbürger und Journalisten zu verteidigen. Sie muss ihren juristischen Spielraum und ihre diplomatischen Möglichkeiten nutzen, um die britische Regierung dazu zu bringen, Assange die Ausreise und die Rückkehr nach Australien zu erlauben und ihm zu garantieren, dass er nicht an die USA ausgeliefert wird.

Assanges juristische Verteidigung wird zwar wichtig sein, doch von entscheidender Bedeutung wird der Kampf für die Mobilisierung von Arbeitern, Studenten und Jugendlichen für seine Freiheit sein. Arbeiter und Jugendliche in Betrieben, Universitäten und Stadtvierteln müssen über Assanges Schicksal informiert werden. Man muss sie warnen, dass die Angriffe auf ihn darauf abzielen, auch ihre demokratischen Rechte auszuhöhlen. Sie müssen für seine Verteidigung mobilisiert werden.

Die WSWS und die Parteien des Internationalen Komitees der Vierten Internationale haben letzten Monat in Australien und den USA eindrucksvolle Demonstrationen für Assanges Freilassung durchgeführt, und werden den Kampf für seine Freiheit verstärken. In den kommenden Wochen muss eine möglichst breite politische Kampagne mit Veranstaltungen, Protesten und Demonstrationen organisiert werden, an der all diejenigen teilnehmen, die bereit sind, demokratische Rechte zu verteidigen.

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