Bayer baut 4.500 Arbeitsplätze in Deutschland ab

Anfang der Woche wurde bekannt, dass die Bayer AG in Deutschland 4500 Arbeitsplätze abbaut, um Kosten zu sparen. Das ist fast jede siebte der 32.000 Stellen hierzulande. Am stärksten betroffen ist der Stammsitz in Leverkusen, teilte der Betriebsrat mit.

Der Chemie-Konzern hatte schon im letzten November den Abbau von weltweit 12.000 Arbeitsplätzen angekündigt. Das ist jede zehnte Stelle. In der Verwaltung sollen etwa 5500 Arbeitsplätze gestrichen werden, 4100 Stellen fallen im Zuge der Fusion mit dem US-Konzern Monsanto bei der Agrarchemietochter Crop Science weg. Weitere 2350 entfallen auf die weltweit tätigen Abteilungen Pharma und Consumer Health.

Das Abstoßen von zusätzlichen 10.000 Bayer-Arbeitsplätzen durch Verkäufe bleibt von diesen Zahlen unberührt. Die Sparte Tiermedizin, die Gesundheitsproduktemarken Coppertone (Sonnenschutz) und Dr. Scholl‘s (Fußpflege) sowie der 60-prozentige Anteil am deutschen Standortdienstleister Currenta, bei dem mehr als 5000 Menschen allein an den deutschen Standorten arbeiten, sollen veräußert werden. Für die Currenta-Beschäftigten hat der Betriebsrat vereinbart, dass die Tochter in den ersten drei Jahren nach dem Verkauf nicht zerschlagen werden darf. Mit anderen Worten: Die Arbeitsplätze sind maximal drei Jahre sicher.

Am Dienstag erhielten nun alle Bayer-Beschäftigten einen Brief des Vorstands unter Leitung von Werner Baumann: „In Deutschland werden bis zu 3000 Stellen betroffen sein.“ Weitere 1500 kommen in anderen Bereichen (wie der Forschung) hinzu. „Wir werden die jährlichen Kosten für unsere Plattform-Funktionen (Corporate Functions, Business Services und Länderplattformen) um 1,4 Milliarden Euro reduzieren“, schrieben die Einkommensmillionäre den „lieben Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern“. Dies sei notwendig, „um unsere Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen“.

Bereits im letzten Jahr war bekannt, dass am Standort Wuppertal 750 von 3400 Stellen abgebaut werden. 350 Arbeitsplätze entfallen durch die Stilllegung der nagelneuen Fabrik für das Blutermedikament Faktor VIII sowie 400 in der Pharmaforschung. In Berlin vernichtet der Vorstand bis 2022 rund 650 der 5000 Stellen in der Forschung. Auch in Monheim, dem Agrarchemie-Standort, will Bayer einige Hundert Jobs streichen.

In Leverkusen fallen demnach Tausende Stellen weg. Über die Details des Arbeitsplatzabbaus verhandeln Konzern und Betriebsrat noch. Der Betriebsrat stimmte die Belegschaft jedoch schon darauf ein. Die Rheinische Post zitierte aus einem internen Schreiben des Gesamtbetriebsrats an die Belegschaft, in dem es heißt: „Die Pläne des Unternehmens gehen an die Substanz. Die Betroffenheit ist allerorten im Unternehmen groß. Die Zentrale in Leverkusen wird es voraussichtlich am härtesten treffen.“

Heinz Georg Webers von der IGBCE und stellvertretender Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats kündigte an, dass sie den Abbau mitgestalten werden. „Wir bestehen auf Einhaltung der Zusagen in der ‚Gemeinsamen Erklärung‘ für alle Kollegen, die von dem drastischen Abbau-Projekt betroffen sind.“

In der „Gemeinsamen Erklärung“ von Betriebsrat und Vorstand mit dem Titel „Zukunftssicherung Bayer 2025“ hatten die Betriebsräte den Abbauplänen bereits am 29. November 2018 einstimmig zugestimmt. Die Arbeitsplätze sollen wie immer „sozialverträglich“, also ohne betriebsbedingte Kündigungen, vernichtet werden. Der Konzern versprach, bis Ende 2025 Beschäftigte durch Abfindungen und Vorruhestandsregelungen loszuwerden.

Die Konditionen, unter denen die Arbeiter ausscheiden können, stehen seit Januar fest. Ältere Arbeiter können so genannte „Flexi-Aufhebungsverträge“ erhalten, die über sechs Jahre laufen und ermöglichen, dass sie ab 57 Jahren vorzeitig in Ruhestand gehen können, bei einem maximal 7,2-prozentigen Abschlag von der gesetzliche Rente. Für die jüngeren Bayer-Arbeiter sieht der Konzern Abfindungen vor.

Durch die Restrukturierung will Bayer weltweit ab 2022 pro Jahr 2,6 Milliarden Euro einsparen. Die Einmalkosten – beispielsweise für die Abfindungen – belaufen sich auf 4,4 Milliarden Euro. Bayer-Chef Baumann hatte bereits letztes Jahr gegenüber den Aktienbesitzern angekündigt, alle Bereiche von Bayer sollten bis 2022 und darüber hinaus zu „einer verbesserten Performance des Unternehmens“ beitragen. Die Profit-Marge soll sich von ca. 26 Prozent im letzten Jahr auf etwa 27 Prozent in diesem und auf mehr als 30 Prozent im Jahr 2022 erhöhen.

Viele Arbeiter werden das Angebot, „freiwillig“ auf ihren Arbeitsplatz zu verzichten, annehmen, weil sie fürchten, dass durch die Monsanto-Übernahme alles noch schlimmer kommen kann.

Die stetige Forderung der Aktienbesitzer nach höheren Renditen bewog Bayer, im Juni letzten Jahres für 63-Milliarden-Dollar (56 Milliarden Euro) Monsanto zu übernehmen. Das US-Unternehmen ist weltweiter Monopolist bei der Produktion von genverändertem Saatgut. Laut Greenpeace seien Bauern in Entwicklungsländern von den Produkten des „Quasimonopolisten“ abhängig, was enorme Profite verspricht und die Ärmsten der Welt in noch größeres Leid und Elend stürzt.

Zwar hat Bayer-Chef Baumann immer verneint, dass die Monsanto-Übernahme etwas mit dem jetzigen Abbau zu tun habe. Das glaubt ihm schon jetzt kaum ein Arbeiter und bei den nächsten Sparrunden wird es noch unglaubwürdiger sein. Diese sind bereits vorprogrammiert, weil die Finanzmärkte immer neue Einsparungen fordern und weil die Glyphosat-Klagen in den USA für den gesamten Konzern hochriskant sind.

Inzwischen gibt es mindestens 11.200 US-Kläger, die den von Monsanto hergestellten glyphosathaltigen Unkrautvernichter Roundup für ihre Krebserkrankung verantwortlich machen. In zwei Urteilen hatten Gerichte den Klägern jeweils Schadensersatz in Millionenhöhe zugesprochen. Bayer ist gegen die erstinstanzlichen Urteile in Berufung gegangen.

Ein US-Richter, der bereits schon einmal gegen Bayer geurteilt hatte, und bei dem mehrere Hundert Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern gebündelt sind, hat nun am Donnerstag Bayer aufgefordert, einen Mediator einzuschalten und mit den Klägern über einen Vergleich zu verhandeln.

Das Handelsblatt lässt den Analysten Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan zu Wort kommen, der davon ausgeht, dass die Zahl der Kläger auf mindestens 15.000 steigen wird. „Er rechnet mit Belastungen für Bayer von 5 Milliarden Euro.“

Auch diese Milliarden werden durch einen rigorosen Sparkurs aus der Belegschaft gepresst werden.

Die Arbeitsplätze und die Arbeitsbedingungen können nur gegen die Betriebsräte und die Gewerkschaft IGBCE verteidigt werden. Während die gut bezahlten Betriebsräte, deren Arbeitsplätze und großzügigen Renten gesichert sind, gemeinsam mit Bayer-Chef Baumann die Aktionärsinteressen vertreten und den Verlust von tausenden Arbeitsplätzen vereinbaren, müssen sich die Bayer-Arbeiter unabhängig von der Gewerkschaft und ihren betrieblichen Vertretern in Betriebskomitees organisieren.

In einer Erklärung zu den Entlassungen bei Bayer hat die Sozialistische Gleichheitspartei (SGP) im letzten Jahr die Aufgaben dieser Betriebskomitees ausführlich beschrieben und begründet. „Diese Komitees haben die Aufgabe, alle Bayer-Mitarbeiter, die den Arbeitsplatzabbau ablehnen, an allen Standorten miteinander in Kontakt zu bringen und gemeinsamen Widerstand zu planen und vorzubereiten.“ Dies gelte für alle Bayer-Beschäftigten weltweit und für alle Arbeiter – weit über Bayer hinaus.

„Das ist notwendigerweise ein politischer Kampf, der sich nicht nur gegen einzelne Arbeitgeber, sondern gegen das gesamte kapitalistische System und die Große Koalition richtet“, schreiben wir. „Die Sozialistische Gleichheitspartei und die World Socialist Web Site kämpfen dafür, den wachsenden Widerstand gegen Entlassungen und Sozialabbau zu einer machtvollen Gegenoffensive der Arbeiter zu entwickeln. Das erfordert eine internationale sozialistische Strategie, die darauf abzielt, den Würgegriff der Banken und Großkonzerne zu durchbrechen und die Weltwirtschaft so umzugestalten, dass sie den Bedürfnissen der Bevölkerung und nicht dem privaten Profit entspricht. Multinationale Großkonzerne wie Bayer müssen enteignet und in öffentliche Unternehmen umgewandelt werden, die unter demokratischer Kontrolle der Arbeiter stehen.“

Mit diesen Zielen nehmen wir auch an der Europawahl teil. Nehmt noch heute mit uns Kontakt auf, um diese Strategie zu diskutieren.

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